Und da es unmöglich ist, jemand im Sperrengeschoß (ohne direkte Sicht auf den Zug) glaubwürdig des Schwarzfahrens zu beschuldigen und darüberhinaus das Betreten des Stationsbereiches ohne Inanspruchnahme einer Beförderungsleistung keine Verwaltungsübertretung (sondern maximal eine Besitzstörung) darstellt, ist jegliche polizeiliche Aufforderung zur Ausweisleistung aus einem dieser Gründe (d.h. in Form von Hilfe für die Kontrollorgane der WL) ab 2019 ganz klar rechtlich nicht mehr gedeckt.
Auf gut Deutsch: wenn die kontrollierte Person sich nicht aus Unwissenheit freiwillig ausweist, kann sich der Kontrollor auf den Kopf stellen und mit den Ohren wackeln - die Polizei wird ihm in der oben beschriebenen Situation nicht helfen dürfen.
Stellt sich nur die Frage: wenn irgendwo kontrolliert wird, wo eine direkte Sichtverbindung zum Zug besteht, wie glaubwürdig ist es, wenn der Kontrollor in der HVZ behauptet, genau die eine kontrollierte Person, die sich nicht ausweisen will, aus dem Zug aussteigen gesehen zu haben?
Achtung: Umgekehrt wird ein Schuh draus - "ab 2019 ganz klar rechtlich nicht mehr gedeckt" stimmt genau so nicht: Das war schon bisher nicht gedeckt. Neu ab 1.1.2019 ist, dass nicht mehr allein der Tatbestand des auf frischer Tat Betretens für die Hinzuziehung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ausreicht, sondern dies ausgeweitet wurde dahingehend, dass nun auch die Möglichkeit besteht, wenn die verdächtigte Person glaubwürdig der Tatbegehung beschuldigt oder mit Gegenständen betreten wird, die auf eine Tatbeteiligung hinweisen. Es handelt sich dabei also um eine Ausweitung der sicherheitsbehördlichen Befugnisse zu Lasten der der Tat verdächtigten Person.
Siehe in der Regierungsvorlage (RV) zur u.a. Einführung des § 34b VStG,
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/I/I_00193/fname_698594.pdf, S. 7, "Zu Z 18 (§ 34b samt Überschrift)".
Als Hintergrund wird in der RV jener ausjudizierte Fall (VfSlg. 8044/1977, besprochen auch in ÖJZ 1979, 432) angeführt, wonach ein mit den Kontrolleuren aus der Straßenbahn ausgestiegener Schwarzfahrer, der sich zur Ausweisleistung geweigert hat und die Straßenbahn bereits weitergefahren war, auch nicht mehr von den hinzugerufenen Sicherheitsorganen zur Ausweisleistung verhalten werden konnte, weil der mutmaßliche Schwarzfahrer nicht mehr auf frischer Tat betreten werden konnte.
Unverändert bleibt aber, dass nach wie vor die verwaltungsstrafrechtliche Tatbegehung nur im Zusammenhang mit einer Beförderungsleistung besteht, demnach weiterhin die Betretung der Bahnsteige bzw. die Betretung der bei der U-Bahn durch Sperren abgegrenzten Bereiche keinen Tatbestand des Verwaltungsstrafrechts darstellt.
[...]
Heißt jedoch nicht, dass man nicht auf einer anderen Gesetzesgrundlage polizeilich kontrolliert werden kann (SPG, FPG) gerade in Stationen mit erhöhter Kriminalitätsrate immer möglich.
Das ist zwar korrekt (§ 35 SPG und § 34 FPG um genau zu sein). Der Unterschied besteht jedoch, dass hierbei keine zwangsläufige Ausweisleistung verbunden ist:
"Die Feststellung der Identität ist das Erfassen der Namen, des Geburtsdatums, der Staatsangehörigkeit und der Wohnanschrift einer Person in deren Anwesenheit. Sie hat mit der vom Anlass gebotenen Verlässlichkeit zu erfolgen." Wobei die betroffene Person, deren Identität festgestellt werden soll, hievon in Kenntnis zu setzen ist und sie an der Identitätsfeststellung mitzuwirken und diese zu dulden hat. (§ 34 Abs 2 u 3 FPG)
Analog auch in § 35 Abs 2 u 3 SPG, mit dem Unterschied, dass in dem Fall die Erfassung der Staatsangehörigkeit nicht im Erfassungsumfang enthalten ist.