Autor Thema: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))  (Gelesen 4815 mal)

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Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« am: 30. Dezember 2012, 22:14:16 »
So schaut eben das Wiener Modell aus: Einstellung von Straßenbahnlinien und Ersatz durch eine U-Bahn mit 5-6 Zubringerbuslinien. Und am besten unmittelbar hinter dem letzten Zug gleich die Schienen abtrennen und Oberleitung entfernen, damit nur ja niemand auf die Idee kommt, dass man z.B. den 18er, der vielleicht doch irgendwann zum Stadion fährt, dann bis zur Stadlauer Brücke weiterführen könnte (oder zumindest die Stadionschleife weiterverwenden hätte können).

Man möge mich würgen, aber natürlich ist ein Parallelverkehr Tram/U nicht tragfähig. Ich kenne nur Marseille, wo man die neuen Linien teilweise entlang der U-Bahn-Strecken gebaut hat, was prompt massiv kritisiert wurde (nach dem Motto, Stadtteile ohne ordentliche ÖV-Anschluss bleiben unbeachtet, schon mit U-Bahn erschlossene Viertel bekommen auch noch eine Tram). Natürlich ist die aus den 1960ern stammende Idee "schnelle Achsen mit Zubringer-Shuttlebussen" in Wien mit seinen kurzen Distanzen witzlos. Aber wie soll man es wirklich lösen? Zwischen die U-Bahn-Linien, die den traditionellen Verkehrsströmen folgen passt meist keine weitere neue Achse, die eine Tramway rechtfertigt. Bei allen Überlegungen wie das Wiener Netz sinnvoller aufzubauen wäre komm' ich immer wieder auf das Modell Hannover, wobei das bei einer U1 oder U3 auch wieder weit über die Grenzen belastet wäre.

Andere Lösung wäre das ursprüngliche Konzept mit bewussten Bruchpunkten wie Reumannplatz, an den sternförmicg alle Linien angelenkt werden; dort bilden sich dann über die Jahre auch sinnvolle Subzentren heraus. Aber natürlich kommt dann irgendwann der Wunsch, nciht mehr umsteigen zu müssen - U-Bahn-Bau ist halt wie eine Droge, man kann nur schwer aufhören, wenn man mal angefangen hat...
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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #1 am: 30. Dezember 2012, 22:49:46 »
Man möge mich würgen, aber natürlich ist ein Parallelverkehr Tram/U nicht tragfähig.
Stimmt schon, nur ist der Wiener U-Bahn-Wahn noch viel weniger tragfähig als jede andere Alternative und wird uns über kurz oder lang vor massive finanzielle Probleme stellen. Die gewesene U1-Sanierung und die kommende U4-Sanierung sind erst der Anfang.
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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #2 am: 30. Dezember 2012, 23:14:22 »
Man möge mich würgen, aber natürlich ist ein Parallelverkehr Tram/U nicht tragfähig.
Stimmt schon, nur ist der Wiener U-Bahn-Wahn noch viel weniger tragfähig als jede andere Alternative und wird uns über kurz oder lang vor massive finanzielle Probleme stellen. Die gewesene U1-Sanierung und die kommende U4-Sanierung sind erst der Anfang.

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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #3 am: 30. Dezember 2012, 23:22:38 »
Man möge mich würgen, aber natürlich ist ein Parallelverkehr Tram/U nicht tragfähig.
Natürlich, so wie die U-Bahn in Wien gebaut wurde, geht das nicht. Wäre sie ein echtes Schnellverkehrsmittel ohne Pimperlstationen wie Zieglergasse oder Krieau, dann hätte es viel eher Sinn, daneben auch die Straßenbahn zu betreiben (teils aus dem Geld, das man sich für die Zwischenstationen erspart hätte). Das ist halt ein konzeptionelles Problem, das wir heute ausbaden müssen, dass die U-Bahn immer als Ersatz und nicht Ergänzung der Straßenbahn gebaut wurde. Darum kann man auch die U1 nicht ordentlich an den Hauptbahnhof anbinden, sonst fiele ja die 167er-Funktion weg.
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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #4 am: 30. Dezember 2012, 23:45:36 »
Man möge mich würgen, aber natürlich ist ein Parallelverkehr Tram/U nicht tragfähig.
Natürlich, so wie die U-Bahn in Wien gebaut wurde, geht das nicht. Wäre sie ein echtes Schnellverkehrsmittel ohne Pimperlstationen wie Zieglergasse oder Krieau, dann hätte es viel eher Sinn, daneben auch die Straßenbahn zu betreiben (teils aus dem Geld, das man sich für die Zwischenstationen erspart hätte). Das ist halt ein konzeptionelles Problem, das wir heute ausbaden müssen, dass die U-Bahn immer als Ersatz und nicht Ergänzung der Straßenbahn gebaut wurde. Darum kann man auch die U1 nicht ordentlich an den Hauptbahnhof anbinden, sonst fiele ja die 167er-Funktion weg.

Ja, aber andererseits kenne ich praktisch nur Systeme, die Wien ähnlich sind. Wirklich überlagernde Schnellverkehrssysteme gibts doch praktisch nirgends, oder? Grad mal Paris mit RER <> Metro fällt mir da ein. Überall in Europa bündeln Metrolinien die vorherigen leidlich parallelen Bus- oder Tramlinien. Das trifft ja sogar auf die französischen Tramways zu, die oft in Korridoren unterwegs sind, die vorher von ganzen Busbündeln befahren wurden.

Und zu Wien zurück: machts mal ein Gedankenexperiment: Wien 1965, ein neues ergänzendes Netz zur Tramway wird gefordert. Wo würdet ihr die Linien hinlegen (und zwar so, dass sie auch politisch halten)? Das geht garnicht anders, als die parallelen Tramwaystrecken zu killen - die Wege haben sich in Wien nie wirklich verändert! Und ob eine U1 mit den Stationen Reumannplatz -Südbahnhof - Karlsplatz - Stephansplatz - Donaukanal - Praterstern wirklich durchzubringen gewesen wäre? "Da muss ich ja dreimal umsteigen, a so a Bledsinn!"
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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #5 am: 31. Dezember 2012, 00:13:07 »
Und zu Wien zurück: machts mal ein Gedankenexperiment: Wien 1965, ein neues ergänzendes Netz zur Tramway wird gefordert. Wo würdet ihr die Linien hinlegen (und zwar so, dass sie auch politisch halten)? Das geht garnicht anders, als die parallelen Tramwaystrecken zu killen - die Wege haben sich in Wien nie wirklich verändert! Und ob eine U1 mit den Stationen Reumannplatz -Südbahnhof - Karlsplatz - Stephansplatz - Donaukanal - Praterstern wirklich durchzubringen gewesen wäre? "Da muss ich ja dreimal umsteigen, a so a Bledsinn!"
In meiner zeitweisen Langeweile habe ich ein solches Gedankenexperiment sogar tatsächlich durchgeführt. Ich hätte die Stadtbahnlinien wieder ins Vollbahnnetz integriert, plus Vorortelinie (erweitert zu S-Bahn-Ring über Freudenau, Kaiserebersdorf, Inzersdorf und Verbindungsbahn), plus folgende Neubaustrecken, ebenfalls Teil des S-Bahn-Netzes:
  • Gumpendorfer Straße - Margaretengürtel - Einbindung S-Bahn-Stammstrecke/Südbahn in beide Richtungen
  • Einbindung Westbahn - Westbahnhof - Bellaria - Stephansplatz - Invalidenstraße (= Wien Mitte, die Haltestellennamen hab ich auf meinem "Netzplan" teilweise geändert) - Sankt Marx - Geiselbergstraße - Löwygrube (= Wien Grillgasse, aber auch für die Laaer/Marchegger Ostbahn) - Einbindung Ostbahn
  • Heiligenstadt - Floridsdorf
  • Schwedenplatz - Praterstern - Mexikoplatz - Kaisermühlen - Kagran - weiter entlang der Bernoullistraße - Teilung der Strecke, so dass man Richtung Gewerbepark Stadlau oder Richtung Hirschstetten fahren kann; beim Praterstern eine Verbindung, sodass man Invalidenstraße - Mexikoplatz fahren kann
  • Schwenk der Laaer Ostbahn, so dass sie Süßenbrunn erreicht (weil in meinem Linienschema sich dort sonst zwei Linien ohne Umsteigemöglichkeit kreuzen würden)
Das sind nicht sehr viele Neubaustrecken, aber in meinen Augen decken sie die wichtigsten Routen ab. Das einzige mit möglichem Potenzial, die Straßenbahn zu töten, ist die Strecke entlang der Lassallestraße, aber angesichts der Haltestellenabstände nicht einmal das, und im Vergleich zu heute fallen da nur Stationen in kaum besiedelten Gebieten (Donauinsel, Alte Donau) und der Nestroyplatz, der mit einer Straßenbahn aber ausgezeichnet angebunden wäre, weg.

Das basiert auf Überlegungen, wie man die wichtigsten Routen der Stadt mit möglichst wenig Kosten sinnvoll und ohne ein weiteres inkompatibles System zu schaffen abdecken kann. Überall sonst halte ich die Straßenbahn (die ich in meinem Gedankenexperiment natürlich noch ausgebaut hätte) prinzipiell für ausreichend.

Falls jetzt nicht eh gleich Kommentare kommen, dass ich mich mit solchen unrealistischen Hätti-Wari-Gedankenexperimenten zurückhalten soll, kann man das ja vielleicht in einen eigenen Thread auslagern.

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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #6 am: 31. Dezember 2012, 00:18:51 »
Ja, natürlich sind das Gedankenspiele. Die meisten existierenden U-Bahn-Systeme sind ja nicht als echte Schnellverbindungen entstanden, sondern genau deswegen, um den ÖV an der Oberfläche zu ersetzen, darum sehen sie fast überall ähnlich aus.

Ich hätte in Wien (freilich mit dem heutigen Wissen und nicht dem von 1965) aber überhaupt keine U-Bahn gebaut, sondern eine Mischung aus Schnell- und Stadtbahnsystem. Quasi eine Mischung aus Karlsruhe und Ruhrgebiet.

Zum Beispiel die U1: Da hätte überhaupt nichts dagegengesprochen, auf der Wagramer Straße - Lassallestraße - Praterstraße auf einem vom IV komplett abgetrennten, selbständigen Gleiskörper oberirdisch zu fahren und die von draußen kommenden Linien (Kaisermühlen, Stadlau, Leopoldau usw.) zu bündeln. Die Innenstadt würde man im Tunnel durchqueren, wobei da eine Aufspaltung der Linien eine sinnvolle Option wäre.

Die U3 wiederum wäre IMHO als Schnellbahn ausführbar gewesen. Beim Westbahnhof in den Tunnel, unterirdisch durch die Innenstadt weiter. hieße z.B. von Purkersdorf ohne Umsteigen zum Ring. Wär das kein Angebot für die Pendler?

Die U4 wäre auch prädestiniert für eine S-Bahn-Einbindung gewesen, genau wie die U6.

Freilich darf man da nicht von den heutigen Fahrgastmassen auf jeder U-Bahn ausgehen, schließlich kommen die ja großteils dadurch zustande, dass man den Zusammenhalt des Oberflächennetzes nachhaltig zerstört hat.
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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #7 am: 31. Dezember 2012, 09:14:59 »
Natürlich ist die aus den 1960ern stammende Idee "schnelle Achsen mit Zubringer-Shuttlebussen" in Wien mit seinen kurzen Distanzen witzlos. Aber wie soll man es wirklich lösen?
Ein Modell, das ich erst kürzlich wieder in London gesehen habe (aber ähnlich auch in anderen Städten, z.B. Berlin): Die U-Bahn ist das Rückgrat des ÖV, an der Oberfläche gibt es Linien, die teilweise quer durch die Stadt führen und dabei einerseits Zubringerfunktion ausüben, andererseits auch Direktverbindungen ermöglichen, die durch die U-Bahn nicht abgedeckt werden. Dabei nimmt man aber in Kauf, dass die Oberflächenlinien teilweise mehrere Stationen parallel zur U-Bahn verkehren – und zwar teilweise mit sehr dichten Intervallen, Extrembeispiel ist die Oxford Street.

In Wien wird das teilweise durch Durchgangslinien erreicht, derer es aber wesentlich mehr geben sollte. Wenn die parallel zur U-Bahn verkehrenden Oberflächenlinien Relationen anbieten, die durch die U-Bahn nicht abgedeckt werden, entlasten sie dadurch das U-Bahn-Netz, sind aber auch für sich genommen attraktive Verbindungen.

Beispielsweise könnte ich mir gut vorstellen, dass Linien über Mariahilfer Straße, Oper, Parkring, Praterstraße zum Praterstern oder Alser Straße - Westring - Favoritenstraße sehr gut angenommen würden – natürlich unter der Voraussetzung, dass sie nicht an jeder Ampel verhungern.

moszkva tér

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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #8 am: 31. Dezember 2012, 10:58:50 »
Ja, aber andererseits kenne ich praktisch nur Systeme, die Wien ähnlich sind. Wirklich überlagernde Schnellverkehrssysteme gibts doch praktisch nirgends, oder? Grad mal Paris mit RER <> Metro fällt mir da ein. Überall in Europa bündeln Metrolinien die vorherigen leidlich parallelen Bus- oder Tramlinien. Das trifft ja sogar auf die französischen Tramways zu, die oft in Korridoren unterwegs sind, die vorher von ganzen Busbündeln befahren wurden.
Doch, das gibts, man muss nur in den Osten schauen. Die sowjetischen Metros haben extrem lange Haltestellenabstände und ergänzen den Oberflächenverkehr, ersetzen ihn aber keinesfalls. Das war auch nie gedacht.
In Moskau gibts weiterhin lange Linien (Bus, Bim und O-Bus), die vom Stadtzentrum (meist Gartenring, der entspricht etwa unserem Gürtel) bis zum Stadtrand fahren (der Autobahnring ist tatsächlich fast ein Kreis und hat einen Radius von ca. 20 km). Diese Linien fahren weite Strecken parallel zur Metro und übernehmen einerseits die Feinverteilung, andererseits auch die Mittelstrecke für Leute, die nicht direkt an der Metro wohnen.

Und bis zu einem gewissen Grad gibts das System auch in anderen ehem. Sowjetgroßstädten, die keine Megacity wie Moskau oder St.Petersburg sind: Kiew, Tiflis, Kazan fällt mir da beispielsweise ein...

In anderen Osteuropäischen U-Bahn-Städten wie Budapest oder Prag hingegen wurde aber tatsächlich eher das Wiener System gefahren (U-Bahn statt Oberflächenverkehr).

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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #9 am: 31. Dezember 2012, 15:25:24 »
Und zu Wien zurück: machts mal ein Gedankenexperiment: Wien 1965, ein neues ergänzendes Netz zur Tramway wird gefordert. Wo würdet ihr die Linien hinlegen (und zwar so, dass sie auch politisch halten)? Das geht garnicht anders, als die parallelen Tramwaystrecken zu killen - die Wege haben sich in Wien nie wirklich verändert! Und ob eine U1 mit den Stationen Reumannplatz -Südbahnhof - Karlsplatz - Stephansplatz - Donaukanal - Praterstern wirklich durchzubringen gewesen wäre? "Da muss ich ja dreimal umsteigen, a so a Bledsinn!"

Wenn das Oberflächennetz dazu passt: warum nicht?
Klassisches Beispiel: U3 Zieglergasse vs. 52/58. Das ist zwar ein Extrembeispiel, aber ich denke, dass sich das trotzdem auch auf andere U-Bahn-Stationen umlegen lässt: Taubstummengasse, Nestroyplatz, praktisch die ganze U2 vor der Verlängerung aber auch neue Stationen wie z.B. Hardeggasse, Messe & Krieau hätte man auch zusammenlegen können; Rochusgasse oder Erdberg (mit entsprechend anderer Anordnung von Schlachthausgasse und K-Nagl-Platz), Enkplatz, ...

Das Netz ist im Grunde schon OK (bis auf die Zweierlinie), aber die Stationsabstände hätte man durchschnittlich um ca. 20% dehnen und ums gleiche Geld dafür ein paar Straßenbahnlinien weiter betreiben können.
Liebe Fahrgäste: Der Zug ist abgefahren.

haidi

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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #10 am: 31. Dezember 2012, 17:59:54 »
Ein Modell, das ich erst kürzlich wieder in London gesehen habe (aber ähnlich auch in anderen Städten, z.B. Berlin): Die U-Bahn ist das Rückgrat des ÖV, an der Oberfläche gibt es Linien, die teilweise quer durch die Stadt führen und dabei einerseits Zubringerfunktion ausüben, andererseits auch Direktverbindungen ermöglichen, die durch die U-Bahn nicht abgedeckt werden. Dabei nimmt man aber in Kauf, dass die Oberflächenlinien teilweise mehrere Stationen parallel zur U-Bahn verkehren – und zwar teilweise mit sehr dichten Intervallen, Extrembeispiel ist die Oxford Street.

In London haben diese quer durch die Stadt führenden bzw. vom Zentrum in die Peripherie führenden Buslinien durchaus auch sozialen Charakter, kostet eine Einzelfahrt von Charing Cross Station bis Golder's Green Station mit der Ubahn GBP 4,30 (Cash), 3,10 (Oyster Card Peak Time) bzw. 2,60 (Oyster Card Off Peak), mit der Buslinie 13 nur 2,30 (Cash) bzw. 1,35 (Oyster Card).
Ich hab während eines London-Aufenthaltes in Golder's Grenn *) gewohnt und bin die Strecke (Bis Oxford Circus oder Picadilly Circus aus Sightseeing-Gründen oft gefahren, da gab es immer wieder Einheimische, die auch die gesamte Strecke fuhren.

Wenn man sich auf der Busseite anschaut, was da an Buslinien von Oxford Circus in die Peripherie fährt oder von z.B. Canada Water oder Canary Wharf ins Zentrum fährt - die übernehmen sicher einiges an Fahrgästen von der Ubahn.

*) Golder's Green ist ein interessantes Viertel - dort lebt eine jüdische Gemeinde eng zusammen mit arabischer Bevölkerung.

Hannes
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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #11 am: 31. Dezember 2012, 18:09:34 »
Also ich bin kein Freund von Linien, die die gleiche Strecke fahren und nur weil eine U-Bahnstation fehlt, extra umsteigen zu müssen. Dafür steht sich der Zeitaufwand nicht. Aber einige U-Bahnstrecken hätte man ja nicht exakt entlang der gleichen Straßenbahntrasse planen müssen.

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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #12 am: 01. Januar 2013, 17:12:41 »
Also ich bin kein Freund von Linien, die die gleiche Strecke fahren und nur weil eine U-Bahnstation fehlt, extra umsteigen zu müssen. Dafür steht sich der Zeitaufwand nicht. Aber einige U-Bahnstrecken hätte man ja nicht exakt entlang der gleichen Straßenbahntrasse planen müssen.
Die gesamte U3 ist meiner Meinung nach eigentlich ein Gutes Beispiel für eine Streckenführung, die das Netz ergänzt. Daß sie trotzdem ein Tramkiller wurde, ist der roten 60er-Jahre-Autofahrerpolitik zu verdanken. Zwischen Ottakring und Westbahnhof gibt's eh keine Diskussion, hier ergänzt die U3 das Netz hervorragend. Auf der Mariahilfer Straße hätte eine Station wohl gereicht und die Führung zum Volkstheater schreit eigentlich förmlich danach eine der beiden Straßenbahnlinie trotzdem oben zu führen. Der Streckenteil durch die Innenstadt steht ohnehin außer Diskussion. Bleibt also der Abschnitt Stubentor–Schlachthausgasse, der dem Straßenbahnbetrieb auf der Landstraßer Hauptstraße nach allen verkehrspolitisch sinnvollen Kriterien niemals hätte gefährden dürfen. Die Straßenbahn durch die Erdbergstraße wäre wohl kaum zu retten gewesen, dafür hätte man den J-Wagen und den T-Wagen verknüpfen können. Die Reststrecke Schlachthausgasse-Simmering stellt ohnehin wieder eine sinnvolle Netzergänzung dar.

De facto bleibt die Linie U2 als der ohne Diskussion ultimative und sinnloseste Tramkiller aller Zeiten, die idealerweise mit absolut der gleichen Linienführung als Ustrab betrieben hätte werden können (spätere Option auf Ausbau als Stadtbahn mit längeren Zügen bei entsprechender Beförderungsnachfrage). Ein Ähnliches Konzept wäre für die U1 vorstellbar gewesen, wobei ich hier auf Grund der tatsächlich benötigten Beförderungskapazität definitiv die Notwendigkeit für eine Stadtbahn mit Langzügen sehe, was auf den großteils ohnehin modernen Außenstrecken ohneweiters machbar gewesen wäre.

Die Linien U4 und U6 waren großteils sowieso immer schon da, die Auflassung des 8ers war einfach eine bodenlose Dummheit, denn mit minimalem Vorausblick hätte man die heutige Situation abschätzen können.
Ich verstehe das Konzept dahinter nicht und bin generell dagegen.

hema

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Re: Alternativen zur U-Bahn (war: Linie 21 (1907-2008))
« Antwort #13 am: 01. Januar 2013, 18:01:54 »
. . . .  denn mit minimalem Vorausblick hätte man die heutige Situation abschätzen können.
"Man" hat es ja vorausgesehen. Nur leider, keiner der Mans hatte halt was zu sagen. Wie immer setzten sich die sattsam bekannten RechtMachthaber auf Rat ihrer Einflüsterer und "Sponsoren" durch.  :down:
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