Lustigerweise ist der Staat, der ETCS am flächendeckensten einsetzt, gar nicht EU-Mitglied und ganz weit weg von "wir sind EU".
Dieser Staat ist übrigens europaweit auch für sein integrales Bahnnetz und pünktlichen Bahnbetrieb bekannt und beneidet.
Die SBB wickelt zwar eine extreme Verkehrslast im täglichen Betrieb ab, allerdings sollte man sie nicht blindlings in den Himmel loben. Einerseits gibt es genug Ausfälle (wobei Ersatzverbindungen gut kommuniziert werden), andererseits ist sie teilweise Opfer des eigenen Erfolges, was überfüllte Züge zur Folge hat (insbesondere auf Strecken wie Zürich-Bern stehen die Leute im IC desöfteren die Stunde, die die Fahrt dauert) und man sollte auch nicht übersehen, dass es in den letzten Jahren immer wieder schwere Unfälle gab (wobei die meines Wissens allesamt nicht auf ETCS-Strecken, sondern aufgrund des fehleranfälligen alten Zugsicherungssystems bzw. durch menschliches Versagen passierten). Auf ETCS-Ebene gab es allerdings zumindest im Lötschberg-Basistunnel eine Lücke, die bei gewissen Situationen (Reversing) zu unsicheren Betriebszuständen führen konnte.
Jo eh.
Wenn man sich allerdings den Stand des ETCS-Ausbaus und die Betriebsführung damit in der Schweiz anschaut, dann wird deutlich, dass das System wohl eher nicht aus
purem egoistischen, selbstgefälligem EU-Klientel-Denken heraus implementiert wird, sondern dass wohl auch technische und ökonomische Gründe existieren.
Aber es ist oft zu beobachten, dass die Erwähnung der SBB sofort zu reflexartigen Reaktionen führt: Entweder "dort ist auch nicht alles Gold, was glänzt" inklusive einer Mangelliste (besonders Schweizer machen das gerne) oder auf der anderen Seite das Ignorieren von anderen Rahmenbedingungen, Hauptsache "die Schweizer bringen das auch zusammen".
Man muss außerdem auch sagen, dass die bisher aufgetretenen ETCS-Fehler Software-Fehler waren, aber keine Fehler konzeptioneller Art des Prinzips ETCS. Und nachdem hinter einer Software auch Menschen stehen, ist es wie bei alter Stellwerkstechnik, nur auf anderer Ebene: Menschliche Fehler sind leider nicht auszuschließen.
Die Kamera nützt aber wenig wenn der danach kommende Zug drauffährt. Und bei Güterzügen kann man das ohnehin vergessen (falls hinter dem Personenzug auch ein Güterzug umdrehen muss)
Die Funktion hört sich jedenfalls interessant an. Wie kann man sich da den Ablauf vorstellen?
Es geht nicht darum, dass der danach kommende Zug drauffährt, weil das wird ein Triebfahrzeugführer oder Schaffner am Zugende auch nicht verhindern. Reversing ist auch nicht dazu gedacht, den Zug aus dem Tunnel zu bekommen, sondern in Rückwärtsfahrt zu vordefinierten Evakuierungspunkten. Das große Problem damals war, dass die ETCS-Software am Zug (ich glaube, das Alstom-Produkt war betroffen) eben nicht an diesen Punkten stehen blieb, weil die Distanzberechnung nicht korrekt war.