Autor Thema: [PM] Wie das Parken in Europas Großstädten funktioniert  (Gelesen 2812 mal)

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Wie das Parken in Europas Großstädten funktioniert
24. Juni 2012, 17:43


Ein Blick unter anderem auf die Konzepte von Madrid, Berlin oder London

Wer in Madrid parken will, wird zum Opfer der Wirtschaftskrise. Zwar nimmt der Verkehr ab, doch einen Parkplatz zu finden wird immer schwieriger. Die Erklärung: 13 Prozent der Anwohner, die 2009 ihr Auto in einer Privatgarage unterstellten, parken jetzt auf der Straße, heißt es in einer Studie der Stadtverwaltung vom Dezember 2011.

Ein Garagenplatz kostet rund 200 Euro im Monat, eine Jahreskarte, mit der Anwohner in gekennzeichneten "grünen Zonen" parken können, gerade einmal 24,60 Euro pro Jahr. Andere Autolenker, die sich auf einen grünen Anwohnerparkplatz stellt, dürfen nur eine Stunde bleiben und zahlen dafür 2,30 Euro. Dieses System hat in den ersten drei Jahren einen Rückgang des Verkehrs von sieben Prozent bewirkt. Eine neue Preiserhöhung soll weitere 16 Prozent davor abschrecken, mit dem Wagen in die Stadt zu kommen.

Moskau

Moskau droht der Verkehrsinfarkt. Staus gehören zum Alltag, die Suche nach einem freien Parkplatz erweist sich als langwieriges und oft erfolgloses Unterfangen - speziell im Zentrum. In der Megapolis gibt es lediglich eine Million Parkplätze, dabei sind allein in der Stadt vier Millionen Fahrzeuge registriert. Hinzu kommen noch zahlreiche Autofahrer, die aus dem Umland täglich zur Arbeit nach Moskau pendeln.

Die Russen nutzen daher jede freie Stelle. Findet sich weder am Straßenrand noch auf dem Gehsteig Platz, so parken die frechsten Autofahrer auch in zweiter Spur. Als Lösung hat die Stadtregierung die Schaffung von Großparkplätzen am Stadtrand und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs vorgeschlagen. 1,5 Millionen Parkplätze sollen in den kommenden fünf Jahren entstehen.

Da es vielen Beamten aber eher um die Erfüllung der Statistik als um die Lösung des Problems geht, klagen Autofahrer darüber, dass viele der neuen Parkplätze zu eng oder zu kurz seien, um sein Fahrzeug überhaupt abzustellen zu können. Mit 706 Fahrzeugen pro 1000 Einwohner ist Rom die europäische Hauptstadt mit der höchsten Autodichte. Parkplätze sind Mangelware, wildes Parken in zweiter Reihe gehört zum Alltag. In der Innenstadt kann jeder in seinem Wohnviertel mit einem Pickerl kostenlos parken. Die Suche nach einem freien Platz dauert allerdings meistens einige Zeit. Nichtansässige müssen einen Euro pro Stunde bezahlen.

Rom

In der einzigen großen Tiefgarage zwischen Piazza di Spagna und Via Veneto kostet eine Stunde 2,20 Euro, ein Tag bis zu 18 Euro. Für einen der raren Garagenplätze in der Innenstadt müssen Autobesitzer für einen Mittelklassewagen rund 500 Euro monatlich zahlen.

Einwohner der engeren Altstadt benötigen eine Genehmigung zum Befahren der "Grünen Zone", die jedoch keineswegs autofrei ist. Sondergenehmigungen und illegale Invalidenausweise helfen bei der Lösung des Problems. Außerhalb der Innenstadt ist das Parken grundsätzlich kostenlos. Die Einführung einer Parkgebühr für dort Ansässige steht in Rom derzeit nicht zur Diskussion.

Berlin

Kostenlose Parkplätze gibt es in der Berliner Innenstadt überhaupt nicht mehr. Insgesamt werden dort auf einer Fläche von 2620 Hektar 83.000 Stellplätze "bewirtschaftet", wie es der Senat ausdrückt. Dort eine Stunde sein Fahrzeug abzustellen kostet einen Euro, in den ganz gefragten Gegenden (Regierungsviertel, Potsdamer Platz) sogar zwei Euro - und das von neun bis teilweise 24 Uhr.

Ihren Obolus berappen die Berliner bei äußerst unbestechlichen Parkautomaten, die entlang der Straßen aufgestellt sind. Wer kein Kleingeld dabei hat, kann auch via Handy zahlen.

Anwohner haben die Möglichkeit, beim jeweiligen Bezirksamt in den Parkraumzonen ein Pickerl, den sogenannten Bewohnerparkausweis, zu beantragen. Die Kosten dafür sind recht niedrig: Für zwei Jahre beträgt die Gebühr pro Fahrzeug 20,40 Euro.

Paris

In Paris will die linke Stadtregierung die Hauptstädter veranlassen, ihr Auto während der Woche stehen zu lassen und mit der Metro in die Arbeit zu fahren. Wer über die kleine gelbe Parkscheibe (in Kreditkartenformat) seines Stadtbezirks verfügt, zahlt dort fürs Autoabstellen nur 3,25 Euro pro Woche. Das ist weniger, als auswärtige Autofahrer im Stadtkern (erstes bis achtes Arrondissement) für eine einzige Stunde zahlen - der normale Stundentarif beträgt bis zu 3,60 Euro.

Die Straßen dadurch zu entlasten und die Autos der Vorstädter aus der City wegzuhalten funktioniert trotz der gewaltigen Dichte von Fahrzeugen in Paris recht gut. Deshalb verzichtet Paris auch auf eine Zufahrtsmaut. Die Kehrseite: Es gibt fast keine freien Parkplätze. Zu gewissen Zeiten ist es in Paris stellenweise unmöglich, einen freien Platz zu finden.

Stockholm

Stockholm ist für Parkplatzsuchende eine Herausforderung. In der Innenstadt kostet das Parken in öffentlichen Parkhäusern bis zu sieben Euro pro Stunde. Parkplätze auf den oft schmalen Straßen sind rar und bis auf wenige Ausnahmen gebührenpflichtig. Eine Stunde Parken kostet bis zu sechs Euro. Wer kein gültiges Ticket vorweisen kann, muss mit Strafen zwischen 60 und 110 Euro rechnen. Anrainer in der City können für 5,50 Euro pro Tag oder 77 Euro im Monat eine Sonderparkerlaubnis erwerben - ohne Platzgarantie.

Zur Begrenzung des Pkw-Verkehrs wird in der Innenstadt an Werktagen von 6.30 bis 18.29 Uhr für in Schweden zugelassene Fahrzeuge eine Citymaut erhoben, wobei der Höchstbetrag pro Tag und Fahrzeug sieben Euro beträgt. Empfehlenswert ist das Parken an P&R-Parkplätzen mit Anschluss an die Öffis. Diese Plätze liegen außerhalb der Mautstellen und kosten maximal 1,20 Euro pro Stunde beziehungsweise 2,50 Euro pro Tag. Um die vergleichsweise niedrigen Tarife nutzen zu können, muss man allerdings zwischen fünf und 9 Uhr auf dem Park-and-ride-Parkplatz eintreffen.

Zürich

Die Schweizer Bankenstadt ist keine Autostadt. Von den 380.000 Einwohnern besitzen nur zwischen 50 und 60 Prozent ein Auto. Zum Schutz der Anrainer vor Immissionen und Pendlerverkehr wird der Parkraum seit 1989 rigoros bewirtschaftet. Außer im historischen Zentrum - wo man auf den äußerst raren Parkplätzen maximal zwei Stunden oder im teuren Parkhaus (40 Franken / 33,31 Euro Tagestarif) parken darf, wurden im ganzen Stadtgebiet Blaue Zonen eingeführt. Mit Parkuhr kann man dort sein Auto zwischen 8.30 und 18 Uhr maximal eine Stunde abstellen (zu Mittag drei Stunden).

Anwohner zahlen für ihre Jahreskarte, die in allen Blauen Zonen gültig ist, aber noch keinen Parkplatz garantiert 240 Franken (199,85 Euro). Ab dem kommenden Jahr steigt die Gebühr auf 300 Franken (249,81 Euro). Gewerbetreibende zahlen 600 Franken (499,63), ab 2013 dann 480 Franken (399,70). Für Tagesgäste bietet die Stadt Zürich Tageskarten für 15 Franken (12,49 Euro), die übers Internet gekauft und ausgedruckt werden können oder bei der Polizei erhältlich sind.

London

Wohin mit den Autos von mittlerweile fast acht Millionen Einwohnern? Die Frage treibt viele Londoner mehr um als übliche Aufregerthemen wie Kriminalität und Müllabfuhr. Die Parkaufsicht fällt in die Zuständigkeit der 33 Bezirke und stellt für diese eine wichtige Einkommensquelle dar. Anwohner erhalten zwar für ihre eigene sowie wenige Nachbarstraßen eine Vignette, die kostenloses Parken erlaubt, doch außerhalb dieser Zone kosten schon Kurzzeitplätze umgerechnet 60 Cent, pro Stunde fallen durchschnittlich 1,50 Euro an.

Autofahrer in der Innenstadt müssen seit neun Jahren tagsüber auch noch die Citymaut einberechnen. Diese kostet pro Wochentag zwischen sieben und 18 Uhr je nach Zahlungsweise zwischen neun und zwölf Pfund (11,15-14,88 Euro) pro Fahrzeug, Anwohner erhalten Rabatt von bis zu 90 Prozent. (sbo, jub, ren, brä, bau, mu, ab, rw, DER STANDARD, 25.6.2012)


Quelle: http://derstandard.at/1339638803118/Ueberblick-Wie-das-Parken-in-Europas-Grossstaedten-funktioniert
Mit uns kommst du sicher... zu spät.

moszkva tér

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Re: [PM] Wie das Parken in Europas Großstädten funktioniert
« Antwort #1 am: 24. Juni 2012, 22:47:30 »
Ich war 2007 mit dem Auto in Moskau und St.Petersburg und hatte in beiden Städten zwar irre Probleme mit den Staus, aber praktisch nie Probleme, einen Parkplatz zu finden. Selbst bei der Hostel am Arbat fand ich immer einen Parkplatz direkt vor der Tür.

Aber das kann sich in den paar Jahren auch schnell geändert haben. Die Russen befinden sich gerade motorisierungsmäßig in unseren 1970ern. Wer es sich nur annähernd leisten kann, kauft ein Auto. Und der Markt ist noch lange nicht gesättigt.

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Re: [PM] Wie das Parken in Europas Großstädten funktioniert
« Antwort #2 am: 25. Juni 2012, 12:02:50 »
Auch recht nett: Frankfurts CSU-Oberbürgermeisterin zu Besuch bei Manfred Juraczka in Wien. Interessant, wie dieselbe Farbe unterschiedlich an dasselbe Thema herangeht:  8)

Eine Lektion in urbaner Christdemokratie

Wien - Wer sich denn das Kasperltheater mit der Volksbefragung zum Parkpickerl einfallen habe lassen, will Petra Roth wissen. Die Frankfurter Oberbürgermeisterin war am Mittwoch zu Gast in der ÖVP-Akademie, um mit dem Wiener VP-Chef Manfred Juraczka über "Herausforderungen der urbanen Christdemokratie" zu diskutieren.



"Wissenschaft verändert Politik"

Unterschiedlicher hätten die Auffassungen der beiden Schwarzen kaum ausfallen können. Roth, seit 17 Jahren im Amt, spannte den Bogen von Integration bis hin zu nachhaltiger Umweltpolitik. Sie selbst habe sich gegen die Autofahrerpartei innerhalb der CDU durchsetzen müssen. "Bei einer Befragung, ob jemand zukünftig mehr zahlen soll, weiß man doch, was rauskommt. Politik bedeutet, Entscheidungen zu treffen, die nicht alle zufriedenstellen, aber die für das Allgemeinwohl wichtig sind", quittierte sie die Bestrebungen der VP, über das rot-grüne Parkpickerl-Projekt abstimmen zu lassen. "Die Fakten und die Wissenschaft verändern angewandte Politik. Sie können besser sein," ermutigte sie den neuen VP-Chef.

Auch in Frankfurt gab es zu wenig Parkflächen. "Wir haben Parkhäuser gebaut und die Flächen den Fußgängern zurückgegeben", erzählte Roth, die in ihrer Amtszeit viele ökologische Projekte gefördert hat - nicht selten gegen den eigenen Partei-Mainstream. Roth, die mit 1. Juli ihr Amt zurücklegt, regiert mit den Grünen in einer Koalition. "Radwege für 15 Millionen Euro - das war unüblich für die CDU, aber wir haben es gemacht."

Pro Moschee

Als "unbequeme Großstadtpolitikerin" wurde Roth eben erst von der Welt bezeichnet. Unbequem wurde sie im Laufe des Abends wohl so manchem in der ÖVP, als sie beim Thema Integration das Wort ergriff. Die SPÖ würde Migranten auf "beängstigende Art und Weise servicieren", meinte Jurazcka dazu. Roth, die sich persönlich für den Bau von Moscheen und Sprachförderprogramme in Kindergärten stark gemacht hat, erwiderte, es sei für sie als Christdemokratin eine Selbstverständlichkeit, dass jeder seinen Glauben ausüben darf. "Manchmal muss man das der Mehrheitsgesellschaft eben erklären."

30.000 Menschen wurden in Frankfurt eingebürgert, das hat Roth innerhalb der CDU zur "linken Ausbüxerin" gemacht; auch, weil sie das kommunale Wahlrecht für Ausländer fordert. "Ich betrachte das als Ausgrenzung, dass jemand der hier Heimat gefunden hat und Krankenkassebeiträge zahlt, nicht das Rathaus mitwählen darf." (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 15.6.2012)


Quelle: http://derstandard.at/1339637926957/Deutsche-Politikerin-in-Wien-Eine-Lekt

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Re: [PM] Wie das Parken in Europas Großstädten funktioniert
« Antwort #3 am: 25. Juni 2012, 12:26:23 »
Naja, unsere ÖVP hat ja auch mit Christdemokraten ungefähr so viel zu tun wie Dollfuß damals mit der Demokratie. Man braucht sich nur die letzten zehn Jahre anschauen.

(Nicht dass die SPÖ wirklich besser wäre, das will ich keinesfalls sagen.)
Mit uns kommst du sicher... zu spät.