Autor Thema: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition  (Gelesen 175689 mal)

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Ferry

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #405 am: 21. April 2021, 18:30:27 »
Zum Einkauf im Supermarkt mit dem Auto: Eine Kollegin und ihr Mann wohnten in der Karl-Meißl-Straße im 20. Bezirk noch vor Einführung des Parkpickerls. Sie fanden dort nur mit Müh und Not einen Parkplatz. Zum Einkauf fuhren sie einmal mit dem Auto zum Hofer in der Stromstraße, fanden aber dort auch keinen Parkplatz und natürlich auch nur schwer wieder einen in der Nähe des Wohnhauses - daher also weiter weg. Nun gingen sie zu Fuß zum Einkauf in einen nahe gelegenen Supermarkt. Besagte Kollegin wohnt nun am Land, 5 km vom nächsten Supermarkt entfernt, aber immerhin findet sie dort problemlos einen Parkplatz.

Na ja, die Situation ist natürlich für jeden anders. Beim Merkur in Vösendorf findet man immer einen Parkplatz (wenn auch nicht unmittelbar beim Eingang, aber für was hat man Füße) und zu Hause sind wir in der glücklichen Lage, über einen Garagenplatz zu verfügen. Sicher war auch dieser Umstand für die Entscheidung, Einkäufe nur einmal pro Woche mit dem Auto zu erledigen, mitverantwortlich: ich komme mit dem Auto von Haustür zu Haustür, ohne über ein Parkplatzproblem nachdenken zu müssen.

Ich schrieb:
Zitat von: Ferry
Einteilungssache. Wie ich geschrieben habe, brauche ich für den reinen Einkauf maximal 30 Minuten, plus je 15 Minuten für Hin- und Rückfahrt. Das Ganze ist also in maximal einer Stunde erledigt. Von einem "ruinierten Samstag" kann da wirklich keine Rede sein.

Und die von dir genannten Tätigkeiten lassen sich auch am Samstag Abend (Besuche) bzw. Sonntag erledigen. Ist, wie gesagt, nur Einteilungssache.

Zu erwähnen wäre im Bezug auf meine Situation auch noch, dass meine Töchter, als sie noch im schulpflichtigen Alter waren, auch am Samstag Vormittag (und fallweise sogar Nachmittag) Unterricht oder sonstige Verpflichtungen hatten. Der Samstag wäre also als Ausflugs- oder Badetag ohnehin nicht in Frage gekommen. Und so hat es sich eben nach und nach eingebürgert, erst am Nachmittag, wenn weniger los ist,  einkaufen zu fahren; etwas, was wir bis heute gewohnheitsbedingt beibehalten haben.
Weißt du, wie man ein A....loch neugierig macht? Nein? - Na gut, ich sag's dir morgen. (aus "Kottan ermittelt - rien ne va plus")

Z-TW

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #406 am: 21. April 2021, 18:58:44 »
Zum Einkauf im Supermarkt mit dem Auto: Eine Kollegin und ihr Mann wohnten in der Karl-Meißl-Straße im 20. Bezirk noch vor Einführung des Parkpickerls. Sie fanden dort nur mit Müh und Not einen Parkplatz. Zum Einkauf fuhren sie einmal mit dem Auto zum Hofer in der Stromstraße, fanden aber dort auch keinen Parkplatz und natürlich auch nur schwer wieder einen in der Nähe des Wohnhauses - daher also weiter weg. Nun gingen sie zu Fuß zum Einkauf in einen nahe gelegenen Supermarkt. Besagte Kollegin wohnt nun am Land, 5 km vom nächsten Supermarkt entfernt, aber immerhin findet sie dort problemlos einen Parkplatz.

Na ja, die Situation ist natürlich für jeden anders.


So ist es - in meinem Fall habe ich auch einen Parkplatz vor der Haustür, der nächste Supermarkt ist 2,2 km entfernt. Kleinigkeiten hole ich mit dem Rad, Großeinkauf erfolgt mit dem Auto. Was ich aber aufzeigen wollte, ist die quasi pervertierte Autobenützung um jeden Preis!

Katana

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #407 am: 22. April 2021, 07:22:55 »
Es ist ja auch für viele Hardcore-Autofahrer unvorstellbar, dass man nicht nur einmal die Woche mit dem Auto einkaufen fahren kann, sondern das auch verteilt und dann plötzlich ganz ohne Auto erledigen kann…

Natürlich, sofern man die Zeit hat, jeden Tag einkaufen zu gehen, ist das kein Problem. Ansonsten wird's ohne Auto schwierig...

Ich gehe jeden Tag zwei Mal am Supermarkt vorbei. Da auch einen Abstecher hinein zu machen, kostet keine zusätzliche Zeit, denn so erspare ich mir den Großeinkauf komplett.

Natürlich, wenn der Supermarkt am Weg liegt, dann ist es einfacher. Aber das ist halt leider nicht bei jedem der Fall.

Wie viele Wege es wohl in Wien gibt, bei denen man an keinem einzigen Supermarkt vorbeikommt?

In den ersten zwei Jahrzehnten meines Berufslebens bin ich nicht täglich an einem Supermarkt vorbeigekommen. Das hat sich erst später geändert.

Es ist eben kein immenser Zeit- und Energieaufwand, sondern oft einfach nur eine Änderung der Gewohnheiten notwendig. Einzelne Ausnahmen wird es immer geben, wofür ein Auto notwendig ist, aber die normale Lebensmittelversorgung zählt nicht dazu. Wie glaubst du, schaffen es denn jene Leute, die sich kein Auto leisten können?

Die müssen eben mehr Zeit und Energie in ihren Einkauf investieren.

Das denkst Du, muss aber nicht so sein. Ich denke nicht, dass jemand, der auf alltäglichen Wegen mehrmals pro Woche einen Zwischenstopp bei einem mäßig gefüllten Supermarkt macht und dann mit seinen fünf oder zehn Produkten die Selbstbedienungskassa benützt unterm Strich mehr Zeit pro Woche für seine Einkäufe braucht als jemand, der am Samstag eigens losfährt, in einen völlig überfüllten Supermarkt geht und dann nochmal mit seinem Einkaufswagen 10 min vor der Kassa wartet.

Dass ein derartiger Unterschied besteht kann ich in meinem Fall nicht bestätigen, oft ist es sogar umgekehrt. Die Besetzung der Kassen ist wichtiger als die Menge der Kunden und Waren.


Ganz allgemein: Es ist interessant, in einem Thread über Verkehrspolitik so viel über die persönlichen Einkaufsgewohnheiten bzw. -ratschläge und das Unverständnis der Wochenendgestaltung der Anderen zu lesen.

Ist es wirklich notwendig, Andere missionieren zu wollen? Immerhin sind wir hier eine Ansammlung von Straßenbahnaffinen. Alle sollten zur Kenntnis nehmen, dass es Menschen gibt, die sich ein Auto leisten können und wollen. Weil sie aus irgendeinem Grund, der vielleicht sogar wichtiger ist als das Wandern, in deutlich kürzerer Zeit nach xy kommen als mit dem ÖV.
Und ich halte ich es für legitim, wenn sie es auch für einen größeren Einkauf nutzen.

Z-TW

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #408 am: 22. April 2021, 08:02:29 »
Lt. einer Umfrage der NÖN Korneuburg fahren 70 % mit dem Auto in die Arbeit, 16,3 % benutzen Öffis, 5,1 % das Rad, 2 % "Sonstiges". Die Politik richtet sich auch danach - während die Reaktivierung der Bahn Korneuburg-Ernstbrunn kein Thema ist, wird wegen des steigenden Autoverkehrs die Umfahrung Rückersdorf gebaut. Wie man diese Verkehrtpolitik in Einklang mit der von der EU geforderten Schadstoffreduktion von 55 % bis 2030 in Einklang bringen kann, ist mir schleierhaft. Natürlich hat das Verkehrsgeschehen im Bezirk Korneuburg keine Auswirkungen auf das Klima - aber es wird ja weltweit weiterhin auf den motorisierten Straßenverkehr gesetzt. Oder: Was hier im Kleinen passiert, kann man auf das "Große" umsetzen.

abc

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #409 am: 22. April 2021, 08:42:29 »
Ganz allgemein: Es ist interessant, in einem Thread über Verkehrspolitik so viel über die persönlichen Einkaufsgewohnheiten bzw. -ratschläge und das Unverständnis der Wochenendgestaltung der Anderen zu lesen.

Ist es wirklich notwendig, Andere missionieren zu wollen? Immerhin sind wir hier eine Ansammlung von Straßenbahnaffinen. Alle sollten zur Kenntnis nehmen, dass es Menschen gibt, die sich ein Auto leisten können und wollen. Weil sie aus irgendeinem Grund, der vielleicht sogar wichtiger ist als das Wandern, in deutlich kürzerer Zeit nach xy kommen als mit dem ÖV.
Und ich halte ich es für legitim, wenn sie es auch für einen größeren Einkauf nutzen.

Es ist doch eher umgedreht: letztlich kommen solche Debatten doch immer zustande, weil auf die Forderung, dem MIV weniger Straßenraum zur Verfügung zu stellen, stets Aussagen wie "Ich will aber zu den Myrafällen!!1!" und "Ich brauche das Auto, um für meine zehnköpfige Familie und meine Alpakazucht Einkäufe zu erledigen!!!1!" kommen. Überspitzt gesagt: die Praterstraße darf auf keinen Fall eine Fahrspur verlieren (auch wenn von Sima wegzensurierte Erhebungen das Gegenteil ergeben haben), weil sonst die Leute nicht mehr nachts um 3 in die Arbeit im Waldviertel kommen.

Allein wegen dieser Ausreden und Pseudogründe kommen solche Diskussionen immer wieder zustande.

Das nächste ist das "Missionieren", das komplett die Machtverhältnisse vertauscht und so tut, als würden ausschließlich Nicht-Autofahrenden Autofahrenden ihren Lebensstil aufzwängen wollen. Dabei ist es doch auch hier genau umgedreht: schau Dich doch mal um, wie die meisten Straßenräume gestaltet sind - das Auto nimmt sich den Platz, den es braucht, andere Nutzungen dürfen mehr schlecht als recht um den Rest kämpfen. Ja, kann sein, dass die Leute, die Auto fahren, zur Arbeit und einkaufen müssen - diejenigen, die in engen Stadtteilen wohnen, müssen das aber auch, und die müssen auch atmen und künftige Hitzesommer überleben können.

Weiter geht's, wie Z-TW in der Antwort auf Deinen Beitrag zurecht anmerkt, mit der Raum- und Verkehrsplanung - die immer weiter um sich greifende Zersiedlung ist doch allein vom Auto aus gedacht, was im Umkehrschluss heißt: alle anderen Verkehrsträger sind nicht mitgedacht. Und diejenigen, die dort wohnen, möchten natürlich mit dem Auto direkt in die Stadt fahren, natürlich ohne Stau und mit kostenlosen Parkplätzen am Ziel - und drängen damit ihren Lebensstil denen auf, die Straßenraum lieber als Schanigarten oder Fläche für Bäume genutzt sähen und nicht mit dem Auto unterwegs sind.

Und es wird ja nicht besser: wenn es im Osten und zwischen dem Osten und Süden Wiens Verkehrsprobleme gibt, wählt man mit dem Lobautunnel und der Donaustadtautobahn "S1" den gleichen Weg, der schon immer gescheitert ist. Und es wird kommen, wie immer: der ÖPNV kann auf den beschleunigten Verbindungen partout nicht mehr mithalten, die Verkehrsströme fransen immer weiter aus und können somit auch im Nachhinein immer schlechter auf den ÖV verlagert werden, und irgendwann sind die neuen Straßen auch wieder voll und der Kreislauf beginnt von vorn. Wie lange soll diese Idiotie eigentlich noch weitergehen?

Man stelle sich vor, man investierte die knapp 2 Mrd. EUR stattdessen in den viergleisigen Ausbau der Ostbahn zwischen Erzherzog-Karl-Straße und Simmering (ggf. mit eigener S-Bahn-Trasse) und zusätzlich in Bim-Strecken in Transdanubien. Aber das wird im Zweifelsfall als realitätsfern abgetan, während ein 1,3-Milliarden-Tunnel unter einem Nationalpark angeblich alternativlos ist...

T1

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #410 am: 22. April 2021, 08:54:42 »
Das nächste ist das "Missionieren", das komplett die Machtverhältnisse vertauscht und so tut, als würden ausschließlich Nicht-Autofahrenden Autofahrenden ihren Lebensstil aufzwängen wollen. Dabei ist es doch genau umgedreht: schau Dich doch mal um, wie die meisten Straßenräume gestaltet sind - das Auto nimmt sich den Platz, den es braucht, andere Nutzungen dürfen mehr schlecht als recht um den Rest kämpfen.
:up:

Nicht zu vergessen, dass die ganzen schädlichen gesellschaftlichen Folgen (Verkehrstote, Umweltauswirkungen, Lärm, Flächenverbrauch, Klimawandel, Verödung kleiner Orte und Dorfzentren,…) in der Argumentation einfach so in Kauf genommen werden, nur weil sich manche Leute nicht vorstellen können, ihren Einkauf nicht mit dem Auto zu machen. Und ja, auch ich nutze hie und da das Auto, wenn es nicht anders geht oder rein aus Bequemlichkeit. Aber diese grundsätzliche Einstellung, dass alles ohne Auto unmöglich sei und sich dabei seiner Flächenprivilegien in der Stadt nicht einmal bewusst zu sein (von dem ganzen anderen reden wir nicht einmal), ist halt ein Problem.

abc

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #411 am: 22. April 2021, 09:03:27 »
Aber diese grundsätzliche Einstellung, dass alles ohne Auto unmöglich sei und sich dabei seiner Flächenprivilegien in der Stadt nicht einmal bewusst zu sein (von dem ganzen anderen reden wir nicht einmal), ist halt ein Problem.

Ein  :up: zurück.

Es geht ja beim angeblichen Missionieren gar nicht darum zu bestreiten, dass man je nach Situation ab und zu oder auch öfter ein Auto braucht, es geht darum aufzuzeigen, dass bei weitem nicht alle heute mit dem Auto zurückgelegten Wege alternativlos sind, zumindest im städtischen Raum nicht. (Und die Abhängigkeit vom Auto am Land ist ja zu einem Teil vom Auto selbst verursacht - ein gut zu Fuß erreichbarer Dorfladen überlebt halt auf Dauer nicht davon, dass man einmal im Monat zwei Dinge kauft, die man anderswo vergessen hat.)

Z-TW

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #412 am: 22. April 2021, 09:20:17 »
Ich bin als Kind in einer relativ verkehrsarmen Zeit aufgewachsen, verbrachte viele Ferien in einem Dorf mit etwa 200 EW. Dort gab es einen Schuster, eine Mühle, zwei Greißler, einen Tischler,  ein Wirtshaus (ursprünglich sogar drei), eine Volksschule, eine Bahnhaltestelle. All das ist verschwunden, es leben immer noch an die 200 Leute in diesem Ort, jede/r - außer den Kindern und ein paar Alten - hat ein Auto. Ist ja auch notwendig....Und so ist es in unzähligen Orten in Österreich. Stellt sich die Frage: War es in den 1950ern bezüglich Infrastruktur auf dem Land nicht doch besser?

Bus

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #413 am: 22. April 2021, 11:05:39 »
Ich bin als Kind in einer relativ verkehrsarmen Zeit aufgewachsen, verbrachte viele Ferien in einem Dorf mit etwa 200 EW. Dort gab es einen Schuster, eine Mühle, zwei Greißler, einen Tischler,  ein Wirtshaus (ursprünglich sogar drei), eine Volksschule, eine Bahnhaltestelle. All das ist verschwunden, es leben immer noch an die 200 Leute in diesem Ort, jede/r - außer den Kindern und ein paar Alten - hat ein Auto. Ist ja auch notwendig....Und so ist es in unzähligen Orten in Österreich. Stellt sich die Frage: War es in den 1950ern bezüglich Infrastruktur auf dem Land nicht doch besser?

Das kann man aber nicht vergleichen. Wenn man sieht, was ein Billa/Hofer/Lidl für auswahl hat, wer geht dann noch zum Greisler einkaufen.
Ich kenne einige ältere Leute in Orten, die zu den bestehenden Greislern gar nicht mehr gehen, weil sie sich die Produkte selbst aussuchen wollen, keine alten abgelaufenen Sachen andrehen wollen und einfach die Auswahl in größeren Märkten schätzen. Mit einem Packerl Milch und 2 Packerlsuppen lockt man niemanden vor dem Ofen hervor. Ist man schon ein paar Mal besch... worden durch o.g. Ware, dann geht man halt nimmer hin. Das hat sich mittlerweile sehr gewandelt.

Das die ÖBB ihre Nebenbahnen nimmer will, ist ein anderes Problem. Macht man halt eine Buslinie hin.

Um Wien tut sich halt ein Wirt schwer, weil viele nur am Pendeln sind. Abends kein Interesse, am Wochenende macht man was anderes.

T1

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #414 am: 22. April 2021, 11:14:11 »
Um Wien tut sich halt ein Wirt schwer, weil viele nur am Pendeln sind. Abends kein Interesse, am Wochenende macht man was anderes.
In welcher Welt lebst du bitte? ???

haidi

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #415 am: 22. April 2021, 13:19:16 »
Um Wien tut sich halt ein Wirt schwer, weil viele nur am Pendeln sind. Abends kein Interesse, am Wochenende macht man was anderes.
In welcher Welt lebst du bitte? ???
Das Dorfwirtshaus im alten Sinn ist im Großen und Ganzen verschwunden. Was mir an einigen Orten aufgefallen ist, übernehmen oft Würstlstände dessen Funktion, nicht nur am Land. In Wien ist der ehemalige Floh beim Bahnschranken auf der Hietzinger Hauptstraße so ein Exemplar. Dort  können die Leut trinken, eine Kleinigkeit essen und miteinander tratschen, streiten oder was halt auch im Dorfwirtshaus gemacht worden ist.
Microsoft is not the answer. It's the question and the answer is NO.

Bus

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #416 am: 22. April 2021, 13:21:15 »
Stimmt, in so manchen Ort oder davor ist mittlerweile die Tankstelle das Dorfwirtshaus. Auch entlang der S6 übernimmt so mancher Autobahnimbiss diese Funktion mittlerweile.

T1

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #417 am: 22. April 2021, 14:18:49 »
Sorry, habe in Wien gelesen.

Z-TW

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #418 am: 22. April 2021, 14:41:00 »
Das kann man aber nicht vergleichen. Wenn man sieht, was ein Billa/Hofer/Lidl für auswahl hat, wer geht dann noch zum Greisler einkaufen.

Bezogen auf heute stimmt das, vielleicht war man früher genügsamer, vermutlich auch zwangsweise, weil man sich  mehr nicht leisten konnte. Übrigens entstehen auch in ländlichen Regionen neue Supermärkte - aber außerhalb  von Ortschaften, sodass man erst recht wieder auf das Auto angewiesen ist.

maybreeze

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Re: Verkehrspolitik der Rot-Pinken Koalition
« Antwort #419 am: 22. April 2021, 14:59:35 »
Mütter als Hausfrauen hatten früher genügend Zeit, den Einkauf in verschiedenen Geschäften zu erledigen:

Wurst und Fleisch beim Grünling (als einer des Grätzl-"Fleischtriumvirats" Grünling, Henickl, Rumpel), wenn man die Filiale des einzigen Bezirks-Fleischproduzenten Wiesbauer beiseite lässt), Eier und wenn's mal Geflügel gab, ein Hendl oder zu hohen Festtagen einen Fasan visavis bei Herrn Jiran, Brot und Gebäck beim Buckl-Bäck (außer Mohnstritzel oder Schusterlaberln, die waren beim Stumpf Am Platz viel besser), Kaffee und die bei uns Brüdern beliebten Haferflocken beim Meinl, Obst bei Enzinger, Gemüse und vor allem Sauerkraut bei Frau Jiran und Milch, Butter (beides preisgeregelt), Zeitung, Zucker, Salz, Kartoffeln, Mohn, Schuhpasta, Klopapier, Waschmittel beim Mannsberger - die schweren Dinge möglichst nah an daheim einkaufen!
Die notwendigen Nägel und Schrauben sowie Werkzeuge und sonstige Metallwaren (Ofenrohr, Fußabstreifgitter, Kohlenkübel) beim Kaindl bei der "Brücke", Messer und Scheren beim Amadeus Amadei, Süßigkeiten bei der Zuckerlilli und Drogeriewaren (Farben, Gips, Spiritus) beim Stubenvoll, der feine Duft kam von Radler (wo man auch die Filme ausarbeiten ließ) und einen neuen Topf bei Demuth, wenn's feiner sein sollte, beim Schüsterl: alles fußläufig nicht mehr als maximal 10 Minuten von daheim - und man war natürlich dank "Radiofunktion" über das Bezirksgeschehen samt seiner Einwohner bestens informiert. Dabei waren wir noch gar nicht bei Struppe, bei Frau Kriegler und Frau Koch (beide hatten auch schönes Gemüse) und im Delikatessladen Veit Am Platz. Aber ich konnte mir die Nase bei Spiel- und Korbwaren Eckert an der Auslage plattdrücken. Und donnerstags gab's vielleicht bei Rista Waffelbruch. Gleich nebenan bei Frau Chytka gab es alles für die Schule, was sie nicht hatte, gab es bei Frau Spindler am anderen Ende der Gasse. Und selbst auf Frisch-Fisch mussten wir dank einer Nordsee-Filiale nicht verzichten. Und falls es im Hals kratzte: Hustensaft wurde in der apotheke von Herrn Mr. Winkler eingekauft.

Als begleitender und taschenschleppender Bub ist auch manchmal was in den Geschäften "abgefallen" ...

Auf der einen Seite soll das Einkaufen "Erlebnis" sein, auf der anderen Seite ballt sich das Einkaufsgeschehen auf wenige Stunden in der Woche und auf Super-Hyper-Gross-Märkte zusammen, weil Frauen deutlich mehr berufstätig sind. Wie meine Mutter einkaufen ging ist praktisch nicht mehr vorstellbar.

Ist es wirklich die große Auswahl, die die kleinen Geschäfte sterben ließ? Oder waren es die Produzenten, die den wert der vielen kleinen geschäfte nicht erkannten und glaubten, dort das Geld zu verdienen, das sie mit den Großen nicht mehr verdienten? Damit war die Greißler-Ware einfach teuer, der Absatz wurde geringer und der Anteil "abgelaufener" Ware (auch wegen größerer Gebinde) höher. Mit dem eingerechneten Ausschuß war nochmals die Ware teurer. Somit war das Aus vorprogrammiert.

Die Stadtplanung würde schon Maßnahmen für Spezialgeschäfte vorsehen, letztlich setzen sich aber die großen Drei durch und würgen die kleinen, feinen "Biotope" ab. Dort, wo es sich für sie nicht auszahlt (Stadtrand mit lockerer Besiedelung) wird es für die Wohnbevölkerung knapp: Keine umfassende fußläufige Nahversorgung und dazu ziemlich ausgedünnter Öffi-Verkehr. Daher: Auto letztlich unerlässlich! Aber das wird ja von den Machern als "Pfui" deklariert ...
Auf ein intelligentes Stadtrand-Verkehrskonzept warte ich noch.

Und wäre mir das Einkaufen von heute in 60 Jahren noch so lebhaft wie von seinerzeit erinnerlich? Übrigens: Zwei Kinos waren auch noch da!

PS.:Im und mit dem Wandel der Zeit haben sich die Geschäfte verändert - erfreulicherweise gibt es aber in den prominenten Lagen keine Leerstehungen und auch der Warenmix stimmt halbwegs, gleich um's Eck sieht es ein wenig anders aus, dort sind mittlerweile auch die Handwerker verschwunden (Schlosser, Maler, Schuster, Elektriker, Installateur)