Autor Thema: Bremsbedienung N1 (n2)  (Gelesen 3892 mal)

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Der Einbügler

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Re: Bremsbedienung N1 (n2)
« Antwort #15 am: 05. Juni 2024, 18:24:59 »
Ich vermute, man hatte Angst vor Bremsversagen bei Leitungsunterbrechungen. Motoren für generatorische Bremse waren damals technisch kein Problem, hatte man ja in diversen Straßenbahntriebwagen seit über 20 Jahren. Technisch ist meines Wissens das einzige Thema, dass die beim Bremsen induzierte Spannung weit höher sein kann als die Fahrdrahtspannung, und das muss die Isolierung der Wicklungen aushalten. Aber wie gesagt, das hatte man bei der Straßenbahn problemlos im Griff und die Geschwindigkeiten auf der Stadtbahn war nicht höher als auf der Straßenbahn (die Höhe der Spannung hängt direkt von der Drehzahl ab).

Ich meine mich zu erinnern, dass Berlin ungefähr zu der Zeit mit Doppeltriebwagen experimentiert hat, wo ein Triebwagen den anderen ferngesteuert hat, und es da zu spektakulären Unfällen aufgrund von Bremsversagen gekommen ist. Das wäre meine Vermutung, warum bei Mehrfachtraktion auf E-Bremse verzichtet wurde. Wie die Situation dann beim Bau der N1 war, weiß ich zu wenig, bei den E6 war das ja dann kein Thema mehr, die hatten selbstverständlich eine E-Bremse.

Die Bremsversager hatten in Berlin aber andere Gründe: Die sogenannten "Schützenwagen" hatten alles über die Fahrdrahtspannung geschaltet, auch die Federspeicherbremsen. Durch den damals ausschließlichen Rollenstromabnehmerbetrieb waren die Fahrzeueg nahezu unkontrollierbar, wenn die Rolle mal entgleiste, dann knallten die Federspeicher (Ankerwellenzangenbremse!) zu und der Zug schlitterte durch die Gegend. Das war jetzt die Kurzfassung. Später wurden die Wagen komplett umgebaut und blieben teilweise bis zuletzt in Wetsberlin im Einsatz. https://de.wikipedia.org/wiki/BSt_Bauart_1927

W_E_St

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Re: Bremsbedienung N1 (n2)
« Antwort #16 am: 06. Juni 2024, 10:52:08 »
Ich vermute, man hatte Angst vor Bremsversagen bei Leitungsunterbrechungen. Motoren für generatorische Bremse waren damals technisch kein Problem, hatte man ja in diversen Straßenbahntriebwagen seit über 20 Jahren. Technisch ist meines Wissens das einzige Thema, dass die beim Bremsen induzierte Spannung weit höher sein kann als die Fahrdrahtspannung, und das muss die Isolierung der Wicklungen aushalten. Aber wie gesagt, das hatte man bei der Straßenbahn problemlos im Griff und die Geschwindigkeiten auf der Stadtbahn war nicht höher als auf der Straßenbahn (die Höhe der Spannung hängt direkt von der Drehzahl ab).

Ich meine mich zu erinnern, dass Berlin ungefähr zu der Zeit mit Doppeltriebwagen experimentiert hat, wo ein Triebwagen den anderen ferngesteuert hat, und es da zu spektakulären Unfällen aufgrund von Bremsversagen gekommen ist. Das wäre meine Vermutung, warum bei Mehrfachtraktion auf E-Bremse verzichtet wurde. Wie die Situation dann beim Bau der N1 war, weiß ich zu wenig, bei den E6 war das ja dann kein Thema mehr, die hatten selbstverständlich eine E-Bremse.

Die Bremsversager hatten in Berlin aber andere Gründe: Die sogenannten "Schützenwagen" hatten alles über die Fahrdrahtspannung geschaltet, auch die Federspeicherbremsen. Durch den damals ausschließlichen Rollenstromabnehmerbetrieb waren die Fahrzeueg nahezu unkontrollierbar, wenn die Rolle mal entgleiste, dann knallten die Federspeicher (Ankerwellenzangenbremse!) zu und der Zug schlitterte durch die Gegend. Das war jetzt die Kurzfassung. Später wurden die Wagen komplett umgebaut und blieben teilweise bis zuletzt in Wetsberlin im Einsatz. https://de.wikipedia.org/wiki/BSt_Bauart_1927

OK, das Problem war also nicht ein Ausfall der Verbindung zwischen den Wagen, sondern Ausfall der Fahrdrahtspannung und zu wenig dosiertes Ansprechen der Federspeicherbremse. Also genau meine Vermutung aus dem letzten Beitrag, was bei automatischem Anlegen der Klotzbremsen passieren hätte können, bei den Zangenbremsen vermutlich noch schlimmer, aufgrund der besseren Bremswirkung.

Jedenfalls war es damals offensichtlich nicht trivial, einen Triebwagen mit Schützensteuerung im Notfall dosiert und sicher zu bremsen, die Schützensteuerung war aber zwingend notwendig, um mehr als einen Triebwagen im Zug haben zu können. Abgesehen davon, dass Schütze erheblich wartungsärmer sind als die damals in Wien üblichen Schleifringfahrschalter und höhere Leistungen schalten können.
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")