@ Tatra83: Wenn ich den einen Absatz von dir richtig interpretiere, dann ist der Flexity voraussichtlich ein arger Schienenfresser, vielleicht sogar noch ärger als der ULF?
Der Flexity wird zum Schienenfresser, wenn die Gleisgeometrie keine Korbbögen (Übergangsbögen) und Radien von kleiner 25m aufweist. In Wien hat man versucht, ohne Übergangsbögen den Radeinschlag des ersten Radpaares so früh wie möglich zu realisieren. Der Radeinschlag wird über ein Gestänge vom Gelenk zwischen 1. und 2. Modul bestimmt. Dieser Umstand steht einem verschleiß- und wartungsarmen Einsatz des Flexity diametral entgegen. Interessant ist eben auch der Härtegrad von Radreifen und Schiene (wie beim ULF).
Man hat es ganz offensichtlich verpasst neben der Beschaffung von Niederflurfahrzeugen auch alle Begebenheiten (wozu eben auch die Schienen und der Unterbau gehören) an jene anzupassen! Was in anderen Städten funktioniert, ist in Wien nicht umgesetzt worden. Naja, Wien ist anders!
Das ist halt das Problem, wenn Hochflurer und Niederflurer im Mischbetrieb eingesetzt werden.
Auch in anderen Städten hat man viele Erfahrungen mit Fahrzeugen und Infrastruktur gemacht, die Lernkurve ist da halt 15 bis 20 Jahre. Was man in Wien getan hat, außer das Instandhaltungsbudget auf ein Viertel zu reduzieren, weiß ich nicht. Es ist im Prinzip auch egal.
Hochflurer sind aus meiner Sicht weniger problematisch und stecken miesen Oberbau eine längere Zeit klaglos weg. Sie deswegen garnicht zu pflegen, ist allerdings auch keine Option.
Im Endeffekt stehen die WL vor dem Problem, dass sie zwei Fahrzeugkonzepte im Einsatz haben (werden), die völlig unterschiedliche Anforderungen an die Gleisgeometrie (nicht aber den Unterbau) stellen. Das System Rheinfeder sollte dabei idealerweise die Regelbauform darstellen - das ist mit den verfügbaren Mitteln ein Wunschdenken.
Was bleibt also für die Wiener Straßenbahn? Richtig, Erstarren in Agonie angesichts der Herausforderungen, die zu meistern wären. Dabei hätte man einige Möglichkeiten:
- Grundinstandsetzung eines Teils des Straßenbahnnetzes für den Flexity (Bögen, Weichen, Abstellanlagen, Haltestellen, Fahrstromversorgung)
- Konzentration der kompletten Flexity-Flotte in einem Betriebsbereich, ohne ULF, aber mit E2
- Verhandlungen mit Bombardier über die Möglichkeiten zur Bestellung von Siebenteilern (entweder aus dem geplanten Lieferlos oder über die Optionsziehung) mit entsprechender Adaption der Haltestellenlängen im dafür ausgewählten Teil des Netzes, alternativ vertragliche und technische Absicherung der späteren Verlängerung auf sieben Module im Rahmen der HU
- Entscheidung über Obsolenz oder Ertüchtigung der ULF A/B (bei teilweiser Obsolenz bzw. absehbarer Netzentwicklung Optionsziehung und Straffung der Lieferung der Neufahrzeuge)
Nebenbei müsste man sich auch noch um die Unternehmenskultur, das Betriebsklima, die ablaufbasierte Digitalisierung der WL, die Haltestellen aus Aushängeschild des ÖV, einen Nahverkehrsplan als Handlungsgrundlage und das Schneeballsystem U-Bahn-Bau kümmern.