Autor Thema: [DE] Berlin  (Gelesen 95454 mal)

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W_E_St

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #15 am: 18. August 2011, 11:01:10 »
Zitat
Heute befindet sich der größte Teil des Verkehrs auf diesem Platz unter der Erde, aber oben verkehrt zumindest die (unter Touristen) beliebte Buslinie 200, die (zusammen mit der Linie 100) unserer VRT ähnelt, aber viel mehr Sehenswürdigkeiten abdeckt und somit eine wesentlich längere Strecke hat.
Außerdem sind die Linien im Gegensatz zur VRT zum normalen Verbundtarif benutzbar, zumindest war das 2009 noch so.

Zitat
Wer sich über die frühere Haltestelle "Betriebsausweiche" am Wiener 31er lustig gemacht hat, der wird schön schauen, dass es in Berlin einen U-Bahnhof "Gleisdreieck" gibt :)
Auf der S-Bahn gibt es auch "Rummelsburg" und "Rummelsburg Betriebsbahnhof". Ein Name, der bei DDR-kundigen keine guten Assoziationen auslöst...
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")

moszkva tér

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #16 am: 18. August 2011, 11:11:16 »
Auf der S-Bahn gibt es auch "Rummelsburg" und "Rummelsburg Betriebsbahnhof". Ein Name, der bei DDR-kundigen keine guten Assoziationen auslöst...
Weil?

13er

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #17 am: 18. August 2011, 11:13:59 »
–-> http://de.wikipedia.org/wiki/Gef%C3%A4ngnis_Rummelsburg

@W_E_St: Ja, 100 und 200 sind mit der normalen Fahrkarte benutzbar!
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Ferry

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #19 am: 02. September 2011, 17:21:18 »
Insgesamt gab es AFAIR 15 oder 16 solcher Geisterbahnhöfe, die mit Schrittgeschwindigkeit (15 km/h) ohne Halt durchfahren werden mussten, um (in der für die ganze Stadt von Ostberlin aus verwalteten und betriebenen S-Bahn) Westberliner Fahrgäste über Ostberlin wieder nach Westberlin zu befördern.

So viel waren's gar nicht. Von Norden nach Süden:

- Wollankstraße (oberirdisch, wurden eingehalten, nur von West-Berlin aus zugänglich)
- Bornholmer Straße (oberirdisch)
- Nordbahnhof (vorm. Stettiner Bahnhof)
- Oranienburger Straße
- Unter den Linden
- Potsdamer Platz

Zitat
Fernverkehrszüge in Richtung BRD fuhren durch die gesamte DDR durch und hielten nach der Friedrichstraße erst wieder ab der Staatsgrenze.
Nein, es gab in West-Berlin auch noch den Bhf. Zoologischer Garten, an dem Fernverkehrszüge hielten.
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13er

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #20 am: 02. September 2011, 19:35:38 »
So viel waren's gar nicht.
Doch, doch, es waren schon relativ viele. Wenn ich da mal das Buch "Geisterbahnhöfe" und die Wikipedia heranziehe:
* U6: (Reinickendorfer Straße, Ende des Westsektors) - Stadion der Weltjugend - Nordbahnhof - Oranienburger Tor - (Friedrichstraße) - Französische Straße - Stadtmitte - (Kochstraße, Beginn des Westsektors)
* U8: (Voltastraße) - Bernauer Straße - Rosenthaler Platz - Weinmeisterstraße - Alexanderplatz - Jannowitzbrücke - Heinrich-Heine-Straße - (Moritzplatz)
* Nordbahn: (Wollankstraße, vom Westen aus erreichbar, aber auf Ostgebiet) - Bornholmer Straße - (Gesundbrunnen)
* Nord-Süd-Bahn: (Humboldthain) - Nordbahnhof - Oranienburger Straße - (Friedrichstraße) - Unter den Linden - Potsdamer Platz - (Anhalter Bahnhof)

Also je nach Zählweise so um die 15 Stationen.
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Ferry

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #21 am: 05. September 2011, 11:13:31 »
So viel waren's gar nicht.
Doch, doch, es waren schon relativ viele. Wenn ich da mal das Buch "Geisterbahnhöfe" und die Wikipedia heranziehe:
* U6: (Reinickendorfer Straße, Ende des Westsektors) - Stadion der Weltjugend - Nordbahnhof - Oranienburger Tor - (Friedrichstraße) - Französische Straße - Stadtmitte - (Kochstraße, Beginn des Westsektors)
* U8: (Voltastraße) - Bernauer Straße - Rosenthaler Platz - Weinmeisterstraße - Alexanderplatz - Jannowitzbrücke - Heinrich-Heine-Straße - (Moritzplatz)
* Nordbahn: (Wollankstraße, vom Westen aus erreichbar, aber auf Ostgebiet) - Bornholmer Straße - (Gesundbrunnen)
* Nord-Süd-Bahn: (Humboldthain) - Nordbahnhof - Oranienburger Straße - (Friedrichstraße) - Unter den Linden - Potsdamer Platz - (Anhalter Bahnhof)
Also je nach Zählweise so um die 15 Stationen.
Ja, wenn man die U-Bahn-Stationen dazunimmt. Ich dachte, dein Posting bezog sich nur auf die S-Bahn, und habe daher in Meinem auch nur darauf Bezug genommen. Ansonsten hast du natürlich recht.
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Tatra83

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #22 am: 06. September 2011, 16:05:41 »
Noch ein paar Anmerkungen zum angesprochenen Potsdamer Platz. Im Jahr 1908 passierten 35 Straßenbahn-Linien, darunter sogar einige Buchstaben-Linien den Verkehrsknoten. Im Netzplan von 1933 kann ich noch 28 Straßenbahn- und fünf Omnibus-Linien erkennen. Aufgrund des massiven Verkehrsaufkommens errichtete man 1924 im Zuge einer Platz-Umgestaltung die erste Ampel-Anlage in Deutschland.

PS: Ich habe noch was gefunden. Erich Giese, seines Zeichens Verkehrsingenieur, erfasste 1913 für das Berliner Straßenbahn-Netz die Anzahl der Fahrten im Strecken-Querschnitt. So fanden allein aus der Leipziger Straße 278 Fahrten pro Stunde (beide Richtungen) statt. Auf der Potsdamer Straße (zw. Potsdamer Platz und Reichspietschufer) waren es gar 308 Fahrten pro Stunde (beide Richtungen). 1925 waren es noch immerhin 184 Fahrten pro Stunde (beide Richtungen), was allerdings auf die massiven Linienbereinigungen im Zuge der Umstrukturierung der Straßenbahngesellschaften zurückgeht.

Der in der von 13er verlinkten Dokumentation angesprochene Einsturz der Baugrube der Nord-Süd-Bahn am 20.08.1935 zwang die BVG, eine 600m lange Umleitungsstrecke im angrenzenden Tiergarten zu errichten.

Der "Lindentunnel" wurde im Kriegsjahr 1914 angelegt. Er verfügte über eine viergleisige nördliche Einfahrt (in Höhe Dorotheenstraße 4, heute zwischen Dorotheenstraße und Am Festungsgraben) sowie zwei südliche Ausfahrten, bedingt dadurch, dass die drei beteiligten Straßenbahn-Gesellschaften eigene Rampen wollten. Sie wurden jeweils westlich und östlich der heutigen Staatsoper errichtet, die Gleise beider Ausfahrten mündeten schlussendlich doch in die Französische Straße... Weitere Informationen findet der geneigte Leser hier: http://www.berliner-verkehrsseiten.de/strab/Strecken/Lindentunnel/lindentunnel.html. Es wurde mit Lichtsignalisierung gefahren und die Betriebsführung oblag drei Fahrdienstleitern. Letztmalig wurde der Lindentunnel im September 1951 befahren, in dieser Dekade verschwand die Straßenbahn fast vollständig aus dem Innenstadtbereich des Ost-Sektors.

Am U-Bahnhof Gleisdreieck war der Name tatsächlich einmal Programm. Die Anlagen wurden am 29.03.1908 als eingleisiges Gleisdreieck (also eingleisige Verbindung der Strecken aus Kreuzberg, vom Potsdamer Platz und von der Bülowstraße) eröffnet, was sich allerdings als folgenschwer erwies: Am 26.09.1908 verunglückten zwei Züge bei einer Flankenfahrt schwer, 18 Menschen starben. In der Folge wurde der Bahnhof umgebaut und der heutige Turmbahnhof errichtet.

Und noch eine Anmerkung zur U-Bahn-Linie U6: Erst 1996 wurden die letzten acht Bahnhöfe (darunter u.a. der U-Bhf. Friedrichstraße) verlängert, was dann den Einsatz von Sechs-Wagen-Zügen ermöglichte.

Wer weiter stöbern möchte, kann das am besten hier tun: http://www.berliner-untergrundbahn.de/

Grüße, Tatra83
Und ich dachte, mit der Straßenbahn bin ich schneller als zu Fuß.

13er

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #23 am: 06. September 2011, 16:40:40 »
Herzlich willkommen im Forum, lieber Tatra, und danke für die super Infos und Links, die ich mir gleich mal reinziehen werd' :)
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Tatra83

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #24 am: 06. September 2011, 17:39:25 »
Vielen Dank für den freundlichen Empfang!

In deinem Ausgangspost hattest du einen der DFI-Anzeiger fotografiert, dazu gibt es auch noch ein wenig Wissenswertes. Das Software-System dahinter ist jenem in Wien nahezu identisch. Es handelt sich um den Echtzeit-Anteil "ivu.realtime" der Firma IVU, der in Wien gemeinsam mit dem RBL-Anteil "ivu.fleet" implementiert ist. In Berlin hängt das DFI-System, genannt DAISY (Dynamisches Auskunfts- und Informationssystem), am RBL für Bus und Straßenbahn und sorgt für die Verarbeitung der Echtzeitdaten und Weiterleitung an die Anzeigen. Die DFI-Anzeigen werden meist über den Tetrapol-Digitalfunk mit Daten, manche Anlagen werden über ein LAN versorgt. In der Anfangszeit (2003) wurde dem Fahrgast viel Murks an den Anzeigen zugemutet, vorallem Phantom-Busse und Bahnen, was aber meist an ungenauen RBL-Daten lag. Zum anderen wurde erst später die Löschung der angezeigten Abfahrt durch ein Abmelde-Telegramm eingeführt.
Ausfälle, wie man sie in Wien manchmal erlebt, sind allerdings in Berlin kaum zu beobachten. Seit 2005 gab es wohl nur einen dreitägigen Ausfall im Dezember 2007 im Zuge eines Release-Wechsels... *hüstel*

Interessant ist auch, dass die Echtzeit-Daten für das Monitoring und Controlling im Rahmen des Verkehrsvertrages verwendet werden. Bemerkenswert sind dabei die Aktivitäten des Center Nahverkehr Berlin: http://www.cnb-online.de/ Dort wird sowohl am Stadtentwicklungsplan Verkehr gearbeitet als auch das Verkehrsvertrags-Monitoring durchgeführt. Wirklich lesenswert sind dabei auch die Beiträge zu den CNB-Foren der Herren Orb (BVG, Berlin), Wettig (Senat, Berlin), Hoppe (DVB, Dresden) und Seifert (MVG, München) http://www.cnb-online.de/NVP-Foren.587.0.html. Dort geht es um ÖV-Beschleunigung und Attraktivierung des ÖPNV, also die Blaupausen für die vielgerühmten F59er...
Und ich dachte, mit der Straßenbahn bin ich schneller als zu Fuß.

Marc

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #25 am: 08. September 2011, 23:54:25 »
Fahrkarten konnte man in beiden Teilen kaufen: im Westteil gegen Westgeld und im Ostteil gegen Ostgeld. Die im Westteil gegen Westgeld verkauften NV-Fahrkarten waren allerdings keine "normalen" West-BVG-Fahrkarten, sondern wurden von der Ost-BVG ausgegeben und nur in der West-S-Bahn und in der West-U-Bahn anerkannt, nicht aber in den West-Bussen.

Gruß aus Berlin!
Hier sei kurz angemerkt, dass deine Schilderung abhängig von der Zeitepoche ist. Tatsächlich gab einen Fahrkartenschalter der Verkehrsbetriebe Ost im Westteil des Bahnhofes Friedrichstrasse, dieser wurde jedoch im Januar 1984 geschlossen. Folgend gab es komplizierte Regelungen und Möglichkeiten. So war es möglich im Ostteil des Bahnhofes bereits einen Fahrschein gegen Mark der DDR zu erwerben, um nach Westberlin zu fahren, man konnte aber auch im Westteil des Bahnhofes dieses Fahrschein aus dem Automaten ziehen, gegen Westmark.

Zur Vertiefung möchte ich den geneigten Lesern hier noch weitere Seiten zum Thema empfehlen, untersetzt mit spannenden Dokumenten gerade zu diesem Thema "Transit":

Transitverkehr in Berlin: Mit der U-Bahn durch Ostberlin!
http://www.berliner-verkehrsseiten.de/u-bahn/Strecken/Transit/transit.html

Das Online-Archiv zum Berliner Nahverkehr - Linienkarten, Dokumente und eine Fahrschein-Mustersammlung
http://www.berliner-verkehrsseiten.de/Download

Das umfangreiche Werk zur S-Bahn in Berlin - Geschichten rund um die S-Bahn, die in beiden Stadthälften fuhr:
http://www.stadtschnellbahn-berlin.de

Viele Grüße von der Spree an die Donau
http://www.facebook.com/Berliner.Verkehrsseiten

13er

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #26 am: 09. September 2011, 01:37:22 »
Hallo Marc! Herzlich willkommen hier im Forum und gleich einmal danke für die Links! Ich freue mich schon sehr auf meinen nächsten Berlinbesuch! :)
Mit uns kommst du sicher... zu spät.

Marc

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #27 am: 12. September 2011, 00:31:02 »
DDR-Bürger hatten in West-Berlin Freifahrt
Weißt du auch warum das so war?

1948, Einführung der Westmark. In den folgenden Jahren stieg der Wert der Westmark gegenüber der Ostmark immer mehr an, entsprechend stiegen die fahrpreise im Westen.
-> http://www.berliner-verkehrsseiten.de/Download/Tarife/Tarifwesen/Tarifwesen_1949-1975-West/tarifwesen_1949-1975-west.html#BVG1949
Bürgern der DDR war es nicht möglich diese Fahrpreise zu entrichten, zu groß wurde dieser Unterschied zwischen den Werten. Bspw. kostete 1960 eine Fahrt mit der U-Bahn:
Ost: 20 Pfennig,  West 35 Pfennig
Die Ostmark wurde zu zeitweise 1:10 gegenüber der Westmark gehandelt.
Noch bis 1953 konnten Ostberliner bei der Reichsbahn Fahrscheine gegen Ostmark an den fahrkartenschaltern kaufen, auch in Westberlin. So bewegten sich die Ostberliner vorwiegend mit der Reichsbahn, um das wertvolle Westgeld nicht für eine Fahrkarte mit der BVG-West einzutauschen. Im Februar 1953 stellte die Reichsbahn die Abgabe der fahrscheine in Westberlin gegen Ostmark ein, Bürger der DDR hatten nun ein Problem. Nur um Mutter oder Oma im Westen zu besuchen benötigte man nun Westgeld, zumindest für die Rückfahrt.

Daher wurde schnell bei der West-BVG ein Sonderfahrschein B eingeführt, der zur einfachen Fahrt berechtigte und nur an DDR-Bürger abgegeben wurde. Bezahlt wurde dieser mit Ostmark. Da der Schaffner im Bus / Straßenbahn  nicht mit zwei Währungen hantieren sollte, gab es diese Fahrscheine nur im Vorverkauf an den Ausgabeschaltern (West). Kurios: Die BVG-Ost akzeptierte diese Fahrscheine nicht! Zur Fahrt mit der U-Bahn von Westberlin nach Ostberlin benötigte man also auch gleich einen Fahrschein für den Ostberliner Teil der Fahrt. Abbildungen solcher Fahrscheine unter: http://www.berliner-verkehrsseiten.de/Download/Tarife/Tarif_Fahrscheine/Tarife_SF/Tarif_Muster_SF/tarif_muster_sf.html

Mit dem Mauerbau 8/1961 wurden die Sonderfahrscheine nicht mehr benötigt. Ab 1963 konnte die ersten Rentner aus dem Osten wieder in den Westen fahren. Der Aufwand für diese wenigen Besucher aus der DDR nun wieder Ostfahrscheine gegen ostmark zu verkaufen (Abrechnung, Vorhaltung von Wechselgeld, Abrechnung) rechnete man gegen die unbegrenzte Freifahrt ...
In dieser Zeit gab es auch die Mittelhilfe, heisst umgangssprachlich "Begrüßungsgeld". Da die Besucher aus der DDR ja mittellos waren, mit der Ostmark im Westen nichts kaufen konnten, zahlte die Bundesregierung an jeden Besucher aus der DDR pro Jahr anfänglich 30 DM, später 100 DM:
http://de.wikipedia.org/wiki/Begr%C3%BC%C3%9Fungsgeld

Klar, dass man mit dem Mauerfall 11/1989 plötzlich ein Problem hatte. Daher wurde diese Regelung auch schnell (31.12.1989) beendet und wieder Fahrscheine für den Westen gegen Ostgeld verkauft.
Auch mit Einführung der Westmark in der DDR (7/1990) blieben tarifliche Unterschiede erhalten, noch bis teilweise (bei den Zeitkarten) 1996!
Siehe Hinweis unter Signatur F_007: http://www.berliner-verkehrsseiten.de/Download/Textarchiv/Fahrschein/fahrschein.html

Wie man sich vorstellen kann, ein riesen Durcheinander! 6 Jahre nach der Wiedervereinigung  arbeiteten Ossis in Westberlin nach den höheren Westlohntabellen, Wessis in Ostberlin für den niedrigeren Ostlohn, Wessis zogen nach Ostberlin und Ossis nach Westberlin ohne die Arbeitsstelle zu wechseln. Alle nur denkbaren Kombinationen entwickelten sich da, kaum mehr klar zu erkennen, wer eigentlich Anspruch auf den günstigeren Osttarif noch hatte ...

Eine völlig durchgeknallte Zeit war das. Und der Tourist? Völlig verwirrt, denn schon wenige Jahre nach dem Abbau der Grenzanlagen (1990) war an vielen Stellen in der Stadt nur für das geübte Auge erkennbar, ob man sich in ex Ost- oder Westberlin befand. Der Berliner kannte sich aus oder konnte anhand von Strassenschildern, Gullydeckeln oder Laternenmaste die Strassen nach Ost oder West zuordnen. Entsprechend müssen wohl Touristen vor dem Fahrkartenautomat gestanden haben und gegrübelt haben, ob sie jetzt mit dem B-Fahrschein von Alexanderplatz nach Zoologischen Garten fahren dürfen (nein, durften damit nur in ex Ostberlin fahren). Dazu muss man sich aber auf dem Liniennetz gut auskennen, ob der Bus  einige Strassen durch Westberlin fährt, ehe er weiter in Ostberlin fährt ..
Bspw. für einen Fahrschein B-Tarif (Osttarif):

Auf der Rückseite die Kurzerklärung:


Bedeutet: Der Westberliner, Westdeutsche oder Ausländer (Tourist) darf mit diesem Fahrschein nur in ex Ostberlin fahren. Nur Ostdeutsche, die am 2.10.1990 (letzter Tag der DDR) wohnhaft auf dem Gebiet der DDR waren (also nicht die DDR-Bürger, die 1989 etwa über Ungarn/Österreich oder Prager Botschaft ausreisten ect. und nach 10/1990 wieder in ihre alte Heimat zogen) durften mit einem B-Fahrschein in ex-Westberlin fahren. Aber auch die wenigen Wessis, die noch vor der Wiedervereinigung 1990 in die DDR einbürgerten ... wie so das Leben den Weg der Liebe schreibt!

Könnt ihr euch vorstellen, was für ein Durcheinander!

95B

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Re: [DE] Berlin
« Antwort #28 am: 12. September 2011, 08:06:59 »
Nur um Mutter oder Oma im Westen zu besuchen benötigte man nun Westgeld, zumindest für die Rückfahrt.
Gab es keine Hin- und Retourfahrkarten?
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
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Re: [DE] Berlin
« Antwort #29 am: 12. September 2011, 17:10:07 »
Gab es keine Hin- und Retourfahrkarten?

Für die Zeit 1948 - 1961: Nein, nicht erforderlich.
Beispiel: Abfahrt in Ostberlin, Pankow  nach Westberlin, Neu-Westend.

Man stieg in Pankow in die U-Bahn und entrichtete dort gegen Ostmark das Fahrgeld. Die Fahrausweise wurden gegenseitig anerkannt, so konnte man mit der U-Bahn geruhsam nach Westberlin fahren. Nur eben für die Rückfahrt wäre der Fahrschein gegen Westmark zu entrichten gewesen, hätte dann bis nach Pankow Gültigkeit gehabt, solange man nicht umsteigen musste.

Nachteil: knausrige Westberliner in der Innenstadt liefen lieber eine Haltestelle "zurück" nach Ostberlin, um dort in die U-Bahn für Ostgeld einzusteigen (bis zur Trennung der Liniennetze Straßenbahn / Autobus 1952 auch hier). Kann man sich vorstellen, das ergab viel Ärger. Die Schaffner wechselten zwar ab 1949 an der Sektorengrenze, um zwei Geldtaschen mit Ost- und Westgeld zu vermeiden, jedoch blieben die Fahrgäste sitzen und konnten ihre Fahrt fortsetzen. Auch als man die Straßenbahnlinien aus politischen gründen unterbrach, behielten die Fahrscheine bei diesem "Umsteigen auf einen Wagen der gleichen Linien ab Sektorengrenze" ihre Gültigkeit, Die Fahrgäste sollten keine Nachteile durch die politisch erforderliche Linientrennung haben.

Auch Monatskarten hatten im jeweils anderen Stadtteil bis August 1961 Gültigkeit entsprechend Tarif.
So benötigte man also nur "Rückfahrscheine Ost", wie sie sich anfänglich nannten.

Das offizielle Zahlungsmittel in Westberlin war ab 1949 (!) die Westmark, daher wurde die Ostmark dort nicht angenommen. Das war daher eine Ausnahme, um die Rückfahrt zu ermöglichen. Anfänglich nur auf den Bus- und Straßenbahnlinien, die Richtung Sektorengrenze fuhren (waren ausdrücklich genannt), dann später auch für die U-Bahn und ab Sommer 1961 für das gesamte Netz in Westberlin. Umseitig des Fahrscheins fpr die Benutzung der Strassen- und Untergrundbahn stand:

Auf dem Fahrschein für den Omnibus:


Ab Sommer 1961 wurde alles erlaubt:


Mehr zum Tarifwesen in Berlin:
http://www.berliner-verkehrsseiten.de/Download/Tarife/tarife.html
oder bei facebook:
http://www.facebook.com/photo.php?fbid=253732721327689&set=a.221631991204429.62280.221473147886980&type=1&theater

Gruß  M