Prinzipiell gehts natürlich überall, wo ich eine Strecke kappe. Bei größeren Vorhaben wie am JNP wärs halt blöd - soviele Zweirichtungswagen kann man auch nicht vorhalten, wobei ich ursprünglich daran dachte, ein paar E6 aufzuheben. Nur - bei der Wiener Netzgröße braucht man schnell mehr als "ein paar".
Die Straßenbahnlinien in Dresden sind meist länger als in Wien, nur eine einzige Linie ist kürzer als 10 km (die nur bei Veranstaltungen verkehrende Messelinie 20), dafür ist die längste Linie fast 30 km lang (und läuft dennoch stabil, ohne dass man sie zwischendurch brechen und das als großartigen Fortschritt verkaufen muss). Und auch in DD hat man zu wenige Zweirichtungszüge, um mehrere dieser langen Linien im Bedarfsfall darauf umstellen zu können.
Die Lösung - Baustellenlinien. Hätten die DVB die Bauarbeiten um den Johann-Nepomuk-Berger-Platz organisert, hätte der 2er vmtl. auch an der Josefstädter Straße geendet - und zusätzlich wäre eine Sonderlinie 42 zwischen Ring und einer provisorischen Endhaltestelle am Johann-Nepomuk-Berger-Platz verkehrt. Für den 44er vom Schottentor hätte es ebenfalls eine provisorische Endhaltestelle gegeben, und der Rest wäre mehr oder weniger vollständig von Bussen ersetzt worden. (Dass der 9er bis zum Westbahnhof völlig ersatzlos eingestellt wurde, war schon ziemlich dreist.)
Auch ansonsten hat es Vorteile, einen gewissen Anteil an Zweirichtungsbahnen zu haben. Berlin hatte in den 90ern eine Zeit lang ausschließlich auf Einrichtungsbahnen gesetzt. Für die Verlängerung der damaligen Linie 20 (nun M10) zum U-Bahnhof Warschauer Straße wurden erstmals wieder Zweirichtungsbahnen beschafft - und schließlich immer mehr, weil man deren Vorzüge entdeckt hat. So gab es zum Beispiel Anfang des letzten Jahrzehnts eine Havarie, einen großflächigen Wasserrohrbruch, am S-Bahnhof Karlshorst. Statt über Wochen Ersatzverkehr anzubieten, konnte nach Einbau einer provisorischen Weichenverbindung schon nach wenigen Tagen der Straßenbahnverkehr wieder aufgenommen und die Behinderung für die Fahrgäste auf einen kurzen Fußweg reduziert werden (den hätten es auch gegeben, wenn die ganze Zeit Busse gefahren wären, die Straße war ja unterspült).
Die Zweirichtungsbahnen sind auch für die Netzentwicklung sehr förderlich, weil man Endhaltestellen mit sehr viel weniger Flächenbedarf konzipieren und außerdem Neubaustrecken schrittweise eröffnen kann. Ohne Zweirichtungszüge würde es die direkte Anbindung der U1 an der Warschauer Straße bis heute nicht geben. Am anderen Ende konnte die M10 z.B. trotz der jahrelangen Verzögerung beim Bau der Straßenbahnstrecke zum Hbf schonmal zum Nordbahnhof verlängert werden. Nach Ansiedlung der Hochschule für Technik und Wirtschaft im Stadtteil Schöneweide konnte man relativ unkompliziert eine Zwischenendstelle bauen und den Straßenbahnverkehr verdichten (auch, weil die Anlage genau so zu DDR-Zeiten schonmal existierte, es rechtlich also ein Wiederaufbau und kein Neubau war). Eine Wendeschleife oder ein Gleisdreieck wären sicher noch immer nicht fertiggestellt. Auf den Linien, die an der neuen Endhaltestelle verkehren, setzt man inzwischen auch bei den nicht dort endenden Fahrten bevorzugt Zweirichtungszüge ein, um im Bedarfsfall flexibler reagieren zu können.
Inzwischen wurde die einst angedachte Bestellung vieler Einrichtungs-Flexity für Berlin völlig gecancelt. Es werden nur noch Zweirichtungszüge beschafft.
Und nein, sie bieten auch nicht weniger Platz als Einrichtungsbahnen - allenfalls weniger Sitzplätze. Denn der zusätzliche Führerstand wird durch die zusätzlichen Türräume mehr als ausgeglichen. Die sind auch bei starkem Fahrgastwechsel ideale Auffangrräume, was letztlich sogar (gerade zur völlig verbauten Fehlkonstruktion ULF) sogar beschleunigend wirken dürfte.