Wenn man sich vor Augen hält, wie sich die Fahrgastzahlen entwickelt haben, wundert es einen nicht, dass Kurzzüge bei der U-Bahn kein Thema mehr sind. Andererseits hat man mit der U-Bahn einen Zeitvorteil erst bei längeren Strecken. (Wenn ich z.B. von Heiligenstadt zur Uni will, steige ich bei der Station Schottenring von der U4 lieber an die Oberfläche als zur sehr tief liegenden U2, von der auch beim Schottentor der Weg dann viel weiter ist.) Es wird also inzwischen sehr viele Fälle geben, wo für Kurzstrecken, aber auch für die Feinverteilung ein mehr oder weniger parallel fahrendes Oberflächen-Verkehrsmittel Sinn hat. Man erkennt auch ein Umdenken bei den Wiener Linien: so war die Planung einer Station zwischen Elterleinplatz und Hernals S nie wirklich ein Thema, weil der 43er ohnehin sicher bleiben wird. Stationsabstände wie auf der Zweierlinie wird es nirgends mehr geben.
Die Aufgabenstellung und die Randbedingungen für die Gürtel-Studie der Grünen kenne ich nicht. Die Perspektive scheint mir aber sehr eng vor allem auf den Fahrradverkehr und die Aufenthalts-Qualität gerichtet zu sein, ohne sich um die Verkehrsentwicklung im Umfeld zu kümmern.
In der Innenstadt hat man den MIV erfolgreich u.a. dadurch reduziert, dass Durchfahrten (außer für Linienbusse und Taxis) unterbunden wurden. Man kann also weiterhin in die Innenstadt hineinfahren, kommt aber immer wieder nur ungefähr dort heraus, wo man hineingefahren ist, sodass nur Fahrzeuge dort hineinfahren, deren Lenker auch wirklich dorthin wollen.
Diese Taktik wird man m.E. in absehbarer Zeit auf die Bezirke innerhalb des Gürtels ausweiten (müssen). Damit werden Ring und Zweierlinie für den MIV stark an Bedeutung verlieren, der Gürtel hingegen für die Querverbindungen umso wichtiger werden. Das ist zwar nicht schön, aber von der Auto-armen Stadt sind wir noch sehr weit entfernt. Und da halte ich es für besser, den MIV auf dem sehr breiten Gürtel zu bündeln, als ihn in die umliegenden Grätzel zu verdrängen. Ich würde eher die Radrouten (und eine eventuelle Straßenbahn) in parallele Straßenzüge verlegen, wo man dann auch die Verkehrsregelungen leichter für diese optimieren könnte.
Ein besonderer Schwachpunkt in der Studie ist nach meinem Dafürhalten der Vorschlag für den Europaplatz: Man zeichnet einfach viele Bäume zwischen die vorhandenen Gleise, ohne den Straßenbahn-Knoten, der mit seinen im engen Bogen liegenden Endstellen von Anfang an ein Verhau war, auch nur ansatzweise sinnvoll zu gestalten. (Selbst bei den Planern der Wiener Linien gibt es zaghafte Ansätze, eine Umgestaltung zu überlegen.) Eigentlich böte sich für 6 und 18 ein Linksverkehr schon ab südlich der Kreuzung mit der Mariahilfer Straße an. Das würde auch die Umsteig-Situation zum 49er und den Zugang zur U6 beim ULP deutlich attraktiver machen. Und nach meinem Empfinden fehlt der 8er im Bereich Ullmanstraße und Meidlinger Hauptstraße noch viel mehr als direkt parallel zur U6; ich würde den 9er auf diesem Weg zum Bahnhof Meidling verlängern (und evtl. sogar auf lange Sicht die U6-Station Niederhofstraße auflassen).
Die U6 musste seinerzeit vom Westbahnhof abrücken, um den Autos Platz für eine Unterquerung der Mariahilfer Straße zu schaffen. Dann sollte man diese Unterführung endlich bauen und den Platz zwischen U6 bzw. Straßenbahn und Westbahnhof vom Durchzugsverkehr befreien und als verkehrsberuhigte Begegnungszone gestalten.