Endlich ein Platz für die Gedenktafel?
von Thomas Wolff aus Wien-23 Liesing | am 23.02.2011
Bereits seit Monaten sucht der Döblinger Heimat-Kreis einen Platz für die Gedenktafel an die Straßenbahnkatastrophe von 1960, bislang leider vergebens. Nun unterstützt auch die bz den Wunsch nach einer Würdigung der Opfer.
Von einer Aufstellung am Spitz zwischen Billrothstraße und Döblinger Hauptstraße hält Bezirksvorsteher Adolf Tiller nichts, da es nicht der unmittelbare Unfallort war: "Dann müsste man ja noch zusätzliche Informationsschilder aufstellen!". Die Eigentümerinnen des Hauses Döblinger Hauptstraße 6 würden nur ungern ihr Haus mit dem Unglück in Verbindung gebracht sehen. Gegen ein Angebot auf eine Mietzahlung würden sie eventuell ihre Entscheidung noch einmal "überdenken", dazu fehlen dem Heimat-Kreis aber die Mittel, bereits die Kosten für die Gedenktafel und die Aufstellung sind nicht unerheblich.
Nun aber gibt es ein Licht am Horizont: Vis-á-Vis am Josef Luitpold Stern-Hof kann die Gedenktafel nun eventuell aufgestellt werden, die Eigentümerin Sozialbau AG hat Gesprächsbereitschaft signalisiert, in Kürze wird der Vorstand über die Genehmigung entscheiden. Hoffen wir also, dass sich das Blatt nun doch noch zum Guten wendet.
Der Zusammenstoß zweier Straßenbahnen am 2. August 1960 war das schwerste Verkehrsunglück in Wien überhaupt, es forderte 21 Tote und über 100, zu einem großen Teil schwerst Verletzte! Eine Garnitur der Linie 39 raste, gelenkt von dem völlig alkoholisierten Tramwayfahrer Hans T., mit 60 km/h anstatt der erlaubten 12 die Billrothstraße hinunter, entgleiste auf der Einmündung in die Döblinger Hauptstraße und krachte in den entgegenkommenden Zug.
Den Rettungskräften bot sich ein Bildes des Grauens: Tote und abgerissene Gliedmaßen lagen auf der Straße, Schreie der Sterbenden und Schwerverletzten drangen aus den zertrümmerten Waggons, ein wahres Horrorszenario. Auch die Wiener Linien zogen in der Folge Konsequenzen aus dieser Katastrophe: Die völlig veralteten Züge in Holzbauweise wurden aus dem Verkehr gezogen, nicht zuletzt waren auch sie für die Opferanzahl verantwortlich, viele Fahrgäste wurden durch das zersplitternde Holz regelrecht aufgespießt. Und es gilt jetzt 0,0 Promille für den Fahrdienst!
Quelle:
http://regionaut.meinbezirk.at/wien-19-doebling/chronik/endlich-ein-platz-fuer-die-gedenktafel-d50274.html (mit einigen "neuen" Bildern)
Eine sehr lobenswerte Aktion! Eigentlich erstaunlich, dass man damals nicht sofort eine Gedenktafel aufstellte, bei der enormen Schwere des Unglücks.
Nur der letzte Absatz ist etwas irreführend: Die "völlig veralteten" (Holz-)Triebwagen wurden aufgrund dieses Unfalls natürlich nicht aus dem Verkehr gezogen, sondern fuhren noch knapp zwei Jahrzehnte. Und so völlig veraltet waren sie auch wieder nicht, wenn man den Wiener Wagenstand ansieht. Dass dieser insgesamt hinter etlichen anderen Städten hinterherhinkte, ist wieder eine andere Sache. Selbst wenn man aber direkt nach dem Krieg angefangen hätte, den Wagenpark zu modernisieren, wären am 39er an jenem schicksalhaften Tag ganz sicher keine modernen Stahlkastenwagen gefahren!
Der letzte Satz klingt auch ungefähr so, als ob starke Alkoholisierung in den 60ern quasi zum Tramwayfahren dazugehörte. Sicher gab es das sowohl bei Eisen- als auch Straßenbahn (der berühmte Fahrer, der immer sein Achterl neben dem Fahrschalter stehen hatte und bei jeder Haltestelle daran nippte...) und es wurde auch viel zu oft toleriert/ein Auge zugedrückt (wenn der Lokführer nicht mehr fahren konnte, weil er so rauschig war, musste eben der Heizer ran), aber die Regel war es keineswegs.