Und das ist ja der Punkt: Die Tramway ist seit 70 Jahren nicht mehr Konkurrenz/Alternative zum Fußgehen, sondern zum privaten PKW. Und dort hab ich Klimaanlage, bequeme Sitze, angenehme Atmosphäre und kann die Fenster aufmachen, wie es mir passt. Bei uns heißts leider immer noch, "de Leit soin froh sein, dass ma foahrn".
Ich find den Reflex hier in AT wirklich lustig (bitte nicht bös verstehen!) - "versteh' ich nicht, hab ich noch nicht benützt, ist überflüssig". Das ist genau das Problem bei den WiLi: was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. Dass all die bunten Dinge genauestens ausgetüftelt sind, ergonomisch meist großartig und vor allem "user-centric" erdacht sind, von Menschen, die viele Stunden selbst in diesen Fahrzeugen (bzw Mock-ups) verbringen, versteht man erst, wenn man selbst in allen Füllungszuständen gefahren ist. Wie schon erwähnt, allein die Idee, den Weißton der LED-Beleuchtung der Tageszeit anzupassen (das macht übrigens auch Windows 10 auf Wunsch mit der Bildschirmfarbe) ist simpel, aber für das Wohlbefinden gut.
Die Bombardier-Fahrzeuge mögen auf den ersten Blick zu bunt wirken (das blaue Licht kommt überstark auf den Fotos, das haben blaue LEDs leider an sich, die harmonieren nicht mit den Bildsensoren), aber der Wagen wirkt damit sehr lebendig. Das Design dieser Vorortzüge erhöht das subjektive Sicherheitsgefühl: die Fahrgäste haben ja auch unterschiedliche Kleidung an, so wirkt der Wagen auch wenn er fast leer ist belebter als er tatsächlich ist. Ansonsten ist das Publikum anderswo generell weniger konservativ als hier. Und ja, der Zug ist etwas breiter als gewohnt, die Wände sind starkt bombiert, dafür hat man die einzelnen Module kürzer gemacht. Auf dem zweiten Bild sieht man übrigens gut das Ineinandergreifen von ortsfester Info mit dem Rollmaterial.
Zu allen drei angeführten Punkten vollste Zustimmung!
Hier in Wien traut man sich in all den angeführten Punkten zu wenig, entwickelt keinen Weitblick, man schaut auch nicht auf seine Fahrzeuge und auch auf die Infrastruktur. Überläßt die Fahrzeuge ganz einfach dem Treiben der Fahrgäste, die an Disziplinlosigkeit eigentlich mit nichts zu überbieten ist, einschreitwilliges Fahrpersonal macht man mundtot und all das in einem der weltweit größten ÖFFI-Betriebe. Die Bestimmenden glauben so zu Wählerstimmen zu kommen. Das Gegenteil wird der Fall für kommende Wahlen sein. Da ist man selbst in Budapest oder Bratislava, Prag überhaupt, wesentlich weiter, denkt dort ganz anders und der Erfolg bei Fahrgastzahlen, bei neuen Fahrzeugen und Linienabstimmungen gibt ihnen Recht.
Wenn ich auch an Paris z.B. denke, wo Licht, Farbenvielfalt, Mut zu heute möglich gewordenen Inovationen durch die Fahrzeuge zieht, macht es jedesmal Spaß dort mit den ÖFFIS unterwegs zu sein. Selbst in Zügen der SNCF, wo bei breiten Einstiegen an den Seiten Klappsitze angebaut sind, wo Reisende bei Einfahrt in eine Station sich von den Klappsitzen erheben, so breite Einsteigbereiche frei geben, eben diese Klappsitze während des Aus-/Einsteigens der übrigen FG als Gesäßlehnen verwenden, ist eigentlich hier in Wien unvorstellbar. Und Freundlichkeit untereinander spürt man noch dazu.
Wie @ tramway.at es richtig aufzeigt, es wäre wesentlich Besseres möglich. Hoffentlich geht da die WLB bei der Konzeption ihrer neuen Fahrzeuge eine zukunftsorientierten Weg...