"Zu billig" ist Verkehr speziell auf Hauptverkehrswegen zu bestimmten Zeiten, wenn er teils massive Überlastungen bewirkt. Statt die Infrastruktur womöglich nur deswegen immer weiter ausbauen zu müssen, sollte der Fokus auf Verkehrsvermeidung gelegt werden: Gestaffelter Schulbeginn, Vermeiden von Pendlerströmen, keine neuen Einkaufszentren u.a. stadt- und raumplanerische Maßnahmen.
Da gäbe es etwa das Modell der Preisstaffelung nach Haupt- und Nebenverkehrszeit(en), das ich für durchaus sinnvoll halte, solange die Preisdiskrepanz nicht zu groß wird. Setzt halt entsprechende Infrastruktur voraus. Allerdings muss man sich dann auch etwas adäquates für den MIV überlegen, wenn man den höheren Spritverbrauch durch das Stehen im Stau mal außen vor lässt.
Der gestaffelte Schulbeginn klingt leicht und stellt vielleicht keine Straßenbahnen, dafür aber Lehrer, Kinder und Eltern vor Probleme: Eltern können ihre (kleinen) Kinder dann mitunter nicht zur Schule bringen/begleiten, wenn sie selbst unflexible Arbeitszeiten haben, und die Kinder sitzen dann vormittags zuhause und tun unbeaufsichtigt nichts Sinnvolles. Zudem nimmt die Konzentration bei Lehrern und auch bei Kindern im Laufe des Tages sukzessive ab, nach 15-16 Uhr ist es dann sowieso vorbei. Die Schüler werden sich freuen, um 13 Uhr hungrig und mental leer einen Test schreiben zu müssen, während ihre Kollegen beim Mittagessen sitzen. Und auch Lehrer wollen nicht um 15 Uhr noch in die Klasse, wenn sie seit 7 30 da sind.
Wie willst du Pendlerströme vermeiden, wenn die Arbeitswelt in der Ostregion "zentralistisch" auf Wien ausgerichtet ist? Menschen pendeln nach Wien, weil dort ihr Arbeitsplatz ist und es diesen bei ihnen daheim gar nicht in ausreichendem Maß gibt. Um das zu ändern, müsstest du hunderttausende Arbeitsplätze gleichmäßig verteilt (!) ins Umland auslagern. Viel Spaß damit.
Weniger Einkaufszentren. Ja, da bin ich definitiv bei dir. Es ist pervers, was da in den letzten Jahren alles an überdimensionierten Einkaufstempeln - auf Kosten des Kleingewerbes - aus dem Boden gestampft wurde.
E-Scooter sind zu billig? (Wien: 1€ Entsperren + 15-27ct/min dafür, dass man ggÜ Auto, Öffis oder Fußweg einige Minuten spart)
Die sind eine temporäre Modeerscheinung. Und ja: Für das, was sie an Sondermüll und Gefahr produzieren, halte ich sie für zu billig.
Bei Modeerscheinung und Gefahr bin ich nicht unbedingt bei dir, Sondermüll eher. Ändert nichts daran, dass ~3€ für eine 10 Minütige Fahrt im Schnitt mMn überzogen sind.
Taxifahren ist zu billig? (Warum benütz(t)en so viele Menschen Uber & Co?)
Das Taxi ist auf den ersten Blick sicher nicht billig. Aber frag einmal einen Taxilenker, was ihm davon überbleibt.
Um das Gehalt des Taxlers ging es aber nicht (direkt).
Zeitkarten für Menschen außerhalb Wiens, die täglich reinpendeln, sind zu billig? (z. B. Jahreskarte Mödling-Liesing ab 444€)
Ja, da dadurch nur das Pendler(un)wesen gefördert wird.
Und was machen diese Menschen, wenn die Jahreskarte stattdessen 944€ kostet und sie das Geld nicht über Subventionen in anderen Lebensbereichen hereinbekommen? Oder wenn es den gewünschten Arbeitsplatz nicht im Nachbarort gibt? Mit dem Auto im Stau stehen oder im Heimatort einem schlechter bezahlten, weniger gefälligen, Job nachgehen? Wir haben (noch) kein bedingungsloses Grundeinkommen!
Mit dem Fernzug zu verreisen ist zu billig? (z. B. Wien-München 106€ Normalpreis, Wien-Warschau 82,90€/Sparschiene)
Mit dem Schiff zu fahren ist zu billig? (schon öfter mit Fähren unterwegs gewesen?)
Ja, das ist nur so billig, weil man eine Konkurrenz zum noch stärker subventionierten Autoverkehr schaffen muss, damit überhaupt genügend Leute damit fahren.
Wenn dir sogar das zu billig ist, dann willst du offenbar nicht, das Menschen verreisen oder zumindest die Möglichkeit dazu haben, dies in Ruhe und Gelassenheit zu tun. Ich brauche dir nicht sagen, wie mühsam und anstrengend die günstigeren Busreisen oder Autofahrten sein können. Will ich Komfort, darf ich das x-fache zahlen und das soll immer noch zu billig sein? Sag das mal jemandem, der das Existenzminimum verdient. Den sperrst du damit de facto in seinen vier Wänden ein, wenn auch die jetzt billigen Optionen genauso teuer oder noch teurer sind.
Apropos: Nach Polen oder andere Länder des ehem. Ostblocks reisen derzeit Wenige mit dem Zug, v. a. wegen der unzureichenden Infrastruktur und günstigen Alternativen am Zielort. Bin zuletzt mit dem Zug nach Katowice raus. Weihnachtszeit, Menschen fahren heim, trotzdem waren die lächerlichen 5 (?) Waggons des EC nicht annähernd voll, trotz Sparschiene-Angeboten.
Ich halte Zug und Schiff jedenfalls für zu teuer. Wenn mehr Menschen damit statt mit Flugzeug und Bus reisen würden, wären Angebot und Preis - mitunter auf Kosten der jetzt billigen Alternativen - entsprechend anders.
Wenn du etwa die Ansicht vertrittst, dass öffentlicher Verkehr immer rentabel sein sollte, macht eine Diskussion hier sowieso keinen Sinn, weil wir dann a priori zu weit auseinander liegen.
Nein, öffentlicher Verkehr kann heute nur als subventioniertes Gut bereitgestellt werden. Aber so sehr ich auch von der 365-Euro-Jahreskarte profitiere – ich halte sie für viel zu günstig. Man sieht ja, dass die WL auf Substanz fahren und das Geld zur Instandhaltung und Modernisierung von vorne bis hinten fehlt. Von der Fahrgastmilliarde redet man mittlerweile kaum mehr; vermutlich hat man schon eingesehen, dass man die in der aktuellen Situation nie und nimmer derpackt.
Daran ist aber nicht die günstige Jahreskarte schuld, sondern fundamentale Fehler in der Verkehrsplanung (8er, wink amoi!) und eben offenbar zu niedrige Subventionen!