Autor Thema: Rollenstromabnehmer  (Gelesen 12113 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Conducteur

  • Zugführer
  • *
  • Beiträge: 717
Rollenstromabnehmer
« am: 20. September 2012, 01:25:45 »
Habe mir die Frage gestellt, wann und wo es in Wien Rollenstromabnehmer gegeben hat.

Relativ klar und bekannt ist, daß die ersten Linien mit Rollenstromabnehmersystem elektrifiziert worden sind, und zwar 
  • die Transversallinie Wallgasse - Kronprinz Rudolf Straße - Vorgartenstraße (etwa heutiger 5er), sowie
  • die Kagraner Bahn.
Relativ rasch wurde aber auf Schleifstromabnehmer umgerüstet.

Hier die Elektrifizierungsdaten der Anfangszeit in Wien (Quelle Straßenbahnjournal-Wiki):
  • WT: Transversallinie ab 28. Jänner 1897 mit der Remise Vorgarten. Dann ging es erst Mitte 1898 mit der Elektrifizierung weiter (späterer 21er [korrigiert: temp. Ausstellungsbahn zur Rotunde], späterer 78er, Remise Valeriestraße, Franz-Josefs-Kai).
  • Kagraner Bahn: Ab 26. Juni 1898.
  • BBG: Erst ab 7. Oktober 1899 (späterer 6er).
  • NWT: Überhaupt erst ab 12. Januar 1903 (späterer 61er).
  • Gemeinde Wien: Erst ab 11. Juli 1903 (Teil des späteren 29ers).

Slezak - Straßenbahn in Wien schreibt, daß die einpolige Oberleitung der Transversallinie, ursprünglich für Rollenstromabnehmer, 1899 für Schleifbügelbetrieb nach System Siemens & Halske umgebaut wurde. Rollenstromabnehmer gab es dort also vom Jänner 1997 bis irgendwann 1899.

Gründung der BBG (Ende 1898 bis Oktober 1899)

Im April 1897 wurde Luegers Wahl zum Bürgermeister vom Kaiser bestätigt. Am 28.10.1898 gab es eine wichtige Gemeinderatssitzung, die sich mit der Zukunft der Tramway beschäftigte. Daß nur eine elektrische Tramway in Frage käme, war damals bereits klar. Es lagen damals 3 Angebote aus 1895 für die Übernahme der WT und Elektrifizierung vor. Schließlich wurde in der Gemeinderatssitzung am 4. und 8.11.1898 ein Übereinkommen mit Siemens & Halske geschlossen. Daraufhin beschloß die WT in einer außerordentlichen Generalversammlung am 1.12.1898 deren Liquidation und Übertragung der Konzessionen an die Gemeinde. Am 5.9.1899 kam es dann schließlich zur Gründung der BBG. Der Vertrag mit Siemens & Halske sah - bis auf die Unterleitungsstrecken - eine Oberleitung mit Siemens & Halske-Bügelsystem vor. Ab 7. Oktober 1899 ging dann die erste dieser Strecken (späterer 6er) in Betrieb. (Quelle: Slezak - Straßenbahn in Wien)

Sich daraus ergebende Fragen zum Rollenstromabnehmersystem

Ich gehe also davon aus, daß die Transversallinie und die Kagraner Bahn die einzigen Anlagen in Wien mit Rollenstromabnehmersystem waren. Oder waren die Mitte 1898 (Mai bis August) elektrifizierten Strecken der WT auch noch mit Rollenstromabnehmern ausgerüstet? Die große Elektrifizierungswelle begann ja erst mit der BBG, und dort erst ist das Siemens & Halske-Bügelsystem vertraglich vorgesehen und dokumentiert. Und das war erst ab 7. Oktober 1899. Es stellt sich also die Frage, ob und wenn ja wann die WT mit der Errichtung von Schleifbügelstrecken begonnen hat. Dazu habe ich leider keine direkten Aussagen in den von mir untersuchten Quellen gefunden. Waren also die Transversallinie und die Kagraner Bahn die einzigen Rollenstromabnehmerstrecken in Wien, oder gab es weitere (21er, 78er, Remise Valeriestraße, Franz-Josefs-Kai)?

Fahrbetriebsmittel

Als Fahrbetriebsmittel standen für das Rollenstromabnehmersystem der Transversallinie der WT (elektrifiziert von der berliner Fa. "Union-Elektrizitäts-Gesellschaft") 30 Motorwagen der Grazer Waggonfabrik aus 1896 (spätere Type A) zur Verfügung. Zur Abnahme des Fahrstromes aus der Oberleitung war auf dem Wagendach ein frei beweglicher Rollenstromabnehmer montiert. Dieser stellte den Kontakt mit dem Fahrdraht durch ein Rädchen her, das ähnlich einer Riemenscheibe ausgebildet war. 1897 wurden nochmals 10 TW (spätere Type A1) zur Verstärkung des Verkehrs auf der Transversallinie nachbeschafft. Die Rollenstromabnehmer wurden 1899 durch Schleifbügel ersetzt.

Im Jahr 1898 wurden weitere 10 TW (spätere Type B), gebaut von der Fa. Schlick in Budapest und bereits ab Werk mit Schleifbügeln ausgestattet, nachgeliefert. (Quelle: Marincig - Auf Schienen durch Wien) Das läßt darauf schließen, daß die Mitte 1898 neu elektrifizierten Strecken der WT bereits mit Schleifbügelsystem errichtet worden sind.

Die ab 26. Juni 1898 mit Rollenstromabnehmern elektrisch betriebene Kagraner Bahn wurde erst mit Gemeinderatsbschluß vom 12. Juni 1904 von der Gemeinde Wien gekauft. Dabei wurden die 10 TW dieser Bahn (6 TW ursprünglich von der Hamburger Straßenbahn gekauft, 4 TW von der Grazer Waggonfabrik nachbeschafft), die bis zuletzt mit Rollenstromabnehmern betrieben wurde, als Type C1 übernommen und "auf den bei der WT seit 1898 üblichen Lyrabügel" (Quelle: Marincig - Auf Schienen durch Wien) umgebaut. Diese Aussage weist auch wieder darauf hin, daß die Mitte 1898 elektrifizierten Strecken der WT bereits mit Schleifbügelsystem errichtet worden sind.

Schlußfolgerungen

Aus diesen Aussagen schließe ich, daß
  • die Transversallinie der WT (28. Jänner 1897 bis irgendwann 1899), und
  • die Kagraner Bahn (26. Juni 1898 bis irgendwann nach dem 12. Juni 1904)
die einzigen in Wien mit Rollenstromabnehmern betriebenen Strecken waren, und die von der WT Mitte 1898 und die ab Oktober 1899 von der BBG, der Gemeinde oder der NWT elektrifizierten Strecken bereits mit Schleifbügelsystem elektrifiziert worden sind.

Weitere Fragen zum Rollenstromabnehmersystem

  • Gab es vielleicht gar auf manchen Strecken oder in der Übergangszeit einen Mischbetrieb, d.h. eine Fahrleitungsaufhängung, die sowohl mit Rollenstromabnehmern als auch mit Schleifbügeln befahren werden konnte?
  • Wie vollzog sich der Umstieg auf das Schleifbügelsystem? Gab es eine Übergangszeit, oder vollzog sich der Wechsel von einem Tag auf den anderen?
  • Wie wurden beim Rollenstromabnehmersystem Weichen betrieben? Gab es auch in der Oberleitung Weichen wie heute z.B. bei gleislosen Straßenbahnen (z.B. Salzburg, Linz)? Oder mußte bei einer Abzweigung der Stromabnehmer bei einem Halt umgehängt werden?
  • Wodurch unterschieden sich die Fahrleitungsanlagen für Schleifbügel und Rollenstromabnehmer technisch? Wurden diese beim Umstieg auf Schleifbügel (Lyra) umgebaut?
  • Wie war z.B. bei der Pöstlingbergbahn zuletzt die Fahrleitungsanlage bei Weichen gebaut? Gab es bei den Ausweichen auch automatische Weichen in der Oberleitung? Leider kann ich mich jetzt nicht mehr erinnern.
  • Wann genau fand der Umstieg statt? In den mir bekannten Quellen wird nur sehr ungenau die Jahreszahl angegeben.
  • Wie wurde der elektrische Mischbetrieb von Mitte 1898 bis 1999 bei der WT abgewickelt? Waren das zwei vollkommen getrennte Systeme und Fahrbetriebsmittel, oder gab es Überschneidungen? Etwa gemeinsam genutzte Gleise? Gemeinsam genutzte Bahnhöfe? Abwechselnd auf einer Linie Wagen mit Rollenstromabnehmer und Schleifbügel? Konnten die Mitte 1898 elektrifizierten Strecken auch mit Rollenstromabnehmern befahren werden? Oder konnten die 1898 neu beschafften elektrischen TW mit Lyrabügel bereits auch auf der Transversallinie eingesetzt werden?
  • Wurden die von der WT 1898 elektrifizierten Strecken auch von der berliner Fa. "Union-Elektrizitäts-Gesellschaft" elektrifiziert, oder hatte damals bereits Siemens & Halske seine Finger im Spiel?

Vielleicht hat jemand Informationen oder kennt Quellen, wo man Antworten auf diese Fragen finden könnte.

Revisor

  • Obermeister
  • *
  • Beiträge: 4954
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #1 am: 20. September 2012, 07:58:29 »

Sich daraus ergebende Fragen zum Rollenstromabnehmersystem

Ich gehe also davon aus, daß die Transversallinie und die Kagraner Bahn die einzigen Anlagen in Wien mit Rollenstromabnehmersystem waren. Oder waren die Mitte 1898 (Mai bis August) elektrifizierten Strecken der WT auch noch mit Rollenstromabnehmern ausgerüstet?

Weder noch. Die Strecke vom Praterstern zur Jubiläumsausstellung durch die Perspektivstraße zur Südportalstraße wurde für Rollenstromabnehmerbetrieb elektrifiziert, da ja die Züge der Transversallinie zur Rotunde abgelenkt wurden. Mit der späteren Linie 21 hat das aber gar nichts zu tun, da diese Strecke nach dem Ende der Ausstellung mit 30. 10. 1898 gesperrt und danach wieder abgetragen wurde. Die Elektrifizierung der Strecke der späteren Linie 21 erfolgte in drei Etappen und natürlich bereits für Schleifbügelbetrieb:

23. 11. 1901 Aspernbrücke - Aspernbrückengasse - Praterstraße - Praterstern - Ausstellungsstraße bis nach Messestraße
23. 03. 1902 Messestraße - Südportalstraße
21. 09. 1902 Ausstellungsstraße von Messestraße bis Elderschplatz

Die Strecke zur Hauptallee wurde hingegen für Schleifbügelbetrieb elektrifiziert. Zu diesem Zeitpunkt war Siemens & Halske bereits Hauptaktionär der WT.

Zitat
Die große Elektrifizierungswelle begann ja erst mit der BBG, und dort erst ist das Siemens & Halske-Bügelsystem vertraglich vorgesehen und dokumentiert. Und das war erst ab 7. Oktober 1899. Es stellt sich also die Frage, ob und wenn ja wann die WT mit der Errichtung von Schleifbügelstrecken begonnen hat. Dazu habe ich leider keine direkten Aussagen in den von mir untersuchten Quellen gefunden. Waren also die Transversallinie und die Kagraner Bahn die einzigen Rollenstromabnehmerstrecken in Wien, oder gab es weitere (21er, 78er, Remise Valeriestraße, Franz-Josefs-Kai)?

Siehe oben.

Zitat
Fahrbetriebsmittel

Als Fahrbetriebsmittel standen für das Rollenstromabnehmersystem der Transversallinie der WT (elektrifiziert von der berliner Fa. "Union-Elektrizitäts-Gesellschaft") 30 Motorwagen der Grazer Waggonfabrik aus 1896 (spätere Type A) zur Verfügung. Zur Abnahme des Fahrstromes aus der Oberleitung war auf dem Wagendach ein frei beweglicher Rollenstromabnehmer montiert. Dieser stellte den Kontakt mit dem Fahrdraht durch ein Rädchen her, das ähnlich einer Riemenscheibe ausgebildet war. 1897 wurden nochmals 10 TW (spätere Type A1) zur Verstärkung des Verkehrs auf der Transversallinie nachbeschafft. Die Rollenstromabnehmer wurden 1899 durch Schleifbügel ersetzt.

Im Jahr 1898 wurden weitere 10 TW (spätere Type B), gebaut von der Fa. Schlick in Budapest und bereits ab Werk mit Schleifbügeln ausgestattet, nachgeliefert. (Quelle: Marincig - Auf Schienen durch Wien) Das läßt darauf schließen, daß die Mitte 1898 neu elektrifizierten Strecken der WT bereits mit Schleifbügelsystem errichtet worden sind.

Falsch, die 10 B-Triebwagen wurden ebenfalls noch mit Rollenstromabnehmern geliefert.

Zitat
Die ab 26. Juni 1898 mit Rollenstromabnehmern elektrisch betriebene Kagraner Bahn wurde erst mit Gemeinderatsbschluß vom 12. Juni 1904 von der Gemeinde Wien gekauft. Dabei wurden die 10 TW dieser Bahn (6 TW ursprünglich von der Hamburger Straßenbahn gekauft, 4 TW von der Grazer Waggonfabrik nachbeschafft), die bis zuletzt mit Rollenstromabnehmern betrieben wurde, als Type C1 übernommen und "auf den bei der WT seit 1898 üblichen Lyrabügel" (Quelle: Marincig - Auf Schienen durch Wien) umgebaut. Diese Aussage weist auch wieder darauf hin, daß die Mitte 1898 elektrifizierten Strecken der WT bereits mit Schleifbügelsystem errichtet worden sind.

Schlußfolgerungen

Aus diesen Aussagen schließe ich, daß
  • die Transversallinie der WT (28. Jänner 1897 bis irgendwann 1899), und
  • die Kagraner Bahn (26. Juni 1898 bis irgendwann nach dem 12. Juni 1904)
die einzigen in Wien mit Rollenstromabnehmern betriebenen Strecken waren, und die von der WT Mitte 1898 und die ab Oktober 1899 von der BBG, der Gemeinde oder der NWT elektrifizierten Strecken bereits mit Schleifbügelsystem elektrifiziert worden sind.

Dazu kommt eben noch die Strecke zur Jubiläumsausstellung.

Zitat
Weitere Fragen zum Rollenstromabnehmersystem

  • Gab es vielleicht gar auf manchen Strecken oder in der Übergangszeit einen Mischbetrieb, d.h. eine Fahrleitungsaufhängung, die sowohl mit Rollenstromabnehmern als auch mit Schleifbügeln befahren werden konnte?
  • Wie vollzog sich der Umstieg auf das Schleifbügelsystem? Gab es eine Übergangszeit, oder vollzog sich der Wechsel von einem Tag auf den anderen?
  • Wie wurden beim Rollenstromabnehmersystem Weichen betrieben? Gab es auch in der Oberleitung Weichen wie heute z.B. bei gleislosen Straßenbahnen (z.B. Salzburg, Linz)? Oder mußte bei einer Abzweigung der Stromabnehmer bei einem Halt umgehängt werden?
  • Wodurch unterschieden sich die Fahrleitungsanlagen für Schleifbügel und Rollenstromabnehmer technisch? Wurden diese beim Umstieg auf Schleifbügel (Lyra) umgebaut?
  • Wie war z.B. bei der Pöstlingbergbahn zuletzt die Fahrleitungsanlage bei Weichen gebaut? Gab es bei den Ausweichen auch automatische Weichen in der Oberleitung? Leider kann ich mich jetzt nicht mehr erinnern.
  • Wann genau fand der Umstieg statt? In den mir bekannten Quellen wird nur sehr ungenau die Jahreszahl angegeben.
  • Wie wurde der elektrische Mischbetrieb von Mitte 1898 bis 1999 bei der WT abgewickelt? Waren das zwei vollkommen getrennte Systeme und Fahrbetriebsmittel, oder gab es Überschneidungen? Etwa gemeinsam genutzte Gleise? Gemeinsam genutzte Bahnhöfe? Abwechselnd auf einer Linie Wagen mit Rollenstromabnehmer und Schleifbügel? Konnten die Mitte 1898 elektrifizierten Strecken auch mit Rollenstromabnehmern befahren werden? Oder konnten die 1898 neu beschafften elektrischen TW mit Lyrabügel bereits auch auf der Transversallinie eingesetzt werden?
  • Wurden die von der WT 1898 elektrifizierten Strecken auch von der berliner Fa. "Union-Elektrizitäts-Gesellschaft" elektrifiziert, oder hatte damals bereits Siemens & Halske seine Finger im Spiel?

Zuerst wurde die Rollenstromabnehmerfahrleitung der Transversallinie schleifbügeltauglich gemacht, danach erfolgte die Umrüstung der Triebwagen auf Lyrabügel und zuletzt, irgendwann im Zuge von Erhaltungsarbeiten, wurde die Fahrleitung der Transversallinie normalisiert. Mischbetrieb gab es also nur ganz kurze Zeit während der Umrüstungsphase der Triebwagen. Davor kann man von keinem Mischbetrieb sprechen, da die Rollenstromabnehmerwagen und die Lyrawagen auf völlig getrennten Strecken und von zwei verschiedenen Bahnhöfen betrieben wurden.

Conducteur

  • Zugführer
  • *
  • Beiträge: 717
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #2 am: 21. September 2012, 00:48:35 »
Danke, Revisor, für die Klärungen.

Im Jahr 1898 wurden weitere 10 TW (spätere Type B), gebaut von der Fa. Schlick in Budapest und bereits ab Werk mit Schleifbügeln ausgestattet, nachgeliefert. (Quelle: Marincig - Auf Schienen durch Wien) Das läßt darauf schließen, daß die Mitte 1898 neu elektrifizierten Strecken der WT bereits mit Schleifbügelsystem errichtet worden sind.

Falsch, die 10 B-Triebwagen wurden ebenfalls noch mit Rollenstromabnehmern geliefert.
Dann enthielte Harald Marincig, Auf Schienen durch Wien, Verlag Pospischil Wien, 1. Auflage 1995 einen Fehler. Dort heißt es nämlich auf Seite 11 explizit: ".. und im Jahr 1898 eine neue Wagenserie (41 - 50, später Type B, gebaut von der Firma Schlick in Budapest), die bereits vom Werk aus mit Schleifbügeln ausgestattet war, nachgeliefert."

Ich vermute folgenden Sachverhalt: Bei den Schleifbügeln handelt es sich vermutlich nicht um Lyrabügel nach dem System Siemens & Halske oder modernere Schleifsysteme, sondern um Stangenstromabnehmer ähnlich den Rollstromabnehmern, die aber am Ende kein Rädchen sondern einen Schleifkontakt gehabt haben, wie sie bei der alten Pöstlingbergbahn gebräuchlich waren und heute noch bei modernen gleislosen Staßenbahnen (O-Bussen) in Gebrauch sind. Hier habe ich vermutlich die Ausdrücke Schleifbügel und Lyrabügel durcheinandergebracht. Bitte mir den Ballawatsch zu verzeihen. Damit klärt sich dann auch die Verwendung dieser Wagen auf der Transversallinie und nicht auf der Hauptalleelinie.

Für die Hauptalleelinie der WT wurden dann offenbar ausschließlich die Wagen der späteren Type C (Nr. 51 - 75) beschafft, die mit Lyrabügel ausgerüstet waren, wie in Harald Marincig, Auf Schienen durch Wien, Verlag Pospischil Wien, 1. Auflage 1995 auf Seite 14 beschrieben.

Bliebe noch die interessante Frage, wie auf diesen ersten Rollenstromabnehmerlinien (egal ob mit Rädchen / Rollenstromabnehmer oder ohne Rädchen / Schleifbügel wie heute bei O-Bussen) die Oberleitung im Bereich von Weichen funktioniert hat (Abzweigung Rotunde der WT, Abzweigung Kaisermühlen der Kagraner Bahn). Wurde stehengeblieben und manuell umgehängt, oder gab es bereits Weichen in der Oberleitung wie heute bei O-Bussen? Gabe es solche Oberleitungsweichen auch bei der Pöstlingbergbahn?

Tramwayhüttl

  • Zugführer
  • *
  • Beiträge: 766
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #3 am: 21. September 2012, 01:05:38 »
Also in Toronto sind noch heute Stangenstromabnehmer mit Schleifkontakten in Gebrauch und soweit sich erkennen läßt gibt es dort keine Luftweichen wie beim O-Bus, sondern eine Art Metallplatte in die Führungsschienen für den Stromabnehmer eingelassen sind. Durch die Richtungsänderung des Wagens wird der Schleifkontakt in die "richtige" Schiene in der Metallplatte gezogen. Da dies ein recht simples System ist, kann ich mir gut vorstellen dass es in Wien und anderen Städten damals ein ähnliches gab.
Bitte seien Sie achtsam! Zwischen Ihren Ohren befindet sich nichts als Luft.

Revisor

  • Obermeister
  • *
  • Beiträge: 4954
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #4 am: 21. September 2012, 01:34:25 »
Bei den B-Triebwagen gehe ich davon aus, daß sie genau die gleichen Rollenstromabnehmer besaßen, wie die Type A. Im Zuge der Umstellung der Transversallinie erhielten sie dann Lyrabügel. Marincig hat zweifellos Lyrabügel gemeint, was falsch ist. Weniger bekannt ist, wie in der Broschüre "Akkumulator-Straßenbahnwagen in Wien" von Roman Lillich nachzulesen ist, daß die B-Triebwagen ebenfalls für gemischten Akku- und Oberleitungsbetrieb vorbereitet waren.

Für die Prater-Rundlinie wurden die 25 später als Type C bezeichneten Triebwagen beschafft und im Bahnhof Valeriestraße beheimatet. 1899 wurde dieser nur als Provisorium gedachte Bahnhof aufgelassen und die Wagen zum inzwischen auf Schleifbügelbetrieb umgerüsteten Bahnhof Vorgarten überstellt. Da aber damals die Strecke durch die Praterstraße noch nicht elektrifiziert war, vor allem aber die Aspernbrücke keinesfalls die für das Gewicht eines Straßenbahntriebwagens nötige Tragfähigkeit besaß, mußten die Einführungs- und Schlußfahrten vom Bahnhof Vorgarten über die Transversallinie und im Akkubetrieb durch die Porzellangasse zum Ring erfolgen.

Die Weichen für den Rollenstromabnehmer funktionierten so, daß der Stromabnehmer entsprechend der Fahrtrichtung des Triebwagens in die Richtung der entsprechenden Fahrleitung nachgezogen wurde. Vermutlich hat das bei der Pöstlingbergbahn nach dem gleichen Prinzip funktioniert.

Bus

  • Obermeister
  • *
  • Beiträge: 3383
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #5 am: 21. September 2012, 09:31:44 »
Ich frage mich echt, woher man solch ein Wissen besitzen kann  :up:

Linie 41

  • Geschäftsführer
  • *
  • Beiträge: 11667
    • In vollen Zügen
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #6 am: 21. September 2012, 09:34:13 »
@Bus: Lesen bildet. ;)
Ich verstehe das Konzept dahinter nicht und bin generell dagegen.

Bus

  • Obermeister
  • *
  • Beiträge: 3383
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #7 am: 21. September 2012, 09:35:15 »
ich warte auf die DVD-Ausgabe  ;)

W_E_St

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 7246
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #8 am: 21. September 2012, 10:40:17 »
Zu etwaigen Fehlern in gewissen Büchern: ULHP und die anderen Professoren für unfehlbar zu halten, ist ein Verstoß gegen das 11. Gebot - Du sollst Dich nicht täuschen! :D
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")

Operator

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 5549
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #9 am: 21. September 2012, 12:16:59 »
Ich gebe meinen "Senf" in Form eines Fotos zum Ausdruck, hoffe es gefällt!

luki32

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 5240
  • Bösuser
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #10 am: 21. September 2012, 12:39:35 »
Ich gebe meinen "Senf" in Form eines Fotos zum Ausdruck, hoffe es gefällt!

Der Dateiname paßt wohl nicht, es ist, wie am Bild auch ersichtlich, das Raimund-Theater (und nicht die Volksoper).
Was sollte auch die Transversallinie (der spätere 5er) bei der Volksoper machen.

mfG
Luki
Vorsicht, Bösuser!
Militanter Gegner der Germanisierung der österreichischen Sprache!

hema

  • Geschäftsführer
  • *
  • Beiträge: 16392
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #11 am: 21. September 2012, 12:49:00 »
Aber "Volksschule" tät irgendwie passen, die ist ja auch drauf. Also nicht ganz falsch!  ;D
Niemand ist gezwungen meine Meinung zu teilen!

Operator

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 5549
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #12 am: 21. September 2012, 13:21:49 »
Sorry, ja leider falsch übernommen, ist schon ausgebessert! Danke!

Revisor

  • Obermeister
  • *
  • Beiträge: 4954
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #13 am: 23. September 2012, 21:29:10 »
Hier nun die Aufhängung einer Rollenstromabnehmerfahrleitung . . .

[ Für Gäste keine Dateianhänge sichtbar]

. . . und hier die für kombinierten Rollenstromabnehmer- und Bügelbetrieb.

[ Für Gäste keine Dateianhänge sichtbar]

Wie man sieht, mußte lediglich die Distanz zwischen Halter und Fahrdraht vergrößert werden, um den Bügelbetrieb zu ermöglichen.

Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen den beiden Fahrleitungsarten bestand in der Fahrleitungsgeometrie. Die Sehnenlänge der Fahrleitung im Gleisbogen mußte beim Rollenstromabnehmer deutlich kürzer sein, als sie beim Bügelbetrieb sein konnte. Es waren daher viel mehr Querverspannungen notwendig, um keine für den Rollenstromabnehmer unzulässigen Winkel in der Fahrleitung zu erhalten. Als weiterer Nachteil des Rollenstromabnehmers kam seine Entgleisungsmöglichkeit dazu, etwas, das es beim Bügelbetrieb im Normalfall überhaupt nicht gibt.

tramway.at

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 7697
    • www.tramway.at
Re: Rollenstromabnehmer
« Antwort #14 am: 23. September 2012, 22:46:34 »
Es waren daher viel mehr Querverspannungen notwendig, um keine für den Rollenstromabnehmer unzulässigen Winkel in der Fahrleitung zu erhalten. Als weiterer Nachteil des Rollenstromabnehmers kam seine Entgleisungsmöglichkeit dazu, etwas, das es beim Bügelbetrieb im Normalfall überhaupt nicht gibt.

Hier zur Illustration ein Bild aus Lissabon, dort fährt man mit beidem. Rollenentgleisungen sind häufig, hab schon am zweiten Tag eine erlebt.
Harald A. Jahn, www.tramway.at