Autor Thema: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn?  (Gelesen 24211 mal)

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tom128

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Ich lese nun schon seit Langem hier begeistert mit und auch im Freundeskreis unterhalten wir uns oft über Themen, die hier behandelt werden. Bei einer Unterhaltung kamen wir auch zur Grundsatzfrage, wieso es überhaupt dazu kam, dass die Straßenbahn eben jenen Stellenwert bei den WL hat (jetzt einmal ganz ohne zu werten), den sie nun mal heute hat und über den wir uns hier täglich unterhalten.

Wir wären da auf der Suche nach einer Art historischem Abriss, wie es dazu kam, dass wir zwar noch ein relativ dichtes Netz mit meist durchaus brauchbaren Intervallen haben, aber im Vergleich mit z.B. Frankreich und Co. so wenig weitergeht und es auch sonst genügend Probleme gibt (Gleis- und Wagenmaterialzustand etc.). Sprich: Was waren da im Laufe der Geschichte die - eurer Meinung nach - entscheidendsten Faktoren / Persönlichkeiten und Beteiligten / Entwicklungen etc. die im Laufe der letzten Jahre und Jahrzehnte dazu beigetragen haben, dass die Wr. Straßenbahn eben "so ist, wie sie heute ist" und, so wie es scheint, nicht gerade das "Lieblingskind" des Unternehmens ist.

Auch wenn ich den Grundtenor hier kenne und ihn inzwischen meist auch teile, wäre auch eine Art Ausblick interessant. Also ob es in Zeiten des Budgetdrucks und auch mit einigen Personaländerungen in den nächsten Jahren vielleicht auch in eine andere, positivere Richtung gehen könnte.

Ich weiß keine einfache und kaum kurz zu beantwortende Frage - ich wäre dennoch sehr an euren Meinungen, gerne mit historischen Entwicklungen unterfüttert, interessiert.

13er

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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #1 am: 04. April 2017, 22:59:18 »
Die zwei wichtigsten Faktoren sind da ganz eindeutig die U-Bahn und der zuvor aufgekommene starke IV-Zuwachs. Die Straßenbahn wurde immer mehr als Hindernis des Autos gesehen und die U-Bahn war die einfachste Lösung: Schienen unter der Erde, oben Autos und Busse. Glücklicherweise passiert in Wien alles 20 Jahre später, sodass uns eine (geplante) Kompletteinstellung der Straßenbahn erspart geblieben ist.

Trotzdem hat sich an der Grundhaltung bei den Verantwortlichen bis heute nichts, aber auch gar nichts geändert. Weiterhin wird wie wild sinnlos U-Bahn gebaut, aber die Straßenbahn bleibt mit kleineren Änderungen im wesentlichen am Stand von vor 20-30 Jahren (auch geistig bei den Verantwortlichen). Daran werden auch die kleinen Ausbauten nichts ändern, so sie jemals geschehen. Ich habe die Hoffnung, dass sich das mit der nächsten Politikergeneration ein wenig verbessert, einfach weil die Gesellschaft allgemein in eine andere Richtung geht (mehr Umwelt, mehr elektrische Energie, aber weniger Brutalprojekte wie U-Bahn-Tunnels), aber das wird noch lange dauern.
Mit uns kommst du sicher... zu spät.

öffi-dude

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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #2 am: 04. April 2017, 23:02:06 »
Aber was interessiert die WL der zugenommene IV? Kann einem ÖV-Betrieb doch egal sein, ob die Autos im Stau stecken, oder?

13er

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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #3 am: 04. April 2017, 23:03:09 »
Aber was interessiert die WL der zugenommene IV? Kann einem ÖV-Betrieb doch egal sein, ob die Autos im Stau stecken, oder?
Die WL können selbst überhaupt nichts, sondern sind ein rein politgesteuertes Unternehmen. Und die Politik sieht es eben schon seit den 70ern so... die Grünen haben ja versucht, da und dort was zu erreichen, aber im großen und ganzen sind sie auch am roten Beton gescheitert.
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4463

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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #4 am: 04. April 2017, 23:07:37 »
Wenn es politisch zu einem Erdrutsch Richtung rechts kommt (d.h. eine Koalition unter einem blauen Bürgermeister), dann wird sich nix bessern. Es wird zwar auch nicht in größerem Maße eingestellt werden, aber egal ob FPÖ-SPÖ oder FPÖ-ÖVP (was ich bezweifle, da die ÖVP in Wien bald komplett irrelevant sein wird) werden dem Autoverkehr wieder mehr Aufmerksamkeit schenken.
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nord22

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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #5 am: 04. April 2017, 23:20:34 »
1968 wurde im Wiener Gemeinderat der Bau eines U-Bahn Grundnetzes beschlossen. Obwohl die Baukosten horrend und die Baudauer im internationalen Vergleich sehr lange war, tauchten schon in den 70er Jahren diverse Pläne auf, welche eine Umstellung des öffentlichen Verkehrs in Wien ausschließlich auf U-Bahn und Autobus zum Ziel hatten. Die Fahrzeugtypen E1 und E2 sollten eigentlich die letzten für die Wiener Straßenbahn zu beschaffenden Triebwagentypen sein. Aus Budgetgründen konnte ein flächendeckendes U-Bahnnetz nicht umgesetzt werden.

Die U-Bahneuphorie ist von Direktionsseite bis heute ungebrochen und für den Betriebsbereich BU (U Bahn) ist nichts zu teuer oder zu aufwändig. Dementsprechend führt die Straßenbahn intern und budgetär ein Schattendasein. Aus politischen Gründen wurde von den W.L. in den vergangenen 20 Jahren beharrlich verschwiegen, dass die ULF eine Fehlinvestition waren. Die Schadstände, Reparatur- und Betriebskosten dieser Fahrzeuge sind im internationalen Vergleich sehr hoch und nicht dazu angetan, den Stellenwert der Straßenbahn zu heben.
Mit der Anschaffung der Flexity wurde eine richtungsweisende Entscheidung für die Zukunft getroffen. Die geplante Stückzahl reicht gerade aus, die Typen E1, E2 sowie c4 und c5 zu ersetzen, obwohl mittelfristig aus technischer und wirtschaftlicher Sicht der Ersatz der ULF der ersten Generation geboten wäre. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass in Wien die Wahl des Verkehrsträgers im öffentlichen Verkehr nicht immer nach verkehrswirtschaftlichen Kriterien, sondern nach den Vorlieben von Bezirkspolitikern erfolgt. So wird z.B. mit rigider Sturheit am Betrieb der überlasteten Buslinien 11A und 11B festgehalten.

nord22

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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #6 am: 04. April 2017, 23:31:25 »
Ich denke, die Antwort ist komplex und entsteht aus einer unguten Gemengelage.

Da war einmal der seltsame Minderwertigkeitskomplex, der im Slogan "Wien wird wieder Weltstadt" überall spürbar war.

Dann die Eröffnung der ersten U-Bahn 1976 (Probebetrieb) bzw 02/1978 (U1), als an der Oberfläche noch M und B - Züge fuhren - neben den vielen lächerlichen L-Zweiachsern. Die U-Bahn war im grauen Nachkriegs-Wien das erste moderne Element überhaupt und fühlte sich an wie ein Ding aus einer anderen Welt.

Wo die U-Bahn gebaut wurde, wurde es auch an der Oberfläche schöner: Fußgängerzonen, Aufwertung, Stadterneuerung - genau die Dinge, mit denen man in Frankreich auch bei den Bürgern punktet, wenn eine neue Tramway kommt.

Was die Straßenbahn betrifft, konnten mit der U-Bahn wohl einige Gewohnheiten abgeschüttelt werden, die bei der von der Gewerkschaft geprägten Tramway weiter existierten. Übrigens, auch andere gewerkschaftlich geprägte Betriebe wie zB die Post waren damals ähnlich am Sand!

Während also die Tramway, bedrängt vom Autoverkehr und unbeschleunigt, dahingrundelte, war man mit der U-Bahn in 6 Minuten vom Reumann- am Karlsplatz - ganz klar, dass das die Zukunft war und die Straßenbahn kein Prestige hatte und kaum mehr Beachtung bekam.

Darüber hinaus spielt mit, dass die Verantwortlichen sowohl im Rathaus als auch bei den WiLi eine selbstgefällige "mir san mir"-Stimmung pflegen, die sich aus der inzwischen unendlich langen und auf den ersten Blick unabänderlichen sozialdemokratischen Anführerschaft speist, wobei das auch noch häufig mit wenig Bildung verbrämt ist (die Bildungsbürgerschicht wurde ja vom 1000jährigen Adolf erfolgreich in die KZs verbracht). Ich merke das besonders deutlich, wenn ich es mit Leuten von Verkehrsbetrieben in Frankreich zu tun habe - das ist ein völlig anderes Niveau.

In weniger entwickelten Gesellschaften (zB ehemaliger Ostblock) spielt das Auto eine wesentlich wichtigere Rolle als in westlichen Kulturnationen; Österreich ist da immer noch zwischen Ost und West. Während aber in einigen "Ostblock-Städten" nach dem Untergang des Kommunismus komplett neue Teams aufgestellt werden konnten (Brünn, aber auch Budapest), und in Frankreich praktisch von Null begonnen werden konnte, läuft bei uns der Trott weiter, auch wegen einem Duckmäusertum, einer Obrigkeitshörigkeit, die ein speziell österreichisches Phänomen ist und sich wahrscheinlich bis zum Metternichschen Überwachungsstaat und das Fehlen von bürgerlichen Revolutionen zurückführen lässt. So macht man weiter mit Dingen, die Selbstläufer ohne Widerstandspotential sind (U-Bahn), scheut jede Konfrontation (mit Anrainern oder der Bauwirtschaft), beglückt die Fahrgäste (U-Bahn ist super, Tramway ist veraltet), kassiert hohe Bundeszuschüsse und schafft Arbeitsplätze ohne direkten Kundenkontakt (das gefällt der Gewerkschaft). Dazu ist in den letzten 20 Jahren Häupl eine niveaulose Grobheit eingerissen und bis in tiefere magistratische Ebenen gesickert, die wohl für die nächsten 2 oder 3 Jahrzehnte da bleiben wird...

Hab ich was vergessen?

Harald A. Jahn, www.tramway.at

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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #7 am: 05. April 2017, 10:14:03 »
Hab ich was vergessen?

Vielleicht einen Bezug auf das hier:

Aber was interessiert die WL der zugenommene IV? Kann einem ÖV-Betrieb doch egal sein, ob die Autos im Stau stecken, oder?

Das Straßenbahnnetz in Wien ist historisch gewachsen und das führte dazu, dass Straßenbahnen auch durch die engsten Gassen führten (und immer noch führen, siehe 5er oder 9er). Mit dem aufkeimenden Autoverkehr steckten also Straßenbahn und Autos im selben Stau. Damals wie heute ist es politisch unerwünscht, den Autoverkehr in die Schranken zu weisen (heute geht das zwar etwas eher, aber immer noch in äußerst homöopathischen Dosen, selbst wenn lange Sperren anlässlich von Bauarbeiten zeigen, dass es eigentlich problemlos möglich wäre, stärkere Verkehrsberuhigungsmaßnahmen zu setzen). Daher wird der staugeplagten Straßenbahn einfach nicht geholfen und die eingesparte Denkenergie wird in das Erfinden von Ausreden investiert, warum das alles (wohlgemerkt: nur in Wien, denn im Rest der Welt gehen die Uhren scheinbar anders) nicht gehen kann.

In keiner anderen Stadt würde man von "ÖV-Bevorrangung" sprechen, wenn die Straßenbahn nach Beschleifen eines vorsintflutlichen Oberleitungskontakts lediglich dafür sorgt, dass das Straßenbahnverkehrslichtsignal im ohnehin stets gleichen Ampelumlauf mitgeschaltet wird.

Wo die U-Bahn gebaut wurde, wurde es auch an der Oberfläche schöner: Fußgängerzonen, Aufwertung, Stadterneuerung - genau die Dinge, mit denen man in Frankreich auch bei den Bürgern punktet, wenn eine neue Tramway kommt.

Mittlerweile hat man auch das wieder fallen lassen. Mir ist jedenfalls keine U-Bahn-Verlängerung der letzten Jahre erinnerlich, bei der es an der Oberfläche tatsächlich zu Verschönerungen gekommen wäre. Im Gegenteil: Es wurde alles zubetoniert, riesige und lebensfeindliche Verkehrsflächen wurden geschaffen, die "Verschönerung" beschränkte sich allenfalls auf den brutalistischen Austausch der Stadtmöbel.
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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #8 am: 05. April 2017, 10:25:39 »
Auch in der Favoritenstraße und Praterstraße z.B. merkt man heutzutage nichts (mehr?) von einer attraktiveren Gestaltung der Straßenzüge.

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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #9 am: 05. April 2017, 10:33:18 »
Auch in der Favoritenstraße und Praterstraße z.B. merkt man heutzutage nichts (mehr?) von einer attraktiveren Gestaltung der Straßenzüge.

"Attraktiv" dem damaligen Zeitgeist entsprechend war die Adaptierung dieser Straßenzüge für den Durchzugsverkehr. Die Menschen hatten oben wenig zu suchen, die sollten schließlich unter der Erde mit der U-Bahn fahren. Heute hat sich das zwar in den Grundzügen geändert, aber anhand aktueller Beispiele (Ausstellungsstraße, Engerthstraße, Wagramer Straße) merkt man die Ratlosigkeit des Magistrats, die breiten Straßenquerschnitte entsprechend zu gestalten. Heraus kommen dann Betonwüsten mit breiten Radwegen, schmalen Grünstreifen und viel Platz zum Abstellen von Pkw – weiterhin absolut lebensfeindliche Räume mit null Aufenthaltsqualität.
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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #10 am: 05. April 2017, 14:37:07 »
Ein Punkt, der oft übersehen wird, ist meiner Meinung nach die Größe der Stadt.

Wien ist (leider?) so groß, dass eine U-Bahn wirklich sinnvoll ist, für Strecken wie Reumannplatz - Kagran aber auch Kagran-Stephansplatz ist die U-Bahn ein sinnvolles Verkehrsmittel. Gleichzeitig ist die U-Bahn durch die Größe der Stadt auch (knapp aber doch) leistbar. Wenn aber einmal die Entscheidung für eine U-Bahn gefallen ist, wollen natürlich möglichst viele Stadtbewohner daran teilhaben und die Politiker wollen möglichst viele Wähler daran teilhaben lassen. Damit wird die U-Bahn aber richtig teuer, für die Bim bleibt kein Budget.

In Städten, die für eine U-Bahn nicht groß genug sind (weder Bedarf noch Geld vorhanden), geht es der Straßenbahn von Haus aus viel besser, das sieht man in Österreich in Linz, vor allem aber in den vielen französischen Städten. Wenn tramway.at von Straßenbahnausbauten in Marseille, Lyon, Nice usw schwärmt, muss man schon beachten, dass Marseille nicht einmal halb so groß wie Wien ist, alle anderen Städte sind unter 0,5 Mio. Die einzige Mio-Stadt in Frankreich ist Paris und dort spielt die Straßenbahn auch nur am Stadtrand ein Rolle (nachdem in Österreich alles 20 Jahre später kommt, gibt es da für die Seestadt usw noch Hoffnung).


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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #11 am: 05. April 2017, 15:08:09 »
In Städten, die für eine U-Bahn nicht groß genug sind (weder Bedarf noch Geld vorhanden), geht es der Straßenbahn von Haus aus viel besser, das sieht man in Österreich in Linz, vor allem aber in den vielen französischen Städten. Wenn tramway.at von Straßenbahnausbauten in Marseille, Lyon, Nice usw schwärmt, muss man schon beachten, dass Marseille nicht einmal halb so groß wie Wien ist, alle anderen Städte sind unter 0,5 Mio. Die einzige Mio-Stadt in Frankreich ist Paris und dort spielt die Straßenbahn auch nur am Stadtrand ein Rolle (nachdem in Österreich alles 20 Jahre später kommt, gibt es da für die Seestadt usw noch Hoffnung).

Najaaaa... erstens hat Marseille 900.000 EW und Lyon (als weitere Metrostadt) ca 500.000 - aber im Ballungsraum wohnen ja mehr, oft sind die Stadtgrenzen in Frankreich ja nicht deckungsgleich mit dem Stadtgebiet. So wohnen im Ballungsraum Lyon ca 2 mio, die Stadt ist mE teilweise mit Wien vergleichbar. Dort gibts auch 4 Metrolinien, trotzdem hat man 1995 beschlossen, die Metro kaum noch auszubauen und stattdessen die Tramway neu einzuführen (seither haben die ein Netz von mehr als 66 km aus dem Boden gestampft).

Auch Marseille hat zwei Metrolinien und erst danach die Tramway praktisch neu eingeführt (abgesehen von der 4 km langen Bestandsstrecke).

Oder Budapest: Da hat die Tram in den letzten Jahren einen tollen Aufschwung hinter sich.

Und die Theorie, dass es der Tram in Kleinstädten "von Haus aus besser geht" mag für Linz stimmen, in Graz siehts schon wieder ganz anders aus.

Nein, es kommt schon auf die Menschen deren Geisteshaltung an, die hinter den Entscheidungen stecken. In Wien - siehe oben. Die Stadtgröße ist da sekundär (es gibt ja auch Städte, die diesbezüglich ähnlich unterwegs sind wie wir, mir fällt da zB Rouen ein, oder Toulouse, die auch auf den weiteren Ausbau ihrer Metro setzen und sich gegen Tramway-Ausbaupläne entschieden haben).
Harald A. Jahn, www.tramway.at

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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #12 am: 05. April 2017, 15:10:51 »
Ich bringe auch München ins Spiel, wo nach jahrzehntelangem U-Bahn-Ausbau und Tramway-Abbau erst ganz zaghaft wieder mit kleinen Tramwayprojekten begonnen wird, während größere Vorhaben ähnlich wie bei uns abgewürgt werden.
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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #13 am: 05. April 2017, 15:16:05 »
Deine Beispiele sind wundervoll, nur ist halt das Problem, dass in Wien schon die letzten 50 Jahre die Politik nichts dafür gemacht hat, das der ÖV eigene Spuren hat. Und in der heutigen Zeit ist das etwas, was du nur sehr schwer durchbringst.
Bitte meine Kommentare nicht immer als Ausrede für die WL ansehen

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Re: Wie kam es zur heutigen Situation der Wiener Straßenbahn ...?
« Antwort #14 am: 05. April 2017, 15:30:58 »
Deine Beispiele sind wundervoll, nur ist halt das Problem, dass in Wien schon die letzten 50 Jahre die Politik nichts dafür gemacht hat, das der ÖV eigene Spuren hat. Und in der heutigen Zeit ist das etwas, was du nur sehr schwer durchbringst.

Gerade dieses Problem ist in Wien eigentlich in den letzten 30 Jahren ganz gut beseitigt worden. Viele neuralgischen Stellen wurden entschärft, Schwellen angebracht oder der Gleiskörper abmarkiert. In vielen Straßen fehlt dafür jedoch der Platz. Hier sind Maßnahmen gefordert, die den ÖV konsequent bevorrangen. Das ist es, woran es scheitert. Und sag jetzt bitte nicht, man kann die Tramway nicht konsequent beschleunigen, nur weil hin und wieder der 43er bei der Langen Gasse den 5er ein bisserl aufhält.
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