Autor Thema: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße  (Gelesen 40316 mal)

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13er

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29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« am: 10. Februar 2011, 00:17:59 »
Am 29. April 1951 ereignete sich ein schwerer Unfall am 62er. Ein Werkstättenbediensteter mit Fahrerlaubnis fuhr einen vollbesetzten Dreiwagenzug in Richtung Lainz. Nachdem der Fahrer bereits bei allen Haltestellen ab der Philadelphiabrücke Probleme hatte, den Wagen zum Stehenbleiben zu bringen, nahm das Unglück seinen Lauf: Bereits auf der Breitenfurter Straße wurde der Zug immer schneller, Stichflammen kamen aus dem Fahrschalter. Auf dem Gleisbogen in die Hetzendorfer Straße stürzten schließlich alle drei Wagen um, schlitterten über die Straße und kollidierten mit der Hauswand, wie am Bild zu sehen. Es gab einen Toten und etwa 200 Verletzte.

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Ursache des Unfalls dürfte ein Bremsdefekt gewesen sein, der Fahrer hätte den Zug aber natürlich sofort nach Bemerken des Problems als Sonderzug einziehen müssen.

Auch die AZ berichtete am 1. Mai 1951:

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Und am 3. Mai:

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hema

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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #1 am: 10. Februar 2011, 02:20:52 »
Fahrschalterbrand + unroutinierter Fahrer =  :(


Wobei er am Zustand des Fahrschalters vermutlich nicht ganz unschuldig war. Viele schaffen es sogar heutzutage E1 und E2 Fahrschalter/Schaltwerke durch deppertes Schalten schwer zu ramponieren!  :down:
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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #2 am: 10. Februar 2011, 09:15:15 »
Bei der Angabe über ein Bremsversagen dürfte es sich, wie meist in solchen Fällen, um eine Schutzbehauptung gehandelt haben.

luki32

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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #3 am: 10. Februar 2011, 09:25:19 »
Bei der Angabe über ein Bremsversagen dürfte es sich, wie meist in solchen Fällen, um eine Schutzbehauptung gehandelt haben.

Ist mit der Eisenbahnstation Altmannsdorf die damals niveaugleich Kreuzung mit der Donauländebahn gemeint?

Und die Bezeichnung fünfter Gang für die fünfte Fahrstufe ist auch nett.  8)

Ein Wunder ist auch, daß der Zug auf der Kreuzung mit Altmannsdorferstraße mit keinem Fahrzeug kollidiert ist.

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Linie 41

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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #4 am: 10. Februar 2011, 09:26:10 »
Mittlerweile hat man glücklicherweise die Schienenbremse und den MRT erfunden.
Ich verstehe das Konzept dahinter nicht und bin generell dagegen.

E2

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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #5 am: 10. Februar 2011, 09:34:29 »
Hilf mir mal, was ist MRT?

Linie 41

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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #6 am: 10. Februar 2011, 09:35:36 »
Magnetresonanztomographie (wegen des Todesopfers).
Ich verstehe das Konzept dahinter nicht und bin generell dagegen.

E2

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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #7 am: 10. Februar 2011, 09:42:48 »
Mah, da bin ich jetzt in den Schmalzkübel gestiegen.
DAS kenn ich schon, hatte ich auch erst vor kurzem, ich rätselte über den Begriff in bezug auf die Straßenbahn.

 :-\

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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #8 am: 10. Februar 2011, 09:48:21 »
Ein Wunder ist auch, daß der Zug auf der Kreuzung mit Altmannsdorferstraße mit keinem Fahrzeug kollidiert ist.
Mangels Tangente wird es zu dieser Zeit dort vermutlich keinen nennenswerten Autoverkehr gegeben haben.
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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #9 am: 10. Februar 2011, 12:01:22 »
Bei der Angabe über ein Bremsversagen dürfte es sich, wie meist in solchen Fällen, um eine Schutzbehauptung gehandelt haben.
Danke für den Zeitungsausschnitt! Das war wohl wirklich die Nummer-1-"Ausrede" der Fahrer... obwohl echtes Bremsversagen abgesehen von den frühen Jahren der Tramway tatsächlich extrem selten war und AFAIR seit den 60ern kein einziger Unfall mehr auf Bremsversagen zurückzuführen war.
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luki32

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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #10 am: 10. Februar 2011, 12:34:01 »
Danke für den Zeitungsausschnitt! Das war wohl wirklich die Nummer-1-"Ausrede" der Fahrer... obwohl echtes Bremsversagen abgesehen von den frühen Jahren der Tramway tatsächlich extrem selten war und AFAIR seit den 60ern kein einziger Unfall mehr auf Bremsversagen zurückzuführen war.

Außer der 33er E1, der von der Friedensbrücke bis fast zum Franz-Josefs-Bahnhof gefahren ist.

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Ferry

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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #11 am: 10. Februar 2011, 13:15:59 »
Danke für den Zeitungsausschnitt! Das war wohl wirklich die Nummer-1-"Ausrede" der Fahrer... obwohl echtes Bremsversagen abgesehen von den frühen Jahren der Tramway tatsächlich extrem selten war und AFAIR seit den 60ern kein einziger Unfall mehr auf Bremsversagen zurückzuführen war.
Mir gefällt der Ausdruck "Bremsversagen" hier nicht besonders. Wenn wir von der Schienenbremse, die es damals in Wiener Wagen noch kaum gab, absehen, verfügten Triebwagen über zwei Bremsen: Betriebsbremse (oder generatorische Bremse) und Feststellbremse. Letztere war aber, wie der Name schon sagt, nur zum Fixieren des Wagen bei Erreichen des Stillstandes gedacht (d.h., Sicherung gegen Wegrollen). Es bleibt daher nur die generatorische Bremse als Bremsmittel während der Fahrt über (die Sandstreuvorrichtung rechne ich jetzt nicht dazu, weil sie ja eigentlich nur Rädergleiten und - schleudern verhindern soll).

Diese Bremse wird aber durch die Bremsstufen im Fahrschalter aktiviert und schließt - vereinfacht gesprochen - nur die Rotor- und Statorwicklungen der beiden Motoren kreuzweise kurz, wodurch es zum einem Stromfluss (Induktion) kommt. Dieser Stromfluss ist dem ursprünglichen Stromfluss entgegengesetzt und bewirkt daher im Motor ein Gegendrehmoment - der Motor wird langsamer. Dieses Gegendrehmoment ist umso höher, je stärker der Stromfluss ist, daher gibt es im Fahrschalter mehrere Bremsstufen, bei denen zunächst etliche Widerstände in den Stromkreis geschaltet sind und dann nach und nach weggeschaltet werden, bis auf der letzten Bremsstufe die Rotor- und Statorwicklungen kurzgeschlossen sind.

Es gibt also keine "richtige" Bremse als eigene Einrichtung - anders als z.B. bei Fahrzeugen mit Druckluftbremse. Daher kann man auch nicht von einem "Bremsversagen" sprechen, denn es gibt keine Einrichtung, die hätte versagen können. Vielmehr dürfte das Problem im Fahrschalter selbst gelegen sein, von dem ich aufgrund des Unfallzeitpunktes davon ausgehe, dass es sich noch um einen Schleifringfahrschalter gehandelt hat, in dem - möglicherweise durch einen lockeren Abgriffarm - ein Kurzschluss und in weiterer Folge ein Lichtbogen entstanden ist, der zu einem "Festfressen" geführt hat, d.h. die Fahrkurbel konnte nicht mehr bewegt und somit nicht mehr auf Bremsstufen geschaltet werden. Die zeitgenössische Beschreibung des Unfallablaufs (Rauch, Feuer aus dem Fahrschalter) unterstützt diese Annahme. Man kann hier also nur von einem Fahrschaltenversagen bzw. einem defekten Fahrschalter als Unfallursache sprechen.

Unverständlich ist mir, dass der betreffende Fahrer die Probleme mit dem Fahrschalter schon eine ganze Zeit vorher bemerkt und trotzdem nichts unternommen hat. Ein Zug mit einem defekten Fahrschalter darf selbstverständlich nicht mehr im Fahrgastbetrieb weitergeführt, sondern muss auf schnellstem Weg eingezogen werden, wobei der Zug nicht mehr aus eigener Kraft bewegt werden darf, sondern mit abgezogenem Stromabnehmer geschleppt werden muss. Hätte der Fahrer diese Vorschrift beherzigt, wäre dieser Unfall wohl zu vermeiden gewesen.
Weißt du, wie man ein A....loch neugierig macht? Nein? - Na gut, ich sag's dir morgen. (aus "Kottan ermittelt - rien ne va plus")

hema

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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #12 am: 10. Februar 2011, 14:14:43 »
Über den Rest will ich mich nicht verbreitern, aber hast du noch nie von einer "Fahrt mit hinterem Fahrschalter" gehört?  ::)
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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #13 am: 10. Februar 2011, 15:15:48 »
@ Ferry: Deine Theorie in allen Ehren, aber hast du den von mir geposteten Zeitungsartikel gelesen? Da ist die Rede von einer erreichten Geschwindigkeit von 60 km/h. Wenn du bei dieser Geschwindigkeit bei einem für 35 km/h zugelassenen Wagen die erste Bremsstufe einschaltest, gibt es im günstigsten Fall einen sehr großen Bremsruck, im weniger günstigen Fall Rundfeuer am Kollektor. Nehmen wir aber den günstigeren Fall an. Der sicher noch relativ unerfahrene Fahrer wird von dem heftigen Bremseinsatz überrascht und schaltet im Schreck oder durch die auf ihn nach vorne wirkende Kraft auf Null zurück. Muß ich dir jetzt noch sagen, was sich da in einem Schleifringfahrschalter abspielt? Der Fahrer traut sich nicht mehr die Kurzschlußbremse zu verwenden, sondern versucht den Zug mit der Handbremse abzubremsen. Nun kann er entweder die Handbremse nicht stark genug angezogen haben oder, was in der Panik wahrscheinlicher ist, sie zu fest anziehen, sodaß die Räder des Triebwagens blockieren. Solchermaßen vergeht die Zeit, ohne daß eine entscheidende Verzögerung des Zuges eingetreten ist und die Kurve kommt immer näher, Rest siehe Foto.

Ich will jetzt weiß Gott nicht behaupten, daß es sich genauso zugetragen hat, aber ich denke nicht allzuweit danebenzuliegen.

Linie 41

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Re: 29.4.1951: Unfall 62er Hetzendorfer Straße
« Antwort #14 am: 10. Februar 2011, 15:28:35 »
D. h. am besten hätte er einfach die Bremsstufe dringelassen und vielleicht mit Handbremse und Sand versucht weiter runterzubremsen?
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