Das größte Problem der Bahn ist ja, dass man bis heute nicht weiß, was man im Endeffekt mit ihr machen möchte. Wenn man sie so wie sie ist als S-Bahn betreiben möchte, wären Elektrifizierung und Anhebung der Höchstgeschwindigkeit nicht schlecht. Aber soweit ich weiß, ist man ja mit der Einbindung in die Ostbahn nicht glücklich und die Kreuzungssituation mit der Pottendorfer Linie würde ich nicht als optimal bezeichnen.
Ich bin mir auch nicht sicher, was langfristig am besten für die Bahn wäre. Für gute Fahrzeiten ins Zentrum von Wien wäre sicher eine Einbindung in entweder die Ostbahn oder die Pottendorfer Linie am besten, für eine gute Erschließung von Leopoldsdorf und Südfavoriten wäre wohl eine Lokalbahn-Lösung zu einer U1-Station besser.
Und so oder so wäre eine Verschiebung der Station Laxenburg-Biedermannsdorf an den Bahnübergang sinnvoll, und weitere Halte im Norden Sollenaus und am IZ NÖ Süd, auch wenn letzterer ziemlich am Rand läge. Das führt direkt zur nächsten Problematik: auch bei der Raumentwicklung wurde in den letzten Jahrzehnten keinerlei Rücksicht auf die seit über einem Jahrhundert bestehende Bahn genommen. Neue Gewerbe- und Wohngebiete wurden sonstwo gewidmet, aber allenfalls zufällig in der Nähe der Stationen der Aspangbahn, die deshalb oft ziemlich am Siedllungsrand liegen. Das begrenzt leider auch das Potential der Bahn; vielleicht könnte man diesen über Jahrzehnte gewachsenen Missstand etwas lindern, indem man konsequent die Radinfrastruktur in Richtung der Bahnhöfe ausbaut und Abstellmöglichkeiten fürs Rad schafft - aber auch das wäre letztlich Aufgabe der Anrainergemeinden.
Letztlich bräuchte es also ziemlich viel seitens der ÖBB (Infrastrukturmodernisierung, zeitgemäße Fahrzeuge) und der Gemeinden, um der Bahn mehr Nutzende zu bescheren. Das Land NÖ bzw. der VOR haben mit den jüngsten Angebotsausweitungen m.E. schon ziemlich große Schritte gemacht.
Man muss den Gemeinden schon zugestehen, dass es wenig Sinn macht, die Raumplanung auf eine HVZ-Linie auszurichten. Das hätten schon Land und/oder Bund forcieren müssen, indem sie den Gemeinden einen Ausbau zusichern. Bis vor einigen Jahren war man sich ja nicht einmal sicher, ob der Personenverkehr bestehen bleibt. Einer Haltestelle Sollenau Nord stehe ich eher skeptisch gegenüber, das sollte man nur machen, wenn man Fahrzeit zu verschenken hat.
Auf die Zukunft bezogen sehe ich hier übrigens weder die ÖBB noch den Bund in der Pflicht, sondern das Land NÖ. Das muss mit den Gemeinden und der Stadt Wien gemeinsam erarbeiten, wie es auf der Bahn weitergehen soll.
Und was die eine Angebotsausweitung betrifft: Wie viele neue Fahrgäste wird das bringen? Die Fahrzeuge sind für bestimmte Personengruppen nicht oder nur erschwert benützbar. Sie sind so antik, dass man schon in Frage stellen muß, ob Fahrten mit zwei, drei Fahrgästen damit im Hinblick auf die Klimadiskussion im Vergleich zu einem Hybridbus oder gar E-Bus wirklich vernünftig sind! Nur damit "Bahnfans" mehr Züge beobachten können - das rechtfertigt einen Halbstundentakt nicht! Das Mindeste wäre, die Fahrgastzahlen der "neuen" Züge zu erfassen und das ggf. nach einem oder zwei Jahren wieder auf einen Stundentakt zu reduzieren. Und ich frage hier nocheinmal: Wie lange soll das in der Form überhaupt noch weitergehen? Gibt es dazu - wenn vielleicht auch nur inoffiziell - Pläne oder Ideen der ÖBB, des VOR, etc.?
Ich würde darum bitten, nicht so zu tun, als wäre das eine abgelegene Bahn im Nirgendwo ohne Einzugsgebiet oder eine komplett marode Strecke mit vmax 60 km/h für die man zwingend viel Geld bräuchte. Traiskirchen alleine hat 18000 Einwohner und der R95 ist wesentlich schneller am Hbf als man es mit WLB je sein kann. Das Problem ist wie schon gesagt, dass es eben keine offizielle Strategie gibt.
Daher von meiner Seite ein Vorschlag mit Herleitung: Die Bahn ist tatsächlich von vielen Ortszentren etwas entfernt, bei Teesdorf ist es am weitesten. Man muss die Leute also mit Geschwindigkeit locken, eine WLB-artige Lokalbahn hätte keine konkurrenzfähige Fahrzeit. Es muss also eine S-/Regionalbahn mit zumindest vmax 120 km/h sein, selbstverständlich elektrisch. Haltestellen müssen erneuert und teilweise verlegt werden, ich möchte hier auch Traiskirchen und Möllersdorf auf die Liste schreiben, etwas weiter südlich hätten die Halte mehr Potenzial. IZ NÖ Süd ist eh klar, ein Verschwenken nach Achau mit Halt wäre auch noch gut, die Brücke über die Pottendorfer ist mit vmax 60 km/h sowieso keine gute Dauerlösung.
Stellt sich nur die Frage: Wohin damit in Wien? Am einfachsten und billigsten wäre es, die aktuelle Lösung zu belassen. Ich würde es aber für wesentlich effektiver halten, wenn man es schafft, eine Verbindung zur S7 herzustellen und die Züge auf die Stammstrecke fahren zu lassen. So könnte man auch gleich das Problem mit der Unterversorgung der Halte Zentralfriedhof, Geiselbergstraße und St. Marx lösen, weil sich die Linie nicht für die Trassenkonflikte mit den RJ interessieren muss. Die Lösung würde wahrscheinlich einen Tunnel mit etwas weniger als 1 km Länge benötigen, wäre also eine teure Variante, dafür aber mit viel Potenzial. Mittelfristig sehe ich die Bestandslösung definitiv als sinnvoller an, aber man sollte sich diese Möglichkeit überlegen, wenn der Bestand umgebaut werden muss.