Autor Thema: Zweirichtungsbetrieb in Wien  (Gelesen 70297 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

fastpage

  • Fahrer
  • ***
  • Beiträge: 439
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #195 am: 26. März 2022, 07:52:59 »
Die Intervalle zumindest in Frankreich sind auch in der HVZ 10Min, wo man als Wiener die erste volle Bim vorüberziehen lässt, weil die nächste kommt eh gleich...
Eine Schleife kann ich um den Häuserblock bauen, was innerstädtisch wohl nahezu jede Schleife betrifft. Stumpfgleise sparen zwar Gleislängen, aber keine Weichen, im Gegenteil brauche ich zumindest 2 für ein einfaches Wendegleis, Schleife 0.
Klar, sobald mehr als ein Ausweichgleis in der Schleife, haben die Stumpfgleise ihre Vorteile, da ich nicht auf der anderen Seite Platz verspiele mit Weichenstrassen. Allerdings muss ich dann zur Endstelle zweigleisig hinkommen, was bei einigen Eindstellen schwierig.
Bei Zweirichtungswagen sind die Anschaffungskosten höher, Instandhaltung ebenfalls(doppelt soviele Türen und Fahrerplätze) und bei gleicher Länge weniger Nutzraum.
Muss man als Stadt/Verkehrsbetrieb miteinander abwägen, nicht jede Stadt ist gleich.

KSW

  • Expeditor
  • **
  • Beiträge: 1261
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #196 am: 26. März 2022, 08:02:37 »
Natürlich können Zweirichtungsfahrzeuge auch in Schleifen wenden, was ja auch gemacht wurde, als man die eine oder andere stumpfe Endstelle in eine Schleife umgebaut hat. Gerade das Beispiel von Harald zeigt doch auch, dass der Platzbedarf nicht ganz ohne ist. 4 Gleise, 3 Bahnsteige, den Platz muss man im dicht verbauten Gebiet erst mal finden - da ist es schon leichter eine Runde um den Block zu fahren.
Was die wirtschaftliche Seite angeht kann ich nicht viel dazu sagen, hängt aber wohl auch davon ab wie man sich die Zahlen "schönrechnet" - eine Schleife wird ein paar m Gleis mehr haben als 2 Stockgleise, dafür spart man sich wartungsintensive Weichen und den 2. Führerstand.
Was halt gerade in Niederflurzeiten auch nich so ein Thema ist, ist das Platzangebot im Wagen - da ist man ja nicht sehr flexibel was die Anzahl und Anordung der Türen angeht, schließlich muss der Wagen statisch entsprechen und man muss dennoch noch das Fahrwerk und den Führerstand unterbringen. Da fallen mir zB die Innsbrucker Flexity extrem unangenehm auf, die sind komplett verbastelt, man steht sich immer irgendwie im Weg, und die Einzeltüren am Wagenende sind ziemlich für die Fische, weil man drinnen keinen Platz hat.
Ja, die Türbereiche der Gegenseite können als Auffangräume genutzt werden, wenn man aber dann die Bahnsteige abwechselnd mal links, mal rechts hat (womit diese Diskussion ja wieder losgetreten hat), dann steht man immer genau auf der Flaschen Seite und wird hin- und hergescheucht, so wie das ja in den ziemlich beengten wiender U-Bahn-Wagen leider auch ist.
Baut man aber zusätzliche Stellplätzen für Rollstühle/Kinderwagen ein, dann gibt es so gut wie ausschließlich Stehplätze, auch nicht das gelbe vom Ei, speziell bei einer geplanten Vorortebahn.
Man stelle sich einen Flexity vor mit 4 Türen/Brückenmodul. Kein einziger Sitz, auf der einen Seite zwischen den Türen der Automat, auf der anderen Seite der Stellplatz für Kinderwagen, sonst nur Türbereiche die man freihalten sollte...  ::)
Ja, man kann diese beengten Verhältnisse mit längeren Wagen ausgleichen, aber dann sind wir genau wieder dabei, dass alles umgebaut werden muss. Ich denke, dass man diese Entscheidung bei der Umstellung auf Niederflur hätte treffen müssen,  jetzt hat man ein zwischen Wagen und Infrastruktur abgestimmtes Netz, wozu also wieder alles umbauen?


tramway.at

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 7704
    • www.tramway.at
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #197 am: 26. März 2022, 09:13:53 »
Die Intervalle zumindest in Frankreich sind auch in der HVZ 10Min,

Das stimmt einfach insgesamt nicht, und in meinem Beispiel schon garnicht, also nochmal: Linie 4/6 Budapest fährt mit Riesenzügen extrem eng getaktet, Paris T3 in der HVZ alle 6 Minuten, die U-Bahnen überall noch viel dichter, alle mit Wendegleisen.
Harald A. Jahn, www.tramway.at

petestoeb

  • Zugführer
  • *
  • Beiträge: 557
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #198 am: 26. März 2022, 09:40:45 »
Ich frage mich, warum manche fundamentalistisch für ZR-Betrieb sind und jegliche Argumentation dagegen ignorieren.
Klar hätte es den einen oder anderen Vorteil. Aber es gibt genauso Argumente gegen einen ZR-Betrieb. Wien hat sich vor Jahrzehnten dazu entschlossen, alles auf Einrichtungsbetrieb umzubauen - Budapest z.B. nicht. Das ist aber eher wirtschaftlicher Ostblock-Mangelwirtschaft zuzuschreiben, als sinnvoller Argumente.
Damals gab es in Wien vor allem Beiwagenbetrieb. Dreiwagenzüge kleiner Einzelwägen, mit nur einem Triebwagen. Dies ist in Wien einfach historisch entstanden. Dazu kommt noch, dass keine automatischen Kupplungen verwendet wurden. Das Wenden in Stockgleisanlagen war deshalb betrieblich kompliziert, personalaufwändig und es dauerte vor allem. Im Gegensatz dazu sind Schleifenanlage unkompliziert, brauchen kein zusätzliches Personal und vor allem brauchen keine Zeitreserven, da einfach durch(ge)fahren werden kann. Darüberhinaus braucht man bei moderneren Zügen auch einen erheblichen Mehraufwand bei den Türen, sowie Fahrerplatz. Das kann man zwar gegen die betrieblichen Vorteile des ZR-Betriebs (Flexibilität) abwägen, das ergibt aber m.M. keinerlei Vorteile. Auch der Ankauf eines gewissen kleinen Anteils an ZR-Fahrzeugen für Ausnahmesituationen - wie Baustellen - rechtsfertigt m.M. den Mehraufwand nicht. Man hat sich deshalb in den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts entschlossen, das gesamte Netz entsprechend umzubauen und hat alles darauf ausgerichtet. Nach 70 Jahren jetzt davon abzugehen, wäre sinnlos und brächte keine Vorteile. Auch ich sehe die betriebslichen geringen Vorteile heutiger modernen Fahrzeuge bei ZR-Betrieb sich gegen die Nachteile nicht rechnen. Vor allem die geringere Sitzplatzanzahl ist wirklich ein großes Problem. Wenn man die Straßenbahn den Öffiverkehr skeptischen Menschen schmackhaft machen will, dann braucht es neben höherer Geschwindigkeiten (kein Stopp außerhalb der Haltestellen)(da bin ich ganz bei euch), vor allem Komfort. Es sollten die Fahrzeuge so ausgelegt sein, dass im Normalbetrieb niemand während der Fahrt stehen muss. Das sollte nur die Ausnahme sein (Hauptverkehrszeit, Störungen). Deshalb sollte vor allem das Verhältnis Sitz- zu Stehplätzen zugunsten der Sitzplätze geändert werden. Es wäre deshalb - wenn man schon etwas ändern möchte - wichtiger, breitere Fahrzeuge (2+2 Sitzplätze) anzuschaffen, anstatt sich zu überlegen, wie man weniger Sitzplätze schafft.

tramway.at

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 7704
    • www.tramway.at
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #199 am: 26. März 2022, 10:04:47 »
Ich frage mich, warum manche fundamentalistisch für ZR-Betrieb sind und jegliche Argumentation dagegen ignorieren.

Ich kenne die Vorteile des ER-Betriebs, aber das ist in Wien ja auch entstanden, weil man den alten ZR-Betrieb so blöd wie irgend möglich aufgesetzt hat.

Aber allein in den letzten Jahren hätte man sich mit (erst wenigen, dann mehr) ZR-Wagen erst das ganze Theater um die Reichsratstraße erspart und dann die ganze Kreta-Geschiche - die ist ja auch wegen der Endschleife gescheitert. Ein Wendegleis in der Absberggasse hätte das alles gelöst, jetzt fährt man halt sinnlos zur Geiereckstraße. Und um zu erkennen dass der Schleifenknödel vom D-Wagen gegenüber zwei klassischen Wendeanlagen nicht vorteilhaft ist mit seinen vielen Weichen und Kreuzungen, dafür reicht ein Blick auf den Plan. Allein um einen Reservezug zu verräumen braucht man beim ZR-Betrieb eine, beim ER-Betrieb üblicherweise zwei Weichen. Auch muss man bei Schleifen oft den MIV kreuzen, während man den ZR-Betrieb unbehelligt auf der eigenen Trasse abwickeln kann.

Auch andere Anlagen wie Westbahnhof und vor allem Urban-Loritz-Platz wären Kandidaten für bessere Gleisbilder; und schlussendlich bekommt man schlichte Stumpfendstellen mit wesentlich weniger Parkplatz"verlust" hin als Schleifen. Auch bei schrittweisen Inbetriebnahmen von neuen Linien kommt man mit schlichten Parallelweichen deutlich besser weg - erinnert euch an die Schleifensammlung am 67er. Und die fehlenden Sitzplätze in Zweirichtern werden in heutigen Fahrzeugen üblicherweise mit Lehnkanten oder Klappsitzen für Kurzstreckenfahrgäste egalisiert - das hast du ja sogar im Flexity so, obwohl der ein ER ist, der hat im ganzen Türmodul ja auch nur vier fixe Sitzplätze. Und das Problem der Tramwaywagen sind meist eher zu wenig Auffangräume als zu wenig Sitzpläte, immerhin hat man ja auch im ULF Sitze rausgerissen, weil es eben zu wenig Platz gab, und der E2 hat von Anfang an unter den fehlenden Auffangräumen gelitten.
Harald A. Jahn, www.tramway.at

highspeedtrain

  • RBL-Disponent
  • ***
  • Beiträge: 1894
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #200 am: 26. März 2022, 11:25:41 »
Ich frage mich, warum man nicht sehen kann, dass es im Zeitverlauf unterschiedliche sinnvolle Lösungen geben kann. Im früheren Stoßtrieb-/-beiwagenbetrieb war der Weg zum Einrichtungsbetrieb naheliegend, und die ersten modernen Hochflurer, schmal und mit viel verlorenem Platz für die Einsteigsstufen waren auch nicht unbedingt angetan, diese Entscheidung zu revidieren, zumal die Schleifen dann großteils schon alle vorhanden waren. All das trifft aber nicht mehr zu und daher muss jetzt auch die richtige Antwort nicht mehr dieselbe sein, wie vor 50 Jahren - zumal es jetzt eben auch wieder Netzerweiterungen gibt, wo man auch anders bauen kann.

38ger

  • Verkehrsführer
  • *
  • Beiträge: 2838
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #201 am: 26. März 2022, 12:06:07 »
In Kombination mit 2,65m breiten Wägen haben Zweirichtungswägen sicherlich Vorteile. Die paar im Linksverkehr betriebenen Abschnitte machen aber auch keine Probleme und ich würde in Wien beim Einrichtungsbetrieb bleiben, da die Infrastruktur ohnehin schon vorhanden ist. Bei einer Schleife ist sehr viel schneller gewendet, als bei einem Stockgleis, wo man erst auf den Führerstand verlassen muss mit Jacke, Rucksack, Schlüssel und allem und sich dann auf der anderen Seite neu einrichten, Schlüssel anstecken, Spiegel einstellen, Bremsen testen usw.
Eine Anzahl von z. B. 30 Stück Zwririchtungswägen zu besorgen könnte schon Sinn machen bei  geplanten Sperren durch Gleisbauarbeiten oder Straßenfesten.
Der 2er könnte dann etwa von Dornbach über die Josefstädter Straße (U6) weiterfahren bis Lange Gasse, wo man dann den 43er und 44er zum Ring hätte. Das Netz umbauen müsste man dafür natürlich schon auch. Bei Gleisbauarbeiten ist allerdings auch immer die Frage wie sinnvoll es ist jeweils bis unmittelbar vor die Baustelle zu fahren. Die anstehend Umleitung des 43ers Schottentor-44-9-43 nach Neuwaldegg z. B. ist sicher attraktiver, als eine Linienzweiteilung.
Was die Attraktivität des Wageninneren angeht hängt das halt auch mit der Breite zusammen. Mit 2,65m kann man schon sehr gut auf 2+2-Bestuhlung setzen, beim Flexity hat man mit der 2+1,5-Bestuhlung weniger Sitzplätze und einen sehr schmalen Gang trotz verschwendeter halber Sitzplätze.
Ob es mit 30 Fahrzeugen getan wäre ist jedoch schwer zu sagen, immerhin sind von Juli bis September ja oft drei Baustellen gleichzeitig...und im Winterhalbjahr fressen die zusätzlichen Führerstände nur Kapazität des Fahrgastraumes, erhöhen das Gewicht und damit den Strombedarf des Fahrzeuges. Teurer sind Zweirichtungswägen ohnehin...ich bin mir nicht sicher, ob das Geld da nicht besser in Gleissanierungen gesteckt werden sollte.
Und das Kreta-Argument überzeugt mich nicht, das Projekt wäre einerseits auch mit Stockgleis auf Widerstand gestoßen bei einer kleinen lauten Minderheit und andererseits hätte man das Projekt auch mit Schleife durchboxen können, wenn man vorab informiert und die Planungen etwas adaptiert und einfach schneller ins Bauen gegangen wäre. Bei der Stadtstraße hat man viel heftigere Proteste ohne mit der Wimper zu zucken beiseite gewischt und die Verbindungsbahn wird ja auxh einfach durchgeboxt!

KSW

  • Expeditor
  • **
  • Beiträge: 1261
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #202 am: 26. März 2022, 18:02:03 »
Auch muss man bei Schleifen oft den MIV kreuzen, während man den ZR-Betrieb unbehelligt auf der eigenen Trasse abwickeln kann.
Genau das ist mit ein Punkt. Neubaunetze werden darauf ausgelegt, was Bestandsnetze mitunter nicht können. WENN man einen eigenen Gleiskörper hat, dann ist das Wenden kein Problem, da bin ich dabei. Wie man aber sowas zB in der Kaiserstraße, oder in der Lerchenfelder Straße oder ähnlichen Straßenzügen, vielleicht sogar noch mit Wendegleisen zum Abstellen, realisieren will ist eine andere Geschichte...

Monorail

  • Expeditor
  • **
  • Beiträge: 1368
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #203 am: 27. März 2022, 08:13:03 »
Auch muss man bei Schleifen oft den MIV kreuzen, während man den ZR-Betrieb unbehelligt auf der eigenen Trasse abwickeln kann.
Genau das ist mit ein Punkt. Neubaunetze werden darauf ausgelegt, was Bestandsnetze mitunter nicht können. WENN man einen eigenen Gleiskörper hat, dann ist das Wenden kein Problem, da bin ich dabei. Wie man aber sowas zB in der Kaiserstraße, oder in der Lerchenfelder Straße oder ähnlichen Straßenzügen, vielleicht sogar noch mit Wendegleisen zum Abstellen, realisieren will ist eine andere Geschichte...
Aus den Argumenten der meisten Zweirichter-Befürworter geht eigentlich eh recht deutlich hervor, dass es hier nicht (zwingend) um kritische Stellen wie die Kaiserstraße geht, sondern eben um Linien bzw. Strecken, bei denen ZR-Betrieb sehr wohl seine Vorteile ausspielen kann. In der Kaiserstraße wirst du Gleiswechselbetrieb schwer unterbringen, am 18er wiederum gibt es auf der gesamten Strecke vom ULP bis St. Marx keine Probleme. Auch Wendegleise lassen sich am Gürtel vielerorts locker unterbringen, sogar in der Ustrab.

Folgende für Gleiswechselbetrieb prädestinierte Strecken fallen mir aus dem Effeff ein:
Gürtel+Ustrab überall (Norden und Süden+Jonasreindl)
Ring+Kai überall (Straßenbahnen gegen die Einbahn gibt es am Ring schon heute!)
Schwarzenbergplatz (inkl.) bis Karlsplatz
D-Wagen entlang vom Karl-Marx-Hof und Quartier Belvedere bis Absberggasse
O-Wagen in der Laxenburger Straße
1er am Kai (bis Hint. Zollamt) und im Prater
11er Raxstraße bis Otto-Probst-Platz
(15er gesamte (?) Strecke)
25er Franz-Jonas-Platz sowie Josef-Baumann bis Oberdorfstraße exkl. Konstanziagasse
26er Strebersdorf bis Am Spitz sowie Kagraner Platz bis Ziegelhofstraße
(27er Neu Breitenlee bis Aspern Nord)
31er Schottenring bis Gaußplatz, FEP bis Matthäus-Jiszda und in der Brünner Straße
43er Jörgerstraße und Rosensteingasse bis Dornbach
60er RDH bis Kennedybrücke (stadtauswärtiges Gleis in Hadikgasse für MIV sperren) und Maurer-Lange-Gasse bis KFJ-Straße
62er Rasengleisabschnitt in Lainz
71er St. Marx bis Kaiserebersdorf
(72er gesamte Strecke (exkl. vielleicht. Plankenwehrstraße))

Auf etlichen Linien betrifft das beinahe deren gesamte Strecke oder einen Großteil davon!
Die Haltestellen heißen "Dr.-Karl-Renner-Ring", "Simmering, Grillgasse" und "Kärntner Ring, Oper", Punkt. Stationsnamen haben geographisch korrekt und nicht irreführend zu sein.

abc

  • Verkehrsführer
  • *
  • Beiträge: 2219
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #204 am: 27. März 2022, 08:32:15 »
Wien hat sich vor Jahrzehnten dazu entschlossen, alles auf Einrichtungsbetrieb umzubauen - Budapest z.B. nicht. Das ist aber eher wirtschaftlicher Ostblock-Mangelwirtschaft zuzuschreiben, als sinnvoller Argumente.

Klar, und deshalb haben sich viele andere Betriebe in der "Ostblock-Mangelwirtschaft" für Einrichtungsbetrieb entschieden - klingt wirklich logisch.

Aber allein in den letzten Jahren hätte man sich mit (erst wenigen, dann mehr) ZR-Wagen erst das ganze Theater um die Reichsratstraße erspart und dann die ganze Kreta-Geschiche - die ist ja auch wegen der Endschleife gescheitert. Ein Wendegleis in der Absberggasse hätte das alles gelöst, jetzt fährt man halt sinnlos zur Geiereckstraße.

Und gerade dort fragt sich auch, was von der angeblichen Ersparnis bei Einrichtungszügen eigentlich übrig bleibt, wenn man nun auf Jahre oder Jahrzehnte hinaus zusätzliche Umläufe benötigt, um zu einer eigens gebauten Wendeschleife ohne zusätzlichen Erschließungswert weiterzufahren.

Auch muss man bei Schleifen oft den MIV kreuzen, während man den ZR-Betrieb unbehelligt auf der eigenen Trasse abwickeln kann.
Genau das ist mit ein Punkt. Neubaunetze werden darauf ausgelegt, was Bestandsnetze mitunter nicht können. WENN man einen eigenen Gleiskörper hat, dann ist das Wenden kein Problem, da bin ich dabei. Wie man aber sowas zB in der Kaiserstraße, oder in der Lerchenfelder Straße oder ähnlichen Straßenzügen, vielleicht sogar noch mit Wendegleisen zum Abstellen, realisieren will ist eine andere Geschichte...

Du redest um den entscheidenden Punkt herum: Zweirichtungsbahnen können überall dort eingesetzt werden, wo vergleichbare Einrichtungsbahnen (also mit gleichen Abmessungen und Kurveneigenschaften etc.) fahren. Umgedreht ist das nicht der Fall.

Außerdem besteht auch das Wiener Bim-Netz nicht nur aus Straßen wie der Lerchenfelder Straße oder der Kaiserstraße.

31/5

  • Expeditor
  • **
  • Beiträge: 1103
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #205 am: 27. März 2022, 08:41:47 »
Noch dazu eine Schleife, die bis wenige Jahre vorher - einen Häuserblock weiter - existierte...

tramway.at

  • Referatsleiter
  • *
  • Beiträge: 7704
    • www.tramway.at
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #206 am: 27. März 2022, 11:42:12 »
Genau das ist mit ein Punkt. Neubaunetze werden darauf ausgelegt, was Bestandsnetze mitunter nicht können. WENN man einen eigenen Gleiskörper hat, dann ist das Wenden kein Problem, da bin ich dabei. Wie man aber sowas zB in der Kaiserstraße, oder in der Lerchenfelder Straße oder ähnlichen Straßenzügen, vielleicht sogar noch mit Wendegleisen zum Abstellen, realisieren will ist eine andere Geschichte...

Bitte entschuldige, aber kennst du Zweirichtungsbetriebe aus persönlicher Anschauung? Wer redet denn von Wendegleisen? @ Monorail - Wer redet von Gleiswechselbetrieb?

Es geht darum, über Parallelweichen oder sogar mit Kletterweichen einfach und flexibel wenden zu können, und zwar möglichst nah am Ziel (und zwar natürlich ohne das Theater mit Stoßbeiwagen wie früher in Wien). Wendegleise brauchts dafür nicht bez. nur an wirklichen Endstationen. Und diese Endstationen können unglaublich einfach und platzsparend angelegt werden, wie hier - Die Linie T9 fährt immerhin alle 4 Minuten in der HVZ. Mit der supersimplen Gleiskonfiguration kann man sogar einen Zug beiseite stellen oder überholen. Auch an der T3 sieht man, wieviele Parallelgleiswechsel da in der Trasse liegen. Und zuletzt Orleans, wo beim Bahnhof kein Platz für eine Wendeschleife wäre; meine Bilder zeigen eine Kurzführung wegen einer Veranstaltung in der südlich liegenden Innenstadt. (Zug kommt am Plan von oben, befährt die Parallelweiche beim d' und endet an der Haltestelle Gare d'Orleans)

Harald A. Jahn, www.tramway.at

haidi

  • Geschäftsführer
  • *
  • Beiträge: 14517
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #207 am: 27. März 2022, 12:24:48 »
Für so eine (provisorische) Endstelle braucht man wenig Platz und wenn man sie am Ankunftsgleis an einer Haltestelleninsel einrichtet, gibt es auch keine verkehrlichen Probleme. Für das Abstellen eines Zuges braucht man bei einem rückständigen Betrieb (Fahrzeuglänge) 35 m Gleis nach der Haltestelle bzw. den vorderen Teil einer Doppelhaltestelle.
Microsoft is not the answer. It's the question and the answer is NO.

38ger

  • Verkehrsführer
  • *
  • Beiträge: 2838
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #208 am: 27. März 2022, 15:14:34 »
@Monorail: Also an sicher 20 Stellen, die Du da aufzählst eine fixe Gleiswechselmöglichkeit einzubauen, nur für den Fall, dass er rein zufällig irgendwann an genannter Stelle benötigt wird, davon halte ich gar nichts. In der Realität reicht das Budget ja nicht ein Mal dazu alle Gleisschäden innerhalb von wenigen Jahren zu reparieren. Bevor man über so etwas nachdenkt, soll man erst ein Mal das Budget für die Instandhaltung der Gleise massiv erhöhen!

Der Einsatz von Kletterweichen hingegen könnte auch schon bei vielen Streckensanierungen helfen, dass man sie unter laufendem Betrieb durchführen kann. Und das sogar beim bestehenden Einrichtungsbetrieb. Man müsste halt erst die eine Richtung reparieren, dann die andere. Ist natürlich auch nicht überall möglich, dort wo vier oder fünf Linien fahren wäre das intervalltechnisch problematisch, aber für Baustellen wie  in der Wiedner Hauptstraße sicher machbar, zumindest wenn man den 62er dann während des 7,5'-Taktes der WLB nur zwischen Dörfelstraße und Lainz führen würde.
Nur um ein Beispiel zu nennen, wo mehr als nur eine Linie fährt.

petestoeb

  • Zugführer
  • *
  • Beiträge: 557
Re: Zweirichtungsbetrieb in Wien
« Antwort #209 am: 27. März 2022, 16:33:45 »

Der Einsatz von Kletterweichen hingegen könnte auch schon bei vielen Streckensanierungen helfen, dass man sie unter laufendem Betrieb durchführen kann. Und das sogar beim bestehenden Einrichtungsbetrieb. Man müsste halt erst die eine Richtung reparieren, dann die andere. Ist natürlich auch nicht überall möglich, dort wo vier oder fünf Linien fahren wäre das intervalltechnisch problematisch, aber für Baustellen wie  in der Wiedner Hauptstraße sicher machbar, zumindest wenn man den 62er dann während des 7,5'-Taktes der WLB nur zwischen Dörfelstraße und Lainz führen würde.
Nur um ein Beispiel zu nennen, wo mehr als nur eine Linie fährt.

Kletterweichen bzw. eingebaute Gleiswechsel mit kurzem oder auch mittleren eingleisigen  Betrieb wären natürlich bei so manchen Baustellen immer ein Argument. Das sollte man durchaus bei manchen Baustellen forcieren, anstatt Schienenersatzverkehr zu installieren und den Betrieb einzustellen. Streckensperren zur Sanierung von Gleisen halte ich überhaupt für verzichtbar. Ich war rund 20 Jahre als Fahrer bei den WL unterwegs (1980-2000) und damals wurde m.E. immer unter dem laufenden Betrieb gebaut. Warum das heute ein Problem ist und man den Betrieb einstellt, ist für mich ohnehin eigenartig. Deshalb ist für mich ein ZR-Betrieb für derartige Einsätze auch absolut kein Thema, weil eben nicht nötig.