Im September führte mich eine Reise nach Craiova. Die Anreise von Wien erfolgte per Flugzeug nach Bukarest, von da aus ging es mit dem Auto weiter. Auf der Bundesstraße – Autobahnen gibt es hier nur sehr wenige – führt eine wunderschöne Fachwerkbrücke über die Olt, einen in die Donau mündenden Fluss.
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Rumänien ist durchaus ein Land von Gegensätzen – vor allem, was den Wiederaufbau nach einem knappen halben Jahrhundert des real existierenden Sozialismus betrifft. Da findet man (mit EU-Förderungen) wunderhübsch sanierte Straßen, die zu beiden Seiten von völlig verlotterten Plattenbauten gesäumt werden (und mittendrin bekannte Marken wie OMV, Billa, Lidl), oder auch sündteure Autos (auch Benzin kostet dort etwa so viel wie bei uns, während das allgemeine Preisniveau deutlich niedriger ist, so kostet etwa ein Tramwayfahrschein 30 Cent), die auf löchrigen Straßen daherrumpeln. Mitten in ärmlichen Bauernsiedlungen stehen vereinzelt (videoüberwachte) Nobelvillen, hinter bröckelnden Fassaden verbergen sich Restaurants auf (selbst für westliche Begriffe) gehobenem Niveau, wo man unglaublich gut und günstig speisen kann.
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Allgegenwärtig sind auch immer noch die Pferdefuhrwerke sowie die unzähligen Straßenhunde. Längst aufgegebene und halb verfallene, riesengroße Industriekombinate zeugen von der einstigen Planwirtschaft, die von den Machthabern ohne Rücksicht auf Verluste durchgesetzt wurde. Und auch heute merkt man noch die Nachwehen dieses Systems, denn auch wenn etwas neu gemacht oder instandgesetzt wird, kümmert sich danach niemand mehr um die Instandhaltung. Die wäre ja früher von oben befohlen worden – und wenn der Befehl in der Marktwirtschaft nicht kommt, dann wird die Arbeit halt nicht ausgeführt.
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Der Straßenbahnbetrieb in Craiova war die letzten Jahre hindurch vollkommen stillgelegt, da sowohl abschnittsweise Gleiserneuerungen stattfanden als auch der komplette Fuhrpark einer Modernisierung unterzogen wurde. Diese Modernisierung hat auch vor den E
1 nicht Halt gemacht, die mit Hingabe, aber unter deutlich sichtbaren Rahmenbedingungen allgemeinen Mangels ausgeführt wurden. Die längst nicht mehr funktionierende Originalbeleuchtung wurde durch LED-Streifen aus dem Baumarkt ersetzt und anstatt der Durofolsitze wurden auf den halb abgeflexten Sitzgestellen gebrauchte Autobussitze montiert.
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Die historische Altstadt von Craiova wurde komplett renoviert und ist nun weit und breit das einzige Grätzel, wo es keine fliegenden Verkabelungen an Masten, Häusern und allen anderen möglichen Dingen gibt, wie das sonst in ganz Rumänien üblich ist. Allerdings wähnt man sich hier nun eher in einem Outlet Center à la Parndorf als in einem richtig historischen Ensemble.
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Für internationale Verpflegung – Gruß an 13er!
– ist selbstverständlich gesorgt.
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Das Straßenbahnnetz besteht aus den Linien 100 und 101. Im Norden fahren beide Linien bis Izvorul Rece, der weitere Abschnitt bis Termo ist stillgelegt und in katastrophalem Zustand, aber noch vorhanden. Im Süden fährt der 100er bis zum Einkaufszentrum Electroputere Parc, der 101er fährt weiter bis zur Ford-Automobilfabrik, die auch schon bessere Zeiten gesehen hat. Die Stecktafel 102 hinter der Windschutzscheibe weist darauf hin, dass dieser Kurs Anschluss an den SEV der ehemaligen Straßenbahnlinie 102 Richtung Termo hat.
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Von außen präsentieren sich die E
1 im runderneuerten Kleid, leider alle komplett mit Lochfolien beklebt, was das Fahrvergnügen doch deutlich mindert. Auf den Bug wurde eine Plastikschürze mit neuen Leuchten aufgesetzt, die Türtransparente wurden ausgebaut. Das alte Armaturenpult ist bis auf die Kontrolllampe für die Solenoidhaltebremse und eine weitere, ständig rot leuchtende Lampe anstelle der ehemaligen Beiwagenabfertigungskennlampe komplett außer Betrieb, die Türsteuerung erfolgt über zusätzlich angebrachte Knöpfe rechts im Bereich zwischen Sandstreuhebel und (nicht mehr vorhandenem) Tacho. Jede Tür hat einen eigenen Taster, Anfahrsperre gibt es keine.
Die Radreifen dürften von Tatrafahrzeugen stammen, ebenso die Choppersteuerung (!), die einige E
1 erhalten haben. Sie verbirgt sich hinter den einigermaßen windschiefen Dachaufbauten am A- und B-Teil, auch der Fahrschalter wurde natürlich entfernt. Der Chopper ist mit dem Geamaticsollwertgeber zu bedienen. Der vorderste Aufbau ist die Fahrerplatzklimaanlage.
Einige E
1 wurden nicht vollständig modernisiert, sie sind immer noch mit dem Hilfsschalthebel zu steuern, der allerdings dank Ausbau des Fahrschalterservomotors recht leichtgängig ist.