Das Störungsmanagement der Berliner S-Bahn dürfte jedenfalls nicht das beste gewesen sein. Bei einer so langen Betriebsunterbrechung (es müsste den Verantwortlichen eigentlich von Anfang an klar gewesen sein, dass diese Störung längerfristig ist) stellt sich auch die Frage, ob man die Fahrgäste nicht evakuieren hätte können, ...
Immer ruhig mit Vermutungen! Glücklicherweise fand das alles an einem Werktag Vormittag statt. Alle verfügbaren Mitarbeiter mit der Befähigung für den Betriebsdienst (also nicht die Sekretärin) wurden umgehenst in das Netz entsendet. Die Bundespolizei (zuständig für das Grenz- Verkehrswesen) rief alle Kräfte aus der Region Berlin/Brandenburg zusammen.
Schwerpunkt der Evakuierung war hier allerdings der Tunnelabschnitt in der Innenstadt. Völlig richtig, dass hier konzentriert gearbeitet wurde und sich dem Bahnhof Alexanderplatz anzunehmen.
Züge im Freien auf abgelegenen Strecken konnten so erst zuletzt evakuiert werden.
Bevor man hier schmipft, möge man sich die Netzausdehnung und die Dauer einer Evakuierung eines Zuges vorstellen. Das hätte keine andere Stadt besser hinbekommen. Niemand hat 300 Mitarbeiter weder bei Polizei noch Bahn zur Verfügung, um etwa 20 Züge binnen 30 Minuten (das ist die Vorgabezeit) zu evakuieren. Das wäre völlig unmöglich.
Daher war die Entscheidung, sich vorwiegend auf den Tunnel zu konzentrieren völlig richtig. Andere Züge, etwa in der Stadt Teltow, wurden erst nach etwa 70 Minuten an den nächsten Bahnsteig gefahren.
Also hier direkt aus Berlin kann ich keinen Mangel an der Vorgehensweise erkennen. Auch die Medien haben sich nicht das Maul über angebliche Mängel bei der Behebung der Problematik zerrissen (obwohl sie das gerne unsachlich und falsch gerne über die S-Bahn machen). Sicherlich auch für Jedermann nachvollziehbar (zumindest bei den Berlinern), dass man das nirgendwo auf der Welt erwarten kann.
Leider werden übe die Medien zum Thema S-Bahn auch viele Unwahrheiten berichtet und ungenau über die Hintergründe berichtet. Leider hat es sich dadurch entwickelt, dass die S-Bahn als absoluter Schlampenladen dargestellt wird, und alles was passiert, wird auf den Sparwahn zurückgeführt. Da genügen schon Zugausfälle wegen Vandalismus und es wird fett geschrieben, man habe wieder Zugausfälle bobachtet oder Auswirkungen von Kabeldiebstahl (Kupferdiebe) werden der Sparpolitik der Bahn zugeschrieben. So bekommen die Mitarbeiter auch den Frust, Beleidigungen und Schläge angedroht. Das ist der Preis für unsachliche Berichterstattung aber gute Verkaufszahlen der Zeitungen. Das hat schon was von Volkshetze. Was kann jetzt die Fahrkartenverkäuferin oder Lokführerin für die fehlgepante Personalpolitik des Konzerns DB AG? Ist es dann gerechtfertigt, sie mit einem hässlichen Begriff für das weibliche Geschlechtsteil laut brüllend über den Bahnsteig zu betiteln?
Die Sachlichkeit blieb hier schon lange auf der Strecke, und wie man hier lesen kann, muss sich ja Auswärts ein gar grausiges Bild von der S-Bahn abbilden.
Also ich bin die letzten Jahre ein einziges Mal 3 Minuten zu spät am Arbeitsplatz angekommen und fahre etwa 25 Kilometer S-Bahn mit Umsteigen. Also ich kann nicht klagen. Sicher ist es auch mal voller, wen ein Zug ausgefallen ist (Zugfolge 5 statt 2,5 Minuten) und sicherlich habe ich auch mal 12 Minuten länger als geplant warten müssen oder es fuhr gar nichts (Brandanschlag von Linksterroristen) die ich beide Male erleben durfte. Naja, nun ist das Berliner Netz sehr dicht, also konnte ich mit der U-Bahn und einem anderen S-Bahnstreckenteil umfahren und war pünktlich.
Beim Totalausfall der Betriebszentrale (der überall bei allen Bahnen und Verkehrsbetrieben passieren kann, da genügt schon ein Brand im Zentralgebäude oder eine Bombenleger-Androhung) habe ich 20 Minuten länger für den
Heimweg benötigt. Wer sich auskennt und das Verkehrsnetz im Kopf hat sitzt schon zuhause, während andere noch warten.
Das hat aber kaum etwas mit Störungen zu tun. Es gibt ÖPNV-Nutzer, die haben nicht die völlig geistige Größe sich zu orientieren.
Erlebnis kürzlich:
Sichtbar Berliner Familie. Flippige Tochter schreit auf dem S-Bahnsteig rum: "Scheiss BVG", die Mutter ratlos dahinter.
Nun, die S-Bahn wird von der Deutschen Bahn betrieben, die BVG hat damit überhaupt nichts zu tun.
Dann lausche ich zu, was denn ihr Problem sei. Aha, man wolle mit der S3 fahren, die fuhr ja immer hier.
Nun, wie der Berliner breit seit Monaten in allen Medien informiert wurde (incl. der kostenlosen Kundenzeitung und Baufaltpläne), wird am Ostkreuz alles umgebaut, die S3 wird für ein Jahr im Inselbetrieb Erkner - Ostkreuz fahren müssen.
Die junge ÖPNV-Nutzerin stellt auch fest, dass an den Hinweisschildern noch schwach (weil überklebt) die Hinweise zur S3 stehen und weiss nun nicht weiter.
Ich frage, ob ich helfen kann, man bittet um Rat, wann die S3 hier kommt. Man steige hier immer in die S3 ein. Ok, Antwort kurz und knapp: Irgendein Zug von hier nehmen Richtung Osten und in Ostkreuz umsteigen. Fertig. Offenen Mund, staunen, völliges Entsetzen, und dann: "Scheiss Bahn, was ist das für ein Dreck hier?" Die Mutter fragt nach: "Verstehe ich nicht, was bedeutet das?".
Nun dachte ich mir, sie wird wohl schon oft geflucht haben, denn selbst im vorher gültigen Fahrplan fuhr nur alle 20 Minuten die Zuggruppe [1] Berta nach Erkner, der dazwischen verkehrende Bussard fuhr stets nur ab Ostbahnhof. Also der clevere Nutzer ist sowieso immer bis mind. Ostbahnhof vorgefahren, um den 10-Minuten Takt ab Ostbahnhof Richtung Erkner nutzen zu können.
Womöglich ist das Verkehrssystem mit Einsetzerzügen für viele Nutzer viel zu kompliziert, sie es nicht verstehen und dann lieber pauschalisieren und meckern. Fühlen sich noch bestätigt durch die Medien, dabei sind manchmal auch die Nutzer selbst schuld an der unnötigen Fahrzeitverlängerung ...
[1]
Die Berliner S-Bahn arbeitet intern mit Zuggruppen, die Funkrufnamen tragen. Aus mehreren Zuggruppen werden für den Fahrgast Liniennummern gebildet. Bspw. die S1 besteht aus 3 Zuggruppen. Ein Langer Lauf über den gesamten Linienabschnitt und zwei Kurzlauf-Varianten. Damit ist es möglich, Verstärkerzüge für die HVZ im Innenstadtbereich zu belegen. Dem Fahrgast wird alles als "S1" angeboten, jedoch intern für die Organisation und Kommunikation bedarf es der Unterscheidung. Bei anderen Verkehrsbetrieben arbeitet man bspw. mit der internen Unterteilung "Linie 1E5", dem Fahrgast jedoch nur als "Linie 1" angezeigt. Weitere Varianten wären bspw. interne "Linie 22.4" was bedeutet "Linie 22 befährt nur den Streckenteil 4" und so weiter.
Irgendwie muss ja intern eine Teleskopierung der Linie unterschieden werden, egal ob Bus oder Bahn.
Gruß aus Berlin