Ich war die letzten Tage in Elbląg. Eigentlich wollte ich ursprünglich mit Freunden nach Deutschland auf ein Festival fahren. Das findet jedoch wegen der Pandemie als Special Edition, d.h. mit weniger Gästen und daher bereits ausverkauft, statt. So dachte ich mir, dass ich die Urlaubstage nutzen kann, um den Danzigbesuch, der für April geplant war, nachzuholen. Dabei fuhr ich auch nach Elbląg.
Die Stadt ist mit etwas weniger als 120 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Wojewodschaft Warmińsko-Mazurskie (Ermland-Masueren). Das Netz ist mit 16 km immer noch etwas größer als das Netz der Wojewodschaftshauptstadt Olsztyn. Im Prinzip besteht das Netz aus zwei Nord-Südachsen, die den Nordosten mit dem Südosten verbinden. Beide verlaufen von der Ogólna bis zur Saperów bzw. Druska über Browarna (Linien 1 und 3) und Pułkownika Dąbka (Linien 4 und 5). Daneben gibt es noch eine Strecke über die Królewiecka zur Marymoncka (Linie 2), die die Nordsüdäste verbindet. Die Strecke durch die Pułkownika Dąbka (Oberst-Dąbek-Straße) gibt es erst seit 2006 (damals bis zur Królewiecka (Königsberger Straße) gebaut). 2017 verlängerte man die Strecke über die 12. Lutego (Straße des 12. Februar) um die Verbindung zur Stammstrecke im Süden, wo sich die Linien in Richtung Druska und Saperów verzweigen, herzustellen. Einen Netzplan findet man hier:
https://pl.wikipedia.org/wiki/Tramwaje_w_Elbl%C4%85gu#/media/Plik:Elbl%C4%85g_%E2%80%93_schemat_sieci_tramwajowej.svgWer will, kann auch die Seite des Verkehrsverbundes besuchen und den dortigen Netzplan begutachten:
http://www.zkm.elblag.com.pl/info/mapka.htmlEr ist weniger übersichtlich und hat keine Haltestellen eingezeichnet. Dieser Plan hängt in Wartehäuschen und allen Fahrzeugen, allerdings auf durchsichtiger Folie gedruckt. Somit fällt es, je nach Hintergrund, unter Umständen schwer, Straßenbahn- von Buslinien zu unterscheiden. Aber immerhin, der Netzplan ist präsent und man kann sich ungefähr orientieren.
Ich möchte auch etwas zur Stadt selbst schreiben. Elbląg kannte ich bisher nur aus Erzählungen und von Fotos, da hauptsächlich Straßenbahnfotos. Ich wusste, dass die Altstadt klein und im 2. Weltkrieg leider zerstört wurde. Bei meinem Rundgang fielen mir viele 90er-Jahre-Bauten auf. Die Form lehnt sich jedoch stark an die der Altbauten des Mittelalters und der Renaissance an. Zudem gibt es noch relativ viele Baulücken. Das veranlasste mich etwas über die Stadt nachzulesen. Am Ufer des Ebląg (Elbing, ja der Fluss an dem die Stadt liegt, gab ihr den Namen) konnte ich bereits einiges über die Stadt und ihre Bauten in Erfahrung bringen.
Nur wenige Gebäude wurden nach 1945 wiederaufgebaut. Ziegel aus den Ruinen wurden oft nach Warschau abtransportiert, um die Hauptstadt wiederaufzubauen. Erst in den 80ern begann man mit einer zaghaften Revitalisierung, die vor allem in den 90ern ihren Lauf nahm. Dadurch schauen diverse Neubauten in der Alstadt von der Form her anders aus, als ihre Geschwister weiter draußen. Ich habe heute entlang der Museumslinie mit einem Hobbykollegen darüber gesprochen. Dieser meinte, dass das gut ist. Hätte man bereits in den 60ern und 70ern mit der Revitalisierung begonnen, hätten wir heute typische Plattenbauten in der Alstadt von Elbląg stehen. Somit ist die kleine Altstadt für Architekturinteressierte nicht uninteressant.
Auch das Straßenbahnnetz kann ich Liebhabern empfehlen. Es ist zwar klein, aber fotogen. Schön sind die fast vollständig im Auslieferungszustand befindlichen 805Na, die auch immer noch die Hauptlast im täglichen Verkehr tragen. Es gibt aber dennoch eine gewisse Typenvielfalt. Bemerkenswert ist, dass bereits 2006 die Pesa 121N (Typenfamilie Tramicus) in Betrieb gingen. Schön, dass die Stadt in den 2000ern in die Straßenbahn investierte, neue Trassen errichtete und modernes Wagenmaterial anschaffte. Es wurden zwar nur 6 Wagen gekauft, aber immerhin. Vor allem wenn man bedenkt, dass man ohnehin insgesamt nur 32 Wagen im aktiven Stand hat.
Gebraucht aus Deutschland wurden auch Düwag GT6 übernommen, die aber bereits seit 2013 nicht mehr in Betrieb sind. Einen Wagen gibt es als Museumsfahrzeug. Immer noch sind jedoch modernisierte M8C unterwegs. Man hat auch aus Łódź 805NaND gebraucht übernommen. Dabei handelt es sich um modernisierte 805Na. Und dann gibt es noch kurze vierachsige Moderus Beta mit Niederflurteil, die seit Anfang diesen Jahres im Fahrgasteinsatz sind. Der Niederfluranteil der gesamten Flotte beträgt 41%.
Abgewickelt wird der Betrieb von den Tramwaje Elbląskie (Elbinger Straßenbahnen).
Ein Wermutstropfen sind die Intervalle. Die Linie 4 ist die wichtigste Linie und verkehrt werktags vier Mal die Stunde. Es sind keine richtigen Taktfahrpläne, man fährt alle 14 bis 18 Minuten.
1er und 3er verkehren zwei bis drei Mal in der Stunde und haben einen 24-Minutentakt.
Der 2er verkehrt ein bis zwei Mal in der Stunde und verkehrt alle 35-38 Minuten.
Der 5er verkehrt ebenfalls im 24-Minutentakt, ist aber als Verstärker nur werktags von Betriebsbeginn bis ca. 19 Uhr im Dienst.
Dafür sind aber die Gleise in recht gutem Zustand.
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Der erste Kontakt mit der Straßenbahn war beim Bahnhof. Ein 805Na in derzeitiger Hauslackierung nähert sich der Haltestelle Dworzec (Bahnhof). Diese Lackierungsvariante gibt es seit 2006. Sie kam gemeinsam mit den Tramicus-Wagen und steht den Wagen nicht schlecht. Bessonders gefällt mir die Glühbirne über der Zifferntafel. Diese war ursprünglich bei den 105N/805N Standard und wurde irgendwann einmal weggelassen bzw. im Zuge von Modernisierungen entfernt. Seltsam finde ich, dass die Zielschilder alle zu klein sind. Aber immerhin, man zeigt jetzt das jeweilige Ziel an. 2018 fuhren noch Züge mit beiden Zielangaben herum. Daneben ist immer noch die Vorrichtung des Pfeils, der vom Fahrer verstellt werden konnte. Die Idee war, dass man den Pfeil so dreht, dass er auf das jeweilige Fahrziel zeigt. Auch innen sind die Wagen noch weitgehend original. Lediglich die Türschließwarnleuchten sind LEDs. Diese findet man auch außen als Begrenzungsleuchten und Blinker. Die Türen knallen richtig laut.
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In die Gegenrichtung nähert sich ein ex-Augsburger M8C, der von Modertrans modernisiert wurde. Davon gibt es 3 Stück, wobei nur der eine bei meinem Aufenthalt im Einsatz war. Der Fahrer des 805ers dahinter dürfte mich gesehen haben. Er begrüßte mich mit den Worten "Willkommen, Willkommen!"
Es gibt zwar bei der Haltestelle beim Bahnhof einen Fahrscheinautomaten, doch dieser spukt in Papierform nur Einzelfahrscheine aus.
Ich wusste von einem Gespräch mit einem Hobbykollegen, der vor einiger Zeit in Elbląg war, dass Tageskarten nur beim Fahrer erhältlich sind. Fahrscheine, die man beim Fahrer kauft, sind im Prinzip Registrierkassenbons. Der Automat ist von der Aufmachung her, der selbe wie in Danzig und könnte somit durchaus alle Fahrscheingattungen verkaufen. In elektronischer Form gibt es dann noch Monatskarten.
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Ich nähere mich der Altstadt. Durch die 1. Maja (Straße des 1. Mai) fährt dieser Moderus Beta MF 09 AC. Davon gibt es 4 Stück. Etwas ungewohnt ist, dass die Moderus Beta am Frontdisplay nicht nur das Ziel, sondern auch alle noch zu passierenden Haltestellen, anzeigen. Das noch mit der Nummer der Haltestelle (meistens 1 oder 2).
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Ein treffen zweier 2er am Plac Słowiański (Slawischen Platz bis 1945 Friedrich-Wilhelms-Platz). Die meisten 805er sind leider in Vollwerbung. Hier kommt die Straßenbahn der Altstadt am nähesten. Im Hintergrund kann man einige alte Gebäude sehen. Bemerkenswert ist auch die Blechtafel auf der Fensterseite, die die Wagennummer zeigt.
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Mit dem 2er ging es später zur Schleife Druska (früher Drausenweg), wo sich der Moderus Beta in den letzten Sonnenstrahlen dieses Tages sonnt. Das Display mit der Abfahrt in Minuten bringt hier nicht viel, da hier keine Fahrgäste vorbeikommen.
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Die Schleife befindet sich hinter der Häuserzeile. Hier biegt gerade ein 805er in die Al. Grunwaldzka (Tannenberger Allee, benannt nach der Schlacht bei Tannenberg 1410) ein. Hinter mir befindet sich die Haltestelle Druska. Die 805Na haben in Elbląg übrigens Haltestellenansagen.
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Am nächsten Tag wollte ich mit dem 2er zur Marymoncka fahren. Doch bei der Haltestelle Robotnicza Alstom (wo der 2er abzweigt) sah ich auf dem Verbindungsbogen, der nur von ausrückenden/einziehenden Wagen befahren wird, den historischen 5N stehen. Diese Wagen waren bis 1996 im Liniendienst. Der Zug befährt hier gerade den Gleiswechsel, um nicht am falschen Gleis weiterzufahren. Der Bogen von der Królewiecka in die Robotnicza ist eingleisig, weshalb man im Haltstellenbereich jeweils einen Gleiswechsel benötigt. Der Zug ist als Probefahrt unterwegs.
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In der Schleife Ogólna konnte ich einen 121N am 3er fotografieren. Die Lärmschutzwand im Hintergrund zeigt einen Teil der Geschichte der Stadt. Den Beginn gibt es bei der Einstiegshaltestelle in der Schleife.
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Auch das ist ein Fahrzeug der Tramwaje Elbląskie. Ein Ursus 912. Diese Traktoren wurden von 1984-1998 im Ursuswerk in Warschau gebaut.
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Ein 805er als 4er bei der Einfahrt in die Schleife Ogólna.
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Gruppenbild von 4er und 5er. Der 4er verträgt zur Hauptverkehrszeit durchaus Langzüge. Der M8C war gut ausgelastet und die Solo-805er ebenso. Da könnte man in Anbetracht der Pandemie durchaus mit Doppeltraktionen fahren.
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Ein 3er in Richtung Ogólna in der Obrońców Pokoju (Straße der Verteidiger des Friedens). Hier herrscht Vorstadtflair.
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Und hier gibt es auch eine Schnürstelle. Hier sehen wir einen der aus Łódź gebraucht übernommenen modernisierten 805er.
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In die Gegenrichtung in Richtung Druska fährt ein 805Na.
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In der Browarna (Brauereistraße) befindet sich der Betriebsbahnhof, wo recht fotogen dieser 5N-Arbeitswagen abgestellt ist. Im Hintergrund sehen wir den Museumswagen.
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Zufällig rückte der Oberleitungsbautrupp aus. Von einer Störung konnte ich nichts sehen. Schwarze Kennzeichen werden auch in Polen immer seltener.
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Wenig später kam wieder der modernisierte 805Na. Die Abzweigung führt in den Betriebsbahnhof.
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Eigentlich wollte ich die Gleiskonfiguration vor dem Betriebsbahnhof mit diesem Tramicus in Szene setzen. Da kam jedoch aus der Gegenrichtung ein 805er auf Probefahrt. Daher so ein Bild mit Rückspiegel des 805Na.
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Der 805Na fuhr rückwärts in den Betriebsbahnhof. Dazu wurde extra vom Fahrer der Rangierfahrschalter mit einigen Knöpfen zum Beschleunigen, Bremsen und Läuten angeschlossen.
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Jetzt kann ich die Gleiskonfiguration zeigen.