Autor Thema: Salzburg: Studie gibt klare Empfehlung für Bau einer Stadt-Regionalbahn  (Gelesen 34319 mal)

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Re: Salzburg: Studie gibt klare Empfehlung für Bau einer Stadt-Regionalbahn
« Antwort #75 am: 28. November 2023, 11:10:02 »
Das ÖV-Netz in der Stadt Salzburg ist gut ausgebaut. Einziges Problem sind Behinderungen durch den Individualverkehr. Und dieses Problem kann man (entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt) mit Maßnahmen lösen, die weltweit tausendfach erfolgreich angewendet wurden. Dann braucht man auch nicht mehr über eine U-Bahn (etwas anderes ist das nicht) diskutieren.

Es ist ja tatsächlich absurd - immer wenn ich in SBG bin staune ich, dass man den MIV in die engen Gasserln lässt, wo er überproportional viel Schaden anrichtet, bei extrem wenig Transportkapazität. Letzthin hab ich mich in einen Cafe-Gastgarten an der Straße zwischen Bahnhof und Zentrum gesetzt, wo in recht dichter Folge die Obusse fahren. Und dazwischen eine Hand voll Autos - und für die macht man so ein Theater? Detto in der Innenstadt, das ist ja ein Elend, zB an der Tunnelmündung bei der Pferdetränke - da gehen die Touristen im Gänsemarsch, nur weil 10 PKW durchdröhnen? Die haben ja echt einen Schuss dort, dass der MIV nicht ausgeräumt wird.

Grade in so "zarten" Städten wie Salzburg oder Graz ist das besonders auffällig.
Harald A. Jahn, www.tramway.at

highspeedtrain

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Re: Salzburg: Studie gibt klare Empfehlung für Bau einer Stadt-Regionalbahn
« Antwort #76 am: 28. November 2023, 12:15:12 »
Das ÖV-Netz in der Stadt Salzburg ist gut ausgebaut.

Jein. Für die Verbindung vom Hauptbahnhof in die Stadt ist die Kapazität der Obusse sicherlich nicht mehr ausreichend; und generell ist das Angebot aus dem Umland in die Stadt - wie in den meisten österreichischen Landeshauptstädten - unzureichend.

Ein Schienenverkehrsmittel ist daher nicht nur sinnvoll, sondern notwendig. Und die Tunnelführung im Zentrum ist jedenfalls argumentierbar.

Bhf_Breitensee

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Re: Salzburg: Studie gibt klare Empfehlung für Bau einer Stadt-Regionalbahn
« Antwort #77 am: 29. November 2023, 07:37:55 »
Tauerntunnel, Arlbergtunnel, Bosrucktunnel und Karawankentunnel sind aber nicht nach 40 Jahren erneuert worden, sondern nach 100 Jahren max. instandgesetzt worden.

abc

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Re: Salzburg: Studie gibt klare Empfehlung für Bau einer Stadt-Regionalbahn
« Antwort #78 am: 29. November 2023, 08:11:07 »
Tunnel bestehen nicht nur aus den Wänden: Sicherheitstechnik, Rolltreppen/Aufzüge etc. sind ja auch zu warten und irgendwann zu ersetzen. Aber auch das Bauwerk selbst muss instandgehalten werden - der Tauerntunnel wird z.B. eher nicht mit Streusalz darüber liegender Straßen in Berührung kommen. Schon 2012 hat ein CDU-Politiker allein fürs Ruhrgebiet anstehende Kosten von 1,7 Milliarden Euro prognostiziert - und da sprechen wir von Strecken aus der Nachkriegszeit.

Soll nicht heißen, dass Tunnelstrecken grundsätzlich zu teuer und deshalb zu vermeiden sind - aber ihnen sollte eine gewisse Nutzung gegenüberstehen (da bin ich bei Salzburg angesichts der Intervalle der Lokalbahn zumindest etwas skeptisch), und zumindest sollte man sich der Folgekosten bewusst sein. Seriöse politische Entscheidungen sollten nämlich auf einer Gegenüberstellung aller Vor- und Nachteile verschiedener Varianten beruhen; Nachteile verschwinden nicht, indem man sie ignoriert.

highspeedtrain

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Re: Salzburg: Studie gibt klare Empfehlung für Bau einer Stadt-Regionalbahn
« Antwort #79 am: 29. November 2023, 10:49:59 »
Soll nicht heißen, dass Tunnelstrecken grundsätzlich zu teuer und deshalb zu vermeiden sind - aber ihnen sollte eine gewisse Nutzung gegenüberstehen (da bin ich bei Salzburg angesichts der Intervalle der Lokalbahn zumindest etwas skeptisch).

Es ist das Grundproblem der Salzburger Regional-S-Bahn, das bis heute kein (ungefähres) Betriebskonzept veröffentlicht wurde und daher niemand beurteilen kann, wie nützlich das Vorhaben wird. Wirklich bekannt ist nur: "wir fahren zum Mirabell und dann irgendwann hoffentlich bis Hallein weiter, aber wie genau wissen wir noch nicht" (soll nicht heißen, dass man da jetzt schon die Einreichplanung fertig haben könnte, aber zumindest die möglichen Varianten könnte man detailliert veröffentlichen und nicht nur ausgesprochen grob, wie man es aber tut). So macht man Öffentlichkeitsarbeit für ein solches Projekt natürlich nicht.

Ungeachtet dessen halte ich aber mittelfristig einen 15-Minuten-Takt in der Tunnelstrecke für völlig unrealistisch, es werden sicherlich in der HVZ 8-12 Fahrten/Stunde/Richtung mit relativ langen Zügen (auf der SLB fahren mWn bis zu dreiteiligen Garnituren) und das *kann* schon einen Tunnel rechtfertigen.

Was mich an der ganzen Diskussion so stört ist, dass alle Beteiligten so tun, als gäbe es in der Stadtverkehrsplanung genau nur die eine richtige Lösung. Aber dem ist nicht so, Verkehrsplanung ist keine Naturwissenschaft. Würde ich in der Stadt Salzburg leben, wäre mir persönlich ein Ausräumen der Innenstadt vom MIV und eine oberirdische Stadtbahn deutlich lieber; aber erstens lebe ich eben nicht dort, und zweitens heißt es noch lange nicht, dass eine Tunnellösung deshalb inakzeptabel wäre.

Sehr gut hat man das unlängst im Fall Graz gesehen: Mehrere Verkehrsplanungsbüros haben unabhängig voneinander unterschiedliche Lösungen (einmal Mini-U-Bahn, zwei S-Bahn-Varianten, einmal nur Straßenbahn) vorgeschlagen, alle für sich mit nachvollziehbaren Zahlen unterlegt und alle mit der Überzeugung "unsere ist die beste Lösung". Welche man dann wirklich auswählt, hängt im Wesentlichen aber dann an außerplanerischen Parametern.


abc

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Re: Salzburg: Studie gibt klare Empfehlung für Bau einer Stadt-Regionalbahn
« Antwort #80 am: 29. November 2023, 11:16:32 »
Was mich an der ganzen Diskussion so stört ist, dass alle Beteiligten so tun, als gäbe es in der Stadtverkehrsplanung genau nur die eine richtige Lösung. Aber dem ist nicht so, Verkehrsplanung ist keine Naturwissenschaft. Würde ich in der Stadt Salzburg leben, wäre mir persönlich ein Ausräumen der Innenstadt vom MIV und eine oberirdische Stadtbahn deutlich lieber; aber erstens lebe ich eben nicht dort, und zweitens heißt es noch lange nicht, dass eine Tunnellösung deshalb inakzeptabel wäre.

Das ist aus der Ferne auch mein Eindruck: eine Seite wusste von vornherein, dass es unbedingt ein Tunnel sein muss, und die andere Seite, dass es auf gar keinen Fall ein Tunnel sein darf. Wie soll man auf dieser Grundlage ernsthaft Argumente, Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen und vielleicht zu Kompromissen und Mischlösungen kommen?

Dadurch, dass der Tunnel ja wahrscheinlich durchaus auch über Bundesgelder finanziert wird bzw. worden wäre, finde ich es aber auch als Nicht-Salzburger legitim, nach der möglichst effizienten Verwendung von Steuergeldern zu fragen. (Das soll dann natürlich auch nicht zu einer lächerlichen Diskussion wie in Linz führen, wo einige Landespolitiker meinen, parallel zur neuen S-Bahn-Donauquerung dürfe es keine neue O-Bus-Linie geben - als hätten S-Bahnen und O-Busse nicht ganz verschiedene Aufgaben. Die gleiche Logik gilt natürlich für den Autoverkehr nicht, da ist die neue, breitere Eisenbahnbrücke direkt neben der Autobahn gar kein Problem...)

Sehr gut hat man das unlängst im Fall Graz gesehen: Mehrere Verkehrsplanungsbüros haben unabhängig voneinander unterschiedliche Lösungen (einmal Mini-U-Bahn, zwei S-Bahn-Varianten, einmal nur Straßenbahn) vorgeschlagen, alle für sich mit nachvollziehbaren Zahlen unterlegt und alle mit der Überzeugung "unsere ist die beste Lösung". Welche man dann wirklich auswählt, hängt im Wesentlichen aber dann an außerplanerischen Parametern.

Und das Ergebnis finde ich letztlich überzeugender - allein, weil gleich mit Eröffnung (und nicht in einer unklaren, fernen Zukunft) Bahnen verschiedener Strecken durch den Tunnel geführt werden.

highspeedtrain

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Re: Salzburg: Studie gibt klare Empfehlung für Bau einer Stadt-Regionalbahn
« Antwort #81 am: 29. November 2023, 12:06:22 »
Sehr gut hat man das unlängst im Fall Graz gesehen: Mehrere Verkehrsplanungsbüros haben unabhängig voneinander unterschiedliche Lösungen (einmal Mini-U-Bahn, zwei S-Bahn-Varianten, einmal nur Straßenbahn) vorgeschlagen, alle für sich mit nachvollziehbaren Zahlen unterlegt und alle mit der Überzeugung "unsere ist die beste Lösung". Welche man dann wirklich auswählt, hängt im Wesentlichen aber dann an außerplanerischen Parametern.

Und das Ergebnis finde ich letztlich überzeugender - allein, weil gleich mit Eröffnung (und nicht in einer unklaren, fernen Zukunft) Bahnen verschiedener Strecken durch den Tunnel geführt werden.

Siehst Du... ich finde die ausgewählte Lösung hingegen überzogen groß und habe Zweifel an der Finanzierbarkeit. Eine Straßenbahnlösung - wenn erforderlich mit einem Innenstadttunnel - erschiene mir deutlich plausibler.

Das heißt aber nicht, dass einer von uns richtig und der andere falsch liegt - und würde es selbst dann nicht, wären wir beide ausgebildete Verkehrsplaner (bin ich nicht, bei Dir weiß ich es natürlich nicht) und hätten alles durchgerechnet.

Mischlösungen

Gut, eine Mischlösung wird es so und so; dass der S-Link außerhalb des Zentrums an der Oberfläche verlaufen wird, ist geklärt. Die Frage derzeit ist noch, wie weit die Tunneltrasse in den Süden reichen soll. Aber da wird man schon aus Kostengründen vermutlich reduziert unterwegs sein müssen.