Autor Thema: Umkuppeln (war: Linie 317 (1922-1970))  (Gelesen 4180 mal)

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Re: Umkuppeln (war: Linie 317 (1922-1970))
« Antwort #15 am: 10. Juni 2020, 10:22:43 »
Weil die elektrische Bremse beim damaligen Stand der Technik nicht bis zum Stillstand wirkt, man hätte einen Langzug mit der Handbremse auf eine Achse wirkend anhalten müssen. Bei den Typen D, D1, C und C1 gab es im Gegensatz die pneumatische Stillstandsbremse statt der Handbremse im Streckenbetrieb.

Bei dieser Konstellation hätte nichts dagegen gesprochen, elektrisch zu bremsen und eine pneumatische Haltebremse zu verwenden. Von der Fahrschaltertechnik her (Schützensteuerung) hätte es auch funktionieren müssen. Ich vermute die Ursache eher im prinzipiellen technischen Aufbau der elektrischen Bremse: Motoren erzeugen Bremsstrom, der auf Bremssolenoide wirkt. Wenn nun Solenoide und Stromquellen mehr oder weniger willkürlich auf den ganzen Zug verteilt sind, wird es nicht möglich sein, eine gleichmäßige Bremswirkung zu erzielen. Selbst bei den E6 und c6 musste eine (elektronische) Lösung gefunden werden, dass ein E6 einen c6 versorgt.
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
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Re: Umkuppeln (war: Linie 317 (1922-1970))
« Antwort #16 am: 10. Juni 2020, 14:35:46 »
Missverständnis: Bei der elektrischen Bremse für die Stadtbahn meinte ich diese als Zusatz zur vorhandenen Luftbremse, um bergab oder bei leichtem Bremsen nicht die Bremsscheiben schleifen lassen zu müssen. Bremsstaub war ja ein Thema bei der Stadtbahn, deswegen war sie ja glaub ich auch rot ... das weiße Fensterband wie bei der Straßenbahn wäre unansehlich gewesen.

blackrider

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Re: Umkuppeln (war: Linie 317 (1922-1970))
« Antwort #17 am: 12. Juni 2020, 09:25:05 »
Das Problem war aber sicherlich auch die wechselnden Zuglängen auf der Stadtbahn, die ein Bremsen der Beiwagen mittels Bremssolenoiden extrem erschwert hat. Deswegen hat man möglicherweise bewusst auf die elektrische Bremsung des Zuges verzichtet. Ein anderer Grund wäre auch gewesen, das die Motoren im Stadtbahnbetrieb, durch das längere Vollastfahren viel stärker thermisch belastet waren. Deswegen wollte man wohl den Motoren während des elektrischen Bremsvorganges nicht noch zusätzlich thermisch belasten, sondern durch das leer mitdrehen die Motoren durch das Kühlluftgebläse während des pneumatischen Bremsvorganges längere Kühlpausen ermöglichen.

Ein guter Umbau für einen kombinierten Stadt/Strassenbahnbetrieb hätte auch folgendermaßen aussehen können.

.) 5 Bremsstufen, einfach zu realisieren mit den Widerstandsschützen R1-R4 und die 5. Bremsstufe mit den Schützen S und/oder P
.) Nachbremsventil in den Triebwagen um ein überbremsen der Triebwagenachsen mit Druckluft und E-Bremse zu verhindern.
.) Zwangskühlung der Motoren mittels eines Kühlluftgebläses.

Die E-Bremse der Triebwagen währen wohl im Stadtbahnbetrieb nicht stark genug gewesen um einen kompletten Zug zum stehen zu bringen aber in leichten Gefälllen zum Halten der Geschwindigkeit sicherlich ausreichend dimensiniert.
Im Straßenbahnbetrieb währen wohl verschiedene Kombinationen möglich gewesen. (Tw, Tw+Bw, Tw+Bw+Bw, Tw+Tw, Tw+Bw+Tw). Die Kombinationen mit Tw solo und zwei Tw im Zug hätten sicherlich ausreichend elektrische Bremsleistung gehabt um den Zug auch ohne Druckluft bremsen zu können.

W_E_St

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Re: Umkuppeln (war: Linie 317 (1922-1970))
« Antwort #18 am: 24. Juni 2020, 22:17:04 »
Es gab schlicht in Wien abgesehen von den N und N1 keine Triebwagen, die fernbedient werden hätten können, die hatten bis einschließlich E1, L und F direkt bediente Fahrschalter. Erst mit dem Geamatic-Umbau wäre eine Fernsteuerung a la WLB Tw 100 theoretisch möglich gewesen. Man hätte also Züge für diese Betriebsform neu konstruieren müssen, mit deutlich aufwändigerer Technik. Das wollte man, aus welchen Gründen auch immer, nicht. Ich würde vermuten erstens Kostengründe, zweitens Wartungsaufwand, drittens "Des hamma no nia!". Die Notwendigkeit einer 750-Volt-Leitung zwischen den Triebwagen, gegebenenfalls durch einen zwischengeschalteten Beiwagen, wollte man sich vermutlich auch ersparen, den Stromabnehmer des zweiten Triebwagens hätte man ja nicht anlegen können, da sonst Stromstoßweichen unter dem Zug stellen hätten können. In Budapest war noch bei den UV nur der in Fahrtrichtung vordere Bügel angelegt! Die Combinos fahren wohl nur auf Strecken, die keine Stromstoßweichen mehr haben.

Übrigens hatten die N und N1 Klotzbremsen, keine Scheiben. Der berühmte Stadtbahnstaub war der Abrieb der Grauguss-Bremsklötze. Versuche mit Kunststoff-Bremsklötzen waren nicht zufriedenstellend.
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")

haidi

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Re: Umkuppeln (war: Linie 317 (1922-1970))
« Antwort #19 am: 26. Juni 2020, 03:06:42 »
Zitat: "Im Solobetrieb entfiel das arbeitsintensive Umkuppeln."
Vermutlich gehört meine Frage in einen anderen Beitrag, aber wieso hat man in Wien nicht das gleiche gemacht wie in Budapest, also Triebwagen + Triebwagen, oder Triebwagen + Beiwagen + Triebwagen gekuppelt? Da wäre das arbeits- und personalintensive Umkuppeln ja komplett entfallen... Konnte man das technisch nicht (wegen der Bremsen, o.ä.)? Oder waren die Haltestellenkapps zu kurz dimensioniert? Oder gab es zu wenige Triebwägen, um sie in Traktion einsetzen zu können? Vielen Dank für die Beantwortung dieser meiner Frage!
Auf der Strecke hat das Umkuppeln nichts gekostet, weil es in der Wendezeit passiert ist und das Personal dazu eh da war. Beim Einziehen in die Remise hat das der Verschub übernommen, der ja auch andere Aufgaben hatte und eh vorhanden war.
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