Mütter als Hausfrauen hatten früher genügend Zeit, den Einkauf in verschiedenen Geschäften zu erledigen:
Wurst und Fleisch beim Grünling (als einer des Grätzl-"Fleischtriumvirats" Grünling, Henickl, Rumpel), wenn man die Filiale des einzigen Bezirks-Fleischproduzenten Wiesbauer beiseite lässt), Eier und wenn's mal Geflügel gab, ein Hendl oder zu hohen Festtagen einen Fasan visavis bei Herrn Jiran, Brot und Gebäck beim Buckl-Bäck (außer Mohnstritzel oder Schusterlaberln, die waren beim Stumpf Am Platz viel besser), Kaffee und die bei uns Brüdern beliebten Haferflocken beim Meinl, Obst bei Enzinger, Gemüse und vor allem Sauerkraut bei Frau Jiran und Milch, Butter (beides preisgeregelt), Zeitung, Zucker, Salz, Kartoffeln, Mohn, Schuhpasta, Klopapier, Waschmittel beim Mannsberger - die schweren Dinge möglichst nah an daheim einkaufen!
Die notwendigen Nägel und Schrauben sowie Werkzeuge und sonstige Metallwaren (Ofenrohr, Fußabstreifgitter, Kohlenkübel) beim Kaindl bei der "Brücke", Messer und Scheren beim Amadeus Amadei, Süßigkeiten bei der Zuckerlilli und Drogeriewaren (Farben, Gips, Spiritus) beim Stubenvoll, der feine Duft kam von Radler (wo man auch die Filme ausarbeiten ließ) und einen neuen Topf bei Demuth, wenn's feiner sein sollte, beim Schüsterl: alles fußläufig nicht mehr als maximal 10 Minuten von daheim - und man war natürlich dank "Radiofunktion" über das Bezirksgeschehen samt seiner Einwohner bestens informiert. Dabei waren wir noch gar nicht bei Struppe, bei Frau Kriegler und Frau Koch (beide hatten auch schönes Gemüse) und im Delikatessladen Veit Am Platz. Aber ich konnte mir die Nase bei Spiel- und Korbwaren Eckert an der Auslage plattdrücken. Und donnerstags gab's vielleicht bei Rista Waffelbruch. Gleich nebenan bei Frau Chytka gab es alles für die Schule, was sie nicht hatte, gab es bei Frau Spindler am anderen Ende der Gasse. Und selbst auf Frisch-Fisch mussten wir dank einer Nordsee-Filiale nicht verzichten. Und falls es im Hals kratzte: Hustensaft wurde in der apotheke von Herrn Mr. Winkler eingekauft.
Als begleitender und taschenschleppender Bub ist auch manchmal was in den Geschäften "abgefallen" ...
Auf der einen Seite soll das Einkaufen "Erlebnis" sein, auf der anderen Seite ballt sich das Einkaufsgeschehen auf wenige Stunden in der Woche und auf Super-Hyper-Gross-Märkte zusammen, weil Frauen deutlich mehr berufstätig sind. Wie meine Mutter einkaufen ging ist praktisch nicht mehr vorstellbar.
Ist es wirklich die große Auswahl, die die kleinen Geschäfte sterben ließ? Oder waren es die Produzenten, die den wert der vielen kleinen geschäfte nicht erkannten und glaubten, dort das Geld zu verdienen, das sie mit den Großen nicht mehr verdienten? Damit war die Greißler-Ware einfach teuer, der Absatz wurde geringer und der Anteil "abgelaufener" Ware (auch wegen größerer Gebinde) höher. Mit dem eingerechneten Ausschuß war nochmals die Ware teurer. Somit war das Aus vorprogrammiert.
Die Stadtplanung würde schon Maßnahmen für Spezialgeschäfte vorsehen, letztlich setzen sich aber die großen Drei durch und würgen die kleinen, feinen "Biotope" ab. Dort, wo es sich für sie nicht auszahlt (Stadtrand mit lockerer Besiedelung) wird es für die Wohnbevölkerung knapp: Keine umfassende fußläufige Nahversorgung und dazu ziemlich ausgedünnter Öffi-Verkehr. Daher: Auto letztlich unerlässlich! Aber das wird ja von den Machern als "Pfui" deklariert ...
Auf ein intelligentes Stadtrand-Verkehrskonzept warte ich noch.
Und wäre mir das Einkaufen von heute in 60 Jahren noch so lebhaft wie von seinerzeit erinnerlich? Übrigens: Zwei Kinos waren auch noch da!
PS.:Im und mit dem Wandel der Zeit haben sich die Geschäfte verändert - erfreulicherweise gibt es aber in den prominenten Lagen keine Leerstehungen und auch der Warenmix stimmt halbwegs, gleich um's Eck sieht es ein wenig anders aus, dort sind mittlerweile auch die Handwerker verschwunden (Schlosser, Maler, Schuster, Elektriker, Installateur)