Und bezüglich des letzten Satzes von highspeedtrain: Ins Ausland schauen ist schön und gut und wäre gerade für diverse Entscheidungsträger dringend notwendig, aber man soll nicht blind und unhinterfragt Modelle aus dem Ausland übernehmen, nur weil sie aus dem Ausland kommen.
Ich verstehe ja, dass Du das Bedürfnis hast, jetzt ein bisschen auf mich einzuschlagen.
Ich möchte aber schon daran erinnern, auf welches Deiner Postings ich mit diesem Satz reagiert habe. Du hast damals geschrieben:
Ein innerstädtisches Verkehrsmittel hat ganz andere Notwendigkeiten (Stehplätze, Türanzahl) als eine Schnellbahn. Bis Klosterneuburg oder Purkersdorf (maximal!) wären ja U-Bahn-Garnituren noch irgendwie tauglich, aber darüber hinaus sind Schnellbahnfahrzeuge (in österreichischer Version, also mehr Richtung Regionalzug gehend) doch deutlich sinnvoller. Würde man mit U-Bahn-Fahrzeugen rausfahren, wäre das darüber hinaus ein unglaublicher Komfortverlust. Und die Fahrzeuge, die in Hütteldorf oder Heiligenstadt auf Knopfdruck weniger Türen und mehr Sitze bekommen, gibt es halt nicht.
Das war eine absolute Ansage, wonach es nicht sinnvoll ist, U-Bahn und S-Bahn zu kombinieren. Erst auf meine Kritik, dass das in anderen Städten wunderbar funktioniert, hast Du Deine Argumentation verändert und dargelegt, dass Deiner Ansicht nach die Voraussetzungen in Wien anders wären als in München.
DAS ist aber eine ganze andere Diskussion: "Generelle Sinnlosigkeit" vs. Kosten-Nutzen-Rechnung.
Im Übrigen stimme ich Dir auch insofern zu, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Diskussion über U4-Verlängerungen auf ÖBB-Gleisen allein wegen des Aufwandes dafür sinnlos ist. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht in den 60er oder 70ern sinnvoll gewesen wäre, gleich Purkersdorf - Klosterneuburg zu planen. Die Mehrkosten gegenüber dem Umbau auf U-Bahn wären ziemlich sicher gleich null gelegen.
Auch wenn wir im Auhof-Thread sind... zu kritisieren hatte ich nicht deine These, dass die Verlängerung der U4 bis Auhof oder Purkersdorf zum jetzigen Zeitpunkt sinnlos ist - das sehe ich genauso - sondern gerade die Absolutheit der oben zitierten Aussage.
Ebenso wäre es jetzt völlig absurd, über einen Umbau der U3 in eine S-Bahn nachzudenken. Dennoch wäre es in den 80er Jahren viel sinnvoller gewesen, die damals angedachte S/U3 zu bauen, als das, was schlussendlich verwirlicht wurde. Genauso wie es viel sinnvoller gewesen wäre, jetzt über eine zweite Stammstrecke als über das Linienkreuz U2/U5 nachzudenken.
Du legst Deinen Überlegungen nämlich Prämissen zu Grunde, die ich nur bedingt nachvollziehen kann:
- Aus meiner Sicht sind die Varianten "S-Bahn –> Umstieg U-Bahn" und durchgehende Verbindung, was die im Zentrumsbereich benötigte Kapazität angeht, ziemlich gleichwertig, denn was in der Stadt ankommt, muss auch weiterbefördert werden (außer ich versuche, durch den Umsteigezwang das Einpendeln weniger attraktiv zu gestalten, aber ob das eine sinnvolle Öffi-Politik ist, wenn ich dadurch die Pendler eh nur aufs Auto verdränge, wage ich zu bezweifeln);
- Natürlich stimmt es, dass man am Stadtendpunkt nicht einfach Sitze herzaubern und Türen verschwinden lassen kann, um auf der Außenstrecke mehr Sitzplätze zu haben. Nur: Ich halte das in Wien nicht für relevant. Entweder, es ist auch auf der Außenstrecke sehr viel Nachfrage, dann brauche ich dort tendenziell auch viele Einstiege und viele Stehplätze. Oder es ist wenig Nachfrage, dann brauche ich die Sitze so und so und nicht. Von Längsbestuhlung in der U-Bahn, wo Dein Argument stichhaltiger wäre, sind wir in Wien noch sehr, sehr weit entfernt.
- Ein Detail: Die U4 ist maximal zwischen Meidling Hauptstraße und Schottenring ein echtes Stadtverkehrsmittel, und das nur deshalb, weil man - wie bei der U6 (die ich aber gar nie angesprochen hatte) - alle Oberflächenalternativen zielsicher und gewollt entfernt hat. Wäre die U4 schon in den 50er Jahren für eine S-Bahn vorgesehen gewesen, hätte man das auch anders machen können. Letztlich ist gerade die U4 aber im Großteil ihres Verlaufes nach wie vor eine Vorortebahn, die Menschen aus den Vororten oder von Umsteigeorten zur Eisenbahn in die Stadt karrt. Das ist auch kein Wunder, denn genauso wurde sie gebaut! Es hätte 1975 wahrlich keinen großen Unterschied gemacht, ob sie jetzt Hütteldorf - Heiligenstadt, Purkersdorf - Klosterneuburg oder Tullnerbach - Wördern gebaut worden wäre. Von St. Pölten - Wien - Tulln habe ich nie gesprochen, das sind in der Tat andere Relationen, für die aber auch keine S-Bahn mehr geeignet ist. In Wahrheit sind sich U-Bahn und S-Bahn um ein Vielfaches näher, als S-Bahn und schneller Regionalverkehr.
Und letztlich schreibst Du dann:
Wie schlecht so eine Kombination aus diesen beiden Extremen (also Massenverkehrsmittel in der Stadt und Pendlerverkehr im Umland) funktionieren kann, zeigt die Wiener Schnellbahn.
Klar, da würde man aber mit einem besseren Signalsystem und passenderen Fahrzeugen immer noch was heraus holen können. Aber es würde (zurecht) trotzdem beim Zwitter bleiben, dessen Fokus auf die Verkehre in der Region hat (ist ja auch sinnvoll) – eine innerstädtische Massentransportfunktion wie die U6 würde die Stammstrecke immer noch nicht erfüllen.
... und wiederholst damit deine Anfangsargumentation, wonach ein solches gemischtes S/U-Bahn-System eigentlich nicht machbar sei. Und damit bin ich wieder beim Blick ins Ausland. Ganz ehrlich: Wenn ein RER A (mit Doppelstockzügen im 2-Min-Takt auf der Kernstrecke!) in Paris funktioniert, dann hätten wir mit einer vernünftigen Stammstrecke wahrlich kein Problem, und sie hat in Wahrheit noch ganz viel Luft nach oben, um beide Anforderungen - Stadtverkehr und S-Bahn in die Region - gleichzeitig zu erfüllen. Alles hat seine Grenzen, schon klar, aber die liegen ganz woanders. Und wenn, spricht das eher für weitere S-Bahn-Strecken durch die Stadt, als für immer neue "U-Bahnen", "weil ja U-Bahnen und S-Bahnen nicht kombinierbar sind" (durch viele Beispiele in Europa falsifiziert, aber das hatten wir ja schon").
Zu guter Letzt: Du hast natürlich recht, dass historisch gesehen die Südbahnachse die einzig wirklich dicht besiedelte Achse im Wiener Großraum war. Das ist aber alles, was es ist, nämlich historisch. Gerade bis Purkersdorf hat sich das schon deutlich verändert, und die Achsen Ri Korneuburg und Strasshof entwickeln sich gerade zielsicher in diese Richtung. Es ist davon auszugehen, dass es nicht die letzten sein werden, denn der Bevölkerungsdruck auf Wien wird sich zwangsläufig auch ins Umland fortsetzen.