Tramwayforum
Gesamter öffentlicher Verkehr in Wien => U-Bahn => Thema gestartet von: 118 am 10. November 2025, 13:42:00
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Die Situation erinnert ein wenig an die unbeugsamen Gallier um Asterix im Reich der Römer, bloß dass es nicht um ein Dorf in Westeuropa geht, sondern um acht Wohnungseigentümer im Norden von Wien. Die Anlage, in der sie leben, liegt zwischen dem Donauzentrum und dem Kagraner Platz just über einem Tunnel der U-Bahn-Linie 1. Nun hat sich, fast 20 Jahre nach der Verlängerung der Strecke um diesen Abschnitt und weiter bis Leopoldau, ein Rechtsstreit entsponnen.
https://www.diepresse.com/20281991/faehrt-die-u1-unerlaubt-durch-kagran?utm_campaign=premium-readout
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Die Situation erinnert ein wenig an die unbeugsamen Gallier um Asterix im Reich der Römer, bloß dass es nicht um ein Dorf in Westeuropa geht, sondern um acht Wohnungseigentümer im Norden von Wien. Die Anlage, in der sie leben, liegt zwischen dem Donauzentrum und dem Kagraner Platz just über einem Tunnel der U-Bahn-Linie 1. Nun hat sich, fast 20 Jahre nach der Verlängerung der Strecke um diesen Abschnitt und weiter bis Leopoldau, ein Rechtsstreit entsponnen.
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Habe ihn mit Firefox und Textmodus trotzdem lesen können.
Zusammengefasst:
Wenn Bahnlinien Grundstücke unterirdisch durchqueren, brauchen die Betreiber sogenannte Dienstbarkeiten (Servituten), um den Untergrund auf diese Weise nutzen zu dürfen. Solche Rechte an fremden Grundstücken werden mit deren Eigentümern vereinbart und üblicherweise im Grundbuch vermerkt.
Nur haben die Wiener Linien, als sie die alten Schriftstücke digitalisiert haben, nun bemerkt, dass dieser Grundbucheintrag scheinber nicht erfolgt ist.
Deshalb kontaktierten die Wiener Linien die 37 Eigentümerinnen und Eigentümer der Wohnanlage, um die Nutzung des Bodens offiziell zu machen. 29 stimmten der Eintragung von Dienstbarkeiten in ihren Lastenblättern zu, doch acht reagierten nicht auf die Initiative der Öffi-Betreiber. Auch nicht auf eingeschriebene Briefe.
Deshalb haben die Wiener Linien bei Bürgermeister Ludwig die behördliche Einräumung der Servituten „der Duldung, der Errichtung, des Bestandes, der Erhaltung und des Betriebes einer Verkehrs(tunnel)anlage gemäß des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz (EisbEG) beantragt.
Nur dass Bürgermeister Ludwig den Antrag zurückgeewien hat. Denn er erachtete das EisbEG für noch nicht anwendbar. Als „Ultima Ratio“ setze es nämlich zwingend voraus, dass der Betreiber den Betroffenen eine angemessene, von einem Sachverständigen ermittelte Entschädigung angeboten habe und diese nicht angenommen worden sei. Mangels Reaktion der Betroffenen ist diese Voraussetzung aber nicht erfüllt.
Die WL beschwerten sich beim Verwaltungsgericht Wien, diese wiesen sie jedoch ab. Dann gingen sie zum Verfassungsgerichtshof und diese sahen ein willkürliches und damit verfassungswidriges Verhalten gegenüber den Wiener Linien. Womit der Fall zurück zum Verwaltungsgericht geht.
Es muss wohl unter anderem prüfen, ob nicht ohnehin eine „offenkundige Servitut“ vorliegt (weil mit einem Blick auf den Stadtplan jedem klar werden müsste, dass die U-Bahn unter der Wohnanlage verläuft).
In diesem Fall wäre die Servitut auch ohne Eintragung wirksam, wobei aber jene Eigentümer, die noch kein Geld erhalten haben, Anspruch auf eine Entschädigung hätten (laut Wiener Linien haben einige der acht schon etwas bekommen). Fehlen aber Servituten, muss das Gericht sie notfalls zwangsweise gegen Entschädigung einräumen. Andernfalls durchquert die U1 den Grund ohne Erlaubnis.
Über die Höhe der Entschädigung geben die Wiener Linien keine Auskunft. Ein Wert zum Vergleich: Der Eigentümer einer 135m2-Wohnung in Wien-Margareten, unter der die U5 gebaut wurde, erhielt für die Einräumung der Servitut einmalig einen dreistelligen Eurobetrag.
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Habe ihn mit Firefox und Textmodus trotzdem lesen können.
Danke für den Tipp.
Eine mir wichtig erscheinende Ergänzung, damit keine Missverständnisse aufkommen:
Wiewohl mit den (seinerzeitigen) Eigentümern ... gegen Zahlung einer Entschädigung vereinbart, sind die benötigten Servituten nicht im Grundbuch festgehalten.
Trotzdem halte ich den Titel für reißerisch, als ob sich die WL damals nicht darum geschert hätten.
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Der Artikel selbst ist imo. reißerisch.
Sorry, der Vergleich mit einem Gallischen Dorf hinkt, wenn sich die besagten Eigentümer einfach nicht melden.
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Trotzdem halte ich den Titel für reißerisch, als ob sich die WL damals nicht darum geschert hätten.
Wobei es schon einmal, beim Bau der U2 zum Stadion (https://www.derstandard.at/story/2472529/u2-es-darf-wieder-gebuddelt-werden), vorkam, dass es Probleme mit Grundstückeigentümern gab.
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Wird jetzt die U1 gekürzt und die Linie 25 wieder nach Leopoldau geführt? >:D
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Wird jetzt die U1 gekürzt und die Linie 25 wieder nach Leopoldau geführt? >:D
Ja, aber diesmal über Josef-Baumann-Gasse - Eipeldauer Straße zum Leopoldauer Platz 8)
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Offenbar handelt es sich nur um einen Formfehler. Dafür so einen Aufwand betreiben zu müssen, zeigt eine massive Schwäche unserer Verwaltung: Wir haben zwar seit einiger Zeit auch in Österreich ein zentrales Melderegister, das aber mit dem Grundbuch nicht integriert ist; übersiedelt ein Eigentümer, erfährt das Grundbuch davon nicht automatisch, und er ist in Fällen wie dem beschriebenen nicht erreichbar. (Das macht oft genug auch den Miteigentümern Probleme bei Entscheidungen, bei denen Einstimmigkeit - oder auch nur eine Mehrheit - erforderlich ist, wenn die Eigentümer nicht selbst in der Liegenschaft wohnen.)
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Man könnte auch ein elektronisches Bürgerpostfach, das für eine Person von Geburt bzw. erstmaligen Kontakt mit österreichischen Behörden bis zum Tod gleich bleibt, und eine Widerspruchslösung einführen: Man erhält eine Nachricht in sein Postfach, und wenn man nicht aktiv innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht, hat man zugestimmt.
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Man könnte auch ein elektronisches Bürgerpostfach, das für eine Person von Geburt bzw. erstmaligen Kontakt mit österreichischen Behörden bis zum Tod gleich bleibt, und eine Widerspruchslösung einführen: Man erhält eine Nachricht in sein Postfach, und wenn man nicht aktiv innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht, hat man zugestimmt.
Ich bezweifle stark, dass das nicht massiv im Widerspruch zu geltendem Recht stehen würde. Außerdem, um beim Anlassfall zu bleiben: Es gibt genügend Eigentumswohnungen, die nicht österreichischen Staatsbürgern gehören. Da kann sich der Staat mit Bürgerpostfächern etc. sowieso brausen gehen.
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Ich bezweifle stark, dass das nicht massiv im Widerspruch zu geltendem Recht stehen würde.
Gesetze kann man ändern, Gesetze werden regelmäßig geändert und das ist auch gut so, weil Österreich mit den Gesetzen von 1825 oder 1925 (oder auch nur 2005) nicht funktionieren würde.
Außerdem, um beim Anlassfall zu bleiben: Es gibt genügend Eigentumswohnungen, die nicht österreichischen Staatsbürgern gehören. Da kann sich der Staat mit Bürgerpostfächern etc. sowieso brausen gehen.
Auch wenn es "Bürger"-Postfach heißt, tatsächlich bekommt in den Ländern, in denen es das schon gibt, wie Polen oder Dänemark, jeder ein solches, der Kontakt mit dem jeweiligen Staat hat (Wohnsitz oder Immobilienkauf oder Firmengründung ...), nicht nur Staatsbürger.
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Deshalb haben die Wiener Linien bei Bürgermeister Ludwig die behördliche Einräumung der Servituten „der Duldung, der Errichtung, des Bestandes, der Erhaltung und des Betriebes einer Verkehrs(tunnel)anlage gemäß des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz (EisbEG) beantragt.
Das glaub' ich nicht, Tim! Es muss der Landeshauptmann Ludwig als Vollzugsorgan des EisbEG gewesen sein. ;)