Autor Thema: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug  (Gelesen 10360 mal)

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hema

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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #30 am: 25. Oktober 2017, 16:32:06 »

. . . . – sie beschreibt mathematisch ein idealisiertes System.
Da bräuchtest du nicht einmal einen Doppelkegel, das wäre theoretisch auch mit einem Zylinder machbar! Auf jeden Fall würde es nur im Gefälle funktionieren, da diese Rollkörper ja keinen Antrieb haben (also etwa so, wie bei einer Hochschaubahn).
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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #31 am: 25. Oktober 2017, 19:12:51 »

. . . . – sie beschreibt mathematisch ein idealisiertes System.
Da bräuchtest du nicht einmal einen Doppelkegel, das wäre theoretisch auch mit einem Zylinder machbar! Auf jeden Fall würde es nur im Gefälle funktionieren, da diese Rollkörper ja keinen Antrieb haben (also etwa so, wie bei einer Hochschaubahn).
Nein, mit einem Zylinder würde es eben nicht funktionieren, weil der keinen Sinuslauf haben kann, denn ein Zylinder hat auf die gesamte Länge denselben Umfang, die beiden Kegel beginnen aber zurück zur Gleismitte zu laufen, sobald sie sich von dort wegbewegen (eben, weil der Umfang am einen Kegel größer und am anderen kleiner wird, wodurch der Verbund der Kegel eine Kurve in Richtung des kleineren Durchmessers beschreibt, da das abwechselnd links und rechts passiert, bekommt man den sogenannten Sinuslauf).
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hema

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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #32 am: 25. Oktober 2017, 20:52:20 »
Du hast ja gesagt theoretisch! Wenn man einen Zylinder ganz gerade auf zwei Schienen legt und in Bögen die Überhöhung genau die auftretende Zentrifugalkraft ausgleicht, reicht ein Zylinder, also ein "Doppelkegel mit Steigung Null". Der Sinuslauf entsteht ja nur durch eine leichte Ungenauigkeit während des Rollvorgangs bzw. an dessem Beginn.
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Katana

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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #33 am: 25. Oktober 2017, 22:20:35 »
Wie gesagt: in der Theorie kann man die Räder der "großen" Bahn durch zwei liegende Kegel annähern, deren Spitzen nach außen stehen und deren Grundflächen einander in der Gleismitte berühren.
Diese Theorie ignoriert die Notwendigkeit von Achslagern bei Fahrzeugen.
Deshalb ist es ja eine "Theorie" – sie beschreibt mathematisch ein idealisiertes System. Von diesem ausgehend kann man sich dann unter Hinzufügen von Randbedingungen (Achslager, andere Radprofile, nicht exakt passende Kurvengeometrie,...) der Realität nähern.
Diese Theorie bezieht sich nur auf eine Achse, ein Radpaar. Deiner Beschreibung nach hat der liegende Doppelkegel wohl eine Breite von ca. 3 m. Was daran ist idealisiert, wenn du für ein Fahrzeug Lager brauchst? Die tunlichst einen Abstand von weniger als 3 m haben und so die Lauffläche durchbrechen.

5er

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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #34 am: 25. Oktober 2017, 22:47:12 »
Diese Theorie bezieht sich nur auf eine Achse, ein Radpaar. Deiner Beschreibung nach hat der liegende Doppelkegel wohl eine Breite von ca. 3 m. Was daran ist idealisiert, wenn du für ein Fahrzeug Lager brauchst? Die tunlichst einen Abstand von weniger als 3 m haben und so die Lauffläche durchbrechen.
Für die Theorie des Sinuslaufs braucht man ja auch kein Fahrzeug, da reicht schon ein Doppelkegel alleine. In einem idealisierten Modell lässt man das Fahrzeug also einfach weg. Um die Theorie dann in die Praxis umzusetzen nimmt man eben Kegelstümpfe, verbindet sie in der Mitte mit einer Achse und gibt noch einen Spurkranz für die Situationen wo die Theorie nicht mehr zutrifft dran und fertig ist das (vereinfachte) Eisenbahnrad.

Katana

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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #35 am: 26. Oktober 2017, 05:38:25 »
Für die Theorie des Sinuslaufs braucht man ja auch kein Fahrzeug, da reicht schon ein Doppelkegel alleine.
In Antwort #19 steht aber aber nichts vom Sinuslauf, sondern von der theoretischen Unnötigkeit der Spurkränze für die Spurführung von Fahrzeugen.

haidi

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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #36 am: 26. Oktober 2017, 10:32:30 »
Lieber Katana
In der Technik und auch in der Wissenschaft geht man sehr oft von Modellen aus (nicht Spielzeug- oder Eisenbahmodellen in 1:87), um etwas zu erklären, zu erforschen oder zu entwickeln. So eben auch dieses Doppelkegelmodell, das ein einfaches und anschauliches Erklärungsmodell für die Radgeometrie und den Sinuslauf ist.  Vom Doppelkegel die unnötigen Teile weg zu lassen (also in der Mitte und außen alles weg zu schneiden, ergibt fürs erste das Rad, an da noch der Spurkranz dran gehört. Und dann kommt der Verfeinerungs- und Optimierungsprozess aus Theorie und langjähriger Praxis, der zu den heutigen Querschitten der Räder und Schienen geführt hat. Sich an fehlenden Lagern und ähnlichen Dingen bei dem Modell zu stoßen zeigt, dass du Probleme hast, zu abstrahieren und vereinfachte Modelle zu verstehen. Ich nehme nicht an, dass du trollen willst.
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HLS

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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #37 am: 26. Oktober 2017, 10:36:09 »
Ich habe sogar ein Video für dieses einfache Model gefunden, es ist zwar nicht das was ich ursprünglich gesucht habe(das war eine Zeit lang auf N24 zu sehen), ist aber dennoch aussagekräftig genug.
https://www.youtube.com/watch?v=Ul5Liu4wKSo
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haidi

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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #38 am: 26. Oktober 2017, 10:49:49 »
Gleich nach diesem Video hat mir Youtube ein russisches gezeigt, das das anschaulich zeigt.
Katana: Wenn du die Laufflächen der zwei vereinfachten Räder verlängerst, dann kommst zu einem Doppelkegel.

https://www.youtube.com/watch?v=OLI7Qyz64ss
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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #39 am: 26. Oktober 2017, 12:00:49 »
Für die Theorie des Sinuslaufs braucht man ja auch kein Fahrzeug, da reicht schon ein Doppelkegel alleine.
In Antwort #19 steht aber aber nichts vom Sinuslauf, sondern von der theoretischen Unnötigkeit der Spurkränze für die Spurführung von Fahrzeugen.

Der Sinuslauf ist aber der Grund für die theoretische Unnötigkeit der Spurkränze, da sich die Achse dadurch selbst zentriert.

Das Thema Modelle in der Wissenschaft und Technik hat haidi eh schon sehr gut erklärt, ich möchte nur noch anmerken, dass idealisiert bzw. ideal nicht die landläufige Bedeutung von ideal im Sinne von "(in der Praxis) das beste" hat, sondern in der Wissenschaft und Technik eher "vereinfacht" bedeutet, im Sinne von "unter idealen Bedingungen" ohne Berücksichtigung von (mathematisch) schwierig zu erfassenden und für das Verständnis des Prinzips bedeutungsarmen (Umwelt-)einflüssen udgl. (in diesem Beispiel eben zB. Weichen, Kreuzungen, Schienenbrüche ;-), Achslager oder auch das Fahrzeug selbst.

HLS

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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #40 am: 26. Oktober 2017, 17:42:46 »
Der Idealfall funktioniert auch nur bis zu einer gewissen Geschwindigkeit, wird diese überschritten braucht man eben den Spurkranz um nicht aus der Kurve geschmissen zu werden.
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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #41 am: 26. Oktober 2017, 19:38:11 »
Danke an alle, die seit meinem letzten Posting die entstandenen Missverständnisse aufgeklärt haben! :)

Nur noch eine Anmerkung:
Wenn man einen Zylinder ganz gerade auf zwei Schienen legt und in Bögen die Überhöhung genau die auftretende Zentrifugalkraft ausgleicht, reicht ein Zylinder, also ein "Doppelkegel mit Steigung Null".
Das ginge dann aber nur bei genau einer Geschwindigkeit, an die die Überhöhung abhängig vom Radius angepasst wäre (übrigens brauche ich eine Zentripetalkraft, die das Ding auf den Schienen hält, die Zentrifugalkraft ist ja bekanntlich nur eine Scheinkraft, die der Zentripetalkraft entgegenwirkt 8) ). Außerdem gäbe es bei deinem Modell mit dem Zylinder ein Problem mit dem "Schlupf" (entlang der Innenschiene wird ein kürzerer Weg zurückgelegt als entlang der Außenschiene), das es beim Doppelkegel eben aufgrund der durch Verschiebung von der Mittelachse möglichen Änderung des Umfanges beider "Räder" im Modell nicht gibt (Ausnahme: du überhöhst die Kurve auf 90°, dann sind beide Schienen gleich lang). Ein Zylinder ist übrigens kein Spezialfall eines Kegels (Ausnahme: Zylinder mit Durchmesser 0 und Kegel mit Durchmesser 0 sind ident, aber dann halt auch inexistent, weil das Volumen von beiden 0 ist ;D ).
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Katana

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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #42 am: 29. Oktober 2017, 23:11:41 »
Das Thema Sinuslauf ist zwar anscheinend erschöpfend diskutiert, aber wegen eines recht persönlich adressierten Postings muss ich noch was einbringen.

Lieber Katana
In der Technik und auch in der Wissenschaft geht man sehr oft von Modellen aus (nicht Spielzeug- oder Eisenbahmodellen in 1:87), um etwas zu erklären, zu erforschen oder zu entwickeln. So eben auch dieses Doppelkegelmodell, das ein einfaches und anschauliches Erklärungsmodell für die Radgeometrie und den Sinuslauf ist.  Vom Doppelkegel die unnötigen Teile weg zu lassen (also in der Mitte und außen alles weg zu schneiden, ergibt fürs erste das Rad, an da noch der Spurkranz dran gehört. Und dann kommt der Verfeinerungs- und Optimierungsprozess aus Theorie und langjähriger Praxis, der zu den heutigen Querschitten der Räder und Schienen geführt hat. Sich an fehlenden Lagern und ähnlichen Dingen bei dem Modell zu stoßen zeigt, dass du Probleme hast, zu abstrahieren und vereinfachte Modelle zu verstehen. Ich nehme nicht an, dass du trollen willst.

Falsch, ich hatte noch nie ein Problem, den Sinuslauf eines Doppelkegels oder einer Eisenbahnachse zu abstrahieren.
Richtig, ich will nicht trollen.

Ich habe im Grunde auf die in der Antwort #19 aufgestellte Behauptung repliziert, dass die Vollbahn dank der stärkeren Laufflächenkonizität eigentlich keine Spurkränze bräuchte:
... (bei großen Bögen der "großen" Bahn funktioniert das anders, da ist das leicht konische Profil der Radreifen dafür verantwortlich, da bräuchte man – zumindest theoretisch – keine Spurkränze).

Zuletzt:
Der Sinuslauf ist aber der Grund für die theoretische Unnötigkeit der Spurkränze, da sich die Achse dadurch selbst zentriert.

Beim Gedanken an einen Stillstand des Fahrzeugs in einem Bogen mit einer Bogenüberhöhung von 100 oder 150 mm stelle ich mir die Frage, wie stark der Kegel der Räder ausgeprägt sein müsste, um die kurveninneren Spurkränze obsolet zu machen. Ebenfalls ganz theoretisch. Oder ist das schon wieder zu praktisch?

Die Spurkränze machen für mich den Unterschied zwischen Sinuslauf - der für die Spurführung in den meisten Situationen sorgt - und einer vollwertigen Spurführung aus.

haidi

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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #43 am: 30. Oktober 2017, 00:14:17 »
Nochmals - 4463 und 5er sprechen von theoretisch und es sollte klar sein, dass sie die Spurkränze nicht abschaffen wollen.
Bitte begreife, dass hier eine theoretische Diskussion abgelaufen ist. In dieser ist sogar eingeflochten worden, dass es im realen Leben mit der Theorie allein nicht geht.
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hema

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Re: Wechselwirkungen Oberbau - Fahrzeug
« Antwort #44 am: 30. Oktober 2017, 00:50:44 »
Außerdem bringt man mit einem Radsatz allein keinen (befriedigenden) Sinuslauf zustande, man muss da schon mindestens zwei schön ausgerichtet und hintereinanderlaufend in einem Wägelchen zusammenfassen.
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