Autor Thema: Rot-Grün II  (Gelesen 96752 mal)

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Re: Rot-Grün II
« Antwort #180 am: 23. November 2015, 14:18:42 »
Und welche Niederflurer hat es Deiner Meinung nach in anderen Städten schon gegeben, als die ULFe bestellt wurden?

Etwa gleichzeitig gabs die Eurotram (Strasbourg, Milano), davor die TFSII und einige andere. Thema war weniger, dass es keine anderen Fahrzeuge gab, sondern dass man sich in Wien nicht getraut hat, hohe Kanten zu bauen - aus Rücksicht auf den Autoverkehr. Ausserdem ging man damals nicht davon aus, dass man das ganze Netz auf Kaphaltestellen umbauen kann, sondern davon, dass die Fahrgäste auf den Boden runtersteigen müssen. Deswegen ja auch das absenkbare Bugmodul. Hätte man Nägel mit Köpfen gemacht (was ich bevorzugt hätte), hätte man linienweise umbauen und umstellen müssen. Allerdings haben es andere Städte auch geschafft (Budapest), das Bestandsnetz ohne Betriebsunterbrechung auf NF zu ändern.
Harald A. Jahn, www.tramway.at

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Re: Rot-Grün II
« Antwort #181 am: 23. November 2015, 14:24:19 »
Und welche Niederflurer hat es Deiner Meinung nach in anderen Städten schon gegeben, als die ULFe bestellt wurden?

Etwa gleichzeitig gabs die Eurotram (Strasbourg, Milano), davor die TFSII und einige andere. Thema war weniger, dass es keine anderen Fahrzeuge gab, sondern dass man sich in Wien nicht getraut hat, hohe Kanten zu bauen - aus Rücksicht auf den Autoverkehr. Ausserdem ging man damals nicht davon aus, dass man das ganze Netz auf Kaphaltestellen umbauen kann, sondern davon, dass die Fahrgäste auf den Boden runtersteigen müssen. Deswegen ja auch das absenkbare Bugmodul. Hätte man Nägel mit Köpfen gemacht (was ich bevorzugt hätte), hätte man linienweise umbauen und umstellen müssen. Allerdings haben es andere Städte auch geschafft (Budapest), das Bestandsnetz ohne Betriebsunterbrechung auf NF zu ändern.

Die gabs schon, als die Entscheidung auf den ULF fiel, nicht die Auslieferung, sondern die Systementscheidung?

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Re: Rot-Grün II
« Antwort #182 am: 23. November 2015, 14:28:07 »
Hätte man Nägel mit Köpfen gemacht (was ich bevorzugt hätte), hätte man linienweise umbauen und umstellen müssen.

Rückblickend gesehen können wir schon froh sein, dass es in Wien keine 35- oder 40-cm-Bahnsteigkanten mitten im Straßenraum gibt. Das ist weder stadtbildverträglich noch sonstwie problemlos brauchbar. Als der ULF entwickelt wurde, war jedoch sehr wohl schon absehbar, dass es auch andere Fahrzeuge mit geringerer Einstiegshöhe als 30 bis 35 cm geben werden würde. So innovativ der ULF aus damaliger Sicht auch war, so verkehrt war es, sich darauf einzulassen und damit herauszufordern, dass es in Wien niemals Fahrzeuge mit größerer Einstiegshöhe geben können sollte. Aber da kommen wir auch schon wieder in den Bereich von Politikern, Lobbyisten, Freunderln und sonstigem Gesocks.
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Re: Rot-Grün II
« Antwort #183 am: 23. November 2015, 14:28:37 »
Man bräuchte Wien nicht einmal verlassen, da es damals auch bei uns schon ein Niederflurfahrzeug gab: Type T!  :lamp:
(Ich erinnere mich da gerne an die Infobroschüren zu den diversen U-Bahn-Verlängerungen in den 90ern, die mitunter Querschnitte der neuen Stationsbauwerke mitsamt Oberflächengestaltung inkl. Oberflächenverkehr illustrierten. Ich staunte damals nicht schlecht, als ich auf diversen Bildern die T als Straßenbahnzüge erkannte. Dies bekräftigte meine damalige Vermutung, die modernen T würden auch bei der Straßenbahn zum Einsatz kommen, was letztendlich doch nur eine Vermutung blieb.)

Welche Einstiegshöhe hat der T?
Und gabs den schon, als die Entscheidung auf das System ULF fiel?

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Die Einstiegshöhe ist hier irrelevant, weil die knapp 20 cm dem ULF geschuldet sind, der bekanntlich nicht das erste NF-Fahrzeug war. Wäre die Entscheidung auf ein anderes Fahrzeug mit größerer Einstiegshöhe gefallen, wären es heute auch keine 20cm. Argument damit hinfällig.

Die Antwort auf die zweite Frage kann ich auf folgender Überlegung basierend herleiten: Die ersten T wurden 1992 gebaut (Quelle: http://www.fpdwl.at/fahrzeuge/showtypespecs.php?type=t#), also drei Jahre bevor die ULF-Prototypen auf Schiene gekommen sind (das war 1995). Ob die Entscheidung für den ULF bereits 1992 getroffen wurde, halte ich für unwahrscheinlich. Du darfst mich diesbezüglich gerne korrigieren.

Edit: im Übrigen hätte man nicht den T selbst nehmen müssen, ein abgeleitetes, für Straßenbahnbetrieb ausgerichtetes Fahrzeug, wäre auch möglich gewesen. Siehe WLB. ;)
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Re: Rot-Grün II
« Antwort #184 am: 23. November 2015, 14:37:10 »
Die Einstiegshöhe ist hier irrelevant, weil die knapp 20 cm dem ULF geschuldet sind, der bekanntlich nicht das erste NF-Fahrzeug war. Wäre die Entscheidung auf ein anderes Fahrzeug mit größerer Einstiegshöhe gefallen, wären es heute auch keine 20cm. Argument damit hinfällig.

Monorail locutus, causa finita? ::) In anderen Städten hatte man früher durchaus Fahrzeuge mit größerer Einstiegshöhe und später solche mit geringerer angeschafft.

Ob die Entscheidung für den ULF bereits 1992 gefallen ist, halte ich für unwahrscheinlich. Du darfst mich diesbezüglich gerne korrigieren.

Unwahrscheinlich oder nicht, aber sie ist 1992 gefallen. Und das ist – im Gegensatz zu den von dir getätigten Aussagen – ein Faktum.
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Re: Rot-Grün II
« Antwort #185 am: 23. November 2015, 14:43:20 »
Es hätte ja jeder sein Fahrzeug anbieten können. Passiert ist das nicht... von denen, die da waren, war der ULF eben technisch die beste Wahl. Politisch war das natürlich nicht ganz ungern gesehen ;)
Mit uns kommst du sicher... zu spät.

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Re: Rot-Grün II
« Antwort #186 am: 23. November 2015, 14:46:12 »
Es hätte ja jeder sein Fahrzeug anbieten können. Passiert ist das nicht... von denen, die da waren, war der ULF eben technisch die beste Wahl. Politisch war das natürlich nicht ganz ungern gesehen ;)
Hier wäre interessant zu wissen, welche anderen Fahrzeuge überhaupt noch zur Auswahl standen. Wenn der ULF das einzige war, dann war er technisch die beste Wahl, nona (gleichzeitig aber auch die schlechteste! :lamp: ).
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Re: Rot-Grün II
« Antwort #187 am: 23. November 2015, 15:09:11 »
Angeboten wurden AFAIK noch der Cityrunner von Bombardier und der GT6N von Adtranz als Lizenzbau von Jenbacher.

Cityrunner Designstudie 1
Cityrunner Designstudie 2
GT6N Designstudie

LG,
Stellwerker

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Re: Rot-Grün II
« Antwort #188 am: 23. November 2015, 15:11:00 »
Es hätte ja jeder sein Fahrzeug anbieten können. Passiert ist das nicht... von denen, die da waren, war der ULF eben technisch die beste Wahl. Politisch war das natürlich nicht ganz ungern gesehen ;)

Das war noch vor der EU, da konnte man gezielt Bombardier und Siemens ansprechen. Bombardier hat ja auch angeboten, ist aber ausgeschieden. Schon 1991 war dann SGP als Lieferant fix (die haben auch viiiele Inserate geschaltet  :-X )
Harald A. Jahn, www.tramway.at

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Re: Rot-Grün II
« Antwort #189 am: 23. November 2015, 16:00:30 »
Der Bombardier-Entwurf wurde dann ein Jahrzehnt später – vom Prinzip her fast unverändert – in Graz Realität.
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Re: Rot-Grün II
« Antwort #190 am: 23. November 2015, 16:25:10 »
Die ersten Niederflurwagen-Neubauten waren der GT6N (Baujahr 1989, Bremen) und die Type R (Baujahr 1993, Frankfurt am Main).

Nicht zu vergessen der NGT6C (1990, Kassel).
Wanderer, kommst du nach Liechtenstein,
tritt nicht daneben, tritt mitten rein!

hema

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Re: Rot-Grün II
« Antwort #191 am: 23. November 2015, 18:01:01 »

Hier wäre interessant zu wissen, welche anderen Fahrzeuge überhaupt noch zur Auswahl standen.
In Wirklichkeit keines, auch wenn andere pro forma mitboten. Die (politische) Entscheidung für die SGP war längst gefallen, ehe es vom ULF auch nur eine Schraube gab. Es gab eine Studie für ein Fahrzeug mit 15 cm Einstiegshöhe und durchgehend ebenem Fahrzeugboden, später einen ersten Versuchsträger. Dass man zu diesen Bedingungen kein brauchbares Fahrzeug konstruieren kann, war eigentlich allen klar, ausgenommen davon die Bastler von SGP und WiLi, welche den Schienenverkehr neu erfinden wollten und ein paar unerschütterlich gläubige Enthusiasten aus der Tramwayfreunde-Szene.

Also schrieb man ein Fahrzeug aus, das diese Bedingungen erfüllen sollte, womit sichergestellt war, dass das nur der ULF werden würde können, zumal der ja schon im Projektstadium war und somit für die SGP auch ein zeitlicher Vorsprung vor allfälliger Konkurrenz bestand. Als dem Entwickler-Konsortium aus SGP- und WiLi-Technikern bei ihrer Arbeit am Versuchsträger klar wurde, dass die geforderten 15 cm nicht zu halten sein würden, ging der Besteller mit der Ausschreibung um 5 cm hinauf (198 mm).

Als die SGP von Siemens übernommen wurde, waren die  mit dem ULF alles andere als glücklich, aber auf Druck der (Wiener) SPÖ und der Personalvertreter des Wiener Werkes beschloss man den ULF bei Siemens-Wien als Nischenprodukt weiterhin zu bauen. Einerseits brachte es immerhin ein bissl Geld, das ja bekanntlich  nicht stinkt, und andererseits hatte Siemens da ohnehin das Combino-Desaster am Hals und somit andere Sorgen!
Niemand ist gezwungen meine Meinung zu teilen!

Hawk

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Re: Rot-Grün II
« Antwort #192 am: 23. November 2015, 21:07:54 »
Ich hoffe nie mehr Siemens!  :down:
Das leben zwingt einen oft in die Knie,jedoch ein jeder kann selbst entscheiden ob er liegen bleibt oder wieder aufsteht! :-)

W_E_St

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Re: Rot-Grün II
« Antwort #193 am: 23. November 2015, 23:33:53 »
Laut Karl Holzinger war der ULF zum Entscheidungszeitpunkt das einzige Fahrzeug, von dem schon mehr als vage Designstudien existierten. Bombardier war noch nicht so weit und Jenbacher schon gar nicht.
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")

Stellwerker

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Re: Rot-Grün II
« Antwort #194 am: 23. November 2015, 23:45:55 »
SGP konnte damals wohl auch am Besten den drohenden Arbeitsplatzverlust verkaufen.

Es stimmt, vom Cityrunner gabs damals AFAIK nur ein Vorführmodul, Jenbacher hätte sich wohl aus Deutschland einen GT6N ausborgen können.

LG,
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