Autor Thema: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien  (Gelesen 21371 mal)

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38ger

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #45 am: 03. März 2021, 20:18:19 »
Aber zu Deinem Vergleich mit Neuwagen: auch wenn man bereit wäre mehr Geld in Komfort und Design zu stecken, ein Schienenfahrzeug wie ein Auto zu gestalten wäre schlicht nicht sinnvoll.

Natürlich kann man die Farben und Materialien nicht 1:1 vom Auto auf den ÖV übertragen. Ich bleibe aber dabei, dass sich kaum jemand freiwillig mit grauen Seitenverkleidungen, knallroten Sitzen und zinkgelbem Lenkrad umgibt.
Schwarz-rot-graues Interieur und gelbes Lenkrad (zugegeben nur das Logo, aber das dafür nicht klein): klassischer Ferrari hätte ich gesagt. Und was definitiv weniger Autofahrer annehmen würden: orange Seitenwände!  >:D

abc

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #46 am: 04. März 2021, 06:28:04 »
Würdest du einen Neuwagen kaufen, der auf diese Materialien und Farben setzt? Ich wage zu behaupten, dass die meisten Menschen diese Frage verneinen würden. Warum sollten bei einem öffentlichen Verkehrsmittel andere Maßstäbe gelten? Wenn der ÖV überzeugen soll, muss er auch in diesen Belangen mit dem Auto konkurrieren können.

Ja, stimmt, öffentliche Verkehrsmittel sollten auch mehr auf ansprechendes Design achten, bzw. darauf, was aktuell als modern empfunden wird. Die stärkste Konkurrenz, das Auto, tut es ja auch. Angesichts der (aus ökonomischer und ökologischer Sicht durchaus positiven) langen Lebensdauer vor allem von Schienenfahrzeugen wäre aus meiner Sicht eigentlich alle 10-15 Jahre wenigstens eine behutsame Neugestaltung des Innenraums erforderlich.

Wobei natürlich das Spannungsfeld zur Nutzung immer gegeben ist - ich fand es z.B. in Strasburg eher schlecht, dass mindestens bei der ersten Fahrzeuggeneration die Türen von außen kaum zu erkennen sind, weil sie exakt wie ein Fenster aussehen.

In einem privaten Kfz sind schwarze Inneneinrichtung und weich gepolsterte Sessel vielleicht schick, in einem öffentlichen Massenverkehrsmittel gilt es aber so etwas wie objektive Sicherheit zu gewährleisten - und das heißt nun Mal auf eine gewisse Mindesthelligkeit und - freundlichkeit des Fahrzeuges zu achten.

Ich frage mich allerdings inzwischen, ob die übliche Stadionbeleuchtung im ganzen Fahrzeug wirklich der Weisheit letzter Schluss ist. Viele setzen sich doch dennoch im Bus zwischen die (ersten) beiden Türen, obwohl - oder gerade weil? - es dort dunkler ist als im Rest des Fahrzeugs. Vielleicht ist es Zufall, vielleicht wollen manche nah bei der Fahrerin oder dem Fahrer sitzen, vielleicht fühlen sich einige aber gerade abends in etwas gedimmterer Lichtstimmung auch einfach wohler.

Sehr spannend wäre ein Experiment, bei dem man in einem langen Fahrzeug (langer ULF oder V-Wagen) verschiedene Lichtzonen schafft, also Zonen verschiedener Helligkeit und Lichtstimmungen, und dann das Verhalten der Fahrgäste beobachtet. Ich bin mir nicht sicher, ob alle oder auch nur ein Großteil der Fahrgäste zur Stadionbeleuchtung gehen/geht, die in den letzten zwanzig, dreißig Jahren zum Standard im ÖPNV wurde. Setzt natürlich eine Abstimmung mit Behindertenverbänden und gute Designer voraus - sonst wirkt das schnell so, als wären in den dunkleren Abschnitten einfach die Lampen kaputt.

Idealerweise sollte man nicht nur aus rein praktischen Erwägungen darauf verzichten, einfach das Design aktueller Autos zu kopieren, sondern eigene positive Akzente setzen. Kopien werden nämlich schnell als billiger Abklatsch wahrgenommen - und auf ein solches Image sollte der ÖV tunlichst verzichten.

Klingelfee

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #47 am: 04. März 2021, 06:38:59 »
Ich frage mich allerdings inzwischen, ob die übliche Stadionbeleuchtung im ganzen Fahrzeug wirklich der Weisheit letzter Schluss ist. Viele setzen sich doch dennoch im Bus zwischen die (ersten) beiden Türen, obwohl - oder gerade weil? - es dort dunkler ist als im Rest des Fahrzeugs. Vielleicht ist es Zufall, vielleicht wollen manche nah bei der Fahrerin oder dem Fahrer sitzen, vielleicht fühlen sich einige aber gerade abends in etwas gedimmterer Lichtstimmung auch einfach wohler.

Das kann ich nicht nachvollziehen. Denn ich wiederum sitze gerne weiter hinten im Bus, damit ich bei längeren Fahrten ohne Probleme ein Buch oder ähnliches lesen kann.

Und auch ein helleres Fahrzeug gibt mehr Sicherheit, als ein dunkleres Fahrzeug.  Der einzige Grund, dass ein Bus vorne abgedunkelt ist, ist damit der Buslenker besser nach aussen sieht und die Lichtspiegelung in der Windschutzscheibe so gering, wie möglich ist.

Bitte meine Kommentare nicht immer als Ausrede für die WL ansehen

abc

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #48 am: 04. März 2021, 08:24:07 »
Ich frage mich allerdings inzwischen, ob die übliche Stadionbeleuchtung im ganzen Fahrzeug wirklich der Weisheit letzter Schluss ist. Viele setzen sich doch dennoch im Bus zwischen die (ersten) beiden Türen, obwohl - oder gerade weil? - es dort dunkler ist als im Rest des Fahrzeugs. Vielleicht ist es Zufall, vielleicht wollen manche nah bei der Fahrerin oder dem Fahrer sitzen, vielleicht fühlen sich einige aber gerade abends in etwas gedimmterer Lichtstimmung auch einfach wohler.

Das kann ich nicht nachvollziehen. Denn ich wiederum sitze gerne weiter hinten im Bus, damit ich bei längeren Fahrten ohne Probleme ein Buch oder ähnliches lesen kann.

Und auch ein helleres Fahrzeug gibt mehr Sicherheit, als ein dunkleres Fahrzeug.  Der einzige Grund, dass ein Bus vorne abgedunkelt ist, ist damit der Buslenker besser nach aussen sieht und die Lichtspiegelung in der Windschutzscheibe so gering, wie möglich ist.

Ja, klar, natürlich bin ich mir bewusst, dass der vordere Teil des Busses nicht als Teil eines Experiments dunkler ist, sondern um die Lenkerin oder den Lenker nicht zu blenden. Ansonsten: Menschen sind verschiedenen, und zwar nicht nur untereinander, sondern auch je nach Situation und Laune - auch ein und die gleiche Person kann einmal das hellere Licht besser finden (wenn sie eben ein Buch lesen möchte oder ihr andere Fahrgäste suspekt sind) und einmal ein etwas dunkleres Licht (wenn sie vor sich hin dösen oder mit halb geschlossenen Augen die Stadt an sich vorbeiziehen sehen möchte).

Genau deshalb wäre ein entsprechendes Experiment ja interessant - und wahrscheinlich bei einem neu gelieferten Fahrzeug noch nicht mal teuer, wenn man mit Dioden arbeitet.

Ich wäre mir ehrlich gesagt noch nicht mal sicher, dass das Sicherheitsempfinden in einem Fahrzeug mit Stadionbeleuchtung automatisch höher ist - denn zu einem guten Sicherheitsgefühl gehört (rein evolutionsbiologisch erklärbar) auch ein guter Überblick über das Umfeld - und je heller es im Fahrzeug ist, desto weniger sieht man vom Umfeld außerhalb des Fahrzeugs. Am wohlsten fühlen sich Menschen da, wo sie beobachten können - und selbst bemerken, wer sie beobachtet. Das ist ja auch logisch, wenn wir an unsere Ahnen zurückdenken: sie selbst wollten potentielle Jagdbeute sehen - und natürlich Tiere, deren Beute sie werden können. Man sollte nicht vergessen, dass in evolutionsbiologischer Hinsicht die paar tausend Jahre, die der Mensch in Städten lebt, bedeutungslos sind. In der Hinsicht ist ein hell erleuchtetes Fahrzeug in einer dunklen Umgebung hinsichtlich des Sicherheitsempfindens vielleicht sogar kontraproduktiv.

Die Autorin des Buches, dem ich diese Gedanken verdanke (Elisabeth Oberzaucher, "Homo Urbanus"), hat übrigens Studierende in Wien untersuchen lassen, wo sich Menschen in Straßenbahnen zuerst hinsetzen, wenn sie die Wahl haben: in Fahrtrichtung ans Fenster. Da geht es um das gleiche Thema, Überblick.

tramway.at

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #49 am: 04. März 2021, 12:32:12 »
Das ist ja alles schon erfunden und wird anderswo eingesetzt, in den Bombardier-Vorortzügen zB ist das Licht der Tageszeit angepasst (Pendler dösen gerne) und ändert sich im Auffangraum bei den Stationen (die Lichtfläche wird dunkelrot, soweit ich mich erinnere).
Harald A. Jahn, www.tramway.at

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #50 am: 04. März 2021, 13:05:00 »
Ja, stimmt, öffentliche Verkehrsmittel sollten auch mehr auf ansprechendes Design achten, bzw. darauf, was aktuell als modern empfunden wird. Die stärkste Konkurrenz, das Auto, tut es ja auch. Angesichts der (aus ökonomischer und ökologischer Sicht durchaus positiven) langen Lebensdauer vor allem von Schienenfahrzeugen wäre aus meiner Sicht eigentlich alle 10-15 Jahre wenigstens eine behutsame Neugestaltung des Innenraums erforderlich.
Jein, denn ein gutes Innendesign sollte ob der längeren Nutzungsdauer der Fahrzeuge meiner Meinung nach eher zeitlos sein, eben damit man genau NICHT erkennt aus welcher Zeit das Fahrzeug kommt. (sonst wären die T wohl innen Lila/Pink/Türkis/Neongelb - was halt so Anfang der 90er so hip war :P)

Daher sollte man eher mit dezenten Farben arbeiten (Holz, weiß/grau, gebürstetes Metall) und entsprechende Akzente mit der Bestuhlung (die überall auf der Welt außer in Wien mit Stoff bespannt und somit rasch anpassbar ist), den Haltegriffen etc. realisieren.
Besonders positiv finde ich diesbezüglich die Linzer Mountainrunner oder auch die Wagen aus Marseille.

Auch den E2 fände ich recht zeitlos, wäre der Boden nicht braun sondern passend zu den Haltestangen grau, bzw. der Dachbereich weiß. Ob die Holzsitze (ok, Durofol) jetzt noch Polster benötigen oder nicht ist Geschmackssache, ich finde sie aber jedenfalls um ein Vielfaches ansprechender und bequemer als die roten Plastiksitze.

abc

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #51 am: 04. März 2021, 13:41:36 »
Jein, denn ein gutes Innendesign sollte ob der längeren Nutzungsdauer der Fahrzeuge meiner Meinung nach eher zeitlos sein, eben damit man genau NICHT erkennt aus welcher Zeit das Fahrzeug kommt. (sonst wären die T wohl innen Lila/Pink/Türkis/Neongelb - was halt so Anfang der 90er so hip war :P)

Daher sollte man eher mit dezenten Farben arbeiten (Holz, weiß/grau, gebürstetes Metall) und entsprechende Akzente mit der Bestuhlung (die überall auf der Welt außer in Wien mit Stoff bespannt und somit rasch anpassbar ist), den Haltegriffen etc. realisieren.

So ganz zeitlos wird man wahrscheinlich nie sein, dann müsste man ja wissen, was in zehn Jahren gerade als ansprechend gilt. Und auch das, was heute als zeitlos gilt, wurde nicht zwangsläufig seit seinem ersten Erscheinen durchgängig als ästhetisch oder ansprechend beschrieben.

@tramway.at: Der Vorortzug welcher Stadt ist das?

WVB

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #52 am: 04. März 2021, 13:55:59 »
@tramway.at: Der Vorortzug welcher Stadt ist das?
Das ist ein Z 50000 der in der Region Île-de-France fährt: https://de.wikipedia.org/wiki/SNCF_Z_50000

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #53 am: 04. März 2021, 13:59:37 »
Das ist ja alles schon erfunden und wird anderswo eingesetzt, in den Bombardier-Vorortzügen zB ist das Licht der Tageszeit angepasst (Pendler dösen gerne) und ändert sich im Auffangraum bei den Stationen (die Lichtfläche wird dunkelrot, soweit ich mich erinnere).

Auch in den ÓBB-Cityjets gibt es Zonen mit unterschiedlichen Lichtfarben (kaltweiß und warmweiß). Warum das so ist bzw. was man damit bezwecken will, erschließt sich mir aber nicht. Die Helligkeit der Innenbeleuchtung ist zeitgesteuert: Punkt 23.00 Uhr wird das Licht (ganz wenig) abgedimmt.
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #54 am: 04. März 2021, 15:19:33 »
Das ist ja alles schon erfunden und wird anderswo eingesetzt, in den Bombardier-Vorortzügen zB ist das Licht der Tageszeit angepasst (Pendler dösen gerne) und ändert sich im Auffangraum bei den Stationen (die Lichtfläche wird dunkelrot, soweit ich mich erinnere).
Ähnliches gibt es auch bei den Tramlink-Trams in Gmunden, da wird (nach Verlassen des Stadtgebiets) das Licht während der Fahrt auf der Überlandstrecke gedämpft.

WVB

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #55 am: 04. März 2021, 17:55:26 »
Auch in den ÓBB-Cityjets gibt es Zonen mit unterschiedlichen Lichtfarben (kaltweiß und warmweiß).
Im T1 2712 gibt es sowas auch wenn auch wohl nicht absichtlich (ein Drittel kaltweiß und zwei Drittel warmweiß).  :D

An einer Stelle hat man es sogar zusammengebracht drei verschiedene Farben (weiß, warmweiß, kaltweiß) anzubringen.

4808

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #56 am: 04. März 2021, 23:00:19 »
Bevor ich jetzt die ganzen Licht-Diskussionen studiere, würde ich mich freuen, ob es was Neues vom Test-Flexity gibt. Fährt er schon in Wien, wie lange soll er bleiben. :)
Liebe Grüße, 4808
Carpe diem!

W_E_St

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #57 am: 04. März 2021, 23:59:25 »
Es ist neutralweiß (4000 K), kaltweiß wäre noch schlimmer. Bei den LEDs weiß ich keine Details, die Leuchtstofflampen waren/sind "840", also Farbwiedergabe-Index >80 und 4000 K. Das sind nicht einmal die allerbilligsten, aber vermutlich die am häufigsten verkauften Röhren. Die Röhren in den E1 passen möglicherweise gar nicht in das moderne Schema, sind aber näher an warmweiß (3000 K).
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")

Bimdose

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #58 am: 05. März 2021, 08:53:29 »
Der Test-Flexity für Brüssel soll einige Wochen bleiben und im April wird ein Zweiter für den Klimakanal-Test kommen.

4808

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Re: Flexity Brüssel auf Probefahrt in Wien
« Antwort #59 am: 05. März 2021, 12:56:37 »
Der Test-Flexity für Brüssel soll einige Wochen bleiben und im April wird ein Zweiter für den Klimakanal-Test kommen.
Top, danke! :)
Liebe Grüße, 4808
Carpe diem!