Autor Thema: Aus den Rechnungsabschlüssen der Stadt Wien für die Jahre 1933 bis 1936  (Gelesen 6740 mal)

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N1

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1933:
Zitat
Der in den letzten Jahren verzeichnete Rückgang in der Personenbeförderung auf der Straßenbahn und Stadtbahn hat im Jahre 1933 eine weitere Verschärfung erfahren. Er betrug gegenüber dem Vorjahre 10'4 Prozent. Die Zahl der Beförderungsfälle auf Straßenbahn und Stadtbahn ist von 523'8 auf 469'2 Millionen zurückgegangen. Die Wagenkilometerleistung ist im Betriebsjahre gegen das Vorjahr um 5'5 Prozent gesunken.

Die Einnahmen aus der Personenbeförderung der Straßenbahn und Stadtbahn haben 108'55 Millionen Schilling betragen, das ist eine Mehreinnahme von rund 3'2 Prozent gegenüber dem Wirtschaftsplane, und zwar als Folge der am 1. März des Berichtsjahres erfolgten Erhöhung der Preise der verbilligten Fahrausweise.

Im Autobusbetrieb ist die Zahl der beförderten Fahrgäste im Berichtsjahr um 22'2 Prozent gegenüber dem Jahre 1932 und die Einnahme um 8'8 Prozent zurückgegangen.

Das Geschäftsjahr schliesst mit einem Gebarungsabgang von 13'9 Millionen Schilling. Bei Hinzurechnung der vorzeitigen Abschreibungen ergibt sich der in der Bilanz ausgewiesene Gebarungsabgang von 15'3 Millionen Schilling.
Quelle: Rathauskorrespondenz vom 30. Oktober 1934

1934:
Zitat
Der in den letzten Jahren verzeichnete starke Rückgang in der Personenbeförderung auf Straßenbahn und Stadtbahn hat im Jahre 1934 wohl eine Abschwächung erfahren, betrug aber immerhin noch 4 Prozent. Die Zahl der Beförderungsfälle auf Straßenbahn und Stadtbahn ist von 469'6 Millionen auf 450'8 Millionen zurückgegangen. Die Nutzwagenkilometerleistung ist im Berichtsjahre gegen das Vorjahr um 3'5 Prozent gesunken.

Die Einnahmen aus der Personenbeförderung der Straßenbahn und Stadtbahn haben 102'9 Millionen S betragen, sie sind somit um 5'2 Prozent niedriger als im Vorjahre. Dass die Einnahmen in einem höheren Prozentsatz zurückgegangen sind als die Frequenz, ist darin begründet, dass der Durchschnittsfahrpreis, der im Jahr 1933 noch 23'12 Groschen betrug, im Berichtsjahre infolge der ganzjährigen Auswirkung des Kurzstreckentarifes und der versuchsweise Einführung des Kleinzonentarifes auf 22'82 Groschen gesunken ist.

Beim Autobusbetrieb ist die Zahl der beförderten Fahrgäste im Berichtsjahre um 17'6 Prozent und die Einnahme um 16'9 Prozent zurückgegangen.

Das Geschäftsjahr schliesst mit einem Gebarungsabgang von 2'9 Millionen S. Bei Hinzurechnung der vorzeitigen Abschreibungen ergibt sich der in der Bilanz ausgewiesene Gebarungsabgang von 3'5 Millionen S, wogegen er im Jahr 1933 15'3 Millionen S betrug. Diese namhafte Besserung des Gebarungsergebnisses gegenüber dem Vorjahre ist der Hauptsache nach auf die mit 1. Jänner 1934 in Kraft getretene einschneidende Kürzung der Bezüge des gesamten Personals sowie auf die anlässlich der Konvertierung der 30 Millionen Dollaranleihe vom Jahre 1927 festgelegte Sistierung der Anlehenstilgung und auf den Umstand zurückzuführen, dass mit Ende 1933 ein grosser Teil der Anlagen bereits zur Gänze abgeschrieben ist, woraus sich eine nicht unwesentliche Senkung der normalen Abschreibungen ergeben hat.
Quelle: RK, 24. Oktober 1935

1935:
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Die Strassenbahnen schliessen mit einem Gebarungsabgang von 4'7 Millionen Schilling, wobei in Anbetracht der ungünstigen finanziellen Lage des Unternehmens vom Investitionenbegünstigungsgesetz kein Gebrauch gemacht wurde. Im Jahre 1934 hatte der Abgang trotz der Vornahme von begünstigten Abschreibungen im Betrage von 0'6 Millionen Schilling nur 3'5 Millionen Schilling betragen, so dass das Gebarungsergebnis des Berichtsjahres um 1'8 Millionen Schilling ungünstiger ist als jenes des Jahres 1934. Die Ursache hiefür ist darin gelegen, dass der noch immer andauernde Einnahmenrückgang durch verschiedene Sparmassnahmen nur teilweise wettgemacht werden konnte.

Die Zahl der Beförderungsfälle im Straßenbahn- und Stadtbahnbetriebe hat um 6'3 Prozent zugenommen und ist auf 479'2 Millionen Schilling angestiegen. Im Jahre 1934 betrug sie nur 450'8 Millionen. Diese Steigerung der Frequenz ist darauf zurückzuführen, dass am 15. April 1935 der Kleinzonentarif (Zehngroschentarif) auf allen Straßenbahnlinien des Tarifgebietes I eingeführt wurde. Die Nutzwagenkilometerleistung hat gegenüber dem Vorjahre keine nennenswerte Aenderung erfahren.

Die Einnahmen aus der Personenbeförderung im Straßenbahn- und Stadtbahnbetriebe haben 100'3 Millionen Schilling betragen; sie sind somit um rund 2'5 Prozent niedriger als im Vorjahre, in dem sie 102'9 Millionen Schilling erreicht haben. Dass die Einnahmen trotz der eben ausgewiesenen 6'3 prozentigen Frequenzerhöhung einen weiteren empfindlichen Rückgang aufweisen, ist darin begründet, dass der Durchschnittsfahrpreis, der im Jahre 1934 noch 22'82 g betrug, im Berichtsjahre infolge vermehrter Ausnützung der billigeren und billigsten Fahrpreise – insbesondere des Zehngroschentarifes – auf 10'91 g gesunken ist.

Im Autobusbetrieb ist die Zahl der beförderten Fahrgäste im Berichtsjahre um 5'1 Prozent und die Einnahme aus der Personenbeförderung um 4,9 Prozent zurückgegangen. Die am 15. Oktober 1935 erfolgte Inbetriebsetzung der Autobuslinie auf den Kahlenberg konnte das Gebarungsergebnis des Berichtsjahres nicht mehr wesentlich beeinflussen.
Quelle: RK, 26. Oktober 1936

1936:
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Bei den Strassenbahnen schliesst das Geschäftsjahr mit einem Gebarungsabgang von 5,602.931'17 Schilling. Gegenüber dem Vorjahre ergibt sich eine Verschlechterung um rund 0'9 Millionen Schilling. Die Ursache hiefür ist darin gelegen, dass auch im Berichtsjahre der Einnahmenrückgang grösser war als die durch verschiedene Sparmassnahmen bewirkte Senkung der Ausgaben.

Die Beförderungsleistung auf der Straßenbahn und Stadtbahn betrug im Jahre 1936 rund 478,7 Millionen gegenüber 479'2 Millionen Fahrgästen im Jahre 1935. Die Wagennutzleistung auf der Straßenbahn und Stadtbahn war um 0'7 v.H., die Zahl der Triebwagenkilometer auf der Straßenbahn nur um rund 0'1 v.H. kleiner als im Vorjahr. Die für die Verkehrsdichte massgebende Zahl der Triebwagenfahrten an Werktagen blieb mit durchschnittlich rund 11.100 Fahrten gegen das Vorjahr nahezu unverändert. Auf der Stadtbahn wurde bei gleichem Fahrplan die Wagenzahl der Züge dem Bedarfe angepasst.

Die Einnahmen aus der Personenbeförderung auf der Straßenbahn und Stadtbahn sind von rund 100'3 im Jahre 1935 auf rund 96'3 Millionen Schilling zurückgegangen. Dass die Einnahmen trotz des oben festgestellten geringfügigen Rückganges der Beförderungsleistung in so starkem Ausmasse gesunken sind, ist darauf zurückzuführen, dass die Anzahl der Fahrgäste, die die Straßenbahn nur für kurze Fahrten in Anspruch nehmen und daher einen geringeren Fahrpreis entrichten, im Berichtsjahre stark zugenommen hat. Die Fahrgeldeinnahme je Fahrgast, die im Jahre 1935 noch 20'91 g betragen hatte, ist im Berichtsjahre auf 20'10 g zurückgegangen.

Die Beförderungsleistung des Autobusbetriebes betrug im Berichtsjahre rund 17'1 Millionen gegenüber rund 17'4 Millionen Fahrgästen im Jahre 1935. Die Wagennutzleistung des Autobusbetriebes ist infolge des ganzjährigen Betriebes der Linie auf den Kahlenberg um 4 v.H. gestiegen.

Die Einnahmen aus der Personenbeförderung des Autobusbetriebes betrugen rund 4'8 Millionen Schilling gegenüber rund 4'7 Millionen Schilling im Jahre 1935, ebenfalls eine Folge des ganzjährigen Betriebes der Linie auf den Kahlenberg.

Das Ergebnis des Elektrobusbetriebes - Linie Pötzleinsdorf-Salmannsdorf – hat sich infolge des andauernden Frequenzrückganges im Berichtsjahr weiterhin verschlechtert.
Quelle: RK, 25. Oktober 1937
"Der Raum, wo das stattfand, ist ziemlich groß."
Hans Rauscher

nord22

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Danke für die Publikation der Auszüge aus den Rechnungsabschlüssen der Stadt Wien aus den Zeiten der Wirtschaftskrise.
Der starke Rückgang der Fahrgastzahlen bis 1934 und die rückläufigen Einnahmen führten dazu, dass keine neuen Straßenbahnwagen
beschafft wurden. Es wurde mit Kastenreparaturen und technischen Verbesserungen an den vorhandenen Fahrzeugen wie der Einbau
von stärkeren Motoren, Überstromschaltern und Umbau auf Dachwiderstände das Auslangen gefunden. Die Beschaffung von M Triebwagen
mit Stahlkasten als Type M1 wurde 1930 nach Abnahme von nur 2 Stück (M1 4151 und 4152) abgebrochen, obwohl sie im Gegensatz zu den
Typen P, P1 und P2 technisch voll entsprochen haben. Nach dem "Anschluss" im März 1938 war die Neubeschaffung von Straßenbahnwagen
geplant, unterblieb jedoch aufgrund des Kriegsausbruchs im September 1939. Im Jahr 1944 gab es als einzige Neubeschaffung die Auslieferung
von 18 G4, die auf alten G Untergestellen aufgebaut waren und schon damals technisch veraltet waren.  Im Herbst 1944 wurden 30 Stück der
Kriegsstraßenbahnwagen Type A ohne elektrische Ausrüstung geliefert und kamen erst nach Kriegsende in Verkehr.  Dies hatte zur Folge, dass
der Fuhrpark der Wiener Straßenbahn in den 50er und 60er Jahren extrem überaltert war, was die bei der Verkehrsenquete 1955 beschlossene
Umstellung vieler Straßenbahnlinien auf Autobusbetrieb leider sehr gefördert hat. Die Type G/ G1 war biblische 62 Jahre im Einsatz!

LG nord22

13er

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Dies hatte zur Folge, dass der Fuhrpark der Wiener Straßenbahn in den 50er und 60er Jahren extrem überaltert war
Ehrlich gesagt: Wenn man viel im Ausland unterwegs ist, dann merkt man erst, dass es heute nicht viel anders ist. Ich habe die E1 wirklich sehr gerne, aber andere Städte (sind zwar kleiner, aber haben entsprechend auch weniger Ressourcen) fahren bereits jetzt komplett oder fast komplett niederflurig. Bei uns ist es dann 2030 so weit, da noch die gesamte Generation E2 dazwischen ist!
Mit uns kommst du sicher... zu spät.

Tramwayhüttl

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Und selbst die M-Wagen erschienen schon Ende der 30er Jahre verhältnismäßig vorsintflutlich, verglichen mit dem was in Italien oder z.T. Deutschland (Nürnberger Einheitswagen, großer/kleiner Hecht...) herumfuhr, von der Stadtbahn gar nicht zu reden.
Andererseits wird auch unser Emil gar nicht so unwahrscheinlich seinen 60er erreichen, denn bis auf die Motoren und einige Details stammt der Entwurf der E1 ja auch von 1959...
Bitte seien Sie achtsam! Zwischen Ihren Ohren befindet sich nichts als Luft.

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Dies hatte zur Folge, dass der Fuhrpark der Wiener Straßenbahn in den 50er und 60er Jahren extrem überaltert war
Ehrlich gesagt: Wenn man viel im Ausland unterwegs ist, dann merkt man erst, dass es heute nicht viel anders ist. Ich habe die E1 wirklich sehr gerne, aber andere Städte (sind zwar kleiner, aber haben entsprechend auch weniger Ressourcen) fahren bereits jetzt komplett oder fast komplett niederflurig. Bei uns ist es dann 2030 so weit, da noch die gesamte Generation E2 dazwischen ist!

Bitteschön, anderswo verabschiedet man sich von der Type Mannhein (=E2)! Die E1 sind Museumsfahrzeuge, nicht mehr und nicht weniger, auch wenn wir sie hier (unter Tramwayfreunden) naürlich schätzen!
Harald A. Jahn, www.tramway.at

hema

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Ich glaube, die meisten Leute fahren lieber mit einem E1 oder E2 als mit einem ULF.
Niemand ist gezwungen meine Meinung zu teilen!

ULF

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Ich glaube, die meisten Leute fahren lieber mit einem E1 oder E2 als mit einem ULF.
Wieso müssen wir dieses Thema immer und immer wieder auspacken?  ::)

13er

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Vor allem, weil's einfach nicht stimmt :) Man darf nicht von uns auf die Gesamtbevölkerung schließen.
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95B

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  • Anti-Klumpert-Beauftragter
Es kommt auf die äußeren Umstände an. Am 44er im Hochsommer würde die Mehrzahl der Leute nach einem (Halbfenster-)E1 lechzen, am 43er im selben Hochsommer würden die den (Klappfenster-)E1 zugunsten des B1 verwünschen. Am winterlichen 6er würden die Leute einen wohlig warmen E1 einem knapp über den Gefrierpunkt geheizten E2 vorziehen. Das kann man beliebig weiterspinnen und statt der Temperatur auch andere Faktoren untersuchen, etwa die persönliche Beweglichkeit, das Alter, den subjektiven Eindruck des Wageninneren etc. etc.

Wenn man aber über alle Faktoren mittelt, kann nur herauskommen, dass bei der Mehrheit der Bevölkerung ein modernes Niederflurzeug die Nase vorn hat. Dass Wien diesbezüglich nur den ULF zu bieten hat, ist ein anderes Kapitel.
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
... brrrr, Klumpert!
Entklumpertung des Referats West am 02.02.2024 um 19.45 Uhr planmäßig abgeschlossen!

luki32

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Ich glaube, die meisten Leute fahren lieber mit einem E1 oder E2 als mit einem ULF.

Natürlich, vor allem Gehbehinderte, Ältere und Leute mit Kinderwagen! Und sag jetzt nicht, das sind nur ganz wenige.

mfG
Luki
Vorsicht, Bösuser!
Militanter Gegner der Germanisierung der österreichischen Sprache!

hema

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Dir zu widersprechen wage ich doch schon lange nicht mehr!
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nord22

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Ich möchte noch in Erinnerung rufen, dass die E1 1965 aus der Type E entwickelt wurden und anfänglich ausschließlich für Schaffnerbetrieb konzipiert
waren (Lohner E1 4461 - 4498 und SGP E1 4631 - 4728). Der Schaffner bzw. die Schaffnerin half älteren und gebrechlichen Personen beim Ein- und Aussteigen
und Kinderwagen konnten im heckseitigen Auffangraum (mit 3 Türen) verstaut werden. Mit der Einführung der Geamatic E1 für Einmannbetrieb im Jahr 1971
wurde eine allfällige Hilfestellung für gebrechliche Fahrgäste etc. dem Fahrer zusätzlich aufgebürdet; dafür gab es damals auch die sogenannte "Einmannzulage".
Der erste SGP Geamatic E1 4729 aus dem Jahr 1971 ist heute am Sektor West/ RDH im Einsatz und wäre in der Erdbergstraße 109 eigentlich besser aufgehoben.

LG nord 22


   

hema

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Die Beförderung von Kinderwagen war lange Zeit überhaupt nicht erlaubt! Also nix mit hineinheben. Auch die Hilfe beim Ein- oder Aussteigen geschah auf rein freiwilliger Basis (somit weniger als selten)!
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