Es ist halt so, dass durch die politische Verflechtung die Verantwortlichen der Wiener Linien weder ausreichend fordern noch sich trauen, mit sinnvollen Forderungen in die Öffentlichkeit zu gehen. Im Gegenteil - wie man bei der Ampelgeschichte sieht: "Die Beeinflussung durch die Straßenbahn ist bei fast allen Ampeln durchgesetzt." -> Beeinflussung vielleicht, aber Bevorrangung nicht. Sieht man an so einer Pimperlampel wie der Linzer STraße#Missindorfstraße.
Sieht man auch, dass sich die WL nicht gegen das eigene Personal durchsetzen können, weil sonst die Gewerkschaft den GEschäftsführer rausschmeißt.
Ich sehe in Wien zu anderen Städten die folgende Unterschiede:
-) Kompetenzen der BV - die Wiener Stadtverfassung räumt diesen ungleich mehr Kompetenzen ein als dies woanders der Fall ist. In anderen Städten kann ein BV nur entscheiden, was
alleine in seinem Bezirk passiert. Bei Projekten, die über Bezirksgrenzen hinausreichen (z.B. beim Neubau von Straßenbahnstrecken) hat er zwar Mitspracherecht, kann aber die grundsätzliche Entscheidung, ob die Strecke gebaut wird oder nicht, nicht beeinflussen. In Wien kann er das - und damit sind solche Projekte, da die BV ja immer einer politischen Partei angehören, die natürlich zu der im Rathaus in Opposition stehen kann - kaum umsetzbar.
-) Die U-Bahn als Politikum - in Wien wurde die U-Bahn immer zu einem Politikum hochstilisiert. Damit waren sachliche Entscheidungen über den Neubau von U-Bahn-Strecken kaum möglich. Die U1 nach Leopoldau, die U2 nach Aspern und auch die jetzige Verlängerung der U1 nach Oberlaa und auch die immer noch angedachte Verlängerung der U6 nach Stammersdorf sind gute Beispiele dafür, denn sachlich - d.h., anhand von Fahrgastzahlen, die sich aus der geplanten Entwicklung der jeweiligen Stadtgebiete ergäben würden - wären diese Strecken wirtschaftlich nicht zu begründen gewesen.
-) Gewerkschaft als Hemmschuh - das Bedienstetenrecht, das bei den WL Anwendung findet, ist vielfach hemmend (z.B Rollpauschale) und verleitet eher dazu, dass langsamer anstatt schneller gefahren und auch sonst häufig ineffizient gearbeitet wird. Natürlich ist eine gute PV wichtig, aber viele Strukturen im Dienstrecht sind etliche Jahrzehnte alt und gehören auf die heutigen Verhältnisse angepasst oder ganz entfernt. Aber das würde natürlich auch eine entsprechende PV voraussetzen, die erkennt, dass zwar die Vertretung von Anliegen der Bediensteten im Vordergrund zu stehen hat, dass aber andererseits auch der Betrieb als Ganzes nicht ganz außer auch gelassen werden darf, denn Maßnahmen, die den Betrieb nachhaltig hemmen, können letztlich - auch wenn es im ersten Moment nicht so aussieht - nicht im Interesse der Belegschaft sein. Ein gutes Beispiel dafür ist die Sache mit der neuen Strecke des 13A - ich kenne einen Busfahrer aus RAX, der mit der alten Strecke durch die Fußgängerzone überhaupt keine Probleme gehabt hat und sich eigentlich immer noch wundert, wieso die PV so vehement dagegen aufgetreten ist. Die jetzige Strecke ist nämlich auch alles andere als ideal. Hier hat die PV sichtlich geglaubt, Interessen vertreten zu müssen, die eigentlich gar nicht vorhanden waren.
-) Autolobby - das ist ein gesamtösterreichisches Problem, dass dem Auto im Verkehr viel zu viel Priorität eingeräumt wird. Aber auch Autofahrer sind Wähler und hier kommt eben wieder die Politik ins Spiel, die fürchtet, bei unpopulären Maßnahmen Wählerstimmen an Oppositionsparteien zu verlieren (und diese wissen dies natürlich genau und schüren diese Ängste noch). Darum ist es kaum machbar, dass wie z.B. in Frankreich Straßenzüge für den MIV rückgebaut oder gar gesperrt werden. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, dass es dort wegen der Priorisierierung des ÖV jemals irgendwo einen politischen Umsturz gegeben hätte. Aber dort hat der ÖV natürlich auch einen anderen Stellenwert - nächstes Jahr werden wir sehen, wie sehr das Thema Mariahilfer Straße den Grünen geschadet hat.
Wenn man also schreibt, "in anderen Städten geht das auch", dann sollte man sich zumindest die vier von mir beleuchteten Punkte verinnerlichen, dann wird schnell klar werden, dass die Situation in Wien sich von der in anderen Städten teilweise doch ziemlich unterscheidet und die Gegebenheiten eben so sind, wie sie sind. User "Klingelfee's" Postings erinnern mich manchmal an die Zustände in der DDR, wo die Bevölkerung sich nach und nach mit ihrer Situation arrangiert und dritten gegenüber die dortigen Mißstände sogar noch verteidigt hat, anstatt ehrlich zu sagen, dass man sich der Problematik bewusst ist, aber aus systempermanenten Gründen zumindest mittelfristig keine Änderung erwartet werden kann (was natürlich - zumindest in der DDR - der vernünftigere und sicherere Weg war).