Autor Thema: Kletterweichen und Zweirichtungsfahrzeuge (war: Umbau Johann-Nepomuk-Berger-Platz 2017)  (Gelesen 23965 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

abc

  • Verkehrsführer
  • *
  • Beiträge: 2207
Prinzipiell gehts natürlich überall, wo ich eine Strecke kappe. Bei größeren Vorhaben wie am JNP wärs halt blöd - soviele Zweirichtungswagen kann man auch nicht vorhalten, wobei ich ursprünglich daran dachte, ein paar E6 aufzuheben. Nur - bei der Wiener Netzgröße braucht man schnell mehr als "ein paar".

Die Straßenbahnlinien in Dresden sind meist länger als in Wien, nur eine einzige Linie ist kürzer als 10 km (die nur bei Veranstaltungen verkehrende Messelinie 20), dafür ist die längste Linie fast 30 km lang (und läuft dennoch stabil, ohne dass man sie zwischendurch brechen und das als großartigen Fortschritt verkaufen muss). Und auch in DD hat man zu wenige Zweirichtungszüge, um mehrere dieser langen Linien im Bedarfsfall darauf umstellen zu können.

Die Lösung - Baustellenlinien. Hätten die DVB die Bauarbeiten um den Johann-Nepomuk-Berger-Platz organisert, hätte der 2er vmtl. auch an der Josefstädter Straße geendet - und zusätzlich wäre eine Sonderlinie 42 zwischen Ring und einer provisorischen Endhaltestelle am Johann-Nepomuk-Berger-Platz verkehrt. Für den 44er vom Schottentor hätte es ebenfalls eine provisorische Endhaltestelle gegeben, und der Rest wäre mehr oder weniger vollständig von Bussen ersetzt worden. (Dass der 9er bis zum Westbahnhof völlig ersatzlos eingestellt wurde, war schon ziemlich dreist.)

Auch ansonsten hat es Vorteile, einen gewissen Anteil an Zweirichtungsbahnen zu haben. Berlin hatte in den 90ern eine Zeit lang ausschließlich auf Einrichtungsbahnen gesetzt. Für die Verlängerung der damaligen Linie 20 (nun M10) zum U-Bahnhof Warschauer Straße wurden erstmals wieder Zweirichtungsbahnen beschafft - und schließlich immer mehr, weil man deren Vorzüge entdeckt hat. So gab es zum Beispiel Anfang des letzten Jahrzehnts eine Havarie, einen großflächigen Wasserrohrbruch, am S-Bahnhof Karlshorst. Statt über Wochen Ersatzverkehr anzubieten, konnte nach Einbau einer provisorischen Weichenverbindung schon nach wenigen Tagen der Straßenbahnverkehr wieder aufgenommen und die Behinderung für die Fahrgäste auf einen kurzen Fußweg reduziert werden (den hätten es auch gegeben, wenn die ganze Zeit Busse gefahren wären, die Straße war ja unterspült).

Die Zweirichtungsbahnen sind auch für die Netzentwicklung sehr förderlich, weil man Endhaltestellen mit sehr viel weniger Flächenbedarf konzipieren und außerdem Neubaustrecken schrittweise eröffnen kann. Ohne Zweirichtungszüge würde es die direkte Anbindung der U1 an der Warschauer Straße bis heute nicht geben. Am anderen Ende konnte die M10 z.B. trotz der jahrelangen Verzögerung beim Bau der Straßenbahnstrecke zum Hbf schonmal zum Nordbahnhof verlängert werden. Nach Ansiedlung der Hochschule für Technik und Wirtschaft im Stadtteil Schöneweide konnte man relativ unkompliziert eine Zwischenendstelle bauen und den Straßenbahnverkehr verdichten (auch, weil die Anlage genau so zu DDR-Zeiten schonmal existierte, es rechtlich also ein Wiederaufbau und kein Neubau war). Eine Wendeschleife oder ein Gleisdreieck wären sicher noch immer nicht fertiggestellt. Auf den Linien, die an der neuen Endhaltestelle verkehren, setzt man inzwischen auch bei den nicht dort endenden Fahrten bevorzugt Zweirichtungszüge ein, um im Bedarfsfall flexibler reagieren zu können.

Inzwischen wurde die einst angedachte Bestellung vieler Einrichtungs-Flexity für Berlin völlig gecancelt. Es werden nur noch Zweirichtungszüge beschafft.

Und nein, sie bieten auch nicht weniger Platz als Einrichtungsbahnen - allenfalls weniger Sitzplätze. Denn der zusätzliche Führerstand wird durch die zusätzlichen Türräume mehr als ausgeglichen. Die sind auch bei starkem Fahrgastwechsel ideale Auffangrräume, was letztlich sogar (gerade zur völlig verbauten Fehlkonstruktion ULF) sogar beschleunigend wirken dürfte.

WIENTAL DONAUKANAL

  • RBL-Disponent
  • ***
  • Beiträge: 1975
Und wenn wir schon bei den Schnapsideen sind, wie wäre ein Heck an Heck Beitrieb mit wzei E1, wie einst in Halle praktiziert.      :fp:  https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?17,6720664,6720664

denond

  • RBL-Disponent
  • ***
  • Beiträge: 1849
Auch in Oberschlesien und Krakau gibt es Zweirichtungswagen, obwohl das gesamte Netz Schleifen aufweist. Bei Baustellen werden die Ausläufe halt umgestellt, sodass die Zweirichter auf den verkürzten Linien stumpf wenden können. Falls man Bedenken wegen der geringeren Sitzplatzanzahl hat: Ich bin überzeugt, dass es möglich ist, bei Zweirichtungsfahrzeugen auf der linken Seite im Türbereich zusätzliche Sitzplätze anzubringen, solange die Fahrzeuge im Ein-Richtungs-Modus unterwegs sind. Die kann man dann im Fall des Falles mit ein paar Handgriffen entfernen und hat dann (sitzplatzreduzierte, aber vollwertige) Zwei-Richtungs-Fahrzeuge.

Auf der ganzen Welt sind solche Fahrzeuge kein Problem. In Wien werden sie zu einem Problem gemacht. Es gehörten MMn die Entscheidungsträger auf den entsprechenden Stellen gewechselt...

Kálvin tér

  • Fahrer
  • ***
  • Beiträge: 449
Eine historische Frage zum Thema: Wie hat man das Problem eigentlich seinerzeit beim Bau der Stadtbahnstation Thaliastrasse gelöst? Ich glaube mich dunkel erinnern zu können, das auf Höhe der Baustelle eingleisig gefahren wurde, weiß aber nicht mehr ob hier die Kletterweichen im Einsatz waren oder eine Schnürstelle eingebaut wurde.

Operator

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 5556
Eine historische Frage zum Thema: Wie hat man das Problem eigentlich seinerzeit beim Bau der Stadtbahnstation Thaliastrasse gelöst? Ich glaube mich dunkel erinnern zu können, das auf Höhe der Baustelle eingleisig gefahren wurde, weiß aber nicht mehr ob hier die Kletterweichen im Einsatz waren oder eine Schnürstelle eingebaut wurde.
Nein, kamen nicht, es wurden einfach die Gleise verlegt, vielleicht finde ich ja Bilder.....

WIENTAL DONAUKANAL

  • RBL-Disponent
  • ***
  • Beiträge: 1975
Eine historische Frage zum Thema: Wie hat man das Problem eigentlich seinerzeit beim Bau der Stadtbahnstation Thaliastrasse gelöst? Ich glaube mich dunkel erinnern zu können, das auf Höhe der Baustelle eingleisig gefahren wurde, weiß aber nicht mehr ob hier die Kletterweichen im Einsatz waren oder eine Schnürstelle eingebaut wurde.

Soweit ich mich erinnere eine Schnürstelle mit Rückfallweichen und Signaldeckung.

Operator

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 5556
Ein Bild habe ich, allerdings ist dieser eingleisige Streckenbereich bei der Burggasse 1987 gewesen.

Klingelfee

  • Geschäftsführer
  • *
  • Beiträge: 14596
Beim Bau der U-Bahn Station Thaliastraße, gab es genauso wie bei der Station Hütteldorfer Straße (Linie 10) und Siebenhirten (Linie 64) einen eingleisigen Streckenabschnitt.

Und ich weiß, viele von euch hätten gerne Zweirichtungsfahrzeuge. Aber bis auf den Johann Nepomuk Berger Platz, wo man eventuell Zweirichtungsfahrzeugen verwenden hätte können, damit man den Betrieb auf der Ottakringer Straße, Neulerchenfelder Straße und der Linie 9 aufrecht erhalten hätte können.

Inwieweit das Sinnvoll gewesen wäre, lass ich hier dahin gestellt, da gebe ich nur zu bedenken, dass das Baufeld in der Neulerchenfelderstraße bis zur Blumbergergasse gegangen ist, ebenso hätte man die Linie 44 schon auf dieser Höhe enden lassen müsse.

Und bei der Linie 9 hätte dann womöglich die Brauerei Ottakring das Problem gehabt hätte, dass sie bedingt durch die Kletterweiche  mit LKW ihr Werk nicht mehr anfahren können.

Aber ganz abgesehen davon bin ich die Großbaustellen der letzten Jahre durchgegangen und hätte keinen sinnvollen Einsatz für Zweirichtungsfahrzeuge gesehen. Denn wenn die Baustelle nur über das Wochenende geht, dann sind die Kosten der notwendigen Vor- und Nachbereitungsarbeiten wesentlich höher, als der für einen Schienenersatzverkehr.

Und daher sehe ich keinen Vorteil, wenn man jetzt auch noch Zweirichtungsfahrzeuge für die Straßenbahn anschafft.

Bitte meine Kommentare nicht immer als Ausrede für die WL ansehen

Operator

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 5556
Von März 1980 war diese Bild, auch hier gab es eine  fixe eingleisige Strecke mit Ausweichen!

WIENTAL DONAUKANAL

  • RBL-Disponent
  • ***
  • Beiträge: 1975
Ein Bild habe ich, allerdings ist dieser eingleisige Streckenbereich bei der Burggasse 1987 gewesen.

Dazu ein Link:   http://www.bahnbilder.de/bild/oesterreich~stadtverkehr~strasenbahn-wien/634481/wien-wvb-sl-8-e1-4509.html

luki32

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 5240
  • Bösuser
Eine historische Frage zum Thema: Wie hat man das Problem eigentlich seinerzeit beim Bau der Stadtbahnstation Thaliastrasse gelöst? Ich glaube mich dunkel erinnern zu können, das auf Höhe der Baustelle eingleisig gefahren wurde, weiß aber nicht mehr ob hier die Kletterweichen im Einsatz waren oder eine Schnürstelle eingebaut wurde.

Auch das steht in dem von mir schon verlinkten Wiki-Artikel über die Kletterweicheneinsätze in Wien, weil sie dort aufgelistet sind. Es wurden keine Kletterweichen verwendet.

http://www.strassenbahnjournal.at/wiki/index.php?title=Kletterweiche
Vorsicht, Bösuser!
Militanter Gegner der Germanisierung der österreichischen Sprache!

tramway.at

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 7699
    • www.tramway.at
einige eingleisige Baustellen der letzten Jahre:
Harald A. Jahn, www.tramway.at

luki32

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 5240
  • Bösuser
Und bei der Linie 9 hätte dann womöglich die Brauerei Ottakring das Problem gehabt hätte, dass sie bedingt durch die Kletterweiche  mit LKW ihr Werk nicht mehr anfahren können.

Das meinst jetzt aber nicht ernst, oder? Das erinnert mich an den Stau bis Dschibutti wegen einer vorgeschlagenen Verkehrsmaßnahme.

Man muß ja die Kletterweiche nicht unbedingt genau vor deren Ausfahrt machen, oder?
Vorsicht, Bösuser!
Militanter Gegner der Germanisierung der österreichischen Sprache!

13er

  • Verkehrsstadtrat
  • **
  • Beiträge: 27735
Man muß ja die Kletterweiche nicht unbedingt genau vor deren Ausfahrt machen, oder?
Sie würden sie genau dort machen, damit ein für alle Mal gezeigt wird, dass Kletterweichen in Wien nicht funktionieren - obwohl man sich so bemüht hat!
Mit uns kommst du sicher... zu spät.

Klingelfee

  • Geschäftsführer
  • *
  • Beiträge: 14596
Und bei der Linie 9 hätte dann womöglich die Brauerei Ottakring das Problem gehabt hätte, dass sie bedingt durch die Kletterweiche  mit LKW ihr Werk nicht mehr anfahren können.

Das meinst jetzt aber nicht ernst, oder? Das erinnert mich an den Stau bis Dschibutti wegen einer vorgeschlagenen Verkehrsmaßnahme.

Man muß ja die Kletterweiche nicht unbedingt genau vor deren Ausfahrt machen, oder?

Auf Grund der Topographie müsstest du die Kletterweiche schon nach der Thaliastraße anbringen müssen.

Und worauf ich da hinaus wollte, dass die Straße dann gesperrt gewesen wäre, da sich das Befahren der Kletterweichen, überhaupt mit Schwer-LKW mMn NICHT geeignet ist. Und glaube, dass dann Sattelschlepper zu wenige Platz gewesen wäre, dass sie daneben noch vorbei gekommen wäre. Nicht mehr und nicht weniger.
Bitte meine Kommentare nicht immer als Ausrede für die WL ansehen