Tramwayforum

Öffentlicher Verkehr national und international => Straßenbahn außerhalb Österreichs => USA => Thema gestartet von: 13er am 17. Juni 2014, 12:15:38

Titel: [USA] River Line
Beitrag von: 13er am 17. Juni 2014, 12:15:38
Seit März 2004 gibt es die sog. "River Line" Light Rail, die gleich gegenüber von Philadelphia, auf der anderen Seite des Delaware River, in New Jersey die Städte Camden und Trenton auf einer rund 55 km langen Strecke verbindet. Die Strecke folgt ziemlich genau dem Delaware River, was letztlich namensgebend war:

[attach=1]

Eine Besonderheit dieser Strecke ist, dass sie (als einzige Light Rail der USA) mit Dieselfahrzeugen (GTW von Stadler) betrieben wird.

Camden, früher eine Hochburg der Industrie und Schifffahrt, gehört heute zu den ärmsten Städten der USA. Damit einher geht leider auch eine extrem hohe Kriminalitätsrate (einige Jahre lang war es sogar die Stadt mit der höchsten Rate landesweit). Die Bevölkerung besteht übrigens zu 54% aus Schwarzen und 39% Latinos. Die Polizeipräsenz kann aus finanziellen Gründen nicht verstärkt werden, sodass man die Stadt mehr oder weniger sich selbst überlässt.

Weil ich mich dort nicht so richtig wohl fühlte, gibts nur eine Fotostelle von einer etwas belebteren Station ("Walter Rand Transportation") in Camden:

[attach=2]

Der am Bild sichtbare Officer links kam gleich nach dem Foto zu mir und schnauzte mich an, warum ich von den Zügen Fotos mache. Ich musste ihm dann die Fotos zeigen und versichern, dass ich sie nur für die private Benutzung mache, damit hat er sich schließlich zufrieden gegeben.

Ein Typenfoto der nicht ungefälligen Züge:

[attach=3]

Da der Gegenzug kurz darauf ankam, auch noch ein Schuss in die Gegenrichtung mit der schönen Benjamin Franklin-Brücke im Hintergrund:

[attach=4]

Mehr kann ich euch von dieser Strecke leider nicht präsentieren. Schon beim Hinfahren sind wir aus Versehen eine Autobahnabfahrt zu früh raus und fanden uns prompt in einem Slum wieder, in dem die Latinobanden vor der Haustür saßen und das Auto beäugten. Nix wie raus da...
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: kmh am 17. Juni 2014, 12:23:29
Schön auf USA!
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: 4463 am 17. Juni 2014, 12:27:32
Der am Bild sichtbare Officer links kam gleich nach dem Foto zu mir und schnauzte mich an, warum ich von den Zügen Fotos mache. Ich musste ihm dann die Fotos zeigen und versichern, dass ich sie nur für die private Benutzung mache, damit hat er sich schließlich zufrieden gegeben.
Die Nutzung hier ist ja sehr "privat". ;)

Ein Typenfoto der nicht ungefälligen Züge:
Naja, die "normalen" Stadler-Fronten finde ich schon schöner. Aber die Züge sind wohl auch breiter und erfüllen wohl auch amerikanische Normen und sind somit wohl, was den (mechanischen) Wagenbau angeht nicht wirklich dieselbe Plattform wie die europäischen Modelle?

Achja, an dieser Stelle ein Dankeschön für die interessanten Einblicke in eine sehr fremde Welt und dafür, dass Du sogar Dein Leben riskiert hast. :o
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: E2 am 17. Juni 2014, 12:32:11
Der am Bild sichtbare Officer links kam gleich nach dem Foto zu mir und schnauzte mich an, warum ich von den Zügen Fotos mache. Ich musste ihm dann die Fotos zeigen und versichern, dass ich sie nur für die private Benutzung mache, damit hat er sich schließlich zufrieden gegeben.
Die Nutzung hier ist ja sehr "privat". ;)

Sicher doch, das TWF ist ein privates Forum.

Zum Officer: 9-11 Phobie.
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: 13er am 17. Juni 2014, 12:34:04
Achja, an dieser Stelle ein Dankeschön für die interessanten Einblicke in eine sehr fremde Welt und dafür, dass Du sogar Dein Leben riskiert hast. :o
Die schönsten Betriebe, die euch am meisten gefallen werden, kommen erst, kann ich schon mal sagen ;)

Leben riskiert ist etwas übertrieben, solange man sich innerhalb des Autos befindet, aber eine Panne möchte ich in so einer Gegend nicht haben. Schon das Stehenbleiben bei einer roten Ampel ist in den Slums ein gewisses Risiko.
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: moszkva tér am 17. Juni 2014, 13:06:42
Danke für die vielen Fotos aus dem fernen Amiland!  :up:

Camden, früher eine Hochburg der Industrie und Schifffahrt, gehört heute zu den ärmsten Städten der USA. Damit einher geht leider auch eine extrem hohe Kriminalitätsrate ...

Ich finde ja diesen Zusammenhang zwischen Armut und Kriminalität durchaus interessant. Auch wenn es den in Europa ebenfalls gibt, ist er nicht so extrem wie in den USA. In den meisten - eigentlich allen - europäischen Städten gibt es auch extrem arme Gegenden und es gibt auch extrem arme Städte. Aber dass man sich dort seines Lebens fürchten müsste, kenne ich eigentlich nicht.

Ich rede jetzt natürlich nicht von Rudolfsheim-Fünfhaus, sondern von so Plattenbausiedlungen in Russland oder der Ukraine beispielsweise. Dort herrscht auch eine extreme Armut, aber Angst haben muss man eigentlich nicht (zumindest nicht am hellichten Tag und solange man irgendwie in der Nähe von "normalen" Menschen bleibt und nicht unbedingt Dealer/Ganoven/Zuhälter fotographiert). Das heißt, mit "Big City Awareness" kommt man sehr gut durch, No-Go-Areas habe ich in Europa noch keine erlebt. Wo kann der Unterschied liegen?

In Europa funktioniert wohl noch die soziale Durchmischung besser, die verhindert, dass eine schlechte Gegend nur von wirklich Armen Menschen besiedelt ist, während alle anderen, die es sich irgendwie leisten können, einfach flüchten.
Auch funktioniert es in Europa größtenteils, dass auch ohne eine massive Polizeipräsenz eine "moralische Überwachung" stattfindet, sich die Leute also zusammenreißen und gegenseitig zurückhalten oder anderen Leuten helfen, während mir in den USA vorkommt: Kein Kiberer = da kann ich machen, was ich will...
Weil in den USA die Menschen einfach viel öfter übersiedeln als bei uns, sind die Menschen ihren Vierteln wohl auch nicht so stark emotional verbunden wie in Europa. Das macht wahrscheinlich auch einiges aus, weil bei uns achtet man schon irgendwie mehr auf sein Viertel oder seine Straße, während man in den USA einfach "scheißdrauf" ist. Schade eigentlich!

In den USA darfst du halt nicht dorthin gehen, wo du nicht hingehörst. Als Normalo ins Armenviertel  ... schlechte Idee. Als Armer ins Nobelviertel... ebenfalls. Land der Freiheit heißt für mich was Anderes!
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: schaffnerlos am 17. Juni 2014, 13:35:09
No-Go-Areas habe ich in Europa noch keine erlebt.

Neu-Kölln? Aber du hast schon Recht, Amistan ist ärger.
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: Petersil am 17. Juni 2014, 13:42:12
Ich rede jetzt natürlich nicht von Rudolfsheim-Fünfhaus, sondern von so Plattenbausiedlungen in Russland oder der Ukraine beispielsweise. Dort herrscht auch eine extreme Armut, aber Angst haben muss man eigentlich nicht (zumindest nicht am hellichten Tag und solange man irgendwie in der Nähe von "normalen" Menschen bleibt und nicht unbedingt Dealer/Ganoven/Zuhälter fotographiert). 

Die sind meistens harmlos. Es ist halt alles recht heruntergekommen, aber bevor man Angst vor Kriminalität hat, sollte man eher Angst vor nicht abgedeckten Kanaldeckeln oder herumhängenden blanken Drähten haben. Ich bin schon mehrmals durch russische Plattenbausiedlungen gestapft und hatte auch nicht den Eindruck, dass dort besonders viel "Gesindel" wohnt, eher normale Leute, die halt wenig Geld haben.

Auch hart ist zumindest opstisch übrigens die Altstadt von Simferopol. Die Leute sind aber, wenn man sie nach dem Weg fragt, durchaus bemüht, einem zu helfen, auch wenn sie ein bisschen verwundert gewirkt haben, was wir dort eigentlich wollten.

No-Go-Areas habe ich in Europa noch keine erlebt.

Neu-Kölln? Aber du hast schon Recht, Amistan ist ärger.

Das wird jetzt gerade gentrifiziert, ist also auch nicht mehr so, wie es vielleicht war. Dazu habe ich nicht den Eindruck, dass einem die Leute dort Böses wollen, sondern nur, dass sich viele von ihnen selbst aufgegeben haben.
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: Konstal 105Na am 17. Juni 2014, 13:53:56
Ich finde ja diesen Zusammenhang zwischen Armut und Kriminalität durchaus interessant. Auch wenn es den in Europa ebenfalls gibt, ist er nicht so extrem wie in den USA. In den meisten - eigentlich allen - europäischen Städten gibt es auch extrem arme Gegenden und es gibt auch extrem arme Städte. Aber dass man sich dort seines Lebens fürchten müsste, kenne ich eigentlich nicht.

Ich rede jetzt natürlich nicht von Rudolfsheim-Fünfhaus, sondern von so Plattenbausiedlungen in Russland oder der Ukraine beispielsweise. Dort herrscht auch eine extreme Armut, aber Angst haben muss man eigentlich nicht (zumindest nicht am hellichten Tag und solange man irgendwie in der Nähe von "normalen" Menschen bleibt und nicht unbedingt Dealer/Ganoven/Zuhälter fotographiert). Das heißt, mit "Big City Awareness" kommt man sehr gut durch, No-Go-Areas habe ich in Europa noch keine erlebt. Wo kann der Unterschied liegen?

In Europa funktioniert wohl noch die soziale Durchmischung besser, die verhindert, dass eine schlechte Gegend nur von wirklich Armen Menschen besiedelt ist, während alle anderen, die es sich irgendwie leisten können, einfach flüchten.

Außerdem gibt es in Europa ein Sozialsystem. Ich kenne zwar nicht alle Sozialsysteme der europäischen Staaten und auch nicht das kaum vorhandene der USA, aber ich wage einmal zu behaupten, dass das eine nicht unwesentliche Rolle spielt.


Auch funktioniert es in Europa größtenteils, dass auch ohne eine massive Polizeipräsenz eine "moralische Überwachung" stattfindet, sich die Leute also zusammenreißen und gegenseitig zurückhalten oder anderen Leuten helfen, während mir in den USA vorkommt: Kein Kiberer = da kann ich machen, was ich will...

Kommt mir durch die Formulierungen "Mach das nicht. Das ist Gesetz" auch so vor. Gerade aber die Amerikaner, die ich kenne (aus verschiedenen Gegenden) vermitteln mir ein ganz anderes Bild der USA. Meine Bekannten sind eben nur ein kleiner, nicht repräsentativer Teil der US-Bevölkerung.
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: Ferry am 17. Juni 2014, 16:24:19
Leben riskiert ist etwas übertrieben, solange man sich innerhalb des Autos befindet, aber eine Panne möchte ich in so einer Gegend nicht haben. Schon das Stehenbleiben bei einer roten Ampel ist in den Slums ein gewisses Risiko.

Das kenne ich aus Pretoria. Dort gibt es Gegenden, in denen du vor allem in den Abend- und Nachtstunden besser vor keiner Ampel stehenbleibst, egal ob rot oder nicht. Ansonsten kann es sein, dass du beim Wegfahren Schwierigkeiten hast. Und wenn du dort als Weißer eine Panne hast, ist es besser, du schießt dir gleich eine Kugel in den Kopf, das geht schneller und enden tut es letztlich sowieso auf dieselbe Weise.  ::)
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: dalski am 22. November 2017, 00:02:08
Sonntag in Camden - ein Szenario wie aus einem schlechten Film. Die ganze Stadt schien wie ausgestorben, lediglich ein paar Latinas versuchten alten Ramsch zu verkaufen.
Und dann in Bereich des Transit Centers der Schock: ohne zu übertreiben war das ganze Areal voller drogenabhängiger und offensichtlich obdachloser Menschen. Im Vergleich zu diesem unvergesslichen Eindruck wirkt unser Praterstern wie eine Wohlfühloase.
Mit der River Line dürfte so mancher Amerikaner auch seine Probleme haben, eine Jungmutter musste nach ein paar Minuten feststellen, dass ein Entwerter die Fahrscheine nicht scannen kann, da man sie hineinstecken muss. Gepaart mit diversen Schimpfwörtern der Dame war das ein ganz lustiger Moment.
Hier 2 Bilder dazu (Junkies und Jungmutter bleiben euch erspart):
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: diogenes am 22. November 2017, 04:11:50
Wie werden die Wagen angetrieben? Akku? Diesel?
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: tramufo am 22. November 2017, 06:37:53
Wie werden die Wagen angetrieben? Akku? Diesel?

Mit Diesel.
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: diogenes am 22. November 2017, 06:49:23
Wie werden die Wagen angetrieben? Akku? Diesel?

Mit Diesel.
Dieselstraßenbahn. Ich würde nicht sagen: "typisch Ami" :) Wie häufig ist das?
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: 60er am 22. November 2017, 09:25:16
Dieselstraßenbahn. Ich würde nicht sagen: "typisch Ami" :) Wie häufig ist das?
Selbst in den USA die Ausnahme.
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: coolharry am 22. November 2017, 09:39:35
Dieselstraßenbahn. Ich würde nicht sagen: "typisch Ami" :) Wie häufig ist das?
Selbst in den USA die Ausnahme.

Gibts aber auch in Deutschland.  ;)
https://de.wikipedia.org/wiki/Zwickauer_Modell (https://de.wikipedia.org/wiki/Zwickauer_Modell)

Auch bei KAssel gibts Dieselfahrzeuge. Die können aber Oberleitung und Diesel.
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: dalski am 22. November 2017, 09:51:59
Dieselstraßenbahn. Ich würde nicht sagen: "typisch Ami" :) Wie häufig ist das?
Selbst in den USA die Ausnahme.

Gibts aber auch in Deutschland.  ;)
https://de.wikipedia.org/wiki/Zwickauer_Modell (https://de.wikipedia.org/wiki/Zwickauer_Modell)

Auch bei KAssel gibts Dieselfahrzeuge. Die können aber Oberleitung und Diesel.
In Amerika gelten meines Wissens nach noch die mit Dieselfahrzeugen betriebenen Systeme Oceanside-Escondido (CA, USA) und Ottawa (Kanada) als "Straßenbahn", wobei es sich bei beiden lediglich um kleinere Nebenbahnstrecken handelt.
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: diogenes am 22. November 2017, 10:23:12
Danke für die Infos.
Titel: Re: [USA] River Line
Beitrag von: T1 am 22. November 2017, 11:09:51
Das sind eigentlich ja auch (wenn gleich auch "leichte") Vollbahnfahrzeuge: https://en.wikipedia.org/wiki/River_Line_(NJ_Transit)#Rolling_stock Bei uns wäre das eine Nebenbahn (vgl. diverse Nebenbahnen in der Schweiz, die teilweise den Straßenraum mitbenützen oder die City-S-Bahn Weiz).