Autor Thema: Gleisschäden Straßenbahn  (Gelesen 1882336 mal)

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Kálvin tér

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3270 am: 21. Januar 2017, 13:02:37 »
Jetzt berichtet sogar der ORF:
Zitat
Kälte setzt Straßenbahngleisen zu

Immer wieder sind in den vergangenen Tagen in Wien Straßenbahnschienen gebrochen. Laut den Wiener Linien liegt der Grund an den starken Temperaturschwankungen. Alte Gleise seien dadurch „überbeansprucht“.

....

http://wien.orf.at/news/stories/2820918/
Vor allem das erste Foto zu dem Beitrag ist - wenn auch nicht tagesaktuell - sehenswert. Entweder täuscht die Perspektive oder der Gleiszustand ist dort bereits etwas bedenklich.

hema

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3271 am: 21. Januar 2017, 14:02:42 »
Extreme Tele-Aufnahmen verstärken solche Unebenheiten optisch sehr stark! Was hier gefühlsmäßig nach einem Meter ausschaut, sind garantiert 30 oder 50 Meter Strecke.
Niemand ist gezwungen meine Meinung zu teilen!

13er

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3272 am: 21. Januar 2017, 14:04:29 »
Ja, das wird dramatisch komprimiert. Ich habe solche Aufnahmen schon mal beim Parlament mit 600mm Brennweite gemacht. Aber so entstehen auch die Aufnahmen aus Rumänien und anderswo! Dermaßen schlimm wie es oft aussieht, ist es eher bei Minenbahnen in der 3. Welt.
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haidi

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3273 am: 21. Januar 2017, 14:14:07 »
Da habe ich nur 2 Fragen.
 :blank:Wie lange dauert es in der herkömmlichen Version und wie lange dauert es beim Thermitschweissen, bis eine Schweißnaht wieder befahrbar ist.
 :blank:Wie groß ist das Arbeitsfeld beim Termitschweissen und beim herkömmlichen Schweissen.

Was auf alle Fakt ist. Beim herkömmlichen Schweissen kann ich zur not den Betrieb aufrecht halten. Beim Termitschweißen kannst du das sicher nicht. Und ob man zum beispiel Weichenzungen Termitschweißen kannst bezweifle ich.
Man hat immerhin 5  Stunden am Tag Zeit, die Vorbereitungen können im Abendverkehr unter rollendem Rad gemacht werden.
Früher habe ich alle Nasen lang in der Nacht eine Thermitschweißung gesehen.
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Geamatic

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3274 am: 21. Januar 2017, 14:17:35 »
Der eigentliche Vorgang des Thermitschweißens geht logischerweise nur in der betriebslosen Zeit, dazu kommt, dass man den lieben Fahrgästen die durchaus enorme Lärmbelastung nicht zumuten möchte die anschließenden Schleifearbeiten nach sich ziehen.

Tatra83

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3275 am: 21. Januar 2017, 14:17:52 »
Die B63 ist auf Notreparaturen spezialisiert. Es wird immer zugewartet, bis wirklich nichts mehr geht. Gleisanlagen werden erst erneuert, wenn eine akute Gefährdung der Sicherheit vorliegt.
Aber diese Entscheidungen trifft ja kein Gleisbauer, sondern das fehlgeleitete Management im Betrieb...
Und ich dachte, mit der Straßenbahn bin ich schneller als zu Fuß.

Rodauner

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3276 am: 21. Januar 2017, 15:40:07 »
Die Gleisbauer haben hier schon was drauf, nur bleibt ihnen aufgrund der Mangelwirtschaft und gekürzter Mittel oft nichts anderes übrig.

Bei den vielen Ecken in Gleisbögen, auch und gerade bei erst vor kurzem sanierten Streckenstücken (Beispiele gibt's genug!), frage ich mich aber schon, ob das ein Problem der knappen Finanzmittel ist ::). Ich glaube da wirklich eher an Unvermögen oder Schlamperei - sei es bei der Vermessung oder eben beim Bau... :-\

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3277 am: 21. Januar 2017, 15:50:19 »
Die Gleisbauer haben hier schon was drauf, nur bleibt ihnen aufgrund der Mangelwirtschaft und gekürzter Mittel oft nichts anderes übrig.

Bei den vielen Ecken in Gleisbögen, auch und gerade bei erst vor kurzem sanierten Streckenstücken (Beispiele gibt's genug!), frage ich mich aber schon, ob das ein Problem der knappen Finanzmittel ist ::). Ich glaube da wirklich eher an Unvermögen oder Schlamperei - sei es bei der Vermessung oder eben beim Bau... :-\
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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3278 am: 21. Januar 2017, 22:28:30 »
Der offensichtliche Nachteil bei Rillenschienen und Thermitschweißung ist, dass man die Rille erst einmal schleifend herstellen muss - im Bereich der Schweißnaht ist sie bis oben hin voll. Auch das Anbringen der Formen dauert seine Zeit (ich müsste einmal die Daten der Fotos aus Graz suchen, aber ich glaube für die Schweißung einer Vignolschiene haben sie deutlich über eine halbe Stunde gebraucht). Übrigens habe ich mich genau bei der Gelegenheit auch mit einem Grazer Gleisbauer unterhalten und der hat gemeint, dass Thermit nur bei großen Neulagen angewendet wird, bei kleinräumigen Reparaturen und Tauscharbeiten (einzelne Weichen oder Bögen) wird nur elektrisch geschweißt.

Gummi-Füllelemente und Abdichtung KÖNNEN die Wiener Linien ja... aber sie tun es nur dort, wo sie Schalldämmung für notwendig erachten. Die absurde Unsitte mit Füllsteinen und Gummigranulatmatten haben sie zum Glück anscheinend aufgegeben. Zum Beispiel in der Reichsratsstraße wurden ganz normal Füllsteine in die Schienenflanken eingelegt. Auf die wurde dann mit Kontaktkleber Lage für Lage viermal(!) Gummigranulatmatte aufgepickt und zuletzt asphaltiert. Alleine der immense Arbeitsaufwand kann das fertige Gummi-Füllelement gar nicht teurer sein lassen! Außerdem ist die Haltbarkeit bei der Kombination Gummigranulat und Beton unter aller Kritik.
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")

hema

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3279 am: 22. Januar 2017, 01:09:34 »
Thermit-Schweißen hat natürlich den Vorteil, dass man es unabhängig von der Verfügbarkeit von elektrischem Strom anwenden kann, z.B. bei Neubaustrecken. Eine in guter Qualität vorschriftsgerecht ausgeführte elektrische Schweißung ist aber genauso haltbar und bestimmt etwas billiger. Am technisch besten ist sicher Stumpfschweißen, weil da wird aus zwei Stücken echt eines mit homogener Materialstruktur im Bereich der Verbindung.
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Rodauner

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3280 am: 22. Januar 2017, 10:17:43 »
Frage an die Kundigen hier: Treten Schienenbrüche eigentlich "irgendwo" auf, oder brechen meist alte Schweißnähte neuerlich durch?

Es scheint, als würde sich die Diskussion hier auf das Thema "Wie schweiße ich einen Schienenbruch richtig" beschränken. Interessant wäre vielmehr: Wie lassen sich Schienenbrüche a priori minimieren? Wahl der Stahlsorte, Vorgangsweise beim Einbau, Ausgleichs-, Dehnfugen an bestimmten Stellen, etc... ::)

13er

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3281 am: 22. Januar 2017, 10:32:39 »
Man könnte sich ja bei der ÖBB erkundigen. Die haben tausende Kilometer Gleise in viel schlimmeren klimatischen Gegenden und da gibt es zwar Brüche, aber bei weitem nicht in dieser Anzahl. Und da fahren ganz andere Massen drüber als ein popeliger ULF.

In letzter Zeit ist der größte Teil aufgegangene Schweißnähte. Brüche an durchgehenden Schienenstücken sind eher selten.
Mit uns kommst du sicher... zu spät.

sg2001

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3282 am: 22. Januar 2017, 10:44:02 »
Vielleicht sollten die WL mal ihr "Schienenverbindemanagement" an die ÖBB auslagern - die schaffen das viel besser, ohne dass gleich jede noch so kleine Schweißnaht aufgeht!

Kálvin tér

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3283 am: 22. Januar 2017, 10:57:30 »
Vielleicht sollten die WL mal ihr "Schienenverbindemanagement" an die ÖBB auslagern - die schaffen das viel besser, ohne dass gleich jede noch so kleine Schweißnaht aufgeht!
Fairerweise sollte man anmerken, dass bei den ÖBB keine Rillenschienen in Verwendung sind und das Gleisfundament in der Regel stabiler ausgeführt ist.

Tatra83

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Re: Gleisschäden Straßenbahn
« Antwort #3284 am: 22. Januar 2017, 11:02:13 »
Es scheint, als würde sich die Diskussion hier auf das Thema "Wie schweiße ich einen Schienenbruch richtig" beschränken. Interessant wäre vielmehr: Wie lassen sich Schienenbrüche a priori minimieren? Wahl der Stahlsorte, Vorgangsweise beim Einbau, Ausgleichs-, Dehnfugen an bestimmten Stellen, etc... ::)
Aus meiner Sicht muss sich auf den gesamten Oberbau beziehen, die Schweißungen (und deren Qualität) sind ja eigentlich nur ein minimaler Teil der Misere. Bei deiner Frage muss man Schienenbrüche und Schweißnahtbrüche unterscheiden. Erstere lassen sich durchaus mit einem festeren Stahl vermeiden (geht in Wien nicht, sonst stehen die ULF vor den Radsatzdrehbänken bzw. -tauschbänken Schlange). Des Weiteren können Schienenbrüche durch einen haltbaren Unterbau vermieden werden, indem die Kräfte beim Befahren des Gleisbettes kontinuierlich weitergegeben werden und nicht einzelne Schienenabschnitte überbeansprucht werden, weil eben die Lagerung fehlerhaft ist. Zu dieser ganzen Thematik gab es in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte, vor allem was die Adaption der festen Fahrbahn für den Gleisbau im Stadtverkehr angeht. Wien verschließt sich dieser Bauform nahezu komplett.
Schienenstöße unterliegen ebenso den Gefahren durch eine schlechte Lagerung (im Sinne der Befestigung). Ein Problem ist schon mal eine unsaubere Scheißnaht, über die ein Zug hinwegrumpelt. Die dabei entstehende punktuelle Belastung ermüdet auf Dauer die Schweißnaht bis sie bricht. Durchaus problematisch, aber definitiv beherrschbar (!), kann auch die Längsausbreitung der Schiene bei Temperaturänderungen sein. Die dabei wirkenden Kräfte sind mühelos in der Lage, eine Schweißnaht zu brechen. Die Schiene kann man aber mit einer Schwellenlagerung daran hindern, dass diese Kräfte auf die Schweißnaht wirken, sondern über die Schwellen an den entsprechend dimensionierten Unterbau abgegeben werden. Ist es nicht vermeidbar, dass die Schienen sich in der Länge ausbreiten, bieten sich elastische Schienenstöße mit Schrägschnitten (Dehnfugen) an. Über den Winkel zur Schiene kann das Ausbreitungsmaß kontrolliert vorgegeben werden.
Gleisbauer in nicht-weltbesten Verkehrsbetrieben lassen auch asymmetrische Schienenstöße zur Anwendung kommen. Dabei sind die Schweißnähe 1 bis 2 m versetzt und die wirkenden Kräfte verteilen sich ein wenig. Das macht bei Gleisbögen durchaus Sinn und kann die Anfälligkeit für die Ermüdung der Schweißnaht verringern.

Dass der ULF eigentlich wirklich angenehm dahingleiten kann, können die Wiener leider nicht wissen, hier fällt er nur durch Dröhnen, Schleifen, Quietschen, Scheppern und Wanken auf. Einerseits das Ergebnis der vernachlässigten Wartung dieser Fahrzeuge, andererseits wegen des miesen Oberbauzustandes.
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