Tramwayforum
Straßenbahn Wien => Technik => Thema gestartet von: Cerberus2 am 28. April 2024, 09:28:08
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Ein Führerbremsventil, wie es auf (alten) Lokomotiven zum Einsatz kommt, hat ja meines Erachtens nach eine Mittelstellung, wo sich der Zustand der Bremsen nicht ändert.
Schiebt man es nach vor, wird der Druck in der Steuerleitung erhöht, und die Bremsen werden von den Bremsmedien (Scheiben etc) weggedrückt. So sinkt die Bremswirkung, bis das Ventil wieder in die Mittelstellung gebracht wird, dann wird der aktuelle Zustand beibehalten.
Analog funktioniert das ja beim Verstärken der Bremswirkung, wo der Druck in der Steuerleitung durch Entlüften verringert wird.
Bei den N1 habe ich das irgendwie anders in Erinnerung. Dort gab es zwar meiner Erinnerung nach auch einen Hebel mit Mittelstellung. Ich habe dazu aber folgende Frage:
Ich bilde mir ein, dass ein Bewegen dieses Hebels noch nichts bewirkt hat. Man musste erst in der jeweiligen Stellung noch eine Art Taster am Hebel auslösen, der erst den Luftstrom in die gewünschte Richtung lenkte.
Stimmt das?
Wenn ja, warum ist das anders als bei Lokomotiven?
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Könnte wegen einer besseren Dosierbarkeit gewesen sein, weil schon kleine Tupfer am Griff, der unterhalb des Bremshebels lag, eine Änderung brachten.
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Damit wurde die "ep Bremse" angesteuert. Das Be/entlüften der HLL nur durch das Führerbremsventil hätte den Fahrern nicht so rasches einfahren erlaubt.
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Damit wurde die "ep Bremse" angesteuert. Das Be/entlüften der HLL nur durch das Führerbremsventil hätte den Fahrern nicht so rasches einfahren erlaubt.
Was ist die ep-Bremse? Sowas wie Solenoide, die elektrisch ansprechen?
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Für Luftbremsereien aller Art, bitte hier: http://www.bremsenbude.de/ ;)
Gruß vom Einbügler, mit der Lizenz zum Lüften. 8)
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Damit wurde die "ep Bremse" angesteuert. Das Be/entlüften der HLL nur durch das Führerbremsventil hätte den Fahrern nicht so rasches einfahren erlaubt.
Da hast Du recht. Allerdings waren die zu erreichende Bremsverzögerung auch mit der ep-Bremse nicht berauschend, im Vergleich zur Straßenbahn.
In meiner Ferialpraxis durfte ich das einmal auf dem Gelände der ZW ausprobieren. ;)
Was ist die ep-Bremse? Sowas wie Solenoide, die elektrisch ansprechen?
Ja. "ep" steht für "elektropneumatisch". Durch die elektrische Ansteuerung wird die Reaktionszeit der Bremse verkürzt.
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Ganz kurz und einfach erklärt:
Mit dem "Taster" werden über Schliessen eines Stromkreises Magnetventile betätigt, die zusätzlich das Einströmen von Luft aus der Hauptluftbehälterleitung in die Bremszylinder bewirken.
Dadurch liegt die Bremse schneller an. Auch wenn ich vielleicht jetzt zu detailliert werde: die Hauptluftbehälterleitung führt den vollen Behälterdruck und dient auch als Ausgleichsleitung bei Mehrfachtraktion.
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Warum hat man bei der Schützensteuerung nicht auch eine elektrische Bremse eingebaut?
Klar ist, dass da im Gegensatz zur Straßenbahn die Beiwägen keine durch den Motorstrom gesteuerten Bremsen hätten, da das mit den Schaltungen und den unterschiedlichen Konfigurationen niemals gegangen wäre.
Aber so wie bei der "großen" Eisenbahn hätte man leichtere Bremsungen oder Geschwindigkeit halten beim Bergabfahren schon mit der elektrischen Bremse alleine beherrschen können, immerhin hat ja ein Triebwagen statistisch maximal 2 Beiwägen gehabt.
Und eine Kombination von N1 + n2 + N1 hat ja überhaupt nur einen halben "ungebremsten" Beiwagen pro Triebwagen gehabt, da hätte man ja mit Gefühl fast bis zum Stillstand rein elektrisch bremsen können.
Nachträgliches Edit: 4 elektrisch gebremste Achsen und 2 nicht gebremste Achsen beim N1 + n2 + N1 ist ja doch nichts anderes als ein E1 oder E2, oder?
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Warum hat man bei der Schützensteuerung nicht auch eine elektrische Bremse eingebaut?
Weil die Motoren nicht für elektrische Bremsung ausgelegt waren.
Das gleiche gilt für die etwa zur selben Zeit von selben E-Ausrüster gelieferten Fahrzeuge der WLB-Baureihe 20/30. Nur hatten letztere eine Vakuumbremse.
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Warum hat man bei der Schützensteuerung nicht auch eine elektrische Bremse eingebaut?
Weil die Motoren nicht für elektrische Bremsung ausgelegt waren.
Was bedeutet "nicht ausgelegt"? Ich vermute mal, es geht einerseits um die Erregung und andererseits darum, dass beim Bremsen mehr Leistung erbracht wird als beim Beschleunigen umgesetzt wird, und dass der Motor für diese Leistung nicht dimensioniert ist.
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Warum hat man bei der Schützensteuerung nicht auch eine elektrische Bremse eingebaut?
Weil die Motoren nicht für elektrische Bremsung ausgelegt waren.
Was bedeutet "nicht ausgelegt"? Ich vermute mal, es geht einerseits um die Erregung und andererseits darum, dass beim Bremsen mehr Leistung erbracht wird als beim Beschleunigen umgesetzt wird, und dass der Motor für diese Leistung nicht dimensioniert ist.
Wahrscheinlich hast du recht. Ein ergänzender Parameter ist, dass auch beim Bremsen im Motor Verluste anfallen, die "weggekühlt" werden müssen.
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Ich vermute, man hatte Angst vor Bremsversagen bei Leitungsunterbrechungen. Motoren für generatorische Bremse waren damals technisch kein Problem, hatte man ja in diversen Straßenbahntriebwagen seit über 20 Jahren. Technisch ist meines Wissens das einzige Thema, dass die beim Bremsen induzierte Spannung weit höher sein kann als die Fahrdrahtspannung, und das muss die Isolierung der Wicklungen aushalten. Aber wie gesagt, das hatte man bei der Straßenbahn problemlos im Griff und die Geschwindigkeiten auf der Stadtbahn war nicht höher als auf der Straßenbahn (die Höhe der Spannung hängt direkt von der Drehzahl ab).
Ich meine mich zu erinnern, dass Berlin ungefähr zu der Zeit mit Doppeltriebwagen experimentiert hat, wo ein Triebwagen den anderen ferngesteuert hat, und es da zu spektakulären Unfällen aufgrund von Bremsversagen gekommen ist. Das wäre meine Vermutung, warum bei Mehrfachtraktion auf E-Bremse verzichtet wurde. Wie die Situation dann beim Bau der N1 war, weiß ich zu wenig, bei den E6 war das ja dann kein Thema mehr, die hatten selbstverständlich eine E-Bremse.
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Warum hat man bei der Schützensteuerung nicht auch eine elektrische Bremse eingebaut?
Weil die Motoren nicht für elektrische Bremsung ausgelegt waren.
Was bedeutet "nicht ausgelegt"? Ich vermute mal, es geht einerseits um die Erregung und andererseits darum, dass beim Bremsen mehr Leistung erbracht wird als beim Beschleunigen umgesetzt wird, und dass der Motor für diese Leistung nicht dimensioniert ist.
Ja, er ist thermisch nicht fürs Bremsen dimensioniert und es geht auch um die beim Bremsen höhere Spannung, die bei Bremsbeginn aus höherer Geschwindigkeit das doppelte bis dreifache der Fahrdrahtspannung betragen kann. Die Isolation müsste dafür ausgelegt sein und war es beim Stadtbahnmotor nicht. Das gilt für alle 4 verwendeten Motortypen D 871, GDTM 242 und US 701.
Noch einmal der Vergleich mit den zur selben Zeit vom selben E-Ausrüster gelieferten Triebwagen der Reihe 20/30 der WLB: für die dort eingesetzten Motoren TM90 gilt dasselbe.
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@W_E_St: Genauso ist es! :up:
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Ich vermute, man hatte Angst vor Bremsversagen bei Leitungsunterbrechungen. Motoren für generatorische Bremse waren damals technisch kein Problem, hatte man ja in diversen Straßenbahntriebwagen seit über 20 Jahren. Technisch ist meines Wissens das einzige Thema, dass die beim Bremsen induzierte Spannung weit höher sein kann als die Fahrdrahtspannung, und das muss die Isolierung der Wicklungen aushalten. Aber wie gesagt, das hatte man bei der Straßenbahn problemlos im Griff und die Geschwindigkeiten auf der Stadtbahn war nicht höher als auf der Straßenbahn (die Höhe der Spannung hängt direkt von der Drehzahl ab).
Leitungsunterbrechungen hätte es aber auch bei der Druckluft geben können. Das wird nicht wirklich ein Grund gewesen sein.
Mir wurde seinerzeit erklärt, dass das unterschiedliche Bremsverhalten der Motoren - jeder Motor hat seine eigene, unverwechselbare Bremskennlinie - dafür verantwortlich war. Es wäre dadurch zu einem schnelleren Verschleiß der Motoren gekommen - ähnlich wie Jahrzehnte später bei E6 und T. Daher hat man auf elektrisches Bremsen verzichtet und pneumatischen Bremsen den Vorzug gegeben.
Wie gesagt, das hat man mir so erklärt. Muss nicht stimmen, klingt aber plausibel.
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Ich vermute, man hatte Angst vor Bremsversagen bei Leitungsunterbrechungen. Motoren für generatorische Bremse waren damals technisch kein Problem, hatte man ja in diversen Straßenbahntriebwagen seit über 20 Jahren. Technisch ist meines Wissens das einzige Thema, dass die beim Bremsen induzierte Spannung weit höher sein kann als die Fahrdrahtspannung, und das muss die Isolierung der Wicklungen aushalten. Aber wie gesagt, das hatte man bei der Straßenbahn problemlos im Griff und die Geschwindigkeiten auf der Stadtbahn war nicht höher als auf der Straßenbahn (die Höhe der Spannung hängt direkt von der Drehzahl ab).
Leitungsunterbrechungen hätte es aber auch bei der Druckluft geben können. Das wird nicht wirklich ein Grund gewesen sein.
Druckluftbremsen sind aber meines Wissens so ausgelegt, dass sie bei Entlüftung der Leitung bremsen, also im sicheren Zustand ausfallen. Man hätte grundsätzlich die Schützensteuerung auch so auslegen können, dass bei Abfall aller Schütze die Bremswiderstände anliegen, aber ich vermute, das hätte leicht zu Rädergleiten geführt und wäre kontraproduktiv gewesen.
Die Variation der Bremskennlinien war sicher nicht annähernd so groß wie zwischen Gleichstrom-Triebwagen mit Widerstandsstufen und Drehstromtriebwagen. Beim Bau der E6 waren ja zwei bis drei Triebwagen mit E-Bremse in einem Zug und da habe ich nie von Problemen gehört, erst bei den T mit ihrer völlig anderen Charakteristik.
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Ich vermute, man hatte Angst vor Bremsversagen bei Leitungsunterbrechungen. Motoren für generatorische Bremse waren damals technisch kein Problem, hatte man ja in diversen Straßenbahntriebwagen seit über 20 Jahren. Technisch ist meines Wissens das einzige Thema, dass die beim Bremsen induzierte Spannung weit höher sein kann als die Fahrdrahtspannung, und das muss die Isolierung der Wicklungen aushalten. Aber wie gesagt, das hatte man bei der Straßenbahn problemlos im Griff und die Geschwindigkeiten auf der Stadtbahn war nicht höher als auf der Straßenbahn (die Höhe der Spannung hängt direkt von der Drehzahl ab).
Ich meine mich zu erinnern, dass Berlin ungefähr zu der Zeit mit Doppeltriebwagen experimentiert hat, wo ein Triebwagen den anderen ferngesteuert hat, und es da zu spektakulären Unfällen aufgrund von Bremsversagen gekommen ist. Das wäre meine Vermutung, warum bei Mehrfachtraktion auf E-Bremse verzichtet wurde. Wie die Situation dann beim Bau der N1 war, weiß ich zu wenig, bei den E6 war das ja dann kein Thema mehr, die hatten selbstverständlich eine E-Bremse.
Die Bremsversager hatten in Berlin aber andere Gründe: Die sogenannten "Schützenwagen" hatten alles über die Fahrdrahtspannung geschaltet, auch die Federspeicherbremsen. Durch den damals ausschließlichen Rollenstromabnehmerbetrieb waren die Fahrzeueg nahezu unkontrollierbar, wenn die Rolle mal entgleiste, dann knallten die Federspeicher (Ankerwellenzangenbremse!) zu und der Zug schlitterte durch die Gegend. Das war jetzt die Kurzfassung. Später wurden die Wagen komplett umgebaut und blieben teilweise bis zuletzt in Wetsberlin im Einsatz. https://de.wikipedia.org/wiki/BSt_Bauart_1927
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Ich vermute, man hatte Angst vor Bremsversagen bei Leitungsunterbrechungen. Motoren für generatorische Bremse waren damals technisch kein Problem, hatte man ja in diversen Straßenbahntriebwagen seit über 20 Jahren. Technisch ist meines Wissens das einzige Thema, dass die beim Bremsen induzierte Spannung weit höher sein kann als die Fahrdrahtspannung, und das muss die Isolierung der Wicklungen aushalten. Aber wie gesagt, das hatte man bei der Straßenbahn problemlos im Griff und die Geschwindigkeiten auf der Stadtbahn war nicht höher als auf der Straßenbahn (die Höhe der Spannung hängt direkt von der Drehzahl ab).
Ich meine mich zu erinnern, dass Berlin ungefähr zu der Zeit mit Doppeltriebwagen experimentiert hat, wo ein Triebwagen den anderen ferngesteuert hat, und es da zu spektakulären Unfällen aufgrund von Bremsversagen gekommen ist. Das wäre meine Vermutung, warum bei Mehrfachtraktion auf E-Bremse verzichtet wurde. Wie die Situation dann beim Bau der N1 war, weiß ich zu wenig, bei den E6 war das ja dann kein Thema mehr, die hatten selbstverständlich eine E-Bremse.
Die Bremsversager hatten in Berlin aber andere Gründe: Die sogenannten "Schützenwagen" hatten alles über die Fahrdrahtspannung geschaltet, auch die Federspeicherbremsen. Durch den damals ausschließlichen Rollenstromabnehmerbetrieb waren die Fahrzeueg nahezu unkontrollierbar, wenn die Rolle mal entgleiste, dann knallten die Federspeicher (Ankerwellenzangenbremse!) zu und der Zug schlitterte durch die Gegend. Das war jetzt die Kurzfassung. Später wurden die Wagen komplett umgebaut und blieben teilweise bis zuletzt in Wetsberlin im Einsatz. https://de.wikipedia.org/wiki/BSt_Bauart_1927
OK, das Problem war also nicht ein Ausfall der Verbindung zwischen den Wagen, sondern Ausfall der Fahrdrahtspannung und zu wenig dosiertes Ansprechen der Federspeicherbremse. Also genau meine Vermutung aus dem letzten Beitrag, was bei automatischem Anlegen der Klotzbremsen passieren hätte können, bei den Zangenbremsen vermutlich noch schlimmer, aufgrund der besseren Bremswirkung.
Jedenfalls war es damals offensichtlich nicht trivial, einen Triebwagen mit Schützensteuerung im Notfall dosiert und sicher zu bremsen, die Schützensteuerung war aber zwingend notwendig, um mehr als einen Triebwagen im Zug haben zu können. Abgesehen davon, dass Schütze erheblich wartungsärmer sind als die damals in Wien üblichen Schleifringfahrschalter und höhere Leistungen schalten können.