Autor Thema: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!  (Gelesen 22176 mal)

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68er

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #45 am: 30. September 2020, 22:46:22 »
Die Straßenbahn sollte immer und überall absoluten Vorrang haben.

Die Kehrseite der "mir san mir"-Mentalität ist halt die, dass man dann häufig vor Ampeln in der Gegend herumsteht, obwohl weit und breit kein Fußgänger in Sicht ist. Keine Rücksichtnahme -> Notwendigkeit des Schutzes der Schwächeren

Die Bestimmung stammt aus dem Jahre 1994 (§ 9 bis 30. September 1994, § 9 ab 1. Oktober 1994). Jetzt weiß ich nicht genug von den Bremssystemen von Straßenbahnen, aber 1994 war die dominierende Wagentype der E1, und der fährt heute noch. Was hat sich also seither genau geändert?

Dass die Erweiterung der Anhaltepflicht gegenüber einem "Fußgänger, der einen Schutzweg erkennbar benützen will" nicht für Schienenfahrzeuge gilt, muss in den technischen Gegebenheiten dieser Fahrzeuge begründet sein, nicht in einer Priorisierung. Ansonsten gäbe es keinen Grund, Busse des ÖV anders zu behandeln als Straßenbahnen.
Mögliche technische Einschränkung können die Verzögerungs- oder Beschleunigungsfähigkeit sowie die Sicht auf das Verkehrsgeschehen sein. Wenn es diese Einschränkungen durch den Wegfall alter Fahrzeuge nicht mehr gibt, sollte man auf die Sonderregelung verzichten, weil man im Gegenzug von weniger ampelgeregelten Kreuzungen profitiert.

hema

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #46 am: 30. September 2020, 23:19:35 »
Dann müsste, nach deiner Logik, die Straßenbahn auch an jeder Hausecke stehen bleiben, wo ein Passant erkennbar die Fahrbahn queren will. Und überall, wo ein Kind (Solo oder begleitet) am Fahrbahnrand steht, dann ja auch!   ::)   :-\
Niemand ist gezwungen meine Meinung zu teilen!

haidi

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #47 am: 01. Oktober 2020, 00:11:08 »
Dann müsste, nach deiner Logik, die Straßenbahn auch an jeder Hausecke stehen bleiben, wo ein Passant erkennbar die Fahrbahn queren will. Und überall, wo ein Kind (Solo oder begleitet) am Fahrbahnrand steht, dann ja auch!   ::)   :-\
Im zweiten Fall hast Recht:
Zitat
§ 29a. Kinder
(1) Vermag der Lenker eines Fahrzeuges zu erkennen, daß Kinder die Fahrbahn einzeln oder in Gruppen, sei es beaufsichtigt oder unbeaufsichtigt, überqueren oder überqueren wollen, so hat er ihnen das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen und hat zu diesem Zweck, falls erforderlich, anzuhalten.
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darkweasel

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #48 am: 01. Oktober 2020, 04:53:54 »
Ansonsten gäbe es keinen Grund, Busse des ÖV anders zu behandeln als Straßenbahnen.
Busse haben deutlich weniger maximale Länge und dadurch Fahrgastkapazität als Straßenbahnen (16 m vs. 75 m), dadurch sind es auch weniger Fahrgäste, deren Fortkommen als priorisiert eingestuft würde gegenüber jenem von Fußgängern. Außerdem ist ein Schienenfahrzeug klar von anderen Fahrzeugen unterscheidbar, ein Linienbus hingegen nicht; es gibt schließlich auch Reisebusse, Sonderwagen, Fahrschulbusse, usw., und einem Fußgänger ist nicht zumutbar, diese Unterschiede zu erkennen und somit zu wissen, ob das daherkommende Fahrzeug anhalten muss.

Ferry

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #49 am: 01. Oktober 2020, 08:06:47 »
Die Bestimmung stammt aus einer Zeit, als Straßenbahnen schlecht bremsen konnten.

Das tun sie auch heute noch u.U. bei ungünstigen Witterungsverhältnissen. Und es ist nun mal leichter, einen Bus zum Stehen zu bringen als einen 30 Tonnen schweren Straßenbahnzug.
Weißt du, wie man ein A....loch neugierig macht? Nein? - Na gut, ich sag's dir morgen. (aus "Kottan ermittelt - rien ne va plus")

denond

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #50 am: 01. Oktober 2020, 08:55:52 »
Dass die Erweiterung der Anhaltepflicht gegenüber einem "Fußgänger, der einen Schutzweg erkennbar benützen will" nicht für Schienenfahrzeuge gilt, muss in den technischen Gegebenheiten dieser Fahrzeuge begründet sein, nicht in einer Priorisierung. Ansonsten gäbe es keinen Grund, Busse des ÖV anders zu behandeln als Straßenbahnen.
Mögliche technische Einschränkung können die Verzögerungs- oder Beschleunigungsfähigkeit sowie die Sicht auf das Verkehrsgeschehen sein. Wenn es diese Einschränkungen durch den Wegfall alter Fahrzeuge nicht mehr gibt, sollte man auf die Sonderregelung verzichten, weil man im Gegenzug von weniger ampelgeregelten Kreuzungen profitiert.

Hier kommt wieder das vorausschauende Fahren durch den Fahrer eines Schienenfahrzeuges zum tragen.
Das Bremsverhalten eines Schienenfahrzeuges - auch bei den neuesten Fahrzeugen - ist nach wie vor wesentlich träger, als das eines gummibereiften Fahrzeuges, schon alleine aus dem Grund, da es vom mom. Schienenzustand abhängig ist. Ich kann/werde zwar bei Erkennen einer Situation eine rasche Betriebsbremsung durchführen, die Gefahr eines plötzlichen Rädergleitens - auch bei idealem Schienenzustand - entsteht aber dabei und verlängert mir den Bremsweg erheblich. Diese geschilderte Fahreigenschaft und auch die Trägheit des Schienenfahrzeuges kann ich nur indem ändern, indem ich zusätzlich die Schienenbremse benutze. Diese gilt aber als Notbremse und wird somit nur im Notfall, bei erkennen einer Gefahr, eingesetzt.
Ich sitze hier aber als Fahrer außerdem in der Zwickmühle, denn ich muß auch insofern Bedacht auf meine Fahrweise nehmen, sie so wählen, daß ich in dem von mir geführten Zug keinen Fahrgast zu schaden kommen lassen darf, also ein Stürzen, eine Verletzung eines Fahrgastes zu verhindern habe.

Und somit ist die Ausgenommenheit eines Schienenfahrzeuges im Straßenverkehr durch diese Bestimmung, eben wegen dieser Einschränkung der Verzögerungsfähigkeit - die nach wie vor ob der Ungewissheit durch den Schienenzustand - gegeben. Und das ist nach wie vor - auch in der heutigen Zeit mit modernen Fahrzeugen - erforderlich bzw. gut so, wie es ist.
§ 29a. Kinder, ja, dieser besteht, Fahrer werden durch den (guten) Lehrfahrer schon auch während der Ausbildungszeit auf diesen Umstand hingewiesen, und sie werden auch nach Möglichkeit darauf achten.
Er besteht aber auch darin, daß Eltern bzw. Erziehungsberechtigte ihre Kinder in Eigenverantwortung auf diesen Umstand aufmerksam machen, bzw. in Richtung Straßenverkehr so erziehen und auch auf die Straßenbahn hin besonders lehren bzw. belehren, wie man sich bei einem Zebrastreifen zu verhalten hat. Und da liegt der Haken, gilt auch für Erwachsene...

Wile E. Coyote

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #51 am: 01. Oktober 2020, 10:21:00 »
Die Zeiten mangelnder Bremsfähigkeit
Die 1% der Fälle, wo gerade kein Auto zwischen Straßenbahn und querungswilligem Fußgänger ist,
Die Bestimmung stammt aus einer Zeit, als Straßenbahnen schlecht bremsen konnten.
Sorry, aber: So ein Holler :fp: Die Regelung ist sinnvoll und notwendig.

schaffnerlos

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #52 am: 01. Oktober 2020, 10:32:01 »
Die ganze Diskussion ist sowieso nur theoretisch. Auf freier Strecke gibt es kaum mehr ungeregelte Schutzwege. Dort, wo es die Verkehrssituation erfordert, kommen Ampeln hin (nicht alle sind sinnlos) und in anderen Fällen gibt es durchaus Möglichkeiten den Straßenraum so zu gestalten, dass kein Schutzweg erforderlich ist. Das Problem ist ja meistens nicht das Vorhandensein einer Ampel sondern dessen mangelhafte Beeinflussung durch den ÖV.

95B

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #53 am: 01. Oktober 2020, 10:37:51 »
Die ganze Diskussion ist sowieso nur theoretisch. Auf freier Strecke gibt es kaum mehr ungeregelte Schutzwege.

Täusch dich bloß nicht, da gibt es durchaus etliche.
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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #54 am: 01. Oktober 2020, 10:52:48 »
Die ganze Diskussion ist sowieso nur theoretisch. Auf freier Strecke gibt es kaum mehr ungeregelte Schutzwege.

Täusch dich bloß nicht, da gibt es durchaus etliche.

Ja, aber das sind Altlasten und oft an Stellen, wo die Züge eh langsamer fahren. Neu wird das normalerweise nicht mehr genehmigt.

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #55 am: 01. Oktober 2020, 11:02:30 »
Ja, aber das sind Altlasten und oft an Stellen, wo die Züge eh langsamer fahren.

Das ändert nichts daran, dass es davon etliche gibt. Die Gefahr ist gerade bei langsam fahrenden Zügen nicht zu unterschätzen: Erstens kommen (gerade im Haltestellenbereich) viele Leute auf die (dumme) Idee, die Straße vor dem gerade anfahrenden Zug zu überqueren. Zweitens kommt der Zug aus geringer Geschwindigkeit bei einer Notbremsung äußerst abrupt zum Stillstand – so entstehen die meisten Verletzungen bei Fahrgästen, weil sich die knapp nach dem Anfahren noch nicht fest genug oder gar nicht anhalten.

Neu wird das normalerweise nicht mehr genehmigt.

Das ist schlichtweg falsch.

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #56 am: 01. Oktober 2020, 11:07:18 »
Zum Hauptthema: ich fände es ja ausgezeichnet, wenn die rote Vorfeldorganisation sich auch dann um einen schnellen ÖV kümmern würde, wenn es nicht gerade um Wahlkampfhilfe für den Chef geht. Stattdessen kann man sich als Fußgänger nach minutenlanger Wartezeit an der Ampel grün zu bekommen, wenn sich eine Straßenbahn nähert, und Vorrangschaltungen sind ein Fremdwort. Sie könnte auch mal dafür Sorge tragen, dass dort, wo die Trassierung hohe Geschwindigkeiten erlaubt, diese auch gefahren werden.

Ich verstehe auch weiterhin das Problem nicht: stadtweit Tempo 30 - mit entsprechender Ausschilderung der Straßen, wo man schneller fahren darf - wäre schlicht eine Anpassung an die Realität, denn auf mehr als 50 % der Straßen darf man schon heute max. 30 km/h fahren. Aktuell wird der Normalfall geschildert (nämlich Höchstgeschwindigkeiten unter 50 km/h) - das widerspricht doch völlig einer jahrelangen Forderung des ÖAMTC, den Schilderwald zu lichten.

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #57 am: 01. Oktober 2020, 11:07:51 »
Neu wird das normalerweise nicht mehr genehmigt.

Das ist schlichtweg falsch.

Ich habe von der freien Strecke geschrieben, nicht von Haltestellenbereichen.

schaffnerlos

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #58 am: 01. Oktober 2020, 11:12:55 »
Ich verstehe auch weiterhin das Problem nicht: stadtweit Tempo 30 - mit entsprechender Ausschilderung der Straßen, wo man schneller fahren darf - wäre schlicht eine Anpassung an die Realität, denn auf mehr als 50 % der Straßen darf man schon heute max. 30 km/h fahren. Aktuell wird der Normalfall geschildert (nämlich Höchstgeschwindigkeiten unter 50 km/h) - das widerspricht doch völlig einer jahrelangen Forderung des ÖAMTC, den Schilderwald zu lichten.

Das lässt sich nur so lösen, dass das ganze Ortsgebiet eine T30-Zone ausgenommen Vorrangsstraßen wird. Ansonsten darfst du in einer T30-Zone nicht aufwerten, also T50-Schilder aufstellen. Dann musst du aber lauter Vorrangtafeln aufstellen und bei den Vorrang-Geben-Zeichen Zusatzschilder montieren.

Hilfreich wäre es aber, wenn man nicht solche perversen Konstrukte erreichten würde, wo eine T30-Zone in eine T30-Straße mündet.

haidi

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Re: Öffis bremsen grüne 30er-Pläne!
« Antwort #59 am: 01. Oktober 2020, 11:42:39 »
Ich verstehe auch weiterhin das Problem nicht: stadtweit Tempo 30 - mit entsprechender Ausschilderung der Straßen, wo man schneller fahren darf - wäre schlicht eine Anpassung an die Realität, denn auf mehr als 50 % der Straßen darf man schon heute max. 30 km/h fahren. Aktuell wird der Normalfall geschildert (nämlich Höchstgeschwindigkeiten unter 50 km/h) - das widerspricht doch völlig einer jahrelangen Forderung des ÖAMTC, den Schilderwald zu lichten.

Das lässt sich nur so lösen, dass das ganze Ortsgebiet eine T30-Zone ausgenommen Vorrangsstraßen wird. Ansonsten darfst du in einer T30-Zone nicht aufwerten, also T50-Schilder aufstellen. Dann musst du aber lauter Vorrangtafeln aufstellen und bei den Vorrang-Geben-Zeichen Zusatzschilder montieren.
Hast du noch nicht mitbekommen, dass alle Vorrangstraßen zumindest eine Tafel "Vorrangstraße" und an jeder Einmündung die entsprechende Zusatztafel an der Nachrang- bzw Stoptafel hat?
Die Straßen, bei denen diese Zusatzzeichen an den Querstraßen nicht angebracht sind, sind keine  Vorrangstraßen, es muss bei diesen Straßen auch nicht jede Querstraße Nachrang haben. Diese Straßen wären dann auch auf 30 km/h beschränkt.
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