Autor Thema: Die Geschichte der Straßenpflasterung  (Gelesen 37091 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

raifort1

  • Fahrer
  • ***
  • Beiträge: 313
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #30 am: 04. Juni 2012, 12:51:35 »
Die in Budapest, einst, häufig verwendete Keramitsteine als Straßenpflaster kamen um 1900 auf. Vorteile waren die Maßgenauigkeit und Dauerhaftigkeit. Riesen Nachteil die glatteisartige Rutschigkeit bei Nässe. Der Stein war vermutlich auch in NÖ verbreitet, Reste sieht man noch hier und da an den Straßenrändern - (ehemalig Rinnsal?), - so in Zellerndorf.

hema

  • Geschäftsführer
  • *
  • Beiträge: 16386
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #31 am: 04. Juni 2012, 13:22:28 »
Ich weiß nicht ob dies heute noch so ist, aber bei der damaligen Neugestaltung des Europaplatzes bedeuteten die Pflastersteine quasi"Gleis nicht betreten bzw. befahren" und die Platten "Gleisübergang".
Nein, am Anfang war (praktisch) alles gepflastert!
Niemand ist gezwungen meine Meinung zu teilen!

N1

  • Verkehrsführer
  • *
  • Beiträge: 2174
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #32 am: 04. Juni 2012, 13:35:43 »
Der damalige Wiener Landtagspräsident Robert Danneberg schrieb 1929 in dem von ihm verfassten Büchlein "Zehn Jahre neues Wien" Folgendes zum Thema Straßen:
Zitat
Die gewaltigen Aufgaben, welche dem Stadtbauamt auf dem Gebiet des Wohnungsbaues gestellt sind, haben keineswegs eine Verkümmerung auf andern technischen Gebieten zur Folge gehabt. Um über den technischen Fortschritt stets auf dem laufenden zu bleiben, entsendet die Gemeinde ihre Ingenieure in das Ausland. So hat im Jahre 1924 eine dreimonatige Studienreise nach Amerika stattgefunden. Die technischen Aufgaben der Gemeinde sind deshalb so groß, weil Wien vor dem Kriege vielfach rückständig war und die Verwahrlosung während des Krieges und in der ersten Nachkriegszeit große Reformen nötig machte. So mußte eine gigantische Arbeit geleistet werden, um die Straßen in Ordnung zu bringen, was bei dem hügeligen Charakter der Stadt weit schwieriger ist als anderswo. Die Pflasterung, die Säuberung und die Beleuchtung der Straßen mußten um- und neugestaltet werden. Hierbei ging man zu bisher noch wenig verwendeten neuen Systemen über und machte sich auch die amerikanischen Erfahrungen nach Möglichkeit zunutze. So hat die Gemeinde 15 Kehrzüge aufgestellt, von denen 10 im ständigen Nachtbetrieb sind. Jeder Kehrzug hat in 8 Stunden eine Leistung von rund 70 Kilometer, was einer Reinigungsfläche von 330.000 Quadratmeter pro Zug entspricht. Durch einen Kehrzug wird die Arbeit von 70 Menschen ersetzt. Die 10 Kehrzüge vermögen 60 Prozent sämtlicher gepflasterten Straßen Wiens täglich zu reinigen.

Ein großer Fortschritt in der Bekämpfung der Staubplage wurde durch die Ölung der geschotterten Straßen erzielt. Es werden jährlich rund 2,000.000 Quadratmeter Straßenflächen imprägniert, das ist ungefähr ein Drittel aller geschotterten Straßen. Um die Bevölkerung zur Reinlichkeit zu erziehen und die Straßen sauber zu erhalten, wurden bisher nahezu 5000 Abfallsammelkörbe aufgestellt. Hervorzuheben ist, daß fast alle technischen Neuerungen nicht von der Industrie angeregt wurden und daß die neuen Maschinen in den eigenen Werkstätten der Gemeinde entworfen und hergestellt werden.
Quelle: Robert Danneberg, Zehn Jahre neues Wien (Wien 1929) 57 f.
"Der Raum, wo das stattfand, ist ziemlich groß."
Hans Rauscher

martin8721

  • Obermeister
  • *
  • Beiträge: 4143
  • Halbstarker
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #33 am: 04. Juni 2012, 13:44:01 »
Original von Robert Danneberg 1929:
[...]Um über den technischen Fortschritt stets auf dem laufenden zu bleiben, entsendet die Gemeinde ihre Ingenieure in das Ausland. So hat im Jahre 1924 eine dreimonatige Studienreise nach Amerika stattgefunden.[...]

Tja. Früher schickte man sie auf Studienreisen, um auch über den Tellerrand zu schauen, heute setzt man die internationalen Standards selbst.  :lamp:

95B

  • Verkehrsstadtrat
  • **
  • Beiträge: 36090
  • Anti-Klumpert-Beauftragter
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #34 am: 04. Juni 2012, 13:45:08 »
Zitat
Hervorzuheben ist, daß fast alle technischen Neuerungen nicht von der Industrie angeregt wurden und daß die neuen Maschinen in den eigenen Werkstätten der Gemeinde entworfen und hergestellt werden.
Ja, schon damals verstand man es in Wien, internationale Standards selbst zu kreieren - allerdings im Gegensatz zu heute mit Nutzen.

E: martin8721 war schneller. :)
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
... brrrr, Klumpert!
Entklumpertung des Referats West am 02.02.2024 um 19.45 Uhr planmäßig abgeschlossen!

umweltretter

  • Gast
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #35 am: 09. Juni 2012, 17:52:11 »
Auch in der Attemsgasse gibt's noch ein teilweise gepflastertes Gleis.

benkda01

  • Verkehrsführer
  • *
  • Beiträge: 2694
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #36 am: 09. Juni 2012, 19:13:45 »
Gibt es irgendwo in Wien noch die oben beschriebene gelbe Keramit-Pflasterung?

158er

  • RBL-Disponent
  • ***
  • Beiträge: 1555
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #37 am: 09. Juni 2012, 19:31:52 »
Hilft Dir zwar nichts, aber bis vor einem halben Jahr gab es sie noch in der Hietzinger Hauptstraße auf Parkplätzen und Gehsteig.  :-\

95B

  • Verkehrsstadtrat
  • **
  • Beiträge: 36090
  • Anti-Klumpert-Beauftragter
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #38 am: 09. Juni 2012, 20:55:07 »
Hilft Dir zwar nichts, aber bis vor einem halben Jahr gab es sie noch in der Hietzinger Hauptstraße auf Parkplätzen und Gehsteig.  :-\
Verwechselst du das nicht mit gelben Betonformsteinen?
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
... brrrr, Klumpert!
Entklumpertung des Referats West am 02.02.2024 um 19.45 Uhr planmäßig abgeschlossen!

158er

  • RBL-Disponent
  • ***
  • Beiträge: 1555
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #39 am: 10. Juni 2012, 01:23:57 »
Verwechselst du das nicht mit gelben Betonformsteinen?
Ich meine schon, daß das die genannten Keramiksteine waren, aber WeSt sollte das auch wissen- vielleicht kann er Klärung bringen. Die Reste befanden sich beim Haus Hietzinger Hauptstraße 100-102.

W_E_St

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 7242
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #40 am: 10. Juni 2012, 21:02:17 »
Das war tatsächlich eine andere Form der genannten Keramikpflastersteine. Auf Straßen wurden rechteckige Steine mit gerundeten Kanten verwendet, auf Gehsteigen hingegen normalerweise kleinere quadratische Klinker mit Felderteilung. Wie die offiziell heißen weiß ich nicht, auf eBay wurden sie einmal als "Schattauer Pflasterklinker" angeboten. Die rechteckigen gibt es in Wien eigentlich nur mehr in Hofeinfahrten, soweit ich das beurteilen kann - das Haus, in dem sich der Modellbahnclub Ottakring befindet, fiele mir da spontan ein, außerdem Währinger Straße 105(?). In der Währinger Straße (zwischen Kutschkergasse und Martinstraße) ist das Tor tagsüber immer offen und man kann die Pflasterung besichtigen.

Von den Gehsteigklinkern kann ich bei Gelegenheit ein Foto liefern, da liegen einige hier im Garten.

Pflastergleis ist mir übrigens auch noch die Rittlergasse am 60er eingefallen. In der Wittelsbachstraße ist schon mit Betonplatten ausgeflickt.
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")

60er

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 7781
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #41 am: 10. Juni 2012, 22:16:49 »
Pflastergleis ist mir übrigens auch noch die Rittlergasse am 60er eingefallen. In der Wittelsbachstraße ist schon mit Betonplatten ausgeflickt.
Auch nicht mehr durchgängig. Teile des Pflasters wurden mittlerweile durch Großflächenplatten ersetzt, speziell im Bereich von Straßenkreuzungen. Bei den vorletzten Gleisbauarbeiten in den 90er-Jahren hat man die Pflastersteine noch fein säuberlich aufgehoben und wieder neu verlegt. Als man 2011 die Gleise im Bereich der Station Maurer Lange Gasse erneuert hat, wurden die Pflastersteine schließlich entsorgt.

Am 60er gibt es noch in der Kaiser-Franz-Josef-Straße ein "halbes" Pflastergleis. Da sind nur die Bereiche zwischen den Gleisen gepflastert, während außen Betonplatten verlegt wurden.

tramway.at

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 7690
    • www.tramway.at
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #42 am: 11. Juni 2012, 23:59:05 »
Weil ich grad drübergestolpert bin, 2 schöne Pflasterbilder aus den 1980ern in Ottakring.
Harald A. Jahn, www.tramway.at

Linie 41

  • Geschäftsführer
  • *
  • Beiträge: 11667
    • In vollen Zügen
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #43 am: 12. Juni 2012, 02:32:29 »
Ja, das schaut besser aus als Großflächenplatten – ist leider aber für den modernen Straßenbau auch in etwa gleich schlecht geeignet wie Großflächenplatten.
Ich verstehe das Konzept dahinter nicht und bin generell dagegen.

95B

  • Verkehrsstadtrat
  • **
  • Beiträge: 36090
  • Anti-Klumpert-Beauftragter
Re: Die Geschichte der Straßenpflasterung
« Antwort #44 am: 12. Juni 2012, 09:14:44 »
Ja, das schaut besser aus als Großflächenplatten – ist leider aber für den modernen Straßenbau auch in etwa gleich schlecht geeignet wie Großflächenplatten.
In der modernen Straßenplanung geht man so vor, dass Autos am Straßenbahngleis nichts verloren haben. Dann stört es auch nicht, wenn der moderne Straßenbau Pflastersteine im Gleisbereich verwendet. ;)
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
... brrrr, Klumpert!
Entklumpertung des Referats West am 02.02.2024 um 19.45 Uhr planmäßig abgeschlossen!