Autor Thema: Ringstraße als Tram-Highway  (Gelesen 5022 mal)

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ring

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Ringstraße als Tram-Highway
« am: 15. Juli 2011, 16:30:58 »
Offenbar sind hier alle einig, dass die Attraktivität der Straßenbahn (und wohl generell des öffentlichen Verkehrs) stark davon abhängt, wie lange die Linien sind und wie wenig oder viel man daher umsteigen muss. Und offenbar - siehe Thema "Verbindung Schottentor - Herrengasse - Karlsplatz" sind auch die meisten der Meinung, dass eine "City-Tram" durch die Innenstadt kein günstiger Weg wäre, zu längeren Linien zu kommen, da entweder sehr teuer (unterirdisch) oder aufgrund diverser Engstellen problematisch (oberirdisch).

Daher möchte ich folgende beiden radikaleren Ansätze zur Diskussion stellen und bitte - abseits der Frage der politischen Durchsetzbarkeit - um Meinungen über die Machbarkeit und Sinnhaftigkeit:

1.) Die Hauptfahrbahn der Ringstraße wird zwischen Schottentor und Schwarzenbergplatz für den Autoverkehr gesperrt. Die Nebenfahrbahnen als Zufahrtsmöglichkeit bleiben erhalten, ebenso ein Fahrstreifen für Sightseeing-Busse, Taxis und Fiaker. Im gesamten Abschnitt wird in jede Richtung ein weiteres Tramway-Gleis verlegt, mit Stationen nur bei der Uni (U2 Schottentor), beim Volksgarten (U3 Volkstheater) und bei der Oper (U1/U1/U4 Karlsplatz). Über diese Schnellverbindung werden die Linie 43 (oder 44) mit der Linie 71 zusammengeführt, die Linie 38 (oder 37) mit der Linie 62 und die Linie 41 (oder 40 oder 42) mit der Badner Bahn. Alle resultierenden Linien würden auf schnellem Weg gegenüberliegende Teile Wiens verbinden und wären außerdem jeweils mit allen (!) Wiener U-Bahn-Linien verknüpft, sodass viele Umsteige-Notwendigkeiten entfallen würden (zB das zeitfressende Umsteigen von 37/38/40/41/42/43/44 in die U2, um zu U1 oder U3 zu gelangen).

2.) Die Hauptfahrbahn wird am kompletten Ring gesperrt (und am Kai auf 2 Fahrstreifen reduziert). Die Nebenfahrbahnen als Zufahrtsmöglichkeit bleiben erhalten. Auf der Hauptfahrbahn werden zusätzliche Tram-Gleise verlegt, um folgendes zu ermöglichen: ALLE am Ring endenden Straßenbahn- und Buslinien werden um den kompletten Ring herumgeführt, die mit den geraden Linienbezeichnungen (38er, 40er, 42er, 44er, 46er, 48A etc.) im Uhrzeigersinn, die mit den ungeraden Linienbezeichnungen (37er, 41er, 43er, 49er etc.) gegen den Uhrzeigersinn. Damit erreichen alle diese Linien alle wichtigen Ziele rund um die Innenstadt, ermöglichen ein direktes Umsteigen zu allen U-Bahn-Linien und untereinander zu allen anderen dieser Linien.

Was davon ist machbar? Was ist sinnvoll? Welche Variante ist besser?   

Revisor

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Re: Ringstraße als Tram-Highway
« Antwort #1 am: 15. Juli 2011, 17:53:56 »
Technisch machbar ist alles, politisch durchsetzbar sicher nichts davon.

Zu den Details: Wenn tatsächlich die Hauptfahrbahn des Rings für den Individualverkehr gesperrt würde, erübrigen sich nahezu alle Ringampeln und die Durchlaßfähigkeit der Strecke und die darauf zu erzielende Reisegeschwindigkeit erhöht sich gewaltig. Eine Führung von Expreßtramlinien auf eigenen Gleisen unter Auslassung etlicher Haltestellen halte ich nicht für sehr sinnvoll, da der dabei mögliche minimale Zeitgewinn in keinem Verhältnis zu der Benachteiligung der zu den ausgelassenen Haltestellen wollenden Fahrgäste steht. Auch eine einfache Aufteilung der Linien (geradfe Linien rechts, ungerade links oder wie auch immer) ist sicher nicht sinnvoll, sondern solche Führungen sollten auf Grund zu erhebender Fahrgastströme eingeführt werden. Alles andere wäre Sandkastenverkehrsplanung.

hema

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Re: Ringstraße als Tram-Highway
« Antwort #2 am: 15. Juli 2011, 18:48:17 »
Grundsätzlich wäre es schon gut, wenn sich wenigstens irgendwas in Richtung Besserung der Situation am Ring bewegen würde! Ein komplette (Aus-)Sperrung des Autoverkehrs wäre natürlich verlockend, ist aber auf lange Zeit sicher unrealistisch. Was aber praktisch schon morgen möglich wäre, ist eine Reduzierung auf zwei Fahrspuren und eine Verlängerung des 71ers zur Börse. Soll er seine Nummer halt beibehalten, wenn es die Simmeringer beruhigt! Auch leicht zu realisieren, mit ein paar kleinen Verbesserungen bei der Bellaria, wäre eine Aufwertung des (wichtigen) 49ers zur dritten "Metro"-Linie nach dem 1er und 2er, indem man ihn zum Praterstern verlängert. Damit wäre auch die leidige 21er-Debatte vom Tisch. Sollten diese sehr leicht umzusetzenden Maßnahmen Initialzündung zu weiteren (und dann auch politisch gewollten) Verbesserungen sein - um so besser!


Zu den Express-Gleisen hat der Revisor eh schon alles wesentliche gesagt. Allerdings sollte man nicht allzuviele Analysen, Erhebungen, Befragungen und Studien machen (lassen), weil das kostet nur sehr viel Geld und Jahrzehnte Zeit und birgt die Gefahr, dass alle Unterlagen in der bekannten Schublade landen und alle Projekte auf der ewig langen Bank! Und viel mehr als der kleinste gemeinsame (politische) Nenner kommt sowieso nicht raus, obwohl man doch den größten allgemeinen Nutzen finden wollte.


Herzlich willkommen, lieber User ring! Ich verstehe deine Ansätze in ihrem Wesen als Denkanregung, Diskussionsgrundlage und Vision eines möglichen Idealzustandes und denke, so war es von dir auch gemeint!
Niemand ist gezwungen meine Meinung zu teilen!

darkweasel

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Re: Ringstraße als Tram-Highway
« Antwort #3 am: 15. Juli 2011, 19:21:06 »
46er und 49er (und 48A) kann man jedenfalls sinnvoll nur Richtung Süden durchbinden, ohne viel umzubauen oder sehr unbequeme Umsteigemöglichkeiten zu haben - Richtung Süden würde man einfach die Haltestelle am Außenring hinter die Kreuzung mit der Bellariastraße verlegen (dort gibt es ja eh auch einen U-Bahn-Abgang), während man Richtung Norden womöglich eine Haltestelle direkt vor dem Parlament brauchen würde, von dort gibt's aber keinen Abgang irgendwohin.

Wenn man am Schottentor so umbauen würde, dass man von der Währinger Straße Richtung Süden durchbinden kann, die Schwedenbrücke zweigleisig ausbaut, sowie wieder Schienen in die innere Mariahilfer Straße legt (ja, hier haben wohl einige aufgehört, meinen Beitrag zu lesen, da zu utopisch) könnte man beispielsweise folgendes (Vorsicht, extrem utopisches) Durchgangslinienkonzept (ist schon ein paar Monate alt, als mir einmal fad war) verwirklichen, zusätzlich zu dem, was es bereits gibt:

4 Zinnergasse/Kaiserebersdorfer Straße - Schwarzenbergplatz - Dr.-Karl-Renner-Ring - Schottentor U - Antonigasse (- Gersthof S)
7 Hummelgasse - Burgring - Schottentor U - Schwedenplatz - Taborstraße U - Praterstern S U
8 (oh Gott, die Linienbezeichnung ist ja Gotteslästerung) Hütteldorf Bujattigasse - Dr.-Karl-Renner-Ring - Schwarzenbergplatz - Schottenring U - Wallensteinplatz - Friedrich-Engels-Platz
11 Dornbach Güpferlingstraße - Johann-Nepomuk-Berger-Platz - Schottentor U - Schottenring U - Julius-Raab-Platz - Radetzkyplatz - Praterstern S U

Der 11er hätte keine U3-Anbindung, sonst hätten alle diese Linien Umsteigemöglichkeiten zu U1, U2, U3, U4 und zueinander.

13er

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Re: Ringstraße als Tram-Highway
« Antwort #4 am: 15. Juli 2011, 23:34:07 »
Hallo "ring" und herzlich willkommen im Forum! :)

Ich habe mir deine Ideen durchgelesen und dabei ist mir aufgefallen, dass man das ganze vermutlich auch ohne für Wien exotische Ideen wie zwei Richtungsgleise "billiger" bekommen könnte und zwar (Achtung: politische Durchsetzbarkeit auch einmal außen vor gelassen) mit der Wiedererrichtung der Gleise auf der 2er-Linie zumindest zwischen Währinger Straße und Karlsplatz (idealerweise aber natürlich weiter).

Damit wären deine zentralen Vorteile auch hier verkörpert:
- Direkter Zugang zu den U-Bahn-Linien
- Verknüpfung von Linien relativ problemlos möglich (z.B. 71 - 2 - 43, aber sicher nur jeder zweite Zug), ohne den Ring zu überfordern

Zusätzliche Vorteile:
- Weiterbenutzbarkeit der 2er-Linie im Falle von Ringsperren (und Verlegung der Ringlinien auf die 2er-Linie)
- Kein Stau am Ring: Man könnte z.B. vier Durchgangslinien am Ring und vier auf der 2er-Linie einrichten.
- Man erspart sich die komplizierte Frage der Errichtung einer Linksweiche vom Innenring zur 43er-Schleife Schottentor

Auf der 2er-Linie hätte man die Haltestellen: Schwarzspanierstraße - Universitätsstraße - Rathaus - (Lerchenfelder Straße?) - Volkstheater - Mariahilfer Straße - (Secession?) - Karlsplatz.

Wie sagte schon ein ehemaliger Bürgermeister(?): "A Revolution is'?! Sagn's dem Tramwaydirektor, mia foahr'n über'd 2er-Linie!" :)
Mit uns kommst du sicher... zu spät.

ring

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Re: Ringstraße als Tram-Highway
« Antwort #5 am: 16. Juli 2011, 20:41:08 »
Hallo allerseits!

Danke für die Willkommensgrüße :-) Ja, mein Beitrag war als Denkanstoß und Diskussionsgrundlage gemeint - ich hab' mir dazu selber noch keine abschließende Meinung gebildet. Ich meine jedoch, dass die Frage der Aufwertung und Verknüpfung der Straßenbahnlinien im innerstädtischen Bereich eine ganz zentrale für Wiens Verkehr ist und dass es dabei keine Tabus geben darf.

Die zweite von meinen beiden vorgeschlagenen Varianten hätte aus meiner Sicht den Vorteil, dass sie sehr übersichtlich und - gerade von Umsteigern, die bisher das Auto gewohnt waren - leicht "lernbar" wäre.

Mir gefällt aber auch der Ansatz, die Gleise in der "Zweierlinie" wieder zu errichten. In der Zweierlinie für den Autoverkehr eine Einbahn in entgegengesetzter Richtung zum Ring einzuführen, würde für die Bim Platz machen und außerdem zahlreiche Ampelschaltungen extrem vereinfachen, d.h. den ganzen Verkehr dort flüssiger machen. Für die Öffis entstünde so ein großer Nutzen und für den Autoverkehr nur ein kleiner Nachteil, der noch dazu dadurch kompensiert würde, dass mehr Leute ihre Autos zu Hause lassen und somit zu weniger Staubildung beitrügen.