Tramwayforum

Öffentlicher Verkehr national und international => Verkehrspolitik => Thema gestartet von: tramway.at am 29. Juni 2013, 00:32:26

Titel: Stadtplanung 1960
Beitrag von: tramway.at am 29. Juni 2013, 00:32:26
Ein netter Film:

Ausschnitte aus "Unser Wien" über die Stadtplanung 1960 (http://www.youtube.com/watch?v=lM3XpZxt0Hg#ws)
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: 13er am 29. Juni 2013, 00:54:34
So hat man sich vor 50 Jahren die Zukunft vorgestellt... und heute ist fast alles, was in dem Film angesprochen wurde, zum Problem unserer Zeit geworden: Die Plattenbauten als Brutstätte sozialer Unterschiede, die Autos als Umweltverschmutzung und Platzräuber, selbst die Stadthalle kommt dank ihres Bades nicht aus den Schlagzeilen.

Immerhin darf man heute nicht mehr direkt vorm Rathaus parken.
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: WIENTAL DONAUKANAL am 29. Juni 2013, 01:34:24
Und wieder ein Ausflug in meine Kindheit. Wie stolz war man damals in der Ära Jonas auf all diese Betonsünden... :fp: Übrigens, am Donauturm war ich zuletzt 1964.
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: WolfgangSchräuble am 29. Juni 2013, 06:32:36
Gott sei Dank sind die 60er Jahre längst Geschichte. Leider bleiben die Sünden von damals bestehen...
Die Zukunft schaut wohl anders aus: http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/9839_de.htm (http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/9839_de.htm)
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: Operator am 29. Juni 2013, 07:46:38
Ein netter Film:

Ausschnitte aus "Unser Wien" über die Stadtplanung 1960 (http://www.youtube.com/watch?v=lM3XpZxt0Hg#ws)
Danke für den Film, Tramway.at. Damals wie heute eben sehr Fortschrittsgläubig! Aber darüber könnte man wohl endlos diskutieren.
Die Szene bei der jetzigen Station Spittelau gefällt mir besonders, da erkennt man einen Stadtbahnzug und auf der Heiligenstädterstraße eine
Halbstarke Garnitur!
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: invisible am 29. Juni 2013, 11:46:44
So hat man sich vor 50 Jahren die Zukunft vorgestellt... und heute ist fast alles, was in dem Film angesprochen wurde, zum Problem unserer Zeit geworden: Die Plattenbauten als Brutstätte sozialer Unterschiede, die Autos als Umweltverschmutzung und Platzräuber, selbst die Stadthalle kommt dank ihres Bades nicht aus den Schlagzeilen.

Wobei die Platte damals natürlich schon ein gewaltiger Qualitätssprung war. So übel wie oft getan wird sind die Bauten gar nicht (zumindest nicht alle, schlechte Beispiele findet man immer). Am drumherum hat's dann halt leider oft gemangelt: Schlafstädte ohne lokale Zentren, das 'Leben' spielt sich in der - bequem per Stadtautobahn erreichbaren - Innenstadt ab; da bleibt dann natürlich ein ganz spezielles Publikum übrig...

Diese Trennung der Funktionen - Wohnen da, arbeiten dort, einkaufen wo anders, ... - war m.E. damals der Grundfehler (der leider heute immer noch oft gemacht wird). Der ist halt leider schwer zu korrigieren, da - wie Harald ja oft ausführt - diese Bauten keine flexible Erdgeschoßzone eingeplant haben, da sie ja eben nur zum Wohnen gedacht waren.
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: 60er am 14. November 2017, 08:18:10
Diese Trennung der Funktionen - Wohnen da, arbeiten dort, einkaufen wo anders, ... - war m.E. damals der Grundfehler (der leider heute immer noch oft gemacht wird). Der ist halt leider schwer zu korrigieren, da - wie Harald ja oft ausführt - diese Bauten keine flexible Erdgeschoßzone eingeplant haben, da sie ja eben nur zum Wohnen gedacht waren.
Sehr viele US-amerikanische Großstädte haben genau dieses Raumordnungskonzept umgesetzt, mit der Konsequenz, dass die Stadtzentren tot sind, die Leute alle irgendwo im Umland wohnen und die Stadtautobahnen jeden Tag zugestaut sind.
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: Bus am 14. November 2017, 08:40:13
Und genau diese Architekten bevorzugen lieber alte Häuser, die entsprechend umgebaut worden sind. Kaum einer wird wohl in solchen Bauten wohnen  ;D
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: coolharry am 14. November 2017, 08:43:14
Und genau diese Architekten bevorzugen lieber alte Häuser, die entsprechend umgebaut worden sind. Kaum einer wird wohl in solchen Bauten wohnen  ;D

Damit bei neuen Häusern im EG eine Geschäftsfläche sein darf, muss dies in der Flächenwidmung erlaubt sein. Das ist es nicht überall. Weiters ist bei dem hohen Leerstandsanteil an Geschäftslokalen, die Vermietung eben solcher nicht sehr lukrativ. Marktwirtschaft eben.
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: Bus am 14. November 2017, 08:50:47
Die im Film gezeigte - und heute tw. vorhandene Abzweigung zur - Flötzersteigautobahn ist uns ja zum Glück erspart geblieben, wie so manch anderer Unsinn, Autobahn über das Arbeiterstrandbad. Leider leistete man damals genug Vorarbeiten, sprich Einstellung von Straßenbahnen auf besagten Straßenzügen, wie 47, 61...
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: 60er am 14. November 2017, 09:31:18
Die im Film gezeigte - und heute tw. vorhandene Abzweigung zur - Flötzersteigautobahn ist uns ja zum Glück erspart geblieben, wie so manch anderer Unsinn, Autobahn über das Arbeiterstrandbad. Leider leistete man damals genug Vorarbeiten, sprich Einstellung von Straßenbahnen auf besagten Straßenzügen, wie 47, 61...
Im Prinzip wurde eigentlich nur die "Autobahnbrücke" bei Spittelau damals fertiggestellt. Der Stadtautobahnring durch Wien, der den gesamten Gürtel unfasst hätte und die diversen Anschlussstellen kamen glücklicherweise nie in der geplanten Form.
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: tramway.at am 14. November 2017, 09:39:06
Hier ein Bild - einiges kam aber doch, und die Lobauautobahn ist weiterhin ein großer Wunsch der Ewiggestrigen.
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: Z-TW am 14. November 2017, 09:56:01
Hier ein Bild - einiges kam aber doch, und die Lobauautobahn ist weiterhin ein großer Wunsch der Ewiggestrigen.

Und sie wird auch gebaut werden!
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: 60er am 14. November 2017, 09:59:48
Und sie wird auch gebaut werden!
Dass man die S1 nicht beim Knoten Schwechat verenden lässt und der (logische) Lückenschluss irgendwann kommen muss, ist halt auch wenig überraschend.
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: moszkva tér am 14. November 2017, 10:19:57
Im Prinzip wurde eigentlich nur die "Autobahnbrücke" bei Spittelau damals fertiggestellt. Der Stadtautobahnring durch Wien, der den gesamten Gürtel unfasst hätte und die diversen Anschlussstellen kamen glücklicherweise nie in der geplanten Form.
Die A20 Wiener Gürtel Autobahn wurde in Form des Zubringers Landstraßer Gürtel und Teilen von Tangente und Donauuferautobahn sehr wohl fertiggestellt, dann aber anders verwendet. Ebenso ein Relikt der Gürtelautobahn ist die Brigittenauer Brücke, die ursprünglich quer durch den 20. Bezirk bis zur Spittelau hätte durchbinden sollen. Die Brigittenauer Brücke ist verkehrstechnisch in der heutigen Form maßlos überdimensioniert.

Die autobahnmäßige Ausgestaltung des Südgürtels wurde mit Unterführungen am Matz und Südtiroler Platz bereits in den 1950er-Jahren begonnen, aber nicht in letzter Konsequenz durchgezogen.

Trassenfreihaltungen für die Außenring-Autobahn (Planungen im Vergleich zur heutigen S1 etwas weiter westlich quer durch Essling anstatt direkt an der Landesgrenze) kann man auch heute noch am Stadtplan erkennen.

Der Knoten der Außenringautobahn mit der A4 hätte damals im Bereich Simmeringer Haide (statt Schwechat) kommen sollen, und da kann man an der Hochstraße der A4 immer noch den geplanten Knoten erkennen. Da ist das Viadukt deutlich breiter als heute notwendig ausgefallen, um Abbiegespuren und Rampenanschlüsse unterzubringen.

Prominentestes Relikt einer Planungsruine der Autobahnplanungen ist aber sowieso die "gesperrte Ausfahrt Simmering". Da hätte ursprünglich die A3 aus Eisenstadt in die Tangente einmünden sollen.

Übrigens basieren einige Projekte aus dem Plan aus dem Jahr 1971, den tramway.at gepostet hat, auf der Reichsautobahnplanung aus der Nazizeit (u.A. die Außenring Autobahn zwischen Vösendorf und Aderklaa sowie die Nordautobahn Wien-Breslau, für die im damaligen Protektorat schon bedeutende Bauleistungen durchgeführt wurden, die man heute noch sehen kann).
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: coolharry am 14. November 2017, 13:04:36
Die A20 Wiener Gürtel Autobahn wurde in Form des Zubringers Landstraßer Gürtel und Teilen von Tangente und Donauuferautobahn sehr wohl fertiggestellt, dann aber anders verwendet. Ebenso ein Relikt der Gürtelautobahn ist die Brigittenauer Brücke, die ursprünglich quer durch den 20. Bezirk bis zur Spittelau hätte durchbinden sollen. Die Brigittenauer Brücke ist verkehrstechnisch in der heutigen Form maßlos überdimensioniert.

Und wurde nur gebaut, weil die Reichsbrücke den Dienst quittiert hat und die Floridsdorfer Brücke ein Totalschaden war.

Die autobahnmäßige Ausgestaltung des Südgürtels wurde mit Unterführungen am Matz und Südtiroler Platz bereits in den 1950er-Jahren begonnen, aber nicht in letzter Konsequenz durchgezogen.
Wie alle Verkehrsprojekte in Österreich. Vorallem die damaliger Zeit. Da ist uns sehr viel erspart geblieben. Leider oder Gott sei Dank, je nach sichtweise.
Trassenfreihaltungen für die Außenring-Autobahn (Planungen im Vergleich zur heutigen S1 etwas weiter westlich quer durch Essling anstatt direkt an der Landesgrenze) kann man auch heute noch am Stadtplan erkennen.

In Simmering kann man viel Fantasie was erkennen aber sonst muß man schon sehr viel Wunschdenken an den Tag legen um da wirklich was zu sehen.

Der Knoten der Außenringautobahn mit der A4 hätte damals im Bereich Simmeringer Haide (statt Schwechat) kommen sollen, und da kann man an der Hochstraße der A4 immer noch den geplanten Knoten erkennen. Da ist das Viadukt deutlich breiter als heute notwendig ausgefallen, um Abbiegespuren und Rampenanschlüsse unterzubringen.

Prominentestes Relikt einer Planungsruine der Autobahnplanungen ist aber sowieso die "gesperrte Ausfahrt Simmering". Da hätte ursprünglich die A3 aus Eisenstadt in die Tangente einmünden sollen.

Gilt wohl als als unausgegorendste Projekt in Österreich überhaupt. Wobei es nicht schlecht gewesen wäre die Strecke als normale Bundesstraße trotzdem zu bauen.



Übrigens basieren einige Projekte aus dem Plan aus dem Jahr 1971, den tramway.at gepostet hat, auf der Reichsautobahnplanung aus der Nazizeit (u.A. die Außenring Autobahn zwischen Vösendorf und Aderklaa sowie die Nordautobahn Wien-Breslau, für die im damaligen Protektorat schon bedeutende Bauleistungen durchgeführt wurden, die man heute noch sehen kann).

Wie fast alle Autobahnprojekte in Österreich und den Nachbarstaaten. Hat wohl auch damit zu tun, dass die Planungen einfach und wegen der Topografie auch gar nicht anders baubar gewesen sind.
Auch die Autobahnbrückenfragmente bei Borovsko in Tschechien sind faszinierend.
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: moszkva tér am 14. November 2017, 13:18:00
Auch die Autobahnbrückenfragmente bei Borovsko in Tschechien sind faszinierend.
Die wurden übrigens noch in der ersten Tschecho-Slowakischen Republik begonnen.

Reichsautobahnleichen gibt es übrigens eine Menge in Deutschland, weil da nach dem Krieg einige Planungen umgeändert wurden. Auch bei Wels gibt es noch eine Geisterbrücke, weil dort die Westautobahn geringfügig anders trassiert wurde.


Trassenfreihaltungen für die Außenring-Autobahn (Planungen im Vergleich zur heutigen S1 etwas weiter westlich quer durch Essling anstatt direkt an der Landesgrenze) kann man auch heute noch am Stadtplan erkennen.

In Simmering kann man viel Fantasie was erkennen aber sonst muß man schon sehr viel Wunschdenken an den Tag legen um da wirklich was zu sehen.
Anbei Eßling aus OpenStreetmap: Westlich zwischen Kaposigasse und Kirschenallee kann man die Trassenfreihaltung noch heute sehr gut erkennen. Das ist der ein Häuserblock breite Streifen, wo heute Parks und Sportplätze sind.

Die Trasse der A21 in Simmering kann man heute noch gut am Zwischenraum zwischen Hauptwerkstätte (erbaut in den 1970er-Jahren) und Zentralfriedhof erkennen, da befindet sich heute eine Kleingartenanlage.
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: coolharry am 14. November 2017, 13:28:08
Anbei Eßling aus OpenStreetmap: Westlich zwischen Kaposigasse und Kirschenallee kann man die Trassenfreihaltung noch heute sehr gut erkennen. Das ist der ein Häuserblock breite Streifen, wo heute Parks und Sportplätze sind.

Die Trasse der A21 in Simmering kann man heute noch gut am Zwischenraum zwischen Hauptwerkstätte (erbaut in den 1970er-Jahren) und Zentralfriedhof erkennen, da befindet sich heute eine Kleingartenanlage.

Ohne die genaue Planung jetzt genau zu kennen, vermutlich gabs die auch nicht, vermute ich auf Basis des von tramway.at geposteten Planes, dass die Autobahn weiter westlich geführt worden wäre. Sprich westlich des Siedlungsgebietes. Mittendurch war ja schon in 70igern idiotisch wenns aussenrum auch ging.
Die Strecke in Simmering hab ich nachvollziehen können. Aber im 22. verliert sich jeder Ansatz in den Feldern und die sind sicher schon lange so ausgerichtet.

Meine sind die schwarze Linie und die rote wäre über Kirschallee.
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: haidi am 14. November 2017, 23:23:51
Die A20 Wiener Gürtel Autobahn wurde in Form des Zubringers Landstraßer Gürtel und Teilen von Tangente und Donauuferautobahn sehr wohl fertiggestellt, dann aber anders verwendet. Ebenso ein Relikt der Gürtelautobahn ist die Brigittenauer Brücke, die ursprünglich quer durch den 20. Bezirk bis zur Spittelau hätte durchbinden sollen. Die Brigittenauer Brücke ist verkehrstechnisch in der heutigen Form maßlos überdimensioniert.

Und wurde nur gebaut, weil die Reichsbrücke den Dienst quittiert hat und die Floridsdorfer Brücke ein Totalschaden war.
Reichsbrücke: Einsturz August 1976, Eröffnung November 1980
Floridsdorfer Brücke: Sperre Dezember 1976, Eröffnung neue Brücke Oktober 1978
Brigittenauer Brücke: Baubeginn März 1980

Schau dir die Daten an, wegen denen ch die damals verbreitete und sicher wahre Version bevorzuge, dass der damalige Bundeskanzler Kreisky den Bau der Brigittenauer Brücke "befohlen" hätte, um bei der damals an Auftragsmangel leidenden VOEST Kündigungen zu verhindern - so wie das Schulschiff die Korneuburger Werft, der die russischen Aufträge wegbrachen, zu retten helfen.
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: 4463 am 15. November 2017, 14:38:47
so wie das Schulschiff die Korneuburger Werft, der die russischen Aufträge wegbrachen, zu retten helfen.
Das Schulschiff ist zwar eine beeindruckende Sache, aber die Werft retten konnte es nicht (war das nicht sogar das letzte dort gebaute Schiff?).
Titel: Re: Stadtplanung 1960
Beitrag von: haidi am 15. November 2017, 18:13:38
so wie das Schulschiff die Korneuburger Werft, der die russischen Aufträge wegbrachen, zu retten helfen.
Das Schulschiff ist zwar eine beeindruckende Sache, aber die Werft retten konnte es nicht (war das nicht sogar das letzte dort gebaute Schiff?).
Ja, die Fertigstellung hat sich verzögert, weil die gleichzeitige Liquidierung da hinein gepfuscht hat.