Autor Thema: Autonomer Busbetrieb (war: [PM] Konzept bei Seestadt Aspern mangelhaft?)  (Gelesen 85413 mal)

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Der Vertrauensgrundsatz besagt, dass man darauf vertrauen darf, dass sich andere Verkehrsteilnehmer an die Verkehrsregeln halten. Ausgenommen davon sind z. B. Kinder, möglicher Weise auch offensichtlich alkoholisierte Personen. Wenn jemand ohne Vorwarnung oder Vorzeichen und ohne sich umzusehen ohne einen Zebrastreifen die Straße quert, dann liegt die Schuld auch bei dieser Person. Außer die Person ist vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen, wovon ich aber nicht ausgehe.

Die Frage ist, ab wann muss ich damit rechnen, dass die Person sich vorschriftswidrig verhält, denn es ist ein Vertrauensgrundsatz und kein Mißtrauensgrundsatz. Solange sich jemand korrekt verhält, darf ich darauf vertrauen, dass er das weiterhin tut.

Straßenbahnfahrer (um beim Thema dieses Forums zu bleiben) neigen meines Erachtens viel zu schnell zu Mißtrauen. Nur weil ein Auto rechts vor der Straßenbahn links blinkt, wird gebremst, obwohl der Straßenbahnfahrer darauf vertrauen darf, dass das Auto die Straßenbahn passieren läßt. In der Praxis bremst die Straßenbahn herunter, als hätte das Auto Vorrang. Und das ist nicht notwendig.

haidi

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Vertrauensgrundsatz:
Zitat
§ 3. Vertrauensgrundsatz.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme; dessen ungeachtet darf jeder Straßenbenützer vertrauen, dass andere Personen die für die Benützung der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgen, außer er müsste annehmen, dass es sich um Kinder, Menschen mit Sehbehinderung mit weißem Stock oder gelber Armbinde, Menschen mit offensichtlicher körperlicher Beeinträchtigung oder um Personen handelt, aus deren augenfälligem Gehaben geschlossen werden muss, dass sie unfähig sind, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.

Wenn der Bus sie links seitlich touchiert hat, dann muss sie ja schon ein schönes Stück über die Gegenrichtung gegangen sein, dass sie mit dem Gehabe (Smartphone schauen ohne auf den Verkehr zu schauen) zeigt, dass sie im Moment nicht im Sinne der StVO verhält, fällt also unter die letzte Personengruppe des Vertrauensgrundsatzes.
Microsoft is not the answer. It's the question and the answer is NO.

schaffnerlos

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Da liegt meiner Ansicht nach wirklich ein Mangel am System des Busses vor. Wie wärs mit einem Kind im Volksschulalter und zwar ohne Mobiltelefon?

Der Bus hat letztendlich ohne Zutun gestoppt, das System hat also funktioniert. Ob er zu spät gestoppt hat, ist Gegenstand der Untersuchung.

Im Übrigen ==>> Autobusforum

38ger

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Vertrauensgrundsatz:
Zitat
§ 3. Vertrauensgrundsatz.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme; dessen ungeachtet darf jeder Straßenbenützer vertrauen, dass andere Personen die für die Benützung der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgen, außer er müsste annehmen, dass es sich um Kinder, Menschen mit Sehbehinderung mit weißem Stock oder gelber Armbinde, Menschen mit offensichtlicher körperlicher Beeinträchtigung oder um Personen handelt, aus deren augenfälligem Gehaben geschlossen werden muss, dass sie unfähig sind, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.

Wenn der Bus sie links seitlich touchiert hat, dann muss sie ja schon ein schönes Stück über die Gegenrichtung gegangen sein, dass sie mit dem Gehabe (Smartphone schauen ohne auf den Verkehr zu schauen) zeigt, dass sie im Moment nicht im Sinne der StVO verhält, fällt also unter die letzte Personengruppe des Vertrauensgrundsatzes.

Nach der Logik dürfte jeder Mensch jeder Zeit die Straße überqueren, wenn er nur vorher und währenddessen auf's Handy schaut. Das ist sicherlich nicht die Intention des Vertrauensgrundsatz. Vernünftiger Weise würden zwar trotzdem viele Menschen stehen bleiben, aber als Fußgänger darauf zu pochen, dass man auf's Handy geschaut hat und deshalb ja eh aus dem Vertrauensgrundsatz gefallen ist, das kann es ja wohl nicht sein. Das sollte mMn rechtlich nicht durchgehen. Die Ausnahme aus dem Vertrauensgrundsatz dient mEn schon dem Ziel Kinder, Behinderte und offensichtlich kranke Personen (epileptischer Anfall z. B.) zu schützen und nicht dem Ziel, dass möglichst alle Personen aus dem Vertrauensgrundsatz rausfallen.

haidi

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Nach der Logik dürfte jeder Mensch jeder Zeit die Straße überqueren, wenn er nur vorher und währenddessen auf's Handy schaut. Das ist sicherlich nicht die Intention des Vertrauensgrundsatz. Vernünftiger Weise würden zwar trotzdem viele Menschen stehen bleiben, aber als Fußgänger darauf zu pochen, dass man auf's Handy geschaut hat und deshalb ja eh aus dem Vertrauensgrundsatz gefallen ist, das kann es ja wohl nicht sein. Das sollte mMn rechtlich nicht durchgehen. Die Ausnahme aus dem Vertrauensgrundsatz dient mEn schon dem Ziel Kinder, Behinderte und offensichtlich kranke Personen (epileptischer Anfall z. B.) zu schützen und nicht dem Ziel, dass möglichst alle Personen aus dem Vertrauensgrundsatz rausfallen.
Der Straßenverkehr ist nicht schwarz und weiß, sondern hat viele Grauschattierungen.
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DaedalusBC304

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Der Straßenverkehr ist nicht schwarz und weiß, sondern hat viele Grauschattierungen.

Nur weil jemand zu dumm ist auf den Verkehr zu achten und lieber aufs Handy glotzt sollte diese Person nicht aus dem Vertrauensgrundsatzes ausgenommen werden.  ::)

T1

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Der Straßenverkehr ist nicht schwarz und weiß, sondern hat viele Grauschattierungen.

Nur weil jemand zu dumm ist auf den Verkehr zu achten und lieber aufs Handy glotzt sollte diese Person nicht aus dem Vertrauensgrundsatzes ausgenommen werden.  ::)
Doch, genau das ist der Sinn des Vertrauensgrundsatzes. ::)

DaedalusBC304

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Wenn sich das durchsetzt dann viel Spaß, dann darf man bald nur noch Schrittgeschwindigkeit fahren! Das ist gedacht für Kinder und Co, aber ned für Smartphones Zombies. Dieses man muss jeden Deppen vor sich selbst schützen gehört echt mal überdacht  ::)

Aber dann bitte auch das Wahlrecht entziehen, wenn man nicht mehr zurechnungsfähig ist....  :P

Katana

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Zitat
§ 3. Vertrauensgrundsatz.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme; dessen ungeachtet darf jeder Straßenbenützer vertrauen, dass andere Personen die für die Benützung der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgen, außer er müsste annehmen, dass es sich um Kinder, Menschen mit Sehbehinderung mit weißem Stock oder gelber Armbinde, Menschen mit offensichtlicher körperlicher Beeinträchtigung oder um Personen handelt, aus deren augenfälligem Gehaben geschlossen werden muss, dass sie unfähig sind, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.

Ich bin kein Jurist, aber ich sehe einen Unterschied zwischen
Zitat
... aus deren augenfälligem Gehaben geschlossen werden muss, dass sie unfähig sind, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.

und "geschlossen werden kann, dass sie unaufmerksam sind".

Der Straßenverkehr ist nicht schwarz und weiß, sondern hat viele Grauschattierungen.
Nicht nur der Straßenverkehr.

Wie heißt es so schön: "Es ist leichter ......, als einem Juristen ein Ja oder Nein zu entlocken."

Straßenbahnfahrer (um beim Thema dieses Forums zu bleiben) neigen meines Erachtens viel zu schnell zu Mißtrauen. Nur weil ein Auto rechts vor der Straßenbahn links blinkt, wird gebremst, obwohl der Straßenbahnfahrer darauf vertrauen darf, dass das Auto die Straßenbahn passieren läßt. In der Praxis bremst die Straßenbahn herunter, als hätte das Auto Vorrang. Und das ist nicht notwendig.

Das ist aber im Sinne der Fahrgäste. Besser hundert Mal 10 Sekunden verlieren als ein Mal eine halbe Stunde eine Linie einstellen und umleiten.

haidi

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Zitat
§ 3. Vertrauensgrundsatz.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme; dessen ungeachtet darf jeder Straßenbenützer vertrauen, dass andere Personen die für die Benützung der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgen, außer er müsste annehmen, dass es sich um Kinder, Menschen mit Sehbehinderung mit weißem Stock oder gelber Armbinde, Menschen mit offensichtlicher körperlicher Beeinträchtigung oder um Personen handelt, aus deren augenfälligem Gehaben geschlossen werden muss, dass sie unfähig sind, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.

Ich bin kein Jurist, aber ich sehe einen Unterschied zwischen
Zitat
... aus deren augenfälligem Gehaben geschlossen werden muss, dass sie unfähig sind, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.

und "geschlossen werden kann, dass sie unaufmerksam sind".

Ich denke, du liest das falsch:
Zitat
aus deren augenfälligem Gehaben geschlossen werden muss, dass sie unfähig sind, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten
Da gehts nicht darum, dass sie unfähig sind, sondern dass sie zwar im Stande ist, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen, sich aber nicht dieser Einsicht gemäß verhält.
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Katana

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Wie ich es lese:

aus deren augenfälligem Gehaben geschlossen werden muss, dass sie unfähig sind,
a) die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen oder
b) sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.

Aus meiner Sicht bezieht sich die Unfähigkeit auch aufs Verhalten. Dazu könnte beispielsweise eine Paniksituation infolge eines Unfalls gehören, wo man trotz des Bewusstseins der Gefährlichkeit versucht, Gefahr von einem anderen Menschen, einem Tier oder einer Sache abzuwenden und den Eigenschutz vernachlässigt.

Zum Zeitpunkt der Verfassung des Paragraphen wollte man sicherlich nicht Leute schützen, die mit aufgesetztem Kopfhörer aufs Handy schauend, also freiwillig zweier Sinne beraubt am Straßenverkehr teilnehmen.

Zitat
§ 3. Vertrauensgrundsatz.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme; dessen ungeachtet darf jeder Straßenbenützer vertrauen, dass andere Personen die für die Benützung der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgen, außer er müsste annehmen, ...

Teilnehmer sind auch die Fußgänger!

Nur weil jemand zu dumm ist auf den Verkehr zu achten und lieber aufs Handy glotzt sollte diese Person nicht aus dem Vertrauensgrundsatzes ausgenommen werden.  ::)
Doch, genau das ist der Sinn des Vertrauensgrundsatzes. ::)
Sorry, aber da bin ich anderer Meinung.

Klingelfee

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Nur weil jemand zu dumm ist auf den Verkehr zu achten und lieber aufs Handy glotzt sollte diese Person nicht aus dem Vertrauensgrundsatzes ausgenommen werden.  ::)
Doch, genau das ist der Sinn des Vertrauensgrundsatzes. ::)
Sorry, aber da bin ich anderer Meinung.
Dem kann ich mich nur anschließen. Denn sonst müsste man ja 95% aller Fußgänger aus dem Vertrauensgrundsatz ausnehmen.
Bitte meine Kommentare nicht immer als Ausrede für die WL ansehen

Rodauner

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Zum Zeitpunkt der Verfassung des Paragraphen wollte man sicherlich nicht Leute schützen, die mit aufgesetztem Kopfhörer aufs Handy schauend, also freiwillig zweier Sinne beraubt am Straßenverkehr teilnehmen.

Woher sollten die Verfasser der StVO 1960 (in Kraft getreten am 1.1.1961) denn wissen, was sich rund 30 Jahre später mit der Einführung des D-Netzes anbahnen sollte? Es wäre allmählich an der Zeit, das Gesetz in dieser Hinsicht zu ergänzen/novellieren.

Katana

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Zum Zeitpunkt der Verfassung des Paragraphen wollte man sicherlich nicht Leute schützen, die mit aufgesetztem Kopfhörer aufs Handy schauend, also freiwillig zweier Sinne beraubt am Straßenverkehr teilnehmen.

Woher sollten die Verfasser der StVO 1960 (in Kraft getreten am 1.1.1961) denn wissen, was sich rund 30 Jahre später mit der Einführung des D-Netzes anbahnen sollte? Es wäre allmählich an der Zeit, das Gesetz in dieser Hinsicht zu ergänzen/novellieren.

Genau das meinte ich. Bezeichnenderweise scheint er sich über 31 Novellen (NR-Beschluss am 25.4.19) gehalten zu haben. Ich finde das gut so. Wenn man die Kopfhörerträger aus dem Grundsatz ausnimmt, was kommt dann?

haidi

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Und der Vertrauensgrundsatz wird sich noch lange halten. Der Gesetzgeber hat damals nicht gewusst dass es einmal Handy oder Kopfhörer geben wird die man auf der Straße verwenden kann und er hätte sie damals sicher auch nicht aus dem Vertrauensgrundsatz ausgenommen. Der Vertrauensgrundsatz legt dem Kraftfahrzeuglenker die Pflicht auf, auf Personen die sich eben nicht StVO gerecht verhalten besonders zu achten weil der Autofahrer aufgrund der Gefahr, die von seinem Fahrzeug aus geht, auf schwächere Teilnehmer besonders zu achten hat.

Überarbeitungsgrund: Fehler, die wegen Spracherkennung am Smartphone passiert sind, ausgebessert.
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