Seit 01.09. verkehrt die Straßenbahn großteils wieder, lediglich der Ast nach Kucelin ist nach wie vor, wegen Bauarbeiten nicht befahrbar. Daher fuhr ich am Sonntag am Abend nach Częstochowa, um mir die renovierte Strecke im Zentrum anzusehen.
Ein Netzplan ist hier:
http://ckmkm.czest.cz/schematy/schempk12-09.pdfDerzeit verkehrt allerdings die Linie 1 nur bis Zajedznia MPK (Betriebsbahnhof) und nicht bis Kucelin Szpital. Auch der 2er ist derzeit noch eingestellt.
Ich möchte ein wenig die Geschichte dieses Betriebes erläutern. Der Straßenbahnbetrieb ist mit 62 Jahren relativ jung und wurde 1959 eröffnet, um die Arbeiter zum Stahlwerk im Südosten der Stadt zu bringen. Es gab bereits im späten 19. Jahrhundert und in der Zwischenkriegszeit Pläne für eine Straßenbahn, die aber nicht verwirklicht wurden. Über Jahrzehnte bestand das "Netz" aus einer Nord-Süd-Verbindung mit einer Abzweigung nach Raków (Linie 2), die 1971 stillgelegt wurde. Erst 2012 wurde im Zuge des weiteren Ausbaus die Neubaustrecke zum Stadion Raków eröffnet (Linie 3).
In den letzten Jahren wurde das Netz grundlegend saniert, was auch zur vorübergehenden Einstellung des gesamten Straßenbahnbetriebes führte. Seit Oktober letzten Jahres wurde der Großteil im Zentrum (also die Gegend beim Hauptbahnhof und weiter) erneuert, weshalb nur ein Stummel-3er von Raków bis zum Betriebsbahnhof in Betrieb war.
Eines gleich vorweg: Wer sich jetzt 105Na-Bilder erwartet, wird entttäuscht. Der Betrieb wird derzeit rein mit Niederflurstraßenbahnen abgewickelt. Sobald der Teil nach Kucelin fertig ist sollen vier 105Na-Doppeltraktionen im Einsatz sein.
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Ich beginne im Zentrum, unweit meines Hotels. Hier steht ein 2010N-10, ein Twist der zweiten Generation in der Haltestelle II. Aleja Najświętszej Marii Panny (II. Allee der Allerheiligsten Mutter Gottes). Diese Allee führt vom Plac Daszyńskiego (Daszyńskiplatz) im Zentrum der Stadt zum Kloster Jasna Góra, dem Wahlfahrtsort in Polen. Częstochowa ist, was das betrifft, das Pendant zu Mariazell. Da die Allee recht lang ist, ist sie Nummeriert, was die Orientierung erleichtern soll. Mehr zum sehenswerten Kloster findet man hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jasna_G%C3%B3ra_(Cz%C4%99stochowa)
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Auch am 1er findet man die 2010N-10. MPK hat davon 10 Stück. 2020 ging das erste Exemplar in Betrieb. Das Design ist zwar ungewohnt, aber irgendwie gefällt ers mir. Leider stören Wappen und MPK-Logo etwas.
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Ein 2010N, sprich ein alter Twist, unterwegs als 1er in Richtung Zajedznia MPK (Betriebsbahnhof Städtisches Verkehrsunternehmen). Es gibt einen großen gemeinsamen Betriebsbahnhof für Straßenbahn und Bus. Man sieht, noch sind die Arbeiten nicht abgeschlossen, was MPK auf seiner Webseite auch nicht verheimlicht. Die Fahrgäste werden gebeten vorsichtig zu sein. Von den 2010N, die ursprünglich von der Presse fälschlicherweise als 129Nb bezeichnet wurden, gibt es 7 Stück. Leider ist nur das kurze Stück zwischen II. Aleja Najświętszej Marii Panny und Jasnogórska Rasengleis. Eigentlich könnte fast das gesamte Netz aus Rasengleis bestehen, was vor allem entlang der Hauptstrecke (der alten Strecke) in Seitenlage mit den Bäumen überaus schön wäre.
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Ich fuhr nach Raków, wo ich beim Stadion diesen Twist ablichten konnte. Das Wartehüttel ist an die Umgebung angepasst.
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Durch die Jesienna (Herbststraße) düst dieser neue Twist. Hier stehen einige Garagen, wie sie in div. Siedlungen Polens oft vorkommen. Und der örtliche Fussball Klub Częstochowa Raków ist auch vertreten. Der Klub spielt in der Ekstraklasa, dem Pendant zur Bundesliga und ist sogar diesjähriger Cupsieger.
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In der Orkana und Jagiellońska fährt die Straßenbahn in Mittellage. Das ist Teil der Neubaustrecke nach Raków. Hier hat der 3er gerade die Haltestelle Orkana Szkoła (Orkanstraße Schule) verlassen. Im Hintergrund die schöne Kościół św. Urszuli Ledóchowskiej (Ursula-Ledóchowska-Kirche). Genannte Dame war eine Nonne und Ordensgründerin, die in Loosdorf geboren wurde.
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Da der 1er derzeit zum Betriebsbahnhof gekürzt ist, kann man dieses Foto machen. Normalerweise wird diese Haltestelle nur von Einziehern und ausrückenden Zügen eingehalten. Die Haltestellenkonstruktion ist bewusst als "museale" Haltestelle ausgeführt. Es gibt sogar Tafeln mit Hintergrundinfos zu dieser Konstruktion.
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Der Zug beim Einbiegen in die Al. Niepodległości (Unabhängigkeitsallee), wo die Stammstrecke verläuft.
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Schön ist, dass die Twist der zweiten Generation alternierend mit dem Ziel, auch die Abfahrtszeit (gemeinsam mit der Linie) an der Anfangshaltestelle anzeigen. Wofür das kleine Diesplay unten beim Amaturenbrett ist, verstehe ich nicht ganz. Normalerweise zeigt das in anderen Betrieben die Zugnummer an. Gestern wurden jedoch immer die Liniennummern angezeigt. Womöglich ist das auch ein Fehler. Hier sehen wir den Wagen bei der Ausfahrt aus dem Betriebsbahnhof.
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Blick in die Gegenrichtung. Normalerweise halten hier nur einziehende Fahrzeuge.
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Danach ging es zur nördlichen Endstation zur Fieldorfa-Nila (Fieldorf-Nil-Straße, Fieldorf-Nil war General und unter anderem in der Armia Krajowa (der Heimatarmee) und leistete somit im Untergrund Widerstand gegen die Nazis). Vor der Sanierung war die Schleife eingleisig, nun gibt es eine Ausweiche. Das Gebäude neben der Haltestelle beherbergt übrigens nicht nur einen Pausenraum für die Fahrer, sondern auch einen Vorverkaufspunkt, wo man Fahrscheine erwerben kann. Und man kann hier auch seine Notdurft verrichten, was mir durchaus entgegen kam.
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Ein 2010N-10 als 3er in der Schleife. Die Linien 1 und 3 verkehren untertags im 12-Minutenintervall. Somit gibt es auf der Stammstrecke einen angenehmen 6-Minutentakt. An Wochenenden wird im 20-Minutentakt gefahren, was auf der Stammstrecke ein 10-Minutenintervall ergibt.
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Im Zuge der Renovierung wurde auch eine Abzweigung für eine geplante Verlängerung berücksichtigt.
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So ein ähnliches Foto gab es hier schon einmal.
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Die letzten drei Haltestellen im Norden verläuft die Straßenbahnstrecke mitten zwischen den Fahrbahnen.
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Gott sei Dank war hier wenig Verkehr.
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Wie gesagt sind noch nicht alle Arbeiten abgeschlossen. Wobei das hier in der Haltstelle Al. Jana Pawła II Uniwersytet (Johannes-Paul-II-Allee Universtiät) noch recht harmlos ist.
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Das ist die Haltestelle Dworzec Główny PKP (Hauptbahnhof). Hier wurde gestern fleißig gearbeitet und es war entsprechend laut. Auch lustig diesen Hindernissparcours mit Gepäck zu bewältigen.
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Der grüne Stapler ist eine Zeit lang seelenruig vor der Straßenbahn gefahren. Irgendwann hat dann der Straßenbahnfahrer die Geduld verloren und geläutet.
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Vor allem zur Hauptverkehrszeit ist es suboptimal hier zwischen Rüttelplatte und Dieselgenerator auf die Straßenbahn zu warten. Es schaut auf dem Bild vielleicht nicht so aus, aber es tummeln sich relativ viele Leute hier, die vom/zum Bahnhof wollen und auch Gleise und Straße (hinter mir ist ein Fußgängerübergang) überqueren wollen. Dazwischen kann es schon einmal vorkommen, dass man über Werkzeug steigen muss.