Autor Thema: Stadtbahn als S-Bahn  (Gelesen 7429 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Herr Fachlehrer

  • Fahrgast
  • *
  • Beiträge: 7
Stadtbahn als S-Bahn
« am: 10. November 2023, 20:32:35 »
Ich weiß ehrlich gesagt nicht wo ich diesen Thema hätte eröffnen sollen, wenn überhaupt ist das mehr so eine Vergangenheitsperspektive?

Also, was wäre wenn die Wiener Elektrische Stadtbahn eine Vollbahn geblieben wäre? Wäre das überhaupt möglich, einen 4020er oder Talent auf der Wiental- oder Gürtellinie fahren zu lassen?

Tramwayhüttl

  • Zugführer
  • *
  • Beiträge: 766
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #1 am: 11. November 2023, 09:59:02 »
Wenn sie Vollbahn geblieben wäre, sicher. Von der Kapazität wäre das heute mit den genannten Fahrzeugen aber eine Katastrophe.
Wenn, dann hätte sie in der Zwischenkriegszeit a la Berlin oder Hamburg umgebaut werden müssen. Die Stadtbahnstrecken ausschließlich für die S-Bahn, alle Zulaufstrecken mit eigenen S-Bahn-Gleisen bzw. zumindest 3-gleisig, Hochbahnsteige und Züge mit hohen Beschleunigungswerten und raschem Fahrgastwechsel (stufenlos, viele Türen).
Das wäre mit ziemlicher Sicherheit ein Erfolg geworden.
Bitte seien Sie achtsam! Zwischen Ihren Ohren befindet sich nichts als Luft.

Nulltarif

  • Fahrer
  • ***
  • Beiträge: 389
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #2 am: 11. November 2023, 10:23:50 »
... Wäre das überhaupt möglich, einen 4020er oder Talent auf der Wiental- oder Gürtellinie fahren zu lassen?

Ich bezweifle das. Heutigen Ansprüchen an seitliche Sicherheitsabstände und Rettungswege würden die alten Tunnel sicher nicht genügen. Aber selbst wenn man ca. 1960 als Basis nimmt, als die S-Bahn errichtet wurde, glaube ich nicht, dass sich die Begegnung zweier 4030 ausgegangen wäre, die ja deutlich längere Wagen hatten als seinerzeit die Dampf-Stadtbahn. (Ich habe da vor allem den Tunnel zwischen Schwedenplatz und Landstraße vor Augen.) Und wo man in der Höhe eine Oberleitung mit 15kV über Vollbahnfahrzeugen untergebracht hätte, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.

Ich glaube, alle, die der vertanen Chance auf durchgehende Bäderzüge von Rekawinkel nach Kritzendorf nachweinen, halten sich das nicht vor Augen (und müssten eine solche Verbindung via Vorortelinie fordern ;)).
Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe. (Dalai Lama)

38ger

  • Verkehrsführer
  • *
  • Beiträge: 2838
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #3 am: 11. November 2023, 12:05:45 »
... Wäre das überhaupt möglich, einen 4020er oder Talent auf der Wiental- oder Gürtellinie fahren zu lassen?

Ich bezweifle das. Heutigen Ansprüchen an seitliche Sicherheitsabstände und Rettungswege würden die alten Tunnel sicher nicht genügen. Aber selbst wenn man ca. 1960 als Basis nimmt, als die S-Bahn errichtet wurde, glaube ich nicht, dass sich die Begegnung zweier 4030 ausgegangen wäre, die ja deutlich längere Wagen hatten als seinerzeit die Dampf-Stadtbahn. (Ich habe da vor allem den Tunnel zwischen Schwedenplatz und Landstraße vor Augen.) Und wo man in der Höhe eine Oberleitung mit 15kV über Vollbahnfahrzeugen untergebracht hätte, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.

Ich glaube, alle, die der vertanen Chance auf durchgehende Bäderzüge von Rekawinkel nach Kritzendorf nachweinen, halten sich das nicht vor Augen (und müssten eine solche Verbindung via Vorortelinie fordern ;)).

Oberleitung gab es für die Stadtbahn grundsätzlich ja schon und falls das wirklich so viel aufwändiger wäre für die Vollbahn, so hätte man schon noch eine Lösung finden können. Es gab ja auch Pläne die U3 mit speziellen Fahrzeugen auszustatten, die stromschienen- und oberleitungstauglich gewesen wären und so auf der S50 weiterfahren hätten können. Attraktiver als die heutige S4 und Stammstrecke wären  die Linien Gänserndorf/Wolkersdorf/Stockerau - Floridsdorf - Mitte - Hütteldorf und Tulln-Mitte - Meidling - Mödling / Rennweg - Flughafen auf jeden Fall. Das müsste man dann natürlich eher mit dem S-Bahn-Netz in München oder Berlin vergleichen als mit dem regionalzugähnlichen Wiener System.

Nulltarif

  • Fahrer
  • ***
  • Beiträge: 389
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #4 am: 11. November 2023, 12:25:18 »
Bei der Oberleitung geht es um das Umgrenzungsprofil und die Sicherheitsabstände. Die Stadtbahn-Wagerln N(1) sind in ihren Abmessungen Zwergerln gegeüber Vollbahn-Fahrzeugen, und 15kv brauchen andere Abstände zu Tunneldecke und -Wänden als 750V.

Dass es mit einer geeigneten Verknüpfung bei der Landstraße (so wie ursprünglich) interessante Relationen gegeben hätte, sehe ich auch so, es wäre m.E. aber nur mit einem riesigen Aufwand möglich gewesen. Es ist wohl kein Zufall, dass der einzige Tunnel auf der S-Bahn-Stammstrecke neu gebaut wurde.
Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe. (Dalai Lama)

MK

  • Expeditor
  • **
  • Beiträge: 1100
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #5 am: 11. November 2023, 12:58:48 »
Also, was wäre wenn die Wiener Elektrische Stadtbahn eine Vollbahn geblieben wäre? Wäre das überhaupt möglich, einen 4020er oder Talent auf der Wiental- oder Gürtellinie fahren zu lassen?

Unter Berücksichtigung des tatsächlichen, aktuellen Zustands: Nein, der 4020er ist nur für Kurven bis 150 Meter Radius zugelassen, die U4 hat bei der Landstraße eine Kurve mit 110 Meter Radius. Auch die Kurve von der Gumpendorfer Straße zur Längenfeldgasse auf der U6 dürfte darunter liegen.

Außerdem spricht die Tunnelhöhe dagegen, 3,90 Meter gilt als minimale Tunnelhöhe bei den Silberpfeil-Linien, ein Talent ist schon ohne Stromabnehmer 4,26 Meter hoch.

Ab jetzt beginnt Spekulation:

Wäre die Stadtbahn aber eine Vollbahn geblieben (die Bezeichnung "Wiener Elektrische Stadtbahn" gab es erst nach Übernahme durch die Gemeinde Wien), hätte man vermutlich anders gebaut und es wäre möglich.

Allerdings wären die Fahrzeuge für das Fahrgastaufkommen schlecht geeignet. Man hätte also eher wie in München gebaut, vollbahnkompatibel bis auf höhere Bahnsteige und daher U- und V-ähnliche Fahrzeuge beschafft. Außerhalb hätte es dann wahrscheinlich Bahnhöfe mit unterschiedlich hohen Bahnsteigen gegeben.
Wanderer, kommst du nach Liechtenstein,
tritt nicht daneben, tritt mitten rein!

N1

  • Verkehrsführer
  • *
  • Beiträge: 2190
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #6 am: 11. November 2023, 14:04:44 »
Unter Berücksichtigung des tatsächlichen, aktuellen Zustands: Nein, der 4020er ist nur für Kurven bis 150 Meter Radius zugelassen, die U4 hat bei der Landstraße eine Kurve mit 110 Meter Radius. Auch die Kurve von der Gumpendorfer Straße zur Längenfeldgasse auf der U6 dürfte darunter liegen.

Außerdem spricht die Tunnelhöhe dagegen, 3,90 Meter gilt als minimale Tunnelhöhe bei den Silberpfeil-Linien, ein Talent ist schon ohne Stromabnehmer 4,26 Meter hoch.
Da müsste man die Tunnelhöhe der betreffenden Abschnitte kennen, um Aussagen betreffend Fahrzeugkompatibilität treffen zu können. Bei der S45 war die Höhe ja auch kein Problem. Dass der 4020er-Kelch bei den anderen drei Strecken an den Anrainern vorbeigegangen ist, ist für diese (lärmmäßig) sicher nicht das Schlechteste.

Ich hätte eine Lösung mit Fahrzeugen interessant gefunden, die ausklappbare Trittstufen aufweisen. In diesem Fall hätte man die Hochbahnstationen mit niedrigen Bahnsteigen belassen bzw. später auf einem Teilabschnitt erhöhen können, so dass der Zugang zu einem Fahrzeug barrierefrei möglich ist.
"Der Raum, wo das stattfand, ist ziemlich groß."
Hans Rauscher

MK

  • Expeditor
  • **
  • Beiträge: 1100
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #7 am: 11. November 2023, 14:17:07 »
Ich hätte eine Lösung mit Fahrzeugen interessant gefunden, die ausklappbare Trittstufen aufweisen. In diesem Fall hätte man die Hochbahnstationen mit niedrigen Bahnsteigen belassen bzw. später auf einem Teilabschnitt erhöhen können, so dass der Zugang zu einem Fahrzeug barrierefrei möglich ist.

Welchen Vorteil hätte das gegenüber durchgängigen Hochbahnsteigen?
Wanderer, kommst du nach Liechtenstein,
tritt nicht daneben, tritt mitten rein!

N1

  • Verkehrsführer
  • *
  • Beiträge: 2190
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #8 am: 11. November 2023, 14:28:10 »
Ich hätte eine Lösung mit Fahrzeugen interessant gefunden, die ausklappbare Trittstufen aufweisen. In diesem Fall hätte man die Hochbahnstationen mit niedrigen Bahnsteigen belassen bzw. später auf einem Teilabschnitt erhöhen können, so dass der Zugang zu einem Fahrzeug barrierefrei möglich ist.

Welchen Vorteil hätte das gegenüber durchgängigen Hochbahnsteigen?
Ich verstehe diesen Thread im Sinne von "was wäre wenn". Wenn ich als kleiner Maxi in den späten 1960er-Jahren schon gelebt und etwas zu sagen gehabt hätte, wäre das für mich die beste Lösung gewesen. Und man hätte die Hochbahnstationen später noch immer teilweise barrierefrei machen können. Eine durchgehende Anhebung der Bahnsteige der Jugendstil-Hochbahnstationen wäre wohl mit dem Denkmalschutz nicht vereinbar gewesen.
"Der Raum, wo das stattfand, ist ziemlich groß."
Hans Rauscher

Bellaria

  • Fahrgast
  • *
  • Beiträge: 60
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #9 am: 11. November 2023, 15:02:52 »
... Wäre das überhaupt möglich, einen 4020er oder Talent auf der Wiental- oder Gürtellinie fahren zu lassen?

Ich bezweifle das. Heutigen Ansprüchen an seitliche Sicherheitsabstände und Rettungswege würden die alten Tunnel sicher nicht genügen.

Dir ist schon bewusst, dass die Vorortelinie Teil der Stadtbahn war und nach denselben Normalien gebaut ist, wie Wiental- und Gürtellinie?

Herr Fachlehrer

  • Fahrgast
  • *
  • Beiträge: 7
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #10 am: 11. November 2023, 16:09:30 »
... Wäre das überhaupt möglich, einen 4020er oder Talent auf der Wiental- oder Gürtellinie fahren zu lassen?

Ich bezweifle das. Heutigen Ansprüchen an seitliche Sicherheitsabstände und Rettungswege würden die alten Tunnel sicher nicht genügen.

Dir ist schon bewusst, dass die Vorortelinie Teil der Stadtbahn war und nach denselben Normalien gebaut ist, wie Wiental- und Gürtellinie?

Eben deshalb habe ich dieses Thema erstellt. Fast so ziemlich jedesmal wenn ich S45 fahre, frage ich mich, warum nicht auch U6 oder U4?

haidi

  • Geschäftsführer
  • *
  • Beiträge: 14515
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #11 am: 11. November 2023, 16:42:55 »
Ich frag mich, wie man das Fahrgastaufkommen auf einer U4 oder U6 mit Schnellbahngarnituren und der eisenbahnmäßigen Zugsicherung schaffen soll. Gehen sich so enge Zugfolgen wie auf der Ubahn überhaupt aus? Schafft man auf den denkmalgeschützen Stationen überhaupt einen ebenen Einstieg? Will man jeden Zug über die derzeitigen Endstationen hinaus führen (rausgeschmissenes Geld) oder will man nur jeden xten Zug drüber hinaus führen? Wie das funktioniert hat man auf der U2/U4 gesehen.
Ich denke, es ist gut, wie es jetzt ist und wenn eine 2. Stammstrecke gebaut wird, ist je nach STreckenführung die Chance ganz gut, die U4, die U3 und eventuell die U6 auf Teilabschnitten zu entlasten
Microsoft is not the answer. It's the question and the answer is NO.

Tramwayhüttl

  • Zugführer
  • *
  • Beiträge: 766
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #12 am: 11. November 2023, 17:11:35 »
Wie gesagt, mit „Schnellbahn“ wie wir sie kennen sicher nicht. Aber mit Stromschiene und entsprechenden Wagen bestimmt. Berlin/Hamburg wären da glaube ich - auch in die Zeit passend - die besten Beispiele.
Bitte seien Sie achtsam! Zwischen Ihren Ohren befindet sich nichts als Luft.

darkweasel

  • Obermeister
  • *
  • Beiträge: 3707
  • Kompliziertdenker
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #13 am: 11. November 2023, 18:38:49 »
Ich frag mich, wie man das Fahrgastaufkommen auf einer U4 oder U6 mit Schnellbahngarnituren und der eisenbahnmäßigen Zugsicherung schaffen soll. Gehen sich so enge Zugfolgen wie auf der Ubahn überhaupt aus? Schafft man auf den denkmalgeschützen Stationen überhaupt einen ebenen Einstieg? Will man jeden Zug über die derzeitigen Endstationen hinaus führen (rausgeschmissenes Geld) oder will man nur jeden xten Zug drüber hinaus führen? Wie das funktioniert hat man auf der U2/U4 gesehen.
Ich denke, es ist gut, wie es jetzt ist und wenn eine 2. Stammstrecke gebaut wird, ist je nach STreckenführung die Chance ganz gut, die U4, die U3 und eventuell die U6 auf Teilabschnitten zu entlasten
Heute die U4 und U6 auf Vollbahn umzustellen, wäre natürlich nicht sinnvoll. Aber wenn die Stadt Wien nie die Stadtbahnstrecken übernommen hätte, dann wären sie heute eine Vollbahn und Wien hätte ein S-Bahn-Netz entlang des Westgürtels, im Wiental und am oberen Donaukanal. Das U-Bahn-Netz sähe dann auch anders aus, nach Floridsdorf müsste eine andere U-Bahn-Linie (wenn überhaupt eine) fahren und nach Siebenhirten gäbe es vielleicht noch immer eine Straßenbahn.

MK

  • Expeditor
  • **
  • Beiträge: 1100
Re: Stadtbahn als S-Bahn
« Antwort #14 am: 11. November 2023, 18:54:09 »
Ich verstehe diesen Thread im Sinne von "was wäre wenn". Wenn ich als kleiner Maxi in den späten 1960er-Jahren schon gelebt und etwas zu sagen gehabt hätte, wäre das für mich die beste Lösung gewesen. Und man hätte die Hochbahnstationen später noch immer teilweise barrierefrei machen können. Eine durchgehende Anhebung der Bahnsteige der Jugendstil-Hochbahnstationen wäre wohl mit dem Denkmalschutz nicht vereinbar gewesen.

Aber auch schon damals hätte es wenig Sinn ergeben, insbesondere da Denkmalschutz kaum relevant war (siehe Umbauten bei der U4). Man hätte einfach Hochbahnsteige gebaut, die Klapptrittstufen kenne ich nur von Stadtbahnsystemen, wo man Straßenbahnhaltestellen mitbenutzt hat (wie im Ruhrgebiet).

Wie gesagt, mit „Schnellbahn“ wie wir sie kennen sicher nicht. Aber mit Stromschiene und entsprechenden Wagen bestimmt. Berlin/Hamburg wären da glaube ich - auch in die Zeit passend - die besten Beispiele.

Es liegt weniger an der Stromschiene und mehr an den Einstiegen und dem Zugsicherungssystem (wobei ETCS damit kein Problem hätte). Berlin und Hamburg sind schlechte Beispiele, weil die dortigen S-Bahn-Systeme eher der Wiener Silberpfeil-U-Bahn entsprechen, als Systeme, die mit keinem anderen System kompatibel sind.

Heute die U4 und U6 auf Vollbahn umzustellen, wäre natürlich nicht sinnvoll. Aber wenn die Stadt Wien nie die Stadtbahnstrecken übernommen hätte, dann wären sie heute eine Vollbahn und Wien hätte ein S-Bahn-Netz entlang des Westgürtels, im Wiental und am oberen Donaukanal. Das U-Bahn-Netz sähe dann auch anders aus, nach Floridsdorf müsste eine andere U-Bahn-Linie (wenn überhaupt eine) fahren und nach Siebenhirten gäbe es vielleicht noch immer eine Straßenbahn.

Wahrscheinlich wären die Strecken nach Floridsdorf und Siebenhirten dann Äste, die von einer der Stammstrecken abzweigen.
Wanderer, kommst du nach Liechtenstein,
tritt nicht daneben, tritt mitten rein!