VCÖ-Factsheet 2016-10 - S-Bahn in der Stadt verbessern
Zunehmend mehr Menschen leben in Wien und der Ostregion. Die S-Bahn gewinnt regional und innerstädtisch an Bedeutung. Gefragt sind weitere Verbesserungen der S-Bahn in Wien und eine engere Abstimmung mit dem städtischen Öffentlichen Verkehr.
Im Stadtgebiet Wiens verkehren zehn S-Bahnlinien, die an insgesamt 49 Stationen halten. Die Wiener S-Bahn ist essenziell für den Stadt-Umland-Verkehr und zunehmend auch für den Stadtverkehr. Neun der zehn Wiener S-Bahnlinien verbinden die Stadt mit Niederösterreich. Rund 300.000 Fahrgäste nutzen im Ballungsraum Wien täglich die S-Bahn, 60.000 Pendlerinnen und Pendler und Pendler aus Niederösterreich und dem Burgenland fahren mit der Bahn klimafreundlich zur Arbeit nach Wien. Vor allem die Linien der Stammstrecke zwischen Meidling und Floridsdorf und die S45 (Vorortelinie) sind auch wichtige Säulen des innerstädtischen Verkehrs.
Aus allen Öffis das Maximum herausholen
Die Wiener S-Bahn hat enorme Reserven für Verbindungen innerhalb der Stadt. Die wachsende Stadt muss jedes Potenzial öffentlicher Verkehrsmittel nutzen, um die zunehmende Mobilitätsnachfrage zu bedienen und gleichzeitig die Verkehrs- und Klimaziele zu erreichen. Bis zum Jahr 2025 sollen Öffentlicher Verkehr, Radfahren und Gehen ihren gemeinsamen Anteil an den Wegen der Wienerinnen und Wiener von 73 auf 80 Prozent steigern. Nur mit dem Ausbau des Öffentlichen Verkehrs kann die zukünftige Mobilität in der wachsenden Stadt effizient und umweltschonend erfolgen.
Die Schnellbahn ist dafür bekannt, die große Zahl der Pendlerinnen und Pendler und Pendler aus dem Ballungsraum direkt in die Stadt zu transportieren. Rund 60.000 Pendelnde nutzen derzeit die S-Bahn in Wien. Rund 340.000 Wienerinnen und Wiener haben eine S-Bahn-Station in fußläufiger Nähe. In Döbling wohnen 43 Prozent der Bevölkerung im Umkreis von 500 Metern zu einer S-Bahn-Station, in Penzing, Brigittenau und Landstraße jeweils ein Drittel.
Starkes Bevölkerungswachstum im Raum Wien
Bis zum Jahr 2025 wird Wiens Bevölkerungszahl auf mehr als zwei Millionen angewachsen sein. In Wien werden in den kommenden Jahren vor allem in den Bezirken Leopoldstadt, Favoriten, Brigitten-au und Donaustadt hohe Bevölkerungszuwächse erwartet, wo Stadterweiterungsgebiete für Wohnbau und Betriebe liegen. Deutlich niedriger wird das Bevölkerungswachstum für die innerstädtischen und die gürtelnahen Bezirke prognostiziert.
Bei gleich bleibendem Modal Split würde bis zum Jahr 2025 die Zahl der mit dem Auto gefahrenen Wege im Binnenverkehr um zwölf Prozent steigen, weshalb im Stadtentwicklungsplan STEP 2025 das Ziel eines gemeinsamen Anteils von 80 Prozent der Wege in Wien zu Fuß, mit dem Rad und dem Öffentlichen Verkehr festgeschrieben ist. Die S-Bahn ist gut geeignet, Gebiete am Stadtrand Wiens anzubinden sowie der optimale Verkehrsträger für großräumige tangentiale Verbindungen.
Auch die Region um Wien – in Niederösterreich und im Nord-Burgenland – wächst stark, bis zum Jahr 2030 auf 890.000 Menschen, das sind rund 90.000 mehr als heute. Bis zum Jahr 2030 ist mit täglich zusätzlich 83.000 Wegen über die Stadtgrenze im Öffentlichen Verkehr zu rechnen.
U-Bahn und S-Bahn gemeinsam denken
Damit mehr Menschen in die S-Bahn umsteigen, braucht es vor allem eine bessere, multimodale Anbindung der Wohnorte und Arbeitsplätze an die Bahnhöfe und Haltestellen.
Zwischen S-Bahn und U-Bahn bestehen aktuell 14 Umsteigemöglichkeiten. So verbindet etwa die S50 die Gemeinden westlich von Wien in Hütteldorf mit der U4 und am Westbahnhof mit U3 und U6. Ab dem Jahr 2017 soll es mit der Station Aspern-Nord und mit der Station Matzleinsdorfer Platz der neuen U2 zwei weitere Umsteigeknoten von U-Bahn und S-Bahn geben. Eine weitere direkte Verknüpfung von U-Bahn und S-Bahn ergäbe sich, wenn die neue U5 über die Endstation Elterleinplatz bis zur Vorortelinie in Hernals geführt würde.
U-Bahn & S-Bahn: effizient und platzsparend
Im Frühverkehr sitzen in 100 Autos im Schnitt 110 Personen. Eine vollbesetzte S-Bahn in Doppeltraktion kann rund 980 Personen befördern und ersetzt damit rund 890 Pkw-Fahrten, eine vollbesetzte U-Bahn mit rund 880 Fahrgästen ersetzt rund 800 Pkw-Fahrten. Der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs trägt wesentlich dazu bei, Staus zu verringern. Zudem wird mit der Verlagerung von Autofahrten auf S-Bahn oder U-Bahn die Umweltbilanz des Verkehrs stark verbessert. Pro 100.000 Personenkilometer vermeiden S-Bahn oder U-Bahn im Vergleich zu Diesel-Pkw rund 15.500 Kilogramm CO2 und rund 58 Kilogramm gesundheitsschädliche Stickoxide.
Potenziale der S-Bahn besser nutzen
Vorhandene S-Bahnlinien und Bahnstrecken bieten Potenzial zur besseren Anbindung von Zielgebieten der Stadtentwicklung wie Liesing Mitte oder Erdberger Mais – Aspanggründe – St. Marx. Bis zum Jahr 2035 wird ein überdurchschnittliches Bevölkerungswachstum für Liesing Mitte und für Stadtteile im Einzugsgebiet von Vorortelinie, Stammstrecke und S80 prognostiziert.
Im Jahr 2016 wurde der Ausbau der Verbindungsbahn zwischen Meidling und Hütteldorf inklusive von zwei zusätzlichen S-Bahn-Stationen und die Erweiterung eingleisiger Streckenteile bis zum Jahr 2025 beschlossen. Die Fahrt von Aspern bis Hütteldorf soll dann in rund 30 Minuten möglich sein.
Die S80 bietet seit Dezember 2015 eine direkte West-Ost-Verbindung innerhalb Wiens mit Anschluss an alle U-Bahn-Linien. Der Ausbau der S-Bahn ist vergleichsweise kostengünstig, da meist vorhandene Gleisanlagen genutzt werden können. Ein Kilometer U-Bahn kostet in der günstigeren Hochlage etwa 120 Millionen Euro, bei einem Ausbau der S-Bahn mit der Adaptierung bestehender Streckenabschnitte fallen Kosten von rund 30 Millionen Euro pro Kilometer an.
Verbesserungen im S-Bahn-Takt notwendig
Das Fahrplanangebot der S-Bahn ist auf der Stammstrecke und der Vorortelinie attraktiv, auf den anderen S-Bahn-Strecken bestehen innerhalb des Stadtgebiets teils große Taktlücken. Je nach Streckenabschnitt und Linie sowie abhängig von Wochentag und Tageszeit betragen die Intervalle der S-Bahn zwischen 10 und 60 Minuten. Auf der Stamm-strecke ergibt sich durch die Überlagerung mit den Regionalzügen in der Hauptverkehrszeit eine Zugfolge von nur drei Minuten, doch abschnittsweise können auch in der Hauptverkehrszeit Intervalle von bis zu neun Minuten vorkommen.
Anlass für eine Informationskampagne zur S-Bahn kann die Einführung neuer S-Bahn-Züge sein. Der „Cityjet“ ist das neue Fahrzeugmodell der ÖBB für den Nah- und Regionalverkehr. Bis Anfang des Jahres 2018 werden alle Züge im Regional- und
S-Bahnbetrieb in Betrieb stehen.
Fachleute: Häufigere Verbindungen erforderlich und Fahrgast-Information verbessern
Die größten Verbesserungspotenziale werden in der Fahrplangestaltung (Intervall höchstens 15 Minuten), häufigeren Verbindungen am frühen Morgen und in der Nacht und in einer besseren öffentlichen Erreichbarkeit der Bahnhöfe außerhalb Wiens gesehen. Für eine Verbesserung der Fahrzeuge wird besonders die Fahrgastinformation genannt und das Image der „Schwerfälligkeit“ ist zu überwinden.
Die vom VCÖ befragten Stakeholder sind überzeugt, dass U-Bahn und S-Bahn sich sehr gut ergänzen können. Innerhalb Wiens könnte das vorhandene Potenzial der S-Bahn zur Ergänzung und Entlastung des innerstädtischen Öffentlichen Verkehrs genutzt werden. Damit die S-Bahn attraktiver wird, sind – wo immer möglich – nahtlose Umsteigemöglichkeiten zur U-Bahn und gemeinsame Netzpläne notwendig.Quelle:
https://www.vcoe.at/news/details/vcoe-factsheet-2016-10-s-bahn-in-der-stadt-verbessernUnter dem angegebenen Link sind auch noch einige interessante Grafiken, etwa ein gemeinsamer Schnellverbindungsnetzplan Wien mit U-Bahn, S-Bahn, R- und REX-Verbindungen. Wobei ich diesen fast zu überladen finde, zumindest die grauen Linien und die R- und REX-Linienbezeichnungen hätte ich nicht noch zusätzlich eingetragen. Bei zehn parallelen Strichen zwischen Matzleinsdorfer Platz (WLB, S1, S2, S3, Stammstrecken-REX, Stammstrecken-R, S60, S80, R und REX) verliert man die Übersicht. Ohne die hellgrauen Regionalzugstrecken und die dunkelgrauen Regionalexpressstrecken wäre das ganze schon deutlich übersichtlicher, wobei man ja die Unterscheidung von "normalen" Haltestellen und den grau markierten, in denen auch Regionalzüge halten durchaus beibehalten könnte.
Sehr interessant ist auch die Abbildung mit dem Untertitel "Im Umkreis von 500 Meter der 49 S-Bahn Stationen in Wien wohnen rund 340.000 Bewohnerinnen und Bewohner." Man erkennt daran sehr gut den Unterschied zwischen wichtigen und bevölkerungsreichen Stationen.
Die bevölkerungsreichsten Stationen (500Meter-Radius) sind:
Ottakring: 17.600 EW
Breitensee: 16.800 EW
Matzleinsdorfer Platz 16.200 EW
Traisengasse: 16.000 EW
F.-J.-Bhf. / Hernals / Westbhf. jeweils 14.300 EW
Penzing 12.900 EW
Meidling 12.700 EW
Paterstern 12.200 EW
Rennweg 11.500 EW
Floridsdorf 11.300 EW
Handelskai 10.800 EW
Geiselbergstraße 10.000 EW
Betrieblich wichtige Knoten, wie der Hauptbahnhof kommen hingegen nur auf 8.200 EW oder 7.900 EW bei der Landstraße, Spittelau auf 8.300 EW, Heiligenstadt auf 7.100 EW und Hütteldorf gar nur auf 4.300 EW.
Wenig überraschend sind hingegen die Schlusslichter:
Blumental und Praterkai mit 200 EW
Bahnhof Hadersdorf mit 600 EW
Zentralfriedhof und Süßenbrunn mit 700 EW
Bahnhof Weidlingau mit 800 EW
Wolf in der Au mit 1.300 EW
Kaiserebersdorf mit 1.700 EW