Warum setzt [die Wiener SPÖ] dann nicht - gemeinsam mit Koalitionspartner Grüne - vernünftige Lösungen durch, auch gegen die vorhandenen Widerstände?
Weil permanent Wahlen sind und man nicht seine Wähler verscheuchen will. Wenn die Grünen das durchziehen kann man die Schuld auf die Grünen schieben und deren Wähler sind Projekten, die dem Menschen die Stadt zurückgeben, ja nicht ganz abgeneigt, ergo damit kaum zu verscheuchen – höchstens mit der unprofessionellen Handhabung durch die Fr. Vizebürgermeister.
Also ich würde ja nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass die Mariahilfer Straße die Grünen nicht einiges an Wählerstimmen kostet. Obwohl es sich um eine Nationalratswahl handelt.
Von der Floskel "damit die Stadt den Menschen gehört" als Argument für Fußgängerzonen halte ich nichts, denn da den Menschen nunmal keine Flügel wachsen, sind sie eben auf entsprechende Verkehrsmittel zur Fortbewegung angewiesen.
Welche Meinung man über Autofahrer auch hat - Menschen sind sie auch (und auch wenn manche vielleicht "Unmenschen" sind - das kann man nicht verallgemeinern, es gibt überall, unter den Autofahrern ebenso wie unter den ÖV-Fahrgästen, Fußgängern und Radfahrern rücksichtsvolle und weniger rücksichtsvolle).
Menschen sind aber vor allem auch die Benützer öffentlicher Verkehrsmittel!
Während Autofahrer naturgemäß nicht zur Klientel der Grünen gehören, schaut das beim Thema Öffentliche Verkehrsmittel schon anders aus.
Es ist ja schön, dass die Grünen nichts dagegen hätten, wenn 13A und 2A (in beiden Richtungen) auch in Zukunft weiterhin durch die Mariahilfer Straße fahren würden.
Nur können sie es nun mal nicht durchsetzen. Trotzdem halten sie aber an der Beibehaltung der Fußgängerzonen und der Begegnungszonen fest.
Dass der Abschnitt Kirchengasse - Babenbergerstraße dadurch ohne öffentliche Verkehrsmittel ist, ist zwar nicht ihr Wunsch, aber sie nehmen es in Kauf - Hauptsache, sie haben ihre Fußgängerzone bzw. ihre "Begegnungszonen".
Außerdem ist mir im Fall der "Begegnungszone", wo ja eine vorgeschriebene Fahrtrichtung festgelegt wurde, nicht ganz klar, wie es dort je hätte gehen sollen, dass dort eine Buslinie weiterhin
in beiden Richtungen fährt?
Ich weiß nicht, wieweit die Grünen die Möglichkeit hatten, mit Koalitionspartner SPÖ die Bedingungen für die Umsetzung der Fußgängerzonen und Begegnungszonen vorher auszuverhandeln und sich von diesem zusichern zu lassen. Aber irgendwie habe ich schon den Verdacht, dass es zumindest sein könnte, dass die Grünen hier im Vorfeld doch etwas zu optimistisch waren und sich zusehr von der Denkweise "es wird schon irgendwie gehen" leiten ließen.
Falls es vorher abzuschätzen gewesen wäre, dass man zumindest damit rechnen musste, dass die SPÖ die Grünen im Zusammenhang mit diesem Projekt nur benützen werden, um die Kastanien aus dem Feuer zu holen, und sie dabei im Stich lassen würden, dann wäre für die Grünen wohl das einzig vernünftige gewesen, auf das ganze Projekt zu verzichten, auch wenn es schwerfällt. (Oder zumindest einmal sich damit für den Anfang auf den Teil der Mariahilfer Straße zu beschränken, der mit der U3 versorgt ist, also zwischen Westbahnhof und Neubaugasse.) Denn, wie gesagt, ich wäre nicht so sicher, dass dieser Kahlschlag im ÖV-Bereich und das ganze Tauziehen darum, die Grünen nicht doch auch einiges an Wählerstimmen kosten könnte.
Falls man hingegen wirklich nicht damit rechnen konnte (was natürlich schon auch sein könnte), dann würde ich sagen:
Wenn die Zusammenarbeit der Koalitionspartner nur im Fall der Mariahilfer Straße so scheitert, dann könnte man noch sagen, das ist dann eben der Preis, den die Grünen dafür zu bezahlen haben, an der Wiener Stadtregierung beteiligt zu sein.
Falls es aber auch bei anderen Angelegenheiten so weitergeht, dann würde ich den Grünen dringend raten, die Koalition in Wien zu beenden! Denn was nützt einem ein "Koalitionspartner", von dem man nur benützt wird, aber mit dem man nichts erreichen kann? Unter diesen Umständen ist man in der Opposition besser aufgehoben.
Im Übrigen würde ich den Grünen dringend empfehlen, die Öffentlichkeit so deutlich wie möglich darauf aufmerksam zu machen, dass es bezüglich Buslinien 13A und 2A bzw. 2B daran scheitert, dass die SPÖ ihre Zustimmung zu einer Lösung im Sinne der Grünen und im Sinne der Benützer der Mariahilfer Straße (insbesondere eben die Benützer Öffentlicher Verkehrsmittel) verweigert!
Es ist ja nicht verboten, im Wahlkampf auch den eigenen Koalitionspartner offen zu kritisieren - wie man ja bei SPÖ und ÖVP auf Bundesebene sieht.
Und außerdem ist eben unter den oben beschriebenen Umständen zu überlegen, wieweit es für die Grünen überhaupt noch Sinn macht, zu versuchen, den Koalitionspartner nicht zu verärgern - vor allem, wenn dieser sie auch bei weiteren Projekten ebenso anrennen lässt.
Überhaupt wäre es besser, wenn die Grünen die bestehenden Probleme in vollem Umfang zugeben und erklären, woran es liegt. Stattdessen leugnen sie die Probleme weitestgehend, und lassen kritische Meinungen zur Mariahilfer Straße einfach nicht zu: Zum einen dadurch, dass kritische Meinungen (auch wenn sie äußerst sachlich formuliert sind!) bei den diversen Grünen Facebook-Profilen sowie bei den Kommentar-Funktionen auf ihrer Homepage gelöscht werden bzw. gar nicht freigeschaltet werden! Und zum anderen dadurch, dass die Grünen die Probleme, anstatt darüber zu diskutieren, einfach als frei erfundene Lügenmärchen von bösen "Krawall-Zeitungen" bezeichnen.
Denn das wirkt ganz und gar nicht wie Demokratie und Meinungsvielfalt etc.