Autor Thema: Hausabriss und Mietenpreise  (Gelesen 866246 mal)

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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #615 am: 25. Mai 2015, 23:49:22 »
Aus den denkmalgeschützten Arbeiterhäusern beim Bahnhof Meidling sollen Wohnungen werden. Genehmigung gibt es keine. Der Architekt führt einen Kampf mit der Justiz.

22.05.2015 | 18:51 |  Anna Thalhammer  (Die Presse)

Wien. Leer stehende historische Bauten renovieren und wieder nutzen zu wollen, ist eine gute Sache. Eine Genehmigung braucht man dazu aber trotzdem. Das alte Arbeiterhaus der ÖBB in der Eichenstraße 13–23 in Wien-Meidling, das nun seit fast zehn Jahren leer steht, wurde vom Bauträger Semsem gekauft. Hier sollen laut dem Architekten Alaa Abouelenin bis Oktober Wohnungen entstehen. „Ob für kürzere oder längere Nutzung ist noch nicht entschieden.“

Das Problem: Der 1869 vom Chefarchitekten der Südbahngesellschaft, Wilhelm Flattich, errichtete Sichtziegelbau steht seit 2002 unter Denkmalschutz – und Genehmigungen für den laufenden Umbau gibt es laut Bundesdenkmalamt keine. Abouelenin ist der Meinung, dass er diese auch nicht braucht: „Wir machen nur Vorbereitungsarbeiten, reißen nur Wände heraus, die nicht tragend sind, und wollen am Gesamterscheinungsbild der Gebäude nichts ändern. Aus wirtschaftlichen Gründen müssen wir schnell arbeiten.“ Er verstehe also nicht, warum sich das Denkmalamt so aufrege. Die Bauarbeiten wurden wie vorgeschrieben bei der Baupolizei gemeldet. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Denkmalamt langsam und faul ist. Ich habe in persönlichen Verhandlungen mit der Frau Präsidentin Neubauer alles besprochen. Ich habe einen Brief von ihr, wo alles geklärt ist.“

 
Ein Brief ist keine Bewilligung

Das sieht das Bundesdenkmalamt nicht so. Im Akt zum Objekt in der Eichenstraße ist etwas anderes vermerkt: Ja, es habe ein Gespräch gegeben, bestätigt das Bundesdenkmalamt, und ja, auch einen Brief der Präsidentin. Dort sind aber nur allgemeine Rahmenbedingungen zu einem Umbau in einem derartigen Objekt beispielhaft skizziert, dazu sei ausdrücklich formuliert, dass gröbere Veränderungen am Objekt nicht vorstellbar sind. „Es ist völlig normal, Gespräche zu führen. Es geht ja nicht darum, dass wir einen Glassturz über das Gebäude stülpen wollen. Wir sind auch daran interessiert, dass es genutzt wird“, sagt Oliver Schreiber vom Bundesdenkmalamt. „Der Bauträger ist schon lange in Wien tätig und sollte wissen, was eine Korrespondenz und was eine Genehmigung ist. Denn die gibt es nicht“, sagt Schreiber. Darum hat das Bundesdenkmalamt den Antrag auf Einstellung der Bautätigkeit gestellt und fordert den Rückbau.

Semsem und auch der Architekt Alaa Abouelenin sind tatsächlich keine Unbekannten. Abouelenin produzierte im Jahr 2002 nach Libro und Cybertron mit 55,8 Millionen Euro Passiva den drittgrößten Firmenkonkurs des Landes. Der damals 15-fache Gesellschafter und 14-fache Geschäftsführer verschiedenster Immo-Projektgesellschaften musste sich wegen betrügerischer Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit vor Gericht verantworten. Es saß knapp drei Monate in Untersuchungshaft und wurde nicht rechtskräftig verurteilt. Zu einem Abschluss des Verfahrens ist es bis heute, also auch 13Jahre später, nicht gekommen. Sein Anwalt Karl Schön spricht von einem Justizskandal und absichtlicher Verschleppung. Während Abouelenin auf ein Urteil wartet, mischt er mit Semsem, der Firma seiner Frau Andrea Wagner, wieder kräftig auf dem Immobilienmarkt mit.

Die Liegenschaft am Meidlinger Bahnhof wurde erst vor Kurzem von der ÖBB verkauft. Vor so Kurzem, dass diese noch immer als Eigentümer für den Bau von Wilhelm Flattich im Grundbuch stehen. Dieser hat übrigens etliche mittlerweile denkmalgeschützte Bauten für die Bahn errichtet, darunter den Hauptbahnhof Triest oder die Bahnhöfe an der Brennerstrecke und im Pustertal. Auch die Pläne für den alten Südbahnhof stammten aus seiner Feder. Abouelenin plant nach dem Umbau im Inneren des historischen Hauses auch eine Aufstockung. Ein Ansuchen liegt der Baupolizei vor. Auch davon weiß das Denkmalamt noch nichts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2015)


Q: http://diepresse.com/home/panorama/wien/4737744
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
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68er

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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #616 am: 26. Mai 2015, 09:18:16 »
Semsem hat im Vierten ein Haus entgegen der Bauklasse mit einem Luxuspenthouse aufgestockt und dann das Verfahren zwanzig oder dreißig Jahre durch alle Instanzen gezogen, bis es schlussendlich doch einen vom VwGH bestätigten, zwangsvollstreckten Abbruchbescheid gab.
Da werden die Behörden also vermutlich noch viel Spaß haben.
Aber gut, weder ist es im diese Bruchbuden, noch um ihre einzige zukünftig denkbare Verwendung als Elendsquartiere für Opfer von Menschenhändlerbanden schade.

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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #617 am: 26. Mai 2015, 20:33:41 »
Aber gut, weder ist es im diese Bruchbuden, noch um ihre einzige zukünftig denkbare Verwendung als Elendsquartiere für Opfer von Menschenhändlerbanden schade.

Diese "Bruchbuden" halten immerhin schon 145 Jahre - ein Alter, das heutige Architektur vermutlich großteils niemals erreichen wird.

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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #618 am: 26. Mai 2015, 21:07:21 »
Um Gottes Willen. Vor allem im 4. zieht der eine Blutspur, der ist angeblich im Auslegen von Gesetzeslücken höchst gefinkelt. Irgendwann hat mir ein Baupolizist Schmankerl aller Art erzählt, er setzt sich auf jede Behördennachlässigkeit drauf und kämpft dann ewig.

Die Eichenstraßenhäuser kann man damit vergessen.

http://bi.morgyver.com/01-archiv/presse/bau.html

Hier kann man in wenig Einblick in die Denkweise des Herren nehmen:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_19991019_OGH0002_0040OB00234_99M0000_000/JJT_19991019_OGH0002_0040OB00234_99M0000_000.pdf

Da hat er sich soweit ich mich erinnere einen schmalen, keilförmigen Grundstücksstreifen zwischen Straße und Bauobjekt gesichert und dann der ehemaligen Auftraggeberin, auf die er bös war, die Überfahrt verboten...
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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #619 am: 26. Mai 2015, 22:37:13 »
Semsem hat im Vierten ein Haus entgegen der Bauklasse mit einem Luxuspenthouse aufgestockt und dann das Verfahren zwanzig oder dreißig Jahre durch alle Instanzen gezogen, bis es schlussendlich doch einen vom VwGH bestätigten, zwangsvollstreckten Abbruchbescheid gab.
Nachdem er in den 30 Jahren genug Gewinn mit diesen Penthäusern gemacht haben wird, gehört da eine anständige Gewinnabschöpfung her.
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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #620 am: 29. Juni 2015, 12:23:49 »
Im 14. dürfte wieder einmal ein Kahlschlag bevorstehen und zwar Ecke Poschgasse/Kuefsteingasse (Schützplatz). Kuefsteingasse 11, ein Wohnhaus mit Zimmer-Küche-Wohnungen aus dem späten 19. Jahrhundert, leider innen wie außen um 1960 heftig modernisiert, ist laut den Eigentümern schon verkauft. Die Autowerkstätte Ecke Poschgasse ist bereits übersiedelt und das Gebäude steht leer, Poschgasse 5 wirkt auch recht leer, ebenso das schöne Gründerzeithaus Poschgasse 3.

Kuefsteingasse 11:



Poschgasse 3 (im Hintergrund) und 5:



Wie man sieht war die Einfahrt von Nr. 5 schon 1998 nicht mehr in Betrieb.

Es könnte also durchaus sein, dass da bis auf das Eckhaus zur Hütteldorfer Straße nicht viel überbleibt.
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haidi

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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #621 am: 29. Juni 2015, 13:22:52 »
Bei so einer Ubahnstation steigen die Grundstückspreise auch noch dazu. Warum soll sich so mancher Hausbesitzer (Zimmer-Küche-Wohnungen) den Unterhalt des Hauses antun, wenn er um den Kaufpreis sich ein Einfamilienhaus in nahezu beliebiger Lage und eine Yacht :) leisten kann und ihm dann noch Geld übrig bleiben wird.
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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #622 am: 29. Juni 2015, 14:46:25 »
Bei so einer Ubahnstation steigen die Grundstückspreise auch noch dazu. Warum soll sich so mancher Hausbesitzer (Zimmer-Küche-Wohnungen) den Unterhalt des Hauses antun, wenn er um den Kaufpreis sich ein Einfamilienhaus in nahezu beliebiger Lage und eine Yacht :) leisten kann und ihm dann noch Geld übrig bleiben wird.

Die Wohnungen waren schon zusammengelegt, jedenfalls im 1. Stock, aber das Haus schreit trotzdem nach einer Generalsanierung. Nachdem das einer Familie gehört hat, müssten für deine Rechnung da schon mehrere Einfamilienhäuser herausspringen und die muss man haben wollen. Ich würde ein Grundstück mitten in Wien vermutlich nur hergeben, wenn ich mir für den Erlös ein besser erhaltenes Zinshaus in noch besserer Lage kaufen könnte (und das ist etwas unwahrscheinlich).
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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #623 am: 29. Juni 2015, 17:12:16 »
Ich würde ein Grundstück mitten in Wien vermutlich nur hergeben, wenn ich mir für den Erlös ein besser erhaltenes Zinshaus in noch besserer Lage kaufen könnte (und das ist etwas unwahrscheinlich).
Um sein Geld nur anzulegen, ist halt ein unbebautes Grundstück irgendwo in Wien besser geeignet, als ein Zinshaus. Damit hat man viel weniger Kosten und Scherereien. Das Zinshaus lohnt sich nur dann, wenn man selber darin wohnen möchte.

W_E_St

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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #624 am: 29. Juni 2015, 18:00:40 »
Ich würde ein Grundstück mitten in Wien vermutlich nur hergeben, wenn ich mir für den Erlös ein besser erhaltenes Zinshaus in noch besserer Lage kaufen könnte (und das ist etwas unwahrscheinlich).
Um sein Geld nur anzulegen, ist halt ein unbebautes Grundstück irgendwo in Wien besser geeignet, als ein Zinshaus. Damit hat man viel weniger Kosten und Scherereien. Das Zinshaus lohnt sich nur dann, wenn man selber darin wohnen möchte.

Und genau das tun die ehemaligen Eigentümer dieses Hauses offensichtlich noch bzw. räumen es gerade. Insofern... für mich nicht nachvollziehbar.
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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #625 am: 29. Juni 2015, 18:52:39 »
Wer weiß, vielleicht wohnen sie woanders, wollen aufs Land ziehen oder brauchen dringend Geld. Da gäbs viele Möglichkeiten...

Tramwayhüttl

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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #626 am: 30. Juni 2015, 15:54:32 »
Kopernikusgasse 8 im 6. Bezirk wurde durch einen (zugegeben nicht einmal so hässlichen/billig wirkenden) Neubau ersetzt. Das Haus sah ziemlich desolat aus und hatte wohl schon vor Jahrzehnten seine Stuckfassade verloren.
Bitte seien Sie achtsam! Zwischen Ihren Ohren befindet sich nichts als Luft.

37er-Wagen

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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #627 am: 03. August 2015, 12:41:30 »
Ich wurde gerade informiert, dass es anscheinend schon wieder ein Haus erwischt hat: Sobieskigasse 35 (mit wirklich schönem Einfahrtstor)


Foto Copyright Kulturgüterkataster der Stadt Wien

anscheinend haben sie da gleich die Bauarbeiten vis-a-vis (Rückseite Auge-Gottes-Kino) genutzt...  :(
Mit freundlichen Grüßen
37er-Wagen

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nord22

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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #628 am: 05. August 2015, 16:06:28 »
Der Abbruch des Interspar-Gebäudes am Franz-Jonas-Platz hat den Blick auf eine historische Wandreklame der Firma Weiser freigegeben (Foto: A. Thiel).

nord22

pronay

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Re: Hausabriss und Mietenpreise
« Antwort #629 am: 05. August 2015, 17:11:48 »
Ah, der Weiser . . . der hatte auch eine Filiale im 18., Währinger Straße 105. Dort hat meine Mutter — Gott hab' sie selig, sie ist 1969 verstorben — immer Fleisch gekauft. Zuletzt war dort "Imbiss Maresch" (iirc) drinnen, aber der hat inzwischen auch schon zugesperrt.

Sorry für Off-topic, aber manchmal gehen einem die Erinnerungen durch . . .  ^-^