Auch an so etwas sieht man den Unterschied zwischen einer echten Weltstadt (Budapest) und einer möchtegern Weltstadt wie Wien. Die politische Lage klammere ich hier bewusst aus, die wär vor 10
Jahren be uns auch nicht sonderlich rosig - wenn auch auf anderem Niveau als heute in Ungarn.
Zwischen Budapest und Wien bestand halt schon immer ein Konkurrenzkampf, die Ungarn haben halt eher mehr Geld gehabt, die Habsburger selbst waren arme Schlucker aus der Schweiz, die schauen mussten, wo sie Geld auftrieben, das hängt uns halt heute noch nach.
Naja, ganz so stimmt das auch nicht. Beim Ausgleich 1867 ist die österreichische Reichshälfte finanziell weit besser dagestanden, was sich auch im Lastenausgleich entsprechend niedergeschlagen hat (Aufteilung 70:30). Bis zum Zusammenbruch der Monarchie hat sich das nicht grundlegend verschoben, gerade einmal auf 67:33. Budapest war aber sicher in der ganzen ungarischen Reichshälfte finanziell am besten gestellt, weil das das einzige Industriezentrum war.
Das stimmt. Die österreichische Reichshälfte war bereits massiv industrialisiert, in Ungarn gab es außer um Budapest und vielleicht Bratislava kaum Industrie. Österreich hat allerdings nach dem Ersten Weltkrieg die wichtigsten Industrieregionen verloren (Schlesien, Böhmen und Mähren) und ist damit fast genauso ein Agrarstaat geworden wie Ungarn. Österreich hat immerhin die Schwerindustrie in OÖ und der Obersteiermark retten können, im Restungarn hingegen gab es fast gar nix. Sogar die Siegendorfer Zuckerfabrik ging verloren
Was ich allerdings gehört habe, und das gibt wiederum haidi ein wenig Recht: Gegen Ende der Monarchie haben sich die Habsburger (außer dem senilen KFJ) eher auf die ungarische Reichshälfte besonnen. Offensichtlich wussten sie schon, das Österreich mittelfristig für sie verloren war. Nach 1918 hat Kaiser Karl in Österreich abgedankt, wollte aber weiter König von Ungarn bleiben. Die Ungarn haben ihm aber die Einreise verwehrt
Warum wirkt Budapest mehr wie eine Weltstadt als Wien? Das hat eher stadtplanerische Gründe:
Speziell die Pester Seite der Stadt war nach Abzug der Türken im 17. Jahrhundert großteils zerstört und entvölkert. Dazu kam das flache Gelände. Ideale Voraussetzungen, um die Stadt nach modernen Gesichtspunkten neu anzulegen. Und damals waren breite Boulevards gerade der Zeitgeist - wie in Paris ja auch. Somit wirkt Pest sehr großzügig, weltstädtisch und prunkvoll. In Buda ist es hingegen etwas kleiner und verwinkelter, fast wie in den westlichen Wiener Vorstädten.
Die Entwicklung von Wien wurde zur selben Zeit von der Kleiteiligkeit gebremst. Wien war ja damals noch in dutzende eigenständige Gemeinden zerteilt, mit Stadtmauer und Linienwall war es auch funktional nicht einheitlich. Somit haben sich sogar in den Innenbezirken die kleinteiligen dörflichen Strukturen gehalten, man kann sie auch heute noch gut erkennen. Breite Boulevards und großzügige Bebauung gab es erst viel später als in Budapest und nicht in dem Ausmaß. Abgesehen von der Ringstraße gibt es in Wien eigentlich nur wenige Prachtboulevards - mir fällt da spontan eigentlich nur die Praterstraße ein. Und selbst die beginnt beim Donaukanal als kleines Gasserl.