Autor Thema: Zeitreise (gelöst)  (Gelesen 4231 mal)

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Konstal 105Na

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Zeitreise (gelöst)
« am: 08. Oktober 2012, 19:24:48 »
Ich war einmal in einem Museum und da gab es unter anderem ein Bild von einem Straßenbahntriebwagen. Dieser Wagen war in so mancher Hinsicht etwas Besonderes.

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Meine Fragen:

Wo und wann wurde dieser Wagen aufgenommen?
Warum war dieser Wagen bessonders? Wovon unterschied er sich von den anderen Wagen?
Vielleicht weiß ja jemand die Type und das Baujahr.

Viel Spaß beim Raten.
po sygnale odjazdu nie wsiadac

13er

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Re: Zeitreise
« Antwort #1 am: 08. Oktober 2012, 19:48:22 »
Eine deutsche Stadt im Krieg ist es mal definitiv... ich hatte zuerst vom generellen Wagenaussehen den Verdacht München, aber so ganz passt das nicht.
Mit uns kommst du sicher... zu spät.

95B

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Re: Zeitreise
« Antwort #2 am: 08. Oktober 2012, 19:52:12 »
–> PN
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
... brrrr, Klumpert!
Entklumpertung des Referats West am 02.02.2024 um 19.45 Uhr planmäßig abgeschlossen!

Konstal 105Na

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Re: Zeitreise
« Antwort #3 am: 08. Oktober 2012, 20:33:48 »
95B hat einen Teil des Rätsels gelöst.

Eine deutsche Stadt im Krieg ist es mal definitiv...

Sei dir da nicht zu sicher.  :P Als die Nazis an der Macht waren, war nicht sofort Krieg.


ich hatte zuerst vom generellen Wagenaussehen den Verdacht München, aber so ganz passt das nicht.

 :down: Nein, München ist es nicht, doch auch dort wäre der Wagen aufgrund eines Details, das man auf heutigen Fotos sehen würde, etwas Besonderes gewesen.
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luki32

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Re: Zeitreise
« Antwort #4 am: 08. Oktober 2012, 21:00:39 »
:down: Nein, München ist es nicht, doch auch dort wäre der Wagen aufgrund eines Details, das man auf heutigen Fotos sehen würde, etwas Besonderes gewesen.

In  München wurde doch vor dem Krieg noch mit Trolley gefahren, da gabs keine Schleifbügel, oder?

mfG
Luki
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moszkva tér

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Re: Zeitreise
« Antwort #5 am: 08. Oktober 2012, 21:01:53 »
Eine deutsche Stadt im Krieg ist es mal definitiv...

Sei dir da nicht zu sicher.  :P Als die Nazis an der Macht waren, war nicht sofort Krieg.
Kann man daraus schließen, dass es eine vor dem Krieg besetzte Stadt war? Sudetenland? Protektorat Böhmen und Mähren?

Revisor

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Re: Zeitreise
« Antwort #6 am: 08. Oktober 2012, 21:43:45 »
Ein Versuch: Generalgouverment, Krakau. Die aus Nürnberg stammenden Wagen (141-150, sog. Zeppelinwagen) mußten 1941 im Rahmen des Reichsleistungsgesetzes an Krakau abgegeben werden und erhielten die Nummern 89-98. Sie wurden dort mit dem üblichen blau-weißen Anstrich versehen. Nach verschiedenen Umbauten und Verbesserungen waren sie bis etwa 1970 im Einsatz. Der Triebwagen 92 wurde zu einem Zweikraft-Turmwagen mit Dieselaggregat umgebaut und befindet sich heute, von der Krakauer Werkstätte weitgehend in den Ursprungszustand zurückversetzt als Nr. 144 im Nürnberger Straßenbahnmuseum im Werk St. Peter. Als Gegenleistung für diesen liebevoll restaurierten Wagen erhielt Krakau von Nürnberg eine Schienenbiegemaschine.

Ob es sich allerdings tatsächlich um einen Nürnberger Wagen handelt bzw. ob das überhaupt Krakau ist, weiß ich nicht.

Konstal 105Na

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Re: Zeitreise
« Antwort #7 am: 09. Oktober 2012, 12:04:09 »
In  München wurde doch vor dem Krieg noch mit Trolley gefahren, da gabs keine Schleifbügel, oder?

Das weiß ich leider nicht, doch für das Rätsel ist es nicht relevant.

Eine deutsche Stadt im Krieg ist es mal definitiv...

Sei dir da nicht zu sicher.  :P Als die Nazis an der Macht waren, war nicht sofort Krieg.
Kann man daraus schließen, dass es eine vor dem Krieg besetzte Stadt war? Sudetenland? Protektorat Böhmen und Mähren?

Eigentlich hätte man daraus schließen können, dass es eine deutsche Stadt war. Immerhin könnte dieser Wagen so in fast jeder deutschen Stadt zwischen 1933 und 1939 unterwegs gewesen sein. Ich wollte da eigentlich eine Finte einbauen, denn das Foto ist während des Krieges aufgenommen worden. Auch die "deutsche Stadt" könnte man definieren. Ist Breslau deutsch oder ist es Wrocław und doch polnisch? Revisor hat es aber ohnehin fast gelöst.

Ein Versuch: Generalgouverment, Krakau. Die aus Nürnberg stammenden Wagen (141-150, sog. Zeppelinwagen) mußten 1941 im Rahmen des Reichsleistungsgesetzes an Krakau abgegeben werden und erhielten die Nummern 89-98. Sie wurden dort mit dem üblichen blau-weißen Anstrich versehen. Nach verschiedenen Umbauten und Verbesserungen waren sie bis etwa 1970 im Einsatz. Der Triebwagen 92 wurde zu einem Zweikraft-Turmwagen mit Dieselaggregat umgebaut und befindet sich heute, von der Krakauer Werkstätte weitgehend in den Ursprungszustand zurückversetzt als Nr. 144 im Nürnberger Straßenbahnmuseum im Werk St. Peter. Als Gegenleistung für diesen liebevoll restaurierten Wagen erhielt Krakau von Nürnberg eine Schienenbiegemaschine.

Ob es sich allerdings tatsächlich um einen Nürnberger Wagen handelt bzw. ob das überhaupt Krakau ist, weiß ich nicht.

 :o  :up: Fast alles richtig, bis auf eine Kleinigkeit. Die Wagen wurden erst nach 1945 blau-weiß lackiert.

Jetzt fehlt eigentlich nur noch die Kleinigkeit warum diese Wagen nach Krakau kamen. Die Wagen wurden zwar nicht ausschließlich für den angedachten Zweck eingesetzt, aber hauptsächlich schon. Was könnte der Zweck sein?
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Konstal 105Na

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Re: Zeitreise
« Antwort #8 am: 10. Oktober 2012, 22:46:34 »
Nachdem nichts mehr kam, hier die endgültige Auflösung.

Wie Revisor bereits richtig schrieb, handelt es sich dabei um einen von 10 MAN Tw welche in Nürnberg von 1909 bis Ende der 30er im Einsatz waren. 1941 kamen sie nach Krakau, wo sie die Typenbezeichnung SN3 bekamen. Dies orientierte sich an die damaligen Wagen in Krakau aus Sanok, einer Stadt, welche heute wieder einen Straßenbahnbezug hat, sogar zu der aus Wien. Diese hatten die Typenbezeichnung SN1 und SN2. "SN" steht für "silnikowy - normalnotorowy" (Motorwagen, Normalspur). Damals gab es in Krakau noch die Schmalspurlinien. Gleichzeitige kamen 23 MAN Bw nach Krakau, diese bekamen die Typenbezeichnung PN3. "PN" steht für "przyczepa normalnotorowa" (normalspuriger Beiwagen). Die Beiwagen wurden oft von Sanok SN1 gezogen.
Sowohl SN3, als auch PN3 behielten bis Kriegsende ihre nürnberger Lackierung, erst nach dem Krieg kam die typische krakauer Lackierung. Das Besondere, was ich suchte war, dass die Wagen hauptsächlich auf der am 02. 09. 1941 eingerichteten Linie 8 (Bronowice - Mogliska) fuhren, welche nur für Deutsche bestimmt war. Am 5er (Salwator - Osiedle Oficerskie) konnte man die Wagen ebenfalls antreffen, da durften auch Polen mitfahren.
Nach dem Krieg wurden die SN3 umgebaut, sie bekamen andere Wagenkästen und einen Scherenstromabnehmer und die für das kommunistische Polen übliche Halterung für die Liniensignalscheibe (heute noch bei den N am 38er in Bytom verwendet). 1969 endete der letzte Planmäßige Fahrgasteinsatz auf der Linie 18 (Cichy Kącik - Pl. Wolnica). Die PN3 wurden bereits 1960 außer Dienst gestellt und heute befindet sich noch ein Exemplar in Krakau.
Wie von Revisor bereits erwähnt, wurde Wagen 92 zum Turmwagen und später wieder in den Originalzustand zurückgebaut. 1984 wurde dieser der Partnerstadt Nürnberg zurückgegeben. PN3 336, welcher in den 70ern zu einer Lore umgebaut wurde, wurde im Mai/Juni diesen Jahres ebenfalls an Nürnberg im Originalzustand übergeben.

Aufgenommen wurde das Foto in der ehemaligen Schindlerfabrik (http://de.wikipedia.org/wiki/Fabryka_Emalia_Oskara_Schindlera), wo sich heute ein Teil des Muzeum Historyczne Miasta Krakowa zu deutsch des historischen Museums der Stadt Krakau befindet. Hier ist eine dauerhafte Ausstellung mit dem Titel Kraków - Czas okupacji 1939-1945 (Krakau - Die Zeit der Besetzung 1939-1945). Diese ist sehr sehenswert und gibt einen wunderschönen Einblick in den Alltag im Generalgouvernement. Es handelt sich hierbei keineswegs um ein langweiliges Museum, ich selbst bin kein großer Fan von Museen, aber dieses hier ist mein absoluter Liebling. Bis jetzt war auch jeder, der es gesehen hat begeistert.
Es gibt nicht nur viele Bilder, sondern auch unzählige Dokumente und interaktive Karten, an denen man beispielsweise die Umbenennung der Straßen durch die Nazis nachvollziehen kann. Zudem kann man sich wichtige Punkte anzeigen lassen und einiges mehr. Sehr interessant ist (zumindest für mich) welche Straßennamen geändert, welche übersetzt und welche einfach beibehalten wurden. So wurde eine nach einem polnischen Sozialisten benannte Straße von den Nazis kurioserweise nicht umbenannt.  :o

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Damit ihr einen kleinen Einblick bekommt, wie es im Museum unter anderem aussieht. Die Spurweite tut zwar weh, aber das Flair hier ist dennoch gut gelungen. Man hört Straßenlärm der 40er Jahre, da fehlt auch nicht der Klang einer Straßenbahntrittglocke. So als ob man mitten im Geschehen wäre.

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Einsteigen und Propaganda bewundern kann man auch.
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