Das Preisgefälle zwischen Frankreich und Deutschland spielt natürlich beim (anzunehmenden) Erfolg der Kehler Straßenbahnverlängerung auch eine große Rolle, vor allem weil nicht nur das Preisniveau unterschiedlich ist (in D niedriger), sondern zusätzlich auch das Lohnniveau bzw. die Kaufkraft umgekehrt proportional ist (in F niedriger).
Ich bin wahrlich ein großer Freund der tramways transfrontaliers, die gerade im Oberrheingebiet aus dem Boden sprießen wie Pilze!
Aber trotz aller Euphorie würde ich eine realistische Betrachtung vorziehen: Es ist schon ein Meilenstein, dass so eine kleine Stadt wie Kehl mit 35 000 Einwohnern (die von dieser Tram sehr sehr profitieren wird) eine zusätzliche Straßenbahnverlängerung auf eigenem Gebiet bis zum Rathaus finanziell stemmt. Das nun durch die Tram vorhandene durchgehende 15-Minuten-Angebot ist schon eine deutliche Steigerung, dazu kommen noch die Züge der Ortenau-S-Bahn, die nun seit kurzem auch mit CTS-Tickets benutzbar sind. Das Angebot ist nun also schon deutlich dichter als mit der Buslinie 21, muss aber dennoch von der Stadt Kehl finanziert werden.
Daher halte ich eine Taktverdichtung zunächst einmal für unrealistisch, vor allem, weil das Eröffnungswochenende doch deutlich pompöser gefeiert wurde als die meisten anderen Straßenbahnverlängerungen und somit viele Leute angezogen hat. Selbst in Frankreich gibt es meist nur zu Neueröffnungen von ganzen Netzen solche Feiern. Aber wer weiß, vielleicht irre ich mich ja, freuen würde es mich auf alle Fälle dennoch.
In Basel hatte die unerwartete Fahrgastexplosion aber eine ganz banale, in der Stadtplanung natürlich nicht bedachte, Handlung der Schweizer Nationalbank: Ziemlich genau einen Monat nach der Eröffnung wurde die Bindung des Franken an den Euro gekappt. Wenn man heute mit dem 8er nach Weil fährt, entleeren sich gerade untertags die Garnituren direkt nach der Grenze, und die Schweizer pilgern ins grenznahe "Rhein Center" (die Fahrgastzahlen zum Bahnhof bzw. Zentrum sind bei weitem nicht so hoch).
Gerade Grenzgebiete sind interessant und spannend, aber oft nur sehr schwer miteinander zu vergleichen. Viel zu unterschiedlich sind die Beziehungen, die die Städte untereinander haben. Basel-Weil und Straßburg-Kehl wären sich ja von den Größen und den Pendlerbeziehungen gar nicht so unähnlich. Das um Welten größere Preisgefälle in Basel-Weil macht aber eine Abschätzung wieder schwierig...