Autor Thema: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars  (Gelesen 87412 mal)

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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #105 am: 04. April 2017, 16:44:31 »
Großartig, danke fürs Verlinken! Da möcht ich gleich wieder hinfahren, aber das nächste Mal dann definitiv zum Heritage Weekend! :) Ich hatte leider noch nicht das Vergnügen mit dem Boat Car!
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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #106 am: 04. April 2017, 22:35:19 »
Da möcht ich gleich wieder hinfahren, aber das nächste Mal dann definitiv zum Heritage Weekend! :)
Nach einem Calexit komm ich dann gerne mit! 8)
"das korrupteste Nest auf dem weiten Erdenrund"
Mark Twain über die Wienerstadt.

13er

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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #107 am: 04. April 2017, 22:52:43 »
Da möcht ich gleich wieder hinfahren, aber das nächste Mal dann definitiv zum Heritage Weekend! :)
Nach einem Calexit komm ich dann gerne mit! 8)
Dort hassen sowieso alle den orangen Clown :D
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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #108 am: 07. April 2017, 18:58:10 »
Ein schönes Video über die Cable Cars: https://www.youtube.com/watch?v=ySCku7y8oYk
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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #109 am: 04. Januar 2018, 09:27:17 »
Eine traurige Nachricht aus SFO: PCC 1063 (in den Farben von Baltimore), der ganz neu restauriert wurde und erst letztes Monat in Betrieb ging, wurde am Abend des Neujahrstags von einem Truck erfasst, entgleiste (der Truck wurde umgeworfen) und hat schwere Schäden vorne türseitig. Die Schuldfrage ist noch nicht geklärt.

Bilder hier: https://www.streetcar.org/newest-pcc-streetcar-collides-truck/
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nord22

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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #110 am: 15. Juni 2018, 22:13:45 »
Am 03.08.2009 wurde ein SUV zwischen zwei Straßenbahnen eingeklemmt; Unfallursache war Auffahren durch den Mailänder Wagen wegen mangelnder Aufmerksamkeit des Fahrers durch ein Gespräch mit einem Fahrgast (Foto: SFPD rulenumberone2).

LG nord22

hema

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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #111 am: 15. Juni 2018, 22:17:33 »
Der fährt nimmer am Gleis!   >:D
Niemand ist gezwungen meine Meinung zu teilen!

diogenes

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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #112 am: 16. Juni 2018, 06:24:12 »
Der Fahrer des Mailänders möglicherweise auch nicht.
Ceterum censeo in Vindobona ferrivias stratarias ampliores esse.
Oh 8er, mein 8er!

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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #113 am: 03. Dezember 2018, 20:53:03 »
Mal wieder ein Foto von diesem Exotenbetrieb...

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Katana

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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #114 am: 22. März 2020, 21:37:24 »
Ein OT-Bild. Wenn es nicht passt, bitte löschen.

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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #115 am: 01. Oktober 2020, 18:52:49 »
Hatten wir das schon?
https://youtu.be/JxKUbmetl10
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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #116 am: 03. April 2023, 02:36:28 »

Mein Traumurlaub war im März 2007 und führte mich per Zug quer durch die USA, nach San Francisco.

Übrigens: Nie in San Francisco "Frisco" sagen, das mögen die Einheimischen überhaupt nicht. "SanFran" oder "The City" ist da schon angebrachter.
Nun mein Vortrag, gespickt mit Bildern und Anekdoten über diese archaische Technik. Man glaubt kaum, daß im sicherheitsfanatischen Nordamerika so ein steinzeiliches Verkehrsmittel, das sich sicherheitstechnisch kaum verändert hat, im Großstadtverkehr heute noch überleben kann.

Die Cable Cars- wie funktionieren die eigentlich?

Obwohl es schon viele Abhandlungen dadrüber gibt werde ich jetzt auch nochmal dazu was schreiben, so quasi als „vor Ort" Reportage. Auf die geschichtlichen Hintergründe will ich aber nicht eingehen, es geht jetzt nur um das „Wie" und die damit verbundenen technischen „Kabinettstückchen". Da es sich um eine größtenteils in den USA erfundene Technik handelt werde ich die Fachausdrücke, die ja logischerweise englischsprachig sind, nur bei erstmaliger Erwähnung übersetzen und ansonsten die originale Bezeichnung beibehalten. Dies ist auch sinnvoll da die „Sprache" der in San Francisco noch betriebenen Cable Cars im täglichen Betrieb noch voll auf die seit über 120 Jahren genutzte Technik zurückgreift.


Die hellorange markierten Bereiche sind die durch das Erdbeben und den Brand 1906 zerstörten Gebiete der Stadt, hellgrün das heutige Cable-Car Netz, vergleichsweise klein..

1.   Prinzipielle Funktion

Ein endloses Stahlkabel (Rope) wird von einer Kraftmaschine (Winding Engine/Machinery) von einer Kraftstation (Powerhouse) heraus angetrieben.




Der Verlauf der Kabel ist aus technischen Gründen nicht zwangsläufig identisch mit dem Gleisverlauf, wie diese Skizze zeigt:

Die Powell Street mußte, als eine relativ spät gebaute Linie, alle anderen Strecken als "inferior" (siehe unten) kreuzen, mit allen technischen Konsequenzen. Erklärung hierzu bei der Beschreibung der Kreuzung California/Hyde. Es muß ein unglaublicher körperlicher Streß für den Gripman gewesen sein, da das System an diesen Stellen keinen Fehler verzeiht.

Die Cable Cars sind mit einem Greifermechanismus (Grip) versehen, der, vom Fahrer (Gripman) bedient, den Wagen lösbar mit dem Seil verbindet.




Die Geschwindigkeit des Kabels beträgt 9.5 mph, also ungefähr 16 km/h. Neue Fahrer werden, nach bestandener Prüfung (Durchfallquote 70%!), feierlich in den "Nineandahalfmile-Club" aufgenommen.



     2.1 Kabelführung

In Normallage liegt das Kabel ca. 15cm unterhalb des Grip auf den Tragrollen (Carrying pulleys) auf. Um das Kabel „in den Griff†œ zu bekommen gibt es drei Möglichkeiten:
a)   Der "Gypsy", ein geschmierter Drahthaken der vom Gripman vom Wageninneren aus durch den Schlitz (Slot) in der Straße hinuntergeführt wird und mit dem er dann das Kabel anhebt. Dies wird aber nur im Notfall so gehandhabt.
b)   Der "Manual Gypsy", ein in der Straßenoberfläche bündig versenkter Hebel der über eine damit verbundene Tragrolle das Kabel anhebt. Diesen findet man üblicherweise im Bereich der Weichen bei der Einfahrt in die Wagenhalle (Carbarn) und an der Endstation der California-Line an der Market Street.


c)   Die Absenkung („Declivity"). Hier werden die Gleise auf einer bestimmten Länge (unabhängig von der Kabelführung!) um ca. 15 cm abgesenkt um den Grip samt Wagen auf die Kabelebene zu bekommen und dem Gripman das Greifen des Kabels zu ermöglichen. Wird bei Weichen und kreuzenden bzw. wechselnden Kabeln angewandt. Nach den Drehscheiben sind diese Absenkungen auch zu sehen da der Wagen dann an schon abfahrbereit mit dem Kabel im Grip stehen sollte.

Im rechten Gleis ist mit einem gelben Querstrich die "Take rope"-Stelle markiert. Hier muß der Gripman spätestens das Kabel wieder gegriffen haben, um die darauffolgende "Pull curve" (Siehe unten) bergauf zu nehmen. Nach links rollt der Wagen ohne Seil weiter, da die Kurve leicht abschüssig ist, es handelt sich hierbei um eine "Let go-curve". (Siehe unten) Die "Take rope"-Stelle ist erst nach der Linkskurve.

2.2   Besonderheiten bei der Kabelführung

Kurven sind bei Kabelbahnen schon immer ein Problem gewesen. Da das Kabel vom Grip immer fest gegriffen sein sollte und deshalb keinerlei gleichzeitige Seitenführung durch Rollen etc. möglich war wurden bei den ersten Kabelbahnen Kurven tunlichst vermieden, was bei dem schachbrettartigen Grundriß amerikanischer Städte auch kaum ein Problem darstellte.
Nachdem in Dunedin/Neuseeland eine Kabelbahn mit einer Kurve nicht zu vermeiden war wurde dort auch die Kurventechnik erfunden. Seither unterscheidet man zwischen:
a)   „Pull Curve"
und
b)   „Let go-Curve"
Bei ersterer wird das Kabel über eine große Anzahl von Führungsrollen radial um die Kurve geführt und der Grip von einer Leitschiene („Chafing bar") von den Rollen ferngehalten während der Wagen vom geschlossenen Grip um die Kurve gezogen wird. Diese Art der Kurven wird meist bei bergaufführenden Streckenabschnitten angewandt.
Die „Let go"-Kurve ist technisch wesentlich einfacher, betrieblich jedoch schwieriger. Hier wird das Kabel unabhängig von der Kurve einfach um 90° umgelenkt, hierzu befindet sich an der Kurvenaußenseite (im ideellen Schnittpunkt der darauf zulaufenden geraden Strecken) unabhängig vom tatsächlichen Gleisverlauf unterirdisch eine (meist 90°) Umlenkrolle. Um eine solche Kurve befahren zu können muß der Gripman vor der Kurve an einem mit „Let go" oder „Drop Rope"  markierten Punkt das Kabel durch volles Öffnen des Grip fallen lassen und den Wagen mit Schwung um die Kurve rollen lassen. Nach der Kurve ist folglich eine Declivity eingebaut damit der Gripman das Kabel nach kurzem Anhalten wieder greifen kann. „Let go"-Kurven werden logischerweise meist auf Gefällestrecken eingebaut.

2.3   Kreuzungen zweier Kabelbahnstrecken.

Auch dieses Problem hat einige konstruktive und betriebliche „Fallstricke", und das wortwörtlich:
In San Francisco wurde diese Problematik so gelöst, daß grundsätzlich eine später gebaute Strecke ihr Kabel unter der älteren hindurchführen mußte. Man sprach von der überlegenen („Superior") Strecke, eben der älteren, und der unterlegenen der („Inferior") Strecke, also der neueren.
Heute gibt es in San Francisco nur noch eine derartige Kreuzung, aber die hat es echt in sich, technisch wie betrieblich:
An der Kreuzung Mason/California treffen sich zwei Linien. Die ältere „California Street Line" und die neuere „Powell/Mason Line". Während die „California Street Line" die Kreuzung in durchgehendem leichten Gefälle bzw. Steigung befährt und eben auch „Superior" ist, erreicht die „Powell/Mason Line" die Kreuzung aus einer Steigung und fällt danach wieder steil ab, es handelt sich in diesem Fall, aus Sicht der „Powell/Mason Line" um eine Kuppe, deren jeweilige andere Seite beim Herannahen nicht einsehbar ist, genausowenig wie die kreuzende, „superior" Strecke der „California Street Line".

Blick aus südlicher Richtung auf die Kreuzung Mason/California. Man sieht, daß man nichts sieht. Hier sind auch die weiter unten erwähnten Sperrklinken eingebaut.


Die Kreuzung: Die Strecke des vorigen Bildes kommt von rechts, hier kreuzt gerade ein Wagen der California-Line. Im von rechts heranführenden Gleis ist wieder die gelbe Markierung zu sehen, allerspätestens hier muß der Wagen völlig vom Seil gelöst sein um mit Schwung (trotz der vorangegangenen starken Steigung!) über die Kreuzung zu rollen.

Ein Gripman der „Powell/Mason Line" muß also vor der Kreuzung im richtigen Moment das Kabel abwerfen, mit ausreichendem Schwung noch aus der Steigung heraus die Kreuzung passieren (oder nötigenfalls anhalten!) und nach der Kreuzung kurz vor dem beginnenden starken Gefälle an der Declivity, nach kurzem Halt damit der Wagen nicht zu schnell wird, das Kabel wieder greifen. Desgleichen aus der Gegenrichtung. Deshalb ist die Mitte der Kreuzung auch so eine Berg-und Talbahn.



Sollte ein Gripman der „Powell/Mason Line" das rechtzeitige Abwerfen des Kabels versäumen wird zuerst eine Warnglocke aktiviert und als letztes Mittel, kurz vor der Kreuzung der beiden Kabel, das Kabel der „Powell/Mason Line" von einer Vorrichtung, „Dead Man" genannt, gewaltsam aus dem Grip gerissen. Dabei werden in der Regel der Grip und das Kabel schwer beschädigt, mit den dazugehörigen Folgen, betrieblich wie disziplinarisch...
Zur Sicherheit, falls ein Wagen doch einmal vor der Kreuzung in der starken Steigung zum Stehen kommen sollte sind noch sogenannte „Safety Latches" eingebaut, große Sperrklinken die den Wagen am Zurückrollen hindern sollen. Diese sind auch am scharfen „Klack" beim Befahren bergauf hörbar.


2.4   Steigungen und Kuppen

Beim Übergang aus der Waagerechten in eine Steigung würde das Kabel, wenn es nicht enstprechend geführt wäre, aus dem Slot in die Straße herausragen. Also sind an diesen Stellen über dem Kabel sogenannte Niederhalterollen („Depression pulleys") eingebaut. Nun müssen diese Rollen aber, da ja das Kabel von oben vom Grip gehalten wird, beweglich sein um nicht gegen den Grip zu schlagen.
Gelöst wurde das Problem folgendermaßen:
Da der Grip das Kabel in gegriffenem Zustand stets auf gleicher Höhe (die UNTER der Führungsebene der „Depression pulleys" liegt) hält, schiebt der Grip beim Herannahen an einer solchen Stelle die an einem axial drehbaren Arm befindlichen Niederhalterollen beiseite und diese fallen dann nach Passieren des Grip wieder in ihre Postition über dem Kabel zurück, je nach Konstruktion per Gegengewicht oder Federkraft. Man hört das auch deutlich am „Klackklackklack" des Grip an diesen Stellen.


Bei der Rekonstruktion des Netzes in den Jahren 1983-1984 wurden diese doch etwas störanfälligen Vorrichtungen teilweise grundlegend geändert bzw. neu konstruiert. Die „Depression pulleys" sind nun fest über dem Kabel befestigt und unter Umkehrung der bisherigen Technik wird der gesamte Wagen samt Grip mit einem kaum merklichen Schlenker um die Rollen herumgeführt. Da der Grip das Kabel im Moment des Vorbeifahrens ohnehin unterhalb der Führungsebene der Rollen hält beeinflußt dies den Lauf des Kabels nicht. Nach fast 120 Jahren war dies eine der ganz wenigen grundlegenden Neukonstruktionen die bei der Rekonstruktion eingebaut wurden. Dies lag an der -inzwischen durch bessere Werkstoffe möglichen- stabileren Ausführung des Grip, der früher der jetzt an diesen Stellen auftretenden seitlichen Belastung nicht lange standgehalten hätte.


Kuppen hingegen sind konstruktiv einfach. Das Kabel liegt lediglich auf den in diesem Fall unter dem Kabel befindlichen „Crown pulleys" auf und wird vom Grip bei der Überfahrt nur ein wenig von den Rollen nach oben abgehoben so daß auch keine Klappvorrichtungen nötig sind.

3. Fahren und Bremsen

Bemühen wir ein wenig unsere Fantasie und versetzen uns in die Postion eines Gripman.
Wir wissen bereits daß das Kabel in der Normalposition etwa 15cm unterhalb des Grip läuft. Jetzt kann man den Grip mit dem großen Hebel so lange öffnen uns schließen wie man will, es würde sich nichts rühren. Also muß das Kabel in den Grip, aber wie? Man könnte den „Gypsy" bemühen, aber das lassen wir mal bleiben. Gehen wir von der Situation aus daß der Wagen auf einer Declivity steht und das Kabel in Griffebene im geöffneten Grip leer läuft. Jetzt stellt man sich am besten einen Vergleich mit dem Anfahrvorgang beim Auto vor, nur ohne Schaltung. Der Gripman zieht den Hebel des Grip langsam zu sich heran und die Greifbacken des Grip, die sogenannten „Dies", greifen das Kabel. Gleichzeitig löst der Gripman die Bremsen. Im Prinzip ist das wie Einkuppeln beim Autofahren. Zum Anhalten gibt es, bezogen auf den Grip, zwei Möglichkeiten:

a)   Grip leicht öffnen so daß das Kabel nur noch lose durchläuft aber noch im Grip gehalten wird („Partial release")
b)   Grip voll öffnen so daß das Kabel aus dem Grip herausfällt und auf den Carrying pulleys aufliegt („Full release")

Methode a) ist die gängige Praxis bei Haltestellen oder sonstigen Betriebshalten.
Die Variante b) wird nur an der erwähnten Kreuzung angewandt oder eben an „Let go"-Points.

Siehe dieses Video: https://www.youtube.com/watch?v=sPXz-SMCpQA&feature=youtu.be&t=117


3.1 Die Bremsen:

Es gibt wohl kaum ein städtisches Massenverkehrsmittel das noch über dermaßen archaische Bremsssysteme, nein, wohl eher „Anhaltevorrichtungen" verfügt wie die Cable Cars. Am Platz des Gripman findet man, von rechts nach links, folgende Bedienungseinrichtungen:


Der Bremshebel: (Track brake lever)
Dieser wirkt auf die Schienenbremsen, vier Leisten aus Kiefernholz die über ein Hebelsystem auf die Schienen gepreßt  werden. Warum ausgerechnet Kiefernholz??
Ganz einfach: Andere Hölzer werden unter Hitze und Druckeinwirkung glatt und verlieren ihre Griffigkeit, bei Kiefernholz ist dies nicht der Fall.
Daher auch der eigentümliche Geruch aus heißem Fett und heißem Holz, der die Cable Cars umweht.
Metallische Werkstoffe würden zu unkontrollierbarem Gleiten führen, Versuche mit Kunststoffen in den 70er Jahren gingen daneben, wie ein Gripman beschreibt „(...) schmolzen die Dinger bei der Probefahrt einfach weg und liefen den anwesenden Konstrukteuren um die Schuhe!"
Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht: Es handelt sich NICHT um Holzmagnetschienenbremsen!  :mrgreen:


Mittig, vor dem Griplever:
Das Bremspedal (Wheel brake pedal):
Dieses betätigt die Klotzbremsen des vorderen Drehgestells und wird meist zur Einleitung des Bremsvorgangs genutzt, die Schienenbremse folgt im Anschluß und wird als Feststellbremse genutzt da die Klotzbremse nicht über eine Rastierung verfügt. Die Klotzbremse des hinteren Drehgestells wird im Bedarfsfall vom Conductor mit der auf der hinteren Plattform befindlichen Handkurbel (Gooseneck, ="Gänsehals") bedient.
Anmerkung: Bei den Zweirichtungswagen der California-Line bedient der Conductor vom anderen „Fahrerstand" das Bremspedal des hinteren Drehgestells im Bedarfsfall mit.

Links hinten, neben dem Bremspedal:
Das Sandpedal (Sandpedal):
Hiermit wird Bremssand vor die Räder des vorderen Drehgestells gestreut. Ein unglaublich primitiv anmutender „Klapperatismus" betätigt über ein Gestänge die Sandschieber.

Links außen/vorne:
Der rotlackierte (Da wo die Jacke drüberhängt) Notbremshebel (Slot brake lever):
Das ist die absolute „Brutalbremse". Sollten alle Bremsen versagen oder nicht ausreichend sein, sollte in starkem Gefälle der Grip -was durchaus passieren kann- defekt werden und das Kabel nicht mehr greifen können, dann kommt diese Bremse zum Einsatz.
Die Funktionsweise ist folgende:
Ein mit Federkraft vorgespannter Keil wird ausgeklinkt, senkrecht in den Slot gerammt, und dabei noch gespreizt. Diese Brutalbremse hat meist ein zeitgleiches Absteigen der Trittbrettfahrer und ein „sich näherkommen" der auf den Längssitzen befindlichen Fahrgäste zur Folge. Aufgrund der Keilwirkung und der immensen Reibung kann der Wagen danach meist nur noch „herausgeschweißt" werden und muß vom Schlepptruck in den Carbarn zurückgebracht werden da nach einer solchen Aktion auch andere Schäden aufgetreten sein können, schließlich ist der Wagenkasten ausschließlich aus Holz aufgebaut und im täglichen Betrieb ohnehin schon starken Belastungen ausgesetzt.

Welche Bremse fehlt noch?
Das Kabel selbst:
Einen guten Gripman erkennt man daran daß er nach dem Einfahren in ein Gefälle lediglich den Grip fest anzieht und ansonsten nichts mehr herumhantiert. Am Kabel angeklemmt kann der Wagen nie mehr als 9.5 mph erreichen.

   4. Gefahren der Kabelbahntechnik

Wie alle technischen Dinge liegen auch in der Kabelbahntechnik gewisse Gefahren, einige werden ich jetzt kurz beschreiben. Es sind dies ausgesprochen „systemtypische" Gefahren, die so bei keinem anderen Verkehrssystem auftreten können.


a)   „Loosing the Grip"

Sollte aus irgendeinem Grund der Grip den Halt am Kabel verlieren, so hilft auf den stärker geneigten Strecken meist nur noch die Notbremse, eben die erwähnte „Slot brake". Mit den Betriebsbremsen kann der Gripman bzw. der Conductor den Wagen meist nur auf den flacheren Strecken anhalten.


b)   „Caught in a loose Strand"

Das Kabel besteht aus vielen gewickelten Lagen von einzelnen Stahldrähten. Normalerweise wird durch das Gleiten durch den Grip die Kabeloberfläche zusammengehalten und so auch während des Betriebes in gewissem Rahmen geglättet. Sollte aber mal einer dieser Drähte aus dem Umriß des Kabels herausragen („loose strand"), so ist dies eine der größten Gefahren überhaupt!
Das Kabel kann sich im Grip verhaken und folglich nicht mehr ausgeworfen werden.
Der Wagen wird dann unkontrollierbar vom Kabel weitergezogen, da hilft dann in der Regel nur noch die Notbremse, hierbei werden aber das Kabel und der Grip so nachhaltig beschädigt daß eine Auswechslung oder Reparatur des Kabels  und des Grip unausweichlich werden.
Um dies zu vermeiden sind in regelmäßigen Abständen im Kabelnetz sogenannte „Strand Detectors" eingebaut, stimmgabelförmig gebogene Fühler die mit einem Schalter verbunden sind.
Sollte irgendwo ein „Strand" entstanden sein, so schlägt dieser gegen einen der Fühler und das betroffene Kabel wird sofort angehalten. So kann die Position des beschädigten Stücks in etwa lokalisiert werden und eine Reparatur entweder vor Ort oder nach langsamen Weiterbewegen des Kabels im „Powerhouse" vorgenommen werden.


c)   „Skinning the cable" (=wörtlich: "Das Kabel häuten")

Obwohl die Cable Cars am Kabel nie schneller als eben die Kabelgeschwindigkeit werden können, gibt es dennoch eine sehr riskante Möglichkeit, dies zu beschleunigen. Wenn der Gripman in „Partial release", also bei nur teilweise geöffnetem Grip den Wagen bergab rollen läßt hat er zwar das Kabel noch „im Griff", aber durch die entgegengesetzte Bewegung des Grip am Kabel entlang, also quasi ein „Überholen" des Kabels, besteht die große Gefahr daß eventuelle „Strands", die vorher erwähnten einzelnen Drähte, hervorgerissen werden.
Man kann sich das im Vergleich mit dem „Kämmen" gut vorstellen:
Im Normalbetrieb wird das Kabel vom Grip „mit dem Strich" gekämmt, also eventuelle lockere Drähte, hier im Vergleich eben Haare, liegen weiterhin  an und sind somit keine große Gefahr.
Wenn der Gripman also im Gegensatz hierzu „gegen den Strich†" das Kabel befährt, können mehrere eventuell lockere Drähte  sofort aus dem Kabel herausreißen und die Folgen sind meist schlimmer als bei nur einem losen Draht, siehe b). In diesem Fall baut sich sofort ein dickes Knäul aus dem Kabel auf und wird schnell mitsamt dem gefangenen Wagen an irgendeinem Hindernis, sei es eine Rolle oder eine sonstige Führung hängenbleiben oder zusammenstoßen. Bis die Antriebsmaschinerie zum stehen kommt dauert es eben eine ganze Weile.

d)   „Hitting the slot"

Der Schlitz in der Straße, eben der „Slot", darf nur minimal breiter sein als die Führung des Grip, der sogenannte „Gripshank". Besonders im Bereich der Kreuzungen und Weichen besteht die Gefahr daß der Grip an irgendeiner Kante hängenbleibt. Dies hat dann einen sofortigen „Brutalhalt" des Wagens zur Folge, meist verbunden mit einem verletzten Gripman der von dem herausbrechenden Grip nach vorne geschleudert wird.
Vorhersehbar ist so etwas nicht, nur durch ständige Kontrolle des gesamten Systems können solche Unfälle vermieden werden. Im Rahmen der Rekonstruktion des Netzes wurden diese kritischen Bereiche durch eine extra stabile Stahlbetonkonstruktion substantiell verbessert, die prinzipielle Gefahr bleibt jedoch noch bestehen.

So, ich hoffe dieser kleine Einblick in die Welt der Cable Cars hat Euch gefallen. Sponsoren für eine weitere Reise sind immer gern gesehen, meine Bankverbindungen sind im persönlichen Gespräch zu erfahren.


Literatur:
George W. Hilton: The Cable Car in America
J.Bucknall Smith: A new treatise upon cable or rope traction (Nachdruck)
Susan Holtzer: Cable Car Confidential

Weblinks:
http://www.cablecarmuseum.org/
http://www.streetcar.org/
http://de.wikipedia.org/wiki/San_Francisco_Cable_Cars
http://www.sfcablecar.com/
http://www.sfcablecar.com/gripmans.html

Halbstarker

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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #117 am: 03. April 2023, 09:25:18 »
Vielen Dank für diese ausführliche und beeindruckende Beschreibung!  :o :up:
Ceterum censeo autocineta omnibus delenda esse!

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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #118 am: 03. April 2023, 10:08:55 »
Wahnsinn, jetzt kann ich mir das endlich einigermaßen vorstellen. Vielen Dank!
Harald A. Jahn, www.tramway.at

Florian

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Re: [US] San Francisco - Linie F und Cable Cars
« Antwort #119 am: 27. Juli 2023, 13:47:57 »
Ende Mai war ich für ein paar Tage in San Francisco und natürlich ist auch die eine oder andere Aufnahme von den Cable Cars und der Tramway entstanden. Die E-Line ist leider nach wie vor nicht in Betrieb, somit waren auch die Mailänder nicht im Einsatz und selbst auf der F-Line konnte zwischen den gesteckt vollen und recht unregelmäßig verkehrenden PCCs immer wieder ein SEV-Bus gesehen werden.

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Wagen 1063 der F-Line präsentiert sich in den Farben von Baltimore und erreicht gerade den Pier 39 und hat somit seine Schleifenfahrt um die letzten Häuserblocks bis zur Endstelle begonnen.

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Bei der Enstation Bay and Taylor stapeln sich die Wagen der Powell/Mason Line, während die Touristen ungeduldig bei der Einstiegsstelle warten.

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Wagen 19 der Powell/Hyde Line befährt gut ausgelastet die Kreuzung  Bay and Hyde auf dem Weg Richtung Market Street

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Auch den "normalen" öffentlichen Verkehr sollte man nicht außer Acht lassen, somit noch ein Foto von der Metro bzw Lightrail die teils im Tunnel, teils in Mittellage und teils als herkömmliche Straßenbahn verkehrt, aufgenommen beim Caltrain Depot.
 Der Caltrain stellt eine recht attraktive Regionalzugverbindung ins am südlichen Ende der Bay gelegene San José dar. Aktuell wird der Betrieb noch mit den alten EMD F40 abgewickelt, die Elektrifizierung ist jedoch bereits voll im Gange und die Ablöse in Form von Stadler Doppelstocktriebwagen steht schon bereit.

Ich hoffe die Bilder finden Gefallen