Autor Thema: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021  (Gelesen 22164 mal)

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Tramwaycafe

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #15 am: 11. Juli 2021, 17:17:15 »
Wenn wir schon beim Engelhof sind, dann ziehen wir doch gleich die Engelhof-Fotos der aktuellen Serie vor :D Danke für das historische Foto von dort: Inzwischen ist das Bahnhofsgebäude Engelhof dermaßen heruntergekommen, dass es eine Schande ist. Statt Fenstern nur mehr Verplankungen; zugleich: Alles denkmalgeschützt, wie auch aus einer Diskussion zwischen Fahrer und einem Fahrgast, die sich über den Bahnhof unterhielten, klar hervorkam. Wer weiß, ob sich mit dem anstehenden und schon begonnenen Umbau des Umfeldes – zB Park & Ride-Anlage dort – die Dinge nunmehr etwas positiver gestalten werden; im Moment ist dort eine Riesenbaugrube.

Und so ist die erste der beiden Aufnahmen in die gleiche Blickrichtung wie die historische entstanden, doch mit dem Standort ein paar Schritte weiter nordwärts – der im historischen Bild gezeigte linke Teil besteht derzeit aus dem beschriebenen traurigen Bild der Quasi-Hülle des Bahnhofs samt unmalerischem Expedit-Container davor plus allerlei Bauzeugs. Auf der ersten aktuellen Aufnahme vom 22. Juni 2021 ist Wagen 127 zu sehen, der gerade auf dem in Fahrtrichtung linken Gleis in die Ausweichanlage der Durchfahrtsgleise des Bahnhofs fährt. Früher war das das eine Meterspurgleis, wo Wagen 127 hier unterwegs ist; seit dem Umbau der letzten Jahre ist hier alles nur mehr meterspurig. Auch Gmunden Engelhof ist ein Bedarfshalt, und nur durch leichtes Mitziehen ließ sich bei der langen Belichtungszeit die Garnitur scharf abbilden, fuhr sie doch mit beachtlichem Tempo durch die Haltestelle durch: Damit «erstrahlt» die Laufen-Fabrik im Hintergrund, die auch auf der historischen Aufnahme zu sehen ist, mit einer ganz leichten Bewegungsunschärfe.

Die zweite aktuelle Aufnahme ist auf dem Areal entstanden, das dereinst die Normalspurgleise nach Laakirchen und weiter nach Lambach beherbergte. Nach der Unterbrechung dieser Strecke wegen Nichtbaus einer Eisenbahnkreuzung (oder -unter/-überführung) beim Bau der Umfahrung Gmunden (B120, Scharnsteiner Straße) ist das Reststück bis Gmunden abgebaut worden; die beiden dahinschlendernden Herren auf der Aufnahme gehen genau die ehemalige Bahntrasse entlang. Mal sehen, ob die immer wieder zwischen den Zeilen zu hörende Revitalisierung der Laakirchener Strecke nach Lambach irgendwann Wirklichkeit wird; dann wohl aller Wahrscheinlichkeit nach von Gmunden aus als Meterspurstrecke. Der zu sehende Wagen 128 ist der Feuerwehrwagen, der auf dem Abstellgleis in Gmunden-Engelhof typischerweise bereitgestellt ist – es war ein Glücksfall, dass er am Nachmittag des 6. Oktober 2020 gerade aufgerüstet wurde und sich als Linienfahrzeug auf den Weg durch Gmunden machte.

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #16 am: 12. Juli 2021, 16:04:52 »
Bevor es nach Gmunden hineingeht, lasst uns noch einmal einen kleinen Ausflug in das direkte Umfeld Gmundens machen… Die Aufnahme der Serie, die mir am allerbesten gefällt, entstand gleich innerhalb der Haltestelle Baumgarten-Waldbach. Zu sehen ist Wagen 122, gerade zwischen den Bäumen hervorgekommen, in voller Fahrt in die Haltestelle hineingleitend. Die zweite Aufnahme ist nochmals eine mit viel Feld am Bildrand – wir sind näher an Gmunden, die Bebauung wird dichter, und Wagen 127 wird in wenigen hundert Metern die Stadtgrenze nach Gmunden überqueren, um die lange Kurve in den Bahnhof Engelhof hinunterzurollen.

Beide Aufnahmen entstanden am 22. Juli 2021, die erste vormittags, die zweite nachmittags – es ist etwa Halbzeit in der Serie, nach noch einem Einblick in Engelhof und Umgebung geht es dann ’runter ins Tal, wo das Szenario sich komplett ändert. Genau dieses Verheiraten städtischen mit ländlichen Verkehrs zeigt so unglaublich machtvoll die Möglichkeiten zeitgemäßen Schienenpersonennahverkehrs: In und um Gmunden hatte ich das Gefühl, sehr viel von ganz zukunftsorientierter Verkehrspolitik zwischen Kleinstadt und Land zu sehen, durchaus unterlegt von dem einen oder anderen Gänsehautmoment.

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #17 am: 13. Juli 2021, 11:54:23 »
Mit der Eröffnung der Traunseetram gibt es nunmehr auch ganztags regelmäßig in Gmunden-Engelhof endende Kurse; zumindest jeder zweite Kurs fährt tagsüber nicht weiter als hierher. Mit dem Abbau der Normalspuranlagen in Engelhof ist nun die Bahnsteigkante 1 den hier endenden Garnituren gewidmet – sprich, der Hausbahnsteig am Stumpfgleis. Ganz rechts im Hintergrund ist der noch abgestellte «Feuerwehrwagen» 128 zu sehen, bevor er wie in einer der vorigen Aufnahmen gezeigt in den Linienbetrieb wechselte. Und am 6. Oktober 2020 war hier noch wenig Baustelle; dafür prangt der auch schon erwähnte Expeditcontainer hinter dem Wagen 130, der gerade die etwa 10 Minuten Wendezeit abwartet. Inzwischen würde die Aufnahme bei weitem nicht mehr in der Ruhe machbar sein, wie sie am 6. Oktober 2020 offenbar herrschte.

Und auf der zweiten Aufnahme geht es nun langsam stadteinwärts: Hier, bei der Haltestelle Lembergweg, ist noch sehr viel Grün umher. Hinten bei der zu sehenden Kreuzung mit der Laudachseestraße ist derzeit Endstation für die aus der Stadt kommenden Garnituren: Drei Wochen lang ist Schienenersatzverkehr wegen Engelhof-Umbaus. Am 22. Juni 2021 hingegen war noch alles regulär in Betrieb, und Wagen 121 braust mit den hier erlaubten 60km/h Richtung Tal auf der Trasse des einstigen Drei- bzw. Vierschienengleises, das dereinst ÖBB und Stern&Hafferl teilten. Wer auch einmal nach Gmunden fotografieren kommen möchte: Beim Lembergweg ist nachmittags eine richtige Oase dafür, zumal bei den vier Garnituren pro Stunde und Richtung, die hier unter der Woche vorbeikommen.

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #18 am: 14. Juli 2021, 14:11:47 »
Hier, zwischen Traundorf und Engelhof, atmet die Traunseetram ganz besondere Geschichte – die Trasse folgt dem 1836 eröffneten Rampen-Abschnitt der Pferdebahn Budweis–Linz–Gmunden durch den bekannten Einschnitt. Natürlich hat die Traunseetram von ihrer Charakteristik nicht mehr viel mit dem Betrieb von vor bald 200 Jahren gemein; doch gibt es hier zahlreiche kleine Accessoires zu bestaunen, die an die Pferdebahn erinnern. Auf der ersten Aufnahme gleitet Wagen 121 am 6. Oktober 2020 unterhalb des Lembergwegs talwärts – vormittags steht die Sonne auf der Mastenseite der Strecke, da brauchte es eine etwas gewagtere Perspektive ;) Der Weg neben der Strecke begleitet die Traunseetramtrasse bis ins Tal hinunter und bietet einen netten Spaziergang.

Auf der zweiten Aufnahme, ebenfalls vom 6. Oktober 2020, sehen wir Wagen 129 vom Schloss Weyer kommend bergauf gleiten – hinter dem Wagen verbirgt sich unmittelbar neben der Trasse noch ein Stückerl Pferdebahnschienen. Die Bebauung arbeitet sich hier langsam bergwärts vor – mal sehen, wie viel offenes Gelände zumindest auf der linken Seite der Aufnahme in ein paar Jahren noch übrig bleibt. Nicht weit unterhalb des Schloss’ Weyer liegt dann die neue Haltestelle Seebahnhof, wo sich von der Charakteristik der Bahn so viel ändert; dort liegen auch die Gleismagneten, die die Traunseetramgarnituren von Straßenbahn- auf Eisenbahnmodus und zurück umschalten.

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #19 am: 15. Juli 2021, 15:48:54 »
Innerhalb des Seebahnhofs befindet sich das wunderbarste Stück der Traunseetram. Nein, nicht weil es so malerisch ist – sondern weil genau der Brückenschlag zwischen der Gmundner Straßenbahn und der Traunseebahn ein Meisterstück moderner Verkehrspolitik par excellence ist: Ein kurzer Brückenschlag (im wahrsten Sinne des Wortes) zwischen zwei vormals isolierten Schienenstrecken zugunsten eines größeren Ganzen, noch dazu als Straßenbahnstrecke in einer dazumals modernen und nun wieder zeitgemäßen, sanften Integration ins Stadtbild; viel besser geht das nicht! Darüber hinaus bietet dieser Brückenschlag nicht nur den Mehrwert der Streckenverbindung, sondern erschließt nunmehr aus beiden Richtungen das Zentrum Gmundens per se: Hier heißt es, ein paar Momente innezuhalten, und den Hut vor all den Proponenten dieses mutigen Projektes zu ziehen, die damit trotz des nicht immer lauen Gegenwindes ein genauso starkes wie mächtiges Zeichen in Richtung einer zukunftsorientierten Schienenverkehrspolitik zwischen Kleinstadt und Land gesetzt haben. Chapeau, chapeau, chapeau!

Ja, bei modernster Straßenbahn par excellence sind wir angelangt – hier repräsentiert durch Wagen 128 in der Traunsteinstraße, gleich innerhalb des Seebahnhofes. Links ein lokal bekanntes Blumengeschäft, rechts Kurzparkzone abseits des eigentlichen Straßenraumes, und dazwischen gleitet vier Mal pro Stunde und Richtung leise und unaufhaltsam die Straßenbahn als Lebensader Gmundens über die neuen Gleise, so wie hier am 22. Juni 2021 – zum ersten Mal mit einer Garnitur als Motiv, die Engelhof zum Ziel hat.

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #20 am: 16. Juli 2021, 17:09:28 »
Wenn wir vom Brückenschlag sprechen, darf die eigentliche Brücke als Kernverbindungsstück nicht fehlen: Traunbrücke, Trauntor und Rathausplatz waren wohl die eigentlichen Herausforderungen der neuen Trasse, die die beiden vormals isolierten Gmundner Meterspurstrecken zur neuen Traunseetram verbindet. Toll ist die Traunbrücke geworden; eine Begegnungszone mit 20km/h Geschwindigkeitsbeschränkung für alle Verkehrsteilnehmer, die sich den nur sanft getrennten öffentlichen Raum hier teilen, samt breitem Radweg und sehr ansprechend viel Platz für Fußgänger.

Kurzum: Ein lohnender Platz zu verweilen, zu eilen, zu schlendern, und natürlich auch mit der Tram nach Gmunden hinein oder aus Gmunden heraus zu fahren. Wagen 127 übernimmt diese Aufgabe auf dieser Aufnahme vom 22. Juni 2021 und zeigt, wie harmonisch sich eine Straßenbahn in ein historisches Kleinstadtzentrum integrieren lässt.

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #21 am: 16. Juli 2021, 17:33:33 »
um welche Tageszeit wurde das letzte Bild aufgenommen - ohne Kfz, Radfahrer und Fußgänger? :o
Ceterum censeo autocineta omnibus delenda esse!

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #22 am: 17. Juli 2021, 07:49:54 »
Toll ist die Traunbrücke geworden; eine Begegnungszone mit 20km/h Geschwindigkeitsbeschränkung für alle Verkehrsteilnehmer, die sich den nur sanft getrennten öffentlichen Raum hier teilen, samt breitem Radweg und sehr ansprechend viel Platz für Fußgänger.
Wie ist das zu verstehen? Eine Begegnungszone, wo erst wieder die Fußgänger und Fahrräder aus dem Weg geräumt werden? Das ist doch ein Widerspruch in sich!

WVB

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #23 am: 17. Juli 2021, 09:04:50 »
Toll ist die Traunbrücke geworden; eine Begegnungszone mit 20km/h Geschwindigkeitsbeschränkung für alle Verkehrsteilnehmer, die sich den nur sanft getrennten öffentlichen Raum hier teilen, samt breitem Radweg und sehr ansprechend viel Platz für Fußgänger.
Eigentlich ein wunderbares Beispiel für jene die meinen Umfahrungsstraßen würden nichts bringen.

T1

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #24 am: 17. Juli 2021, 12:42:03 »
Toll ist die Traunbrücke geworden; eine Begegnungszone mit 20km/h Geschwindigkeitsbeschränkung für alle Verkehrsteilnehmer, die sich den nur sanft getrennten öffentlichen Raum hier teilen, samt breitem Radweg und sehr ansprechend viel Platz für Fußgänger.
Wie ist das zu verstehen? Eine Begegnungszone, wo erst wieder die Fußgänger und Fahrräder aus dem Weg geräumt werden? Das ist doch ein Widerspruch in sich!
Das sind Begegnungszonen per Definitionem in Österreich. Eine Lösung wie in der Schweiz wurde natürlich nicht gewählt, heißt: Kein Vortrittsrecht für Zufußgehende.

Was du meinst ist Shared Space. Das ist (rechtlich) etwas anderes.

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #25 am: 17. Juli 2021, 14:46:01 »
Wie ist das zu verstehen? Eine Begegnungszone, wo erst wieder die Fußgänger und Fahrräder aus dem Weg geräumt werden? Das ist doch ein Widerspruch in sich!
Das sind Begegnungszonen per Definitionem in Österreich. Eine Lösung wie in der Schweiz wurde natürlich nicht gewählt, heißt: Kein Vortrittsrecht für Zufußgehende.

Was du meinst ist Shared Space. Das ist (rechtlich) etwas anderes.

Das Gesetz scheint mir recht zu geben:

Paragraf 76c StVO

oesterreich.gv.at

T1

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #26 am: 17. Juli 2021, 16:04:54 »
Naja, da kann man streiten. In Österreich ist es ein sehr passives dürfen…

StVO §76c
(3) In Begegnungszonen dürfen Fußgänger die gesamte Fahrbahn benützen. Sie dürfen den Fahrzeugverkehr jedoch nicht mutwillig behindern.

…während das beispielsweise in der Schweiz mit einem Vortrittsrecht verbunden ist, was den Zufußgehenden schon mehr Rechte einräumt.

Signalisationsverordnung Art. 22b
1 Das Signal «Begegnungszone» (2.59.5) kennzeichnet Strassen in Wohn- oder Geschäftsbereichen, auf denen die Fussgänger und Benützer von fahrzeugähnlichen Geräten die ganze Verkehrsfläche benützen dürfen. Sie sind gegenüber den Fahrzeug­führern vortrittsberechtigt, dürfen jedoch die Fahrzeuge nicht unnötig behindern.

Aber auch unabhängig von der rechtliche Seite, eine Begegnungszone muss nicht darauf abzielen, dass Zufußgehende die gesamte Breite nutzen, es kann auch einfach nur der Querungsmöglichkeit über die ganze Länge dienen. Wobei letzteres wegen dem fehlenden Vortrittsrecht in der österreichischen Version natürlich wiedereinmal unattraktiver ist als das Vorbild.

haidi

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #27 am: 17. Juli 2021, 17:33:23 »
§ 76 c StVO
Zitat
(2) In Begegnungszonen dürfen die Lenker von Fahrzeugen Fußgänger weder gefährden noch behindern,

(3) In Begegnungszonen dürfen Fußgänger die gesamte Fahrbahn benützen. Sie dürfen den Fahrzeugverkehr jedoch nicht mutwillig behindern.

Fußgänger dürfen weder gefährdet noch behindert werden. Das ist das, was die Schweizer als "Vortrittsrecht" bezeichnen. Derartige Ausdrücke gibt es in der österreichischen StVO nicht, aber klarstellende Umschreibungen, die das "Vortrittsrecht" genauer definieren¹].

Im Endeffekt ist die Schweizer Gesetzestelle gleich der Österreichischen (oder umgekehrt). Der Satz Sie dürfen den Fahrzeugverkehr jedoch nicht mutwillig behindern. ist in beiden gleichlautend und wird auch Gleiches bedeuten. Ich interpretiere den Satz so:
Der Autofahrer hat es zu akzeptieren, dass ihn der Fußgänger beim Queren seiner Fahrlinie zum Verlangsamen oder Abbremsen bis zum Stillstand zwingt, der Fußgänger darf aber nicht auf Dauer vor dem Fahrzeug in gleicher Linie gehen - das bedeutet das "mutwillig".

¹] Ähnliches: In der Bestimmung für Radfahrerüberfahrten findet man den Ausruck Vorrang oder Vortrittsrecht für Radfahrer nicht, sondern der Autofahrer hat ihm das Queren zu ermöglichen und erforderlichenfalls anzuhalten. Das ist meiner Meinung nach sogar mehr als Vorrang, weil damit auch der Vorrangverzicht des Radfahrers durch Anhalten wegfällt.
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Tramwaycafe

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #28 am: 17. Juli 2021, 20:03:45 »
um welche Tageszeit wurde das letzte Bild aufgenommen - ohne Kfz, Radfahrer und Fußgänger? :o
Das war der Kurs 328, gegen ½12 mittags aufgenommen – nicht immer geht das so, wie es auf der Aufnahme aussieht; am Vorabend gegen 18:00 habe ich es eine Stunde lang versucht, ohne auch nur eine quasi freigefahrene Front auf den Sensor zu bekommen…

Eine Begegnungszone, wo erst wieder die Fußgänger und Fahrräder aus dem Weg geräumt werden? Das ist doch ein Widerspruch in sich!
Guter Punkt. Für mich bot sich eine zwar grundsätzlich in unterschiedliche (Längs-)Bahnen gelenkte Verkehrsfläche da, die aber vor allem in lateraler Sicht sehr durchlässig war; sprich: Fußgänger kreuz und quer, genauso wie Radfahrer. Das zeigt das Foto nicht; dazu bräuchte es eher ein Video…

Bevor es ins Finale mit noch ein paar Aufnahmen auf der klassischen Gmunder Straßenbahnstrecke geht, noch ein paar Meter zurück zum Klosterplatz: Hier war knapp vier Jahre lang Endstation der 2014 nach Gmunden hinein verlängerten Traunseebahn (nicht -tram), bevor im September 2018 der “Missing Link” über den Rathausplatz das Licht der Welt erblickte. Anders als in den allerersten Planungs-Skizzen gedacht befindet sich hier ein mit umfangreichem Wetterschutz versehener Inselbahnsteig in der Mitte der Fahrbahn, und nach wie vor enden hier immer wieder Kurse, falls es die Situation spontan oder geplant erfordert, insbesondere bei Baumaßnahmen. Mit hinreichend Weitwinkelwumms lässt sich am Inselbahnsteig auch eine ganze Garnitur «freigestellt» abbilden, so wie wieder einmal Wagen 121, offensichtlich «Traunsee» getauft, am 6. Oktober 2020.

Tramwaycafe

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Re: Zwei Tage in Gmunden – eine emotionale Reise 2020/2021
« Antwort #29 am: 18. Juli 2021, 13:47:10 »
…und hier sind wir nun angelangt, am Rathausplatz – lange Zeit war die Tram ganz verschämt an den Rand des Straßenraumes gezwängt worden, 1975 bekanntlich ganz verdrängt, und ist nun seit 2017 bzw. 2018 zeitgemäß und präsenter als je zuvor zurückgekehrt. Die Begegnungszone in ihrer Gmundner Ausprägung ist in diesem Thread schnell ein heißes Diskussionsthema geworden – typischerweise stellt sich in der Theatergasse der Verkehr nun so dar, dass die Straßenbahn mit dem langsam, aber stetig dahinströmenden Individualverkehr mitgleitet und den Verkehrsfluss an der Haltestelle kurz unterbricht, um dann insbesondere westwärts ungehindert das ampelgesteuerte und stark frequentierte Kreuzungsplateau Theatergasse#Am Graben passieren zu können. Natürlich ist ein selbständiger Gleiskörper mit Nullwartezeit an allen Interaktionsstellen mit dem Rest der Welt wünschenswert – doch gibt es hie und da Plätze, wo das mit erträglicher Disruptivität nicht ganz so einfach ist; und die Zentrumsdurchfahrt von Gmunden mit ihren wenigen hundert Metern fahrbahnbündiger Trasse ist für mich ein Paradebeispiel des pragmatischen Durchbrechens einer Eigentrassen-Dogmatik. Die Tramway ist erstaunlich anpassbar, wenn man sie sich anpassen lässt und vernünftig in vorhandene Gegebenheiten einzubetten versteht. Zu sehen ist Wagen 130 am 6. Oktober 2020.

Auch der Rathausplatz ist im Übrigen eine Bedarfshaltestelle – den Schweizer Einfluss kann Stern&Hafferl nicht verleugnen, wenn es wie bei den anderen Haltestellen auch heißt: «Nächster Halt auf Verlangen: …», akustisch «illustriert» durch die mitgelieferte Aufnahme.